Home Office-Zwang

  • Mein Partner hat seit Beginn der Pandemie die Anweisung seines Arbeitgebers (in der "freien" Wirtschaft), im Home Office zu arbeiten. Anfangs (März 2020) durchgehend, später gab es ein rotierendes System (zwei Gruppen, die sich wöchentlich abwechseln mit Büro / Home Office), das vor Kurzem beendet wurde (jeder durfte wieder ins Büro, aber Home Office war dennoch möglich für die, die gern wollten) und nun aufgrund der hohen Inzidenz wieder eingeführt wurde. Er *darf* in den Home Office-Wochen nicht das Büro betreten.


    Das war für uns anfangs noch kein so großes Problem bzw. kam uns z.T. sogar entgegen, da unsere Kinder ja lange im Home Schooling und später im Wechselunterricht (und ich damit komplett in der Schule) waren und wir wirklich Kontakte vermeiden wollten, wo es nur ging. Nach gut 1,5 Jahren merken wir nun aber, dass wir total an unsere Grenzen stoßen. Wir haben eher bescheidenen Wohnraum, treten uns auf die Füße und mein Partner ist (leider) sehr laut, d.h. er redet eigentlich ununterbrochen in seinem Job und besetzt quasi meinen Arbeitsplatz (ich arbeite dann im Wohnzimmer oder in der Küche - oder auch umgekehrt; ich habe nichtmal ein eigenes Arbeitszimmer, seit wir Kinder haben, sondern eine "Büroecke", was bisher kein Problem war, da die anderen ja meist aus dem Haus waren, wenn ich zu Hause gearbeitet habe). Ich könnte auch einfach sagen: Ich ertrage es nicht mehr. Ich kann so nicht arbeiten, wenn jemand in der Wohnung permanent redet und gefühlt alle 10 Minuten durch die Wohnung läuft, um aufs Klo zu gehen, was zu trinken oder zu essen zu holen, es macht mich wahnsinnig. Wir hatten im Sommer eine richtige Krise deshalb und haben gesagt, da muss sich etwas ändern. Die Hoffnung war groß, dass der Winter nicht so schlimm wird und die Impfungen wirken und solche Maßnahmen nicht mehr nötig sind und letztendlich wurde dieses rotierende Modell ja auch abgeschafft, aber - Pustekuchen.


    Ich bin schon länger ziemlich sauer deshalb, weil ich der Meinung bin, der AG darf ihn nicht ins Home Office zwingen und quasi über unseren privaten Wohnraum verfügen. Wenn er möchte, dass seine Arbeitnehmer nicht so nah beieinander sitzen, kann er Home Office ermöglichen, aber wo es nicht geht oder wenn jemand nicht will, muss er zusätzliche Möglichkeiten (und die gibt es in diesem Fall!) schaffen. Nun ist es so, dass auf seine bzw. unsere Situation (bescheidener Wohnraum, Home Office zu zweit nur unter schlechten Bedingungen, zwei Kinder; auch unser älteres Kind fühlt sich beim Lernen gestört) keiner Rücksicht nimmt. Viele wohnen irgendwo weiter außerhalb und sind froh übers Home Office, dass jemand lieber ins Büro will, ist die Ausnahme, daher steht er recht allein da. Er hat auch mit seinem Chef darüber gesprochen, aber der sagt, die Regelung kommt von den Oberchefs, da kann er nichts machen. Punkt.

    Er versucht nun, selbst Lösungen zu finden, er wird nur an meinen langen Tagen zu Hause arbeiten (immerhin schonmal 2 Tage) und nach 16:30, wenn ich daheim bin, keine Termine mehr annehmen, nur noch E-mails schreiben; dann wird er wahrscheinlich bei Freunden (großes Haus) hier und da auch mal einen Tag unterkommen und ansonsten "heimlich" irgendwo in einem Besprechungsraum verschwinden, wo keiner ist. Das Irrwitzige daran ist auch noch, dass das Büro, in dem er normalerweise arbeitet, meistens sowieso (fast) leer steht, weil die meisten Mitarbeiter ja im Home Office arbeiten! Und trotzdem darf er es jede 2. Woche nicht betreten...


    Ich habe schon recherchiert und lese immer mal wieder in Artikeln, dass Arbeitnehmer nicht ins Home Office gezwungen werden dürfen, aber so richtig was Handfestes finde ich nicht; meistens geht es darum, ob man ins Home Office *darf*. Kennt sich jemand damit aus, wie das hier rechtlich aussieht oder kennt so einen ähnlichen Fall?


    So, das Auskotzen tat schonmal gut... :)

  • Nein, ich kenne mich leider weder rechtlich aus, noch kenne ich einen ähnlichen Fall, ich verstehe aber gut, dass das belastend ist. Habt ihr schon Beratung über die Gewerkschaft gesucht bzw. den Betriebsrat hinzugezogen? Was wir uns immer wieder gegenseitig empfehlen (Gewerkschaft /PR) ist ja auch außerhalb des Schulkosmos sinnvoll als Anlaufstellen in Anspruch zu nehmen. :) Die Gewerkschaft deines Mannes kennt die genaue Rechtslage, der Betriebsrat sollte diese ebenfalls kennen und kann basierend darauf helfen einen Kompromiss auszuhandeln. Gibt es ansonsten bei euch Möglichkeiten externen zahlbar Arbeitsraum anzubieten? Das könnte sonst vielleicht auch eine temporäre Lösung sein, an der der Arbeitgeber deines Mannes sich finanziell beteiligen könnte...

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich kann nicht helfen, aber ich verstehe Dich soooooooooo gut! Mir geht es genau wie Dir, ich bin inzwischen massiv genervt.


    Der AG meines Partners baut jetzt auch im großen Stil Büroflächen ab, zukünftig sollen die MA gar keine eigenen Arbeitsplätze mehr haben. Sollten sie doch mal ins Büro wollen oder müssen, müssen sie vorher einen Schreibtisch „buchen“, der dann aber irgendwo sein kann. Das Arbeiten vor Ort wird also vorsätzlich unattraktiv gemacht, damit die MA lieber zuhause arbeiten (was dem AG deutlich günstiger kommt).


    Mein Partner war seit März 2020 an maximal 10 Tagen im Büro, sonst nur zuhause. Dort sitzt er - mangels Arbeitszimmer - am Küchentisch, telefoniert mit Kunden usw.

    Also alles wie bei Euch. Und kein Ende in Sicht… :autsch:

  • bzw. den Betriebsrat hinzugezogen?

    Das hab ich natürlich auch schon gefragt, aber er sagt, er ist in einer Position, wo er den Betriebsrat nicht fragen kann (ist etwas schwer zu erklären, ohne hier ins Detail gehen zu müssen). Im Prinzip hat er nicht wirklich eine Anlaufstelle, was ich ziemlich schwierig finde.

    Der Betriebsrat kämpft ständig fürs Home Office und gegen das Büro, weil die meisten eben lieber ins HO wollen...

    Gibt es ansonsten bei euch Möglichkeiten externen zahlbar Arbeitsraum anzubieten?

    Nein, hier ganz sicher nicht. Deshalb haben wir auch nicht so viel Wohnraum... Was bisher, in unserem ursprünglichen Lebens-Arbeits-Modell absolut ok war (haben sogar einen Garten vor dem Haus) und wir uns auch bewusst dafür entschieden haben, hier zu bleiben, allerdings haben wir das lange vor Corona getan...

  • Mein Mann war seit März 2020 genau 2 Tage im Büro. 🙈

    Wir haben aber das Glück, dass wir ausreichend Platz haben und jeder von uns ein abschließbares Arbeitszimmer hat. 🙏

    Ich habe eher den Einsruck, dass das ständige Zuhausesein auf die Psyche schlägt.

  • Mein Mann war seit März 2020 genau 2 Tage im Büro. 🙈

    Wir haben aber das Glück, dass wir ausreichend Platz haben und jeder von uns ein abschließbares Arbeitszimmer hat. 🙏

    Ich habe eher den Einsruck, dass das ständige Zuhausesein auf die Psyche schlägt.

    Den Eindruck hab ich auch. Mein Partner ist aber eher introvertiert und findet das - im Gegensatz zu mir - gar nicht so schlimm.

  • Mein Mann war auch nur 2 Tage im Büro seitdem, aber wir haben jeder ein Arbeitszimmer.


    Ein Kollege hat aber das gleiche Problem, der arbeitet jetzt sehr viel in der Schule und sucht sich sonst da einfach einen leeren Klassenraum, wenn es im Lehrerzimmer zu voll und laut wird.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Ich würde Dir dringend empfehlen, Euch von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht zunächst einmal beraten zu lassen. Ich halte das nicht für zulässig. Anders ist es in der freien Wirtschaft aber so, Recht haben und es auch bekommen ist manchmal zweierlei. Daher zunächst einmal beraten lassen und dann eine Entscheidung treffen wie es weitergeht. Wahrscheinlich nennen sie es auch nicht Tele Arbeitsplstz sondern mobiles arbeiten und würgen sich mit diesem Rechtskonstrukt auch noch aus ihrer Verpflichtung raus einen ergonomischen Arbeitsplatz einzurichten.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Könnt ihr euch eine 1-Zimmer-Wohnung (edit) zusätzlich als Büro mieten?

