Mobbing - Eintrag in die Schülerakte

  • Hallo liebe Mitglieder der Community,


    ich hätte ein Problem und da ich angesichts meines Status als Referendar noch an Erfahrungsmangel leide, wollte ich euren Rat erbitten.


    Innerhalb meiner Klasse kam es zu Mobbing. Als der betroffene Schüler auf mich zu kam und mir das berichtete habe ich noch am selben Tag ein Gespräch mit den "Bullies" geführt und denen eine Standpauke gehalten. Schlusssatz dieses Gespräches war es, dass sollte sich dieses Thema nochmal wiederholen, dann würden diejenigen sich im Büro der Schulleitung wiederfinden. Zu diesem Gespräch habe ich auch ein Protokoll angefertigt, dass alle Beteiligten unterschrieben haben. Alle Erziehungsberechtigten haben auch eine Kopie dieses Protokolls erhalten.


    Mein Problem: Ich hatte nun vor dieses Protokoll in die Schülerakten der "Bullies" zu legen (oder vom Sekretariat darein legen zu lassen :) ). Doch nun hat ein Elternpaar sich bei mir gemeldet und mir gesagt, sie würden rechtliche Schritte dagegen einleiten. Ich bin ehrlich: Mich schüchtert das schon ein wenig ein. Ich wollte mir mal Tipps einholen, denn meine Kollegen wollten dazu keine Stellung nehmen (weil diese noch nie eine solche Situation hatten)


    Grüße

    • Offizieller Beitrag

    War das "Deine" Klasse, oder hast Du nur in der Klasse unterrichtet? Das macht einen nicht unerheblichen Unterschied. Was in die Schülerakte kommt und was nicht, hast Du nicht alleine zu entscheiden, das würde ich mit der Schulleitung absprechen.

    Du hast Dich in der Tat sehr weit aus dem Fenster gelehnt und es wirkt so, als wärst Du emotional zu stark involviert gewesen. Anders kann ich mir Deine Reaktion, die Protokolle, die "Androhung" des Gesprächs mit der Schulleitung und den Wunsch, dass das Ganze in die Akte kommt, nicht erklären.

    Mobbing ist kein Problem, das man mit der Brechstange lösen kann - besonders dann nicht, wenn die Vergehen der Bullies eher subtil sind und sich nicht in physischen Übergriffen bzw. strafrechtlich relevanten Taten äußern.

  • War das "Deine" Klasse, oder hast Du nur in der Klasse unterrichtet? Das macht einen nicht unerheblichen Unterschied. Was in die Schülerakte kommt und was nicht, hast Du nicht alleine zu entscheiden, das würde ich mit der Schulleitung absprechen.

    Du hast Dich in der Tat sehr weit aus dem Fenster gelehnt und es wirkt so, als wärst Du emotional zu stark involviert gewesen. Anders kann ich mir Deine Reaktion, die Protokolle, die "Androhung" des Gesprächs mit der Schulleitung und den Wunsch, dass das Ganze in die Akte kommt, nicht erklären.

    Mobbing ist kein Problem, das man mit der Brechstange lösen kann - besonders dann nicht, wenn die Vergehen der Bullies eher subtil sind und sich nicht in physischen Übergriffen bzw. strafrechtlich relevanten Taten äußern.

    Ja ich bin in der Klasse der Klassenlehrer.


    Und auch ja: Ich reagiere mit Sicherheit emotional auf dieses Thema, da ich in meiner Kindheit ebenfalls ein Mobbing-Opfer gewesen bin


    Also verstehe ich das so Bolzbold, dein Tipp ist: Das Gespräch erstmal auf sich beruhen lassen und es bei einer "Verwarnung" belassen? Es gibt keinen Eintrag in die Schülerakte. Und erst bei wiederholten Mobbing die Schulleitung informieren?


    Danke übrigens für die schnelle Antwort :)

    • Offizieller Beitrag

    Jein. Gibt es an Deiner Schule ein Anti-Mobbing-Konzept? Gibt es ggf. Ansprechpartner?

    Natürlich muss man das nicht auf sich beruhen lassen. Allerdings muss man eben schauen, ob diese Form von Mobbing schon eine Weile geht, ob es wiederholt vorgekommen ist oder ein Einzelfall ist. (Und ob es überhaupt Mobbing ist. Es gibt ja auch alltägliche Konflikte zwischen SchülerInnen, die wegen des Totschlagbegriffs "Mobbing" schnell so genannt werden.)


    Letztlich reicht es, wenn Du weißt, dass es dort Mobbing gab und dass ggf. damit jetzt erst einmal Schluss ist. Im Wiederholungsfall wendest Du Dich an den Stufenkoordinator und die Schulleitung - dann könnt Ihr ein gemeinsames Vorgehen beschließen.

    Die Sache mit den Protokollen ist natürlich jetzt echt blöd gelaufen. Nach dem Motto "Melden macht frei" würde ich das der Schulleitung schildern und sie fragen, wie damit umzugehen ist. Immerhin scheinen die Eltern sich ja nicht direkt an die Schulleitung gewandt zu haben. Du hast ja mittelbar eine Art "Geständnis" erzwungen. Vielleicht stärkt die Schulleitung Dir hier auch in welcher Form auch immer den Rücken.

    Dann nimmst Du es als "wieder etwas gelernt" und gut ist.

  • Was in die Schülerakte kommt und was nicht, hast Du nicht alleine zu entscheiden, das würde ich mit der Schulleitung absprechen.

    Ist das so (und wenn ja: steht das irgendwo geschrieben)? An meiner Schule wird es so gehandhabt, dass oftmals "Aktennotizen" für die SuS-Akten vorgenommen werden, wenn z. B. Gespräche mit der Klassenlehrkraft, der Schulsozialarbeit oder Erziehungsberechtigten stattgefunden haben. Das soll gem. SL uns einfach als Absicherung dienen bzw. als Nachweis, dass diese Gespräche wirklich stattgefunden haben, wann sie stattgefunden haben, was das Ergebnis war usw. Als "Eintrag" in die SuS-Akte oder als "Verwarnung" ist das aber nicht zu sehen.

    Diese Aktennotizen werden aber bereits in die SuS-Akten gelegt, bevor die Erziehungsberechtigten über irgendetwas informiert werden.


    In dem obigen Fall hätte ich allerdings Kort1000 auf jeden Fall die Schulsozialarbeit oder andere Ansprechpartner hinzugezogen. So ist es an meiner Schule üblich.


    Apropos "üblich": Du schreibst, du seist Referendar. Ist es in deinem BL und deiner Schulform üblich, dass Refis eine Klassenlehrerschaft übernehmen? Bei uns (BBS in NDS) nicht und das finde ich auch gut so, denn ich bin der Meinung, dass man als Ref schon mit der Gestaltung des Unterrichts genug zu tun hat. Da braucht man nicht auch noch den ganzen Verwaltungsaufwand und Co., den eine Klassenlehrerschaft mit sich bringt; das "trifft" einen noch früh genug.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Es ist genau festgelegt, was in die Akte kommt und Referendar*innen übernehmen keine Klassenleitung. Dass die Kolleg*innen noch nie einen Fall von Mobbing hatten ist ebenfalls ausgeschlossen. Wenn sie sich nicht dazu äußern können, sollten sie zumindest Rat wissen, wo man sich informieren kann. Oder ist, wenn denn alles so ablief wie geschildert, das nicht das erste Mal, dass der TE eigenmächtig irgendwas gemacht hat und die Kolleg*innen sind jetzt vorsichtig? Oder haben hier vielleicht Eltern/Schüler Interesse, sich über das Vorgehen zu informieren?

    • Offizieller Beitrag

    Ist das so (und wenn ja: steht das irgendwo geschrieben)? An meiner Schule wird es so gehandhabt, dass oftmals "Aktennotizen" für die SuS-Akten vorgenommen werden, wenn z. B. Gespräche mit der Klassenlehrkraft, der Schulsozialarbeit oder Erziehungsberechtigten stattgefunden haben. Das soll gem. SL uns einfach als Absicherung dienen bzw. als Nachweis, dass diese Gespräche wirklich stattgefunden haben, wann sie stattgefunden haben, was das Ergebnis war usw. Als "Eintrag" in die SuS-Akte oder als "Verwarnung" ist das aber nicht zu sehen.

    Diese Aktennotizen werden aber bereits in die SuS-Akten gelegt, bevor die Erziehungsberechtigten über irgendetwas informiert werden.

    SGV Inhalt : Verordnung über die zur Verarbeitung zugelassenen Daten von Schülerinnen, Schülern und Eltern (VO-DV I) | RECHT.NRW.DE

    Hier besonders Anlage 2.


    Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen sind Teil der Schülerakte - ich würde jedoch nie ohne Rücksprache mit der Schulleitung oder dem Stufenkoordinator einfach so etwas in die Akte geben. Ich revidiere meine Aussage in der Hinsicht, dass die Protokolle und deren Zustandekommen aus meiner Sicht problematisch sind - aber konkrete Erziehungsmaßnahmen (z.B. schriftliche Missbilligung des Verhaltens) durchaus dort Eingang finden können. Theoretisch hätte man auch jede Nacharbeit unter Aufsicht als Erziehungsmaßnahme dort hineingeben können, aber das wäre aus meiner Sicht übers Ziel hinausgeschossen. Letztlich ist das auch in meinen Augen das eigentliche Problem von Korte - eine möglicherweise nicht sachangemessene und in diesem Fall womöglich unprofessionelle Reaktion ob persönlicher Befangenheit angesichts eigener einschlägiger Erfahrungen.


    Ich kann das von der Sache her total nachvollziehen, allerdings macht man sich damit angreifbar. Und die Protokolle in die Akte zu geben, macht das Vergehen gewissermaßen hochoffiziell. Da wäre ich auch nicht unbedingt glücklich mit als Elternteil, wenn ich das Ding unterschrieben hätte. Ist halt insgesamt doof gelaufen.

  • Es ist genau festgelegt, was in die Akte kommt

    Wo ist denn das festgelegt? Für NDS finde ich u. a. folgende Angaben: " ... Weiterhin kann in Schülerakten die Verhängung von Erziehungsmitteln und Ordnungsmaßnahmen dokumentiert werden. Auch Leistungsdaten wie Zeugnisse und die Dokumentation über die individuelle Lernentwicklung können Bestandteil der Schülerakte sein. ..." (Quelle: https://datenschutz.nibis.de/2…lwechsel-zu-uebermitteln/) - "kann" und "können" ist also wieder mal sehr schwammig formuliert.

    Und - wie gesagt - unsere SL hält es eben für wichtig, dass auch bspw. über Gespräche, die in solch einem wie dem vom TE geschilderten Mobbingfall zwischen KL, Schulsozialarbeiter*in und SuS stattgefunden haben, kurze Aktennotizen angefertigt und in die entsprechenden SuS-Akten gelegt werden.

    Dass die Kolleg*innen noch nie einen Fall von Mobbing hatten ist ebenfalls ausgeschlossen.

    Sehe ich auch so!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Hallo zusammen!


    Wir sind auch aufgefordert, Gedächnisprotokolle von Elterngesprächen oder sonstigen Gesprächen zu erstellen. Die sammle ich üblicherweise einfach bei mir, aber in kompliziertere Fällen, in denen die Schulleitung involviert wird, gebe ich auch eine Kopie ins Sekretariat, damit sie sie zu der Schülerakte legen können. So ist die Schulleitung dann auch informiert. Und ich gehe dabei davon aus, dass die Schulleitung weiß, ob solche Gesprächsnotizen/-protokolle am Ende des Schuljahres vernichtet werden müssen oder nicht.


    Was die Standpauke und das Protokoll angeht:


    Zu klären ist natürlich, ob es wirklich Mobbing war, und wenn ja sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, den Zustand zu ändern. Mit nur einer Standpauke bekommt man ja kein echtes Mobbing in den Griff.


    Die Schulleitung kann man auch über das Gespräch und das zugehörige Protokoll unterrichten, ohne es einfach in die Akte zu legen. Und es ist davon auszugehen, dass die Schulleitung weiß, ob das unterschriebene Dokument in die Akte darf oder soll oder nur das restliche Schuljahr vom Klassenlehrer aufbewahrt werden soll. Oder vielleicht liegt es ja auch für den Hausgebrauch nur neben der Schülerakte.


    Und wenn die Reaktion auf das Fehlverhalten der Schüler dieses Mal ein Gespräch mit dem Klassenlehrer war, dann spricht ja auch nichts dagegen, dass bei einem erneuten Fehlverhalten ein Gespräch mit höherer Instanz ansteht. So wie es im ersten Post steht, wurde ja kein Schulverweis angedroht oder ähnliches. Gerade wenn es echtes Mobbing sein sollt, kann man die Schulleitung frühzeitig einbeziehen. Zumindest meine Schulleitung möchte auch informiert sein, was an ihrer Schule los ist.


    Ich würde daher erst einmal in Ruhe die Schulleitung informieren und fragen, ob du das Protokoll bei dir aufbewahren sollst oder ob es eine zentrale Stelle für solche Notizen gibt.


    LG DFU






  • Bei uns sind sie Co-Klassenlehrer, um es zu lernen (und wenn dann der Klassenlehrer ausfällt...)

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Mich wundert, dass es als "übers Ziel hinausgeschossen" wahrgenommen wird, ein Protokoll zu einem Vorfall in die Akte zu geben. Ich persönlich hefte alles in die Akten, was ansatzweise problematisches Verhalten protokolliert - einfach, damit es drin ist und man ggf. Langzeitentwicklungen im Auge hat. Sollte es mal zu Ordnungskonferenzen kommen, könnte das ja ggf. interessant sein. Mir ist auch ganz ehrlich noch nie in den Sinn gekommen, dass man das mit der Schulleitung absprechen müsste.


    Noch kurioser finde ich, dass Eltern meinen, sie könnten Einfluss nehmen auf das, was Eingang in die Akte findet. Gut, im Normalfall wissen die das ja auch gar nicht und ich hätte es auch nicht zwingend mitgeteilt... aber diese Androhung einer Klage finde ich dennoch sehr merkwürdig und unangemessen.


    Ich würde die Schulleitung über die Sachlage informieren und das weitere Vorgehen absprechen. Letztlich hast du - finde ich jedenfalls - auf einen Anfangsverdacht des Mobbings angemessen reagiert und für den Wiederholungsfall klare Konsequenzen angekündigt. Das ist ja zunächst einmal nicht falsch, sondern genau das, was ich als Betroffener auch erwarten würde. Eigentlich geht es dann jetzt doch erstmal nur darum, in welchen Ordner das Protokoll geheftet wird - oder übersehe ich irgendwas?

  • ein bisschen Offtopic, aber ein schönes Beispiel für wie es sein soll vs wie es wirklich ist:
    eine Schülerin der Oberstufe ist auf der Kursfahrt durch unsoziales Verhalten aufgefallen und sollte eine Ordnungsmaßnahme erhalten. Wie in solchen Fällen üblich, studierte ich ihre Akte und stieß auf mehrere ähnliche Fälle im Laufe ihrer Schulzeit. Lustig fand ich, dass ihre Eltern anscheinend in zwei Fällen Briefe angefertigt hatten, in denen um Löschung der Vorfälle aus der Akte gebeten wurde. diese Bittbriefe waren fein säuberlich nach den entsprechenden Ordnungsmaßnahmen in der Akte abgeheftet =)

  • Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen sind Teil der Schülerakte - ich würde jedoch nie ohne Rücksprache mit der Schulleitung oder dem Stufenkoordinator einfach so etwas in die Akte geben.

    Wie gesagt: Unsere SL hat uns dies - auch ohne Rücksