Verbeamtung trotz Aufenthalt in der Psychiatrie

  • Hallo ihr!


    ich weiss - es gibt ganz viele Threads zum Thema Verbeamtung und psychischen Krankheiten. Beziehungsweise gibt es ganz viele Fragen von wegen "kann ich trotz Therapie verbeamtet werden?".

    Bei mir ist die Situation allerings etwas akuter und zwar:

    Ich habe seit etwa 6 Monaten Depressionen und mache schon eine Psychotherapie und nehme Antidepressiva, und habe mich auch schon für eine Tagesklinik angemeldet. Jetzt ist es allerdings so, dass die Antidepressiva nicht ausreichend wirken, die Therapie erst wieder in 2 Wochen losgeht, und die Tagesklinik wohl erst in 2 Monaten. So lange kann ich leider nicht warten.

    Ich überlege mich stationär einweisen zu lassen.

    Ich habe aber die Befürchtung, dass wenn ich einen stationären Aufenthalt absolviere, dass ich es dann komplett mit der Verbeamtung vergessen kann :((. Ich bin jetzt 25 Jahre alt und studiere im 4. Semester Powi und Englisch und möchte an die Berufsschule. Das heisst ich wäre eh erst in so 5-6 Jahren mit dem Ref. fertig.

    Diese Entscheidung fällt mir unheimlich schwer und setzt mich massiv unter Druck, da soo viel von der Verbeamtung abhängt. Diese Situation ist wirklich besch***en. :tot:

    Ist jemand in einer ähnlichen Situation oder hat jemand auch einen stationären Aufenthalt gehabt? Ich weiss wirklich nicht, was ich tun soll und fühle mich ein bisschen allein gelassen mit dieser Thematik.

    Leider gibt es ja auch keine konkreten Richtlinien für Amtsärzte wenn es um psychische Krankheiten geht.


    Wie schätzt ihr die Verbeamtungs-Situation ein?


    LG

    Zora

  • Ich kenne jemanden, der nach Aufenthalt in der Psychiatrie verbeamtet wurde, wenn dich das beruhigt. Und natürlich können wir dir nur raten, das zu tun, was deiner Gesundheit am besten tut. Du schreibst selbst

    So lange kann ich leider nicht warten.

    Und deswegen solltest du es auch nicht versuchen. Höre auf dich, du kennst dich am besten und weißt, was du brauchst:troest:

  • 1. Gute Besserung, sorg gut für dich, mit allem, was dazugehört. :rose:

    2. Man kann auch ohne verbeamtet zu werden Lehrkraft sein.

    3. Gesundheit ist unbezahlbar und mehr wert als eine Verbeamtung.

    4. Wenn du jetzt nicht ausreichend für dich sorgst wirst du gar nicht erst in den Schuldienst kommen, gleich ob als Angestellte:r oder Beamt:er:in.

    5. Je nachdem, wie sich dein Gesundheitszustand entwickelt, kann es entweder sein, dass du dank frühzeitiger, umfassender Behandlung ohne weitere Episoden gesunden kannst. In dem Fall könnte ein Facharzt dir später eine abgeschlossene Behandlung ohne Rückfaelle seit x Jahren bescheinigen. Oder, das Ganze ist langwierig (aber gut behandelbar) und du beantragst einen GdB plus Gleichstellung. Beides würde eine Verbeamtung begünstigen. Ohne GdB wäre eine noch behandlungsbedürftige Depression sicherlich ein Hindernis bei der Verbeamtung, nicht aber für eine Beschäftigung im Angestelltenverhältnis.

    6. Entscheidend für die Frage der Verbeamtung ist nicht die Psychiatrie, die man an der Stelle einfach als Fachklinik betrachten muss, sondern Diagnosen, Heilung, Symptome, Einschränkungen für den Schuldienst, ggf. GdB.

    7. Wenn du dich dem Studienende näherst, lass dich noch einmal von einer Schwerbehindertenvertretung beraten, was dann sinnvoll ist vor dem Hintergrund, wie es dir zu diesem Zeitpunkt geht.

    8. Gute Besserung, sorg gut für dich, mit allem, was dazugehört. :rose:

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: Kai-Uwe hat ein paar Buchstaben nachgeliefert.

  • Hallo Rote Zora 3,


    ich kenne mich mit der Verbeamtung leider nicht aus, daher schreibe ich hier nur meine Meinung.


    Ich denke, dass man einen Klinikaufenthalt nicht negativ sondern positiv anrechnen sollte. Denn es zeigt, dass man sich um seine Gesundheit gekümmert hat. Du kannst ja nichts dafür, dass Du diese Krankheit hast.


    Alles Gute für eine rasche Besserung!


    VG

    misspoodle

  • Dass man sich um seine Gesundheit kümmert (sprich Heilmaßnahmen und Therapien, ich schreibe nicht von Vorsorgeuntersuchungen), kümmert den Amtsarzt im Zweifel nichts. Das Argument ist haltlos.


    DieroteZora3 schon alleine die Diagnose einer psychischen Erkrankung und die Therapie dieser, was eben ambulante Psychtotherapie und die Einnahme von Antidepressiva auch schon einschließt, wird für einen Amtsarzt kritisch sein. Ob da eine stationäre Therapie weitere Schwierigkeiten bringt, wage ich zu bezweifeln. Letztendlich ist die Diagnose und die Prognose entscheidend, nicht das Mittel der Therapie.


    Aber nun zum Positiven: Der Amtsarzt fragt nach Erkrankungen innerhalb der letzten 5 Jahre. Eine stationäre Psychotherapie mehr 5 Jahre vor deinem Laufbahneintritt (dh vorm Ref) brauchst du also gar nie beim Amtsarzt angeben. :aufgepasst:


    Nichtsdestotrotz solltest du auf dem Schirm haben, dass deine Krankheitsgeschichte bzw. die Arzt- oder Therapietermine 5 Jahre vor deiner Verbeamtung auf Probe (d.h. nach dem Ref) entscheidend sein kann, ob du letztendlich verbeamtet wirst oder nicht. Du musst wahrheitsgemäß einen Fragebogen mit sämtlichen medizinischen Sachen ausfüllen (die letzten 5 Jahre betreffend) - und im Zweifel musst du deine behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht dem Amtsarzt gegenüber entbinden. Auch die Krankenakte bei der Krankenkasse kann hinzugezogen werden (davon hab ich selbst nut gelesen, war bei mir nicht der Fall).

    Es ist möglich, verbeamtet zu werden, auch wenn innerhalb dieser 5 Jahre eine psychische (oder körperliche) Erkrankung vorlag - in diesem Fall brauchst du einen Facharzt, der dem Amtsarzt gegenüber schriftlich eine gute bis sehr gute Prognose über deine Dienstfähigkeit gibt. Der Amtsarzt wird dies nach dem Untersuchungstermin bei deinem behandelnden Arzt oder Psychologen anfordern.


    Fazit: mach dir JETZT noch keine Gedanken über die Verbeamtung. Lass dir mit allen Mitteln helfen. Du brauchst, was du eben brauchst. Und selbst wenn du in den besagten 5 Jahren Psychotherapien machst, ist das auch nicht sofort ein Ausschlusskriterium.

  • Ich möchte in dem Rahmen noch einmal darauf hinweisen, dass sich bereits 2013 die Rechtsprechung durch das BVerwG zur Prognose der gesundheitlichen Eignung bei der Verbeamtung entscheidend verändert hat und daher ältere "Horrorstorys" zu Ablehnungsgründen nicht mehr vergleichbar sind.


    Galt vorher noch, dass die gesundheitliche Eignung nur gegeben ist,


    "wenn der Eintritt der Dienstunfähigkeit oder häufigerer Erkrankungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist",


    so ist inzwischen die gesundheitliche Eignung nur noch abzulehnen,


    wenn der Eintritt der Dienstunfähigkeit oder häufigerer Erkrankungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist".


    De facto hat sich damit die "Beweislast" umgekehrt. Lassen sich z.B. vorzeitige Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche Ausfälle vorab weder feststellen noch ausschließen, so geht dies seitdem zu Lasten des Dienstherrn.



    Insofern musst du dir nur aufgrund einer Therapie mit stationärem Aufenthalt bei anschließend guter Prognose m.E. keine Sorgen machen und kannst dich erst einmal weitgehend entspannt um deine Gesundheit kümmern. Wichtig bei Einstellung ist dann aber wirklich die wahrheitsgemäße Angabe zum Gesundheitsstatus und Therapien. Die Unterschlagung abgefragter Informationen hierzu ist für das Beamtenverhältnis weit gefährlicher, als die erfolgreiche Durchführung der Therapie an sich.

  • Aber nun zum Positiven: Der Amtsarzt fragt nach Erkrankungen innerhalb der letzten 5 Jahre. Eine stationäre Psychotherapie mehr 5 Jahre vor deinem Laufbahneintritt (dh vorm Ref) brauchst du also gar nie beim Amtsarzt angeben. :aufgepasst:

    Dem möchte ich entschieden widersprechen. Bei mir wurde ALLES abgefragt, was ich bisher in meinem Leben hatte. Du meinst evtl. die PKV, da gibt es solche Fristen. Aber beim Amtsarzt war das definitiv anders. Ich hab noch meine Mama angerufen, ob ich da irgendwas nicht mehr weiß und sie mir noch was sagen kann.



    Ich möchte CDLs Post einfach unterschreiben. Achte auf Dich, geh zum Arzt, scheiß auf die Verbeamtung, die Du womöglich nicht erleben wirst, wenn Du nun deswegen keine weitere Behandlung bekommst. Werde gesund, etwas wichtigeres gibt es nicht!

  • Du musst wahrheitsgemäß einen Fragebogen mit sämtlichen medizinischen Sachen ausfüllen (die letzten 5 Jahre betreffend)

    Dieser Teil ist bezogen auf BW nicht ganz korrekt. Ein Blick in den aktuellen Anamnesebogen für Beamtenbewerber (hier zu finden) zeigt, dass dort erst einmal ganz allgemein und ohne zeitliche Befristung gefragt wird "8. Waren oder sind Sie in psychotherapeutischer/psychiatrischer Beratung/Behandlung?". Erst einmal muss man also alles angeben, woran man sich erinnert, wobei vieles letztlich völlig irrelevant ist für die Frage der Verbeamtung. Man muss dann Grund und behandelnden Arzt/Ärztin angeben. Wenn der Grund bereits keine Chronifizierung erwarten lässt und man dann noch nachweist, dass die Behandlung vor x Jahren erfolgreich abgeschlossen wurde ist der Drops gelutscht. In jedem Fall aber sollte man beim Bearbeiten des Fragebogens dort etwas mehr Hirnschmalz investieren, wo möglicherweise eine Chronifizierung des Krankheitsbild erfolgen könnte und dann entweder- wenn völlig unproblematisch, weil vor Jahren abgeschlossen- im Zweifelsfall eine Schweigepflichtsentbindung erteilen, in jedem Fall aber eine kurze Antwort in petto haben, die deutlich macht, dass Punkt X kein gesundheitliches Problem mehr darstellt (ich habe solche Punkte bereits dadurch vorentlastet, dass ich entgegen dessen, was der Fragebogen vorsieht, jeweils mit angegeben habe, wann etwa die letzte Behandlung erfolgte, irgendwelche Dinge aus der Kindheit waren so direkt erledigt). Oder, weil es sich um einen zumindest potentiell heiklen Punkt handeln könnte (und man sich den Stress sparen möchte dem Arzt nochmal die von Seph dankenswerterweise ergänzten aktuellen Vorgaben mit Hilfe des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes begreiflich zu machen), man betreibt Vorentlastung durch zielführende Facharztatteste, die im Idealfall einfach deutlich machen, dass Erkrankung Y seit Z Jahren rückfallfrei stabil eingestellt ist oder sogar geheilt werden konnte, in jedem Fall aber keine Einschränkung für den Zielberuf besteht durch Erkrankung Y (wichtige Formulierung, damit der Amtsarzt nicht einfach daran vorbeihoppeln und ohne äußerst ausführliche medizinische Begründung anders entscheiden kann). Entscheidend ist zwar vorrangig, was in den letzten 5 Jahren behandlungsbedürftig war, wenn man aber als Kind mal sagen wir die Diagnose "Schizophrenie" erhalten hätte, wäre diese nicht dadurch irrelevant, dass man diese nie hätte behandeln lassen, weil die Geistheilerin des Vertrauens den Eltern mal gesagt hat, sie hätte den bösen Geist exorziert. Genau deshalb enthält der Fragebogen auch die von dir angesprochene Begrenzung auf 5 Jahre nicht, damit man sich nicht darauf zurückziehen kann, man wäre schließlich in den letzten 5 Jahren nicht wegen XYZ in Behandlung gewesen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

Werbung