    Einmal editiert, zuletzt von karuna ()

    • Offizieller Beitrag

    Huhu!
    Ich kann mitfühlen, auch wenn wir tatsächlich genug Wohnraum haben (mein Mann aber trotz geschlossener Tür ständig zu hören ist.) und wir mittlerweile das Home Office abwechselnd gestalten dürfen (jede*r von uns 40-50%) und das auch _wollen_. (Es leben (für uns!) die neuen Dienstvereinbarungen zur Arbeitszeit, die an unseren beiden Arbeitsorten gerade erarbeitet werden (es sind aber nur "kann" und nicht "muss"-Regelungen).

    -> Kann dein Mann ein Tandem mit einem/einer Kolleg*in bilden, der/die in der anderen Woche ist und dann seine Tage nehmen, außer 1-2, wo der/die Kolleg*in doch kommen muss? Es hört sich so an, als würden nicht alle KuK an den 5 Tagen kommen, wo sie dürften. Wenn der Mensch also nicht in der Woche deines Mannes kommen will, sondern mit 2 Tagen alle 2 Wochen zufrieden ist, könnte dein Mann 3 weitere Tage bekommen, was wohl super wäre...
    Die Bürobelegung spielte bei meinem Mann lange eine Rolle, Hauptsache es ist immer jemand im Büro, jetzt halt abwechselnd. Oder ist es ein Raum mit 5 Leuten und es darf nur einer dabei sein?

  • Könnt ihr euch eine 1-Zimmer-Wohnung (edit) zusätzlich als Büro mieten?

    Schrieb ich ja weiter oben schon, warum das wegfällt. Ich glaube auch nicht, dass jemand in so einer Situation bereit wäre, auf ca. 1/4 seines Gehaltes für ein privat gemietetes "Büro" zu verzichten, weil der Arbeitgeber ihm keins stellt...

  • Kann dein Mann ein Tandem mit einem/einer Kolleg*in bilden, der/die in der anderen Woche ist und dann seine Tage nehmen, außer 1-2, wo der/die Kolleg*in doch kommen muss?

    Nein, das darf er eben nicht. Er darf in der jeweiligen Home-Office-Woche das Büro nicht betreten. Die zwei Gruppen dürfen sich an keiner Stelle vermischen (treffen sich dann aber privat, genau so ein Irrsinn wie beim Wechselunterricht).

  • Sicherlich keine Dauerlösung, aber wie sind denn an deiner Schule die Möglichkeiten, dass du einiges dort erledigst?

    Ja, das habe ich auch schonmal gemacht, aber vieles kann ich eben doch zu Hause besser machen, weil ich hier mein ganzes Material habe und in der Schule auch keinen richtigen Arbeitsplatz. (Zum Korrigieren hab ich mich mal in ein leeres Klassenzimmer gesetzt.)


    Also, wie du schon sagtest, keine Dauerlösung...

  • Schrieb ich ja weiter oben schon, warum das wegfällt. Ich glaube auch nicht, dass jemand in so einer Situation bereit wäre, auf ca. 1/4 seines Gehaltes für ein privat gemietetes "Büro" zu verzichten, weil der Arbeitgeber ihm keins stellt...

    Achso, hatte ich überlesen. Ich sehe es von einer anderen Seite. Ich suche gerade nach einer kleinen Wohnung, weil mir das "Büro" im Schlafzimmer zu eng ist und Lehrer nunmal kein Büro kriegen. Klar kostet das Geld, aber ich zahle ja eh Miete, nur ist die Wohnung eben zu klein. Aber das muss für dich ja nicht passen.

  • Oh je, wenn ich das so lese, merke ich gerade, wie gut ich (wir!) es haben... 125 qm Wohnfläche nur für uns zwei (plus Garten und Garage), fünf Zimmer, Küche, Bad inkl. einem größeren Büro für mich und einem kleinen Raum/Büro für meinen Lebensgefährten. Hinzu kommt, dass mein Lebensgefährte kein Home Office macht bzw. machen kann, weil seine Anwesenheit im Betrieb erforderlich ist.


    Ich drücke euch Lehrerin2007 und allen anderen, die es betrifft, fest die Daumen, dass sich bald Lösungen für die "Enge-Problematik" ergeben!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

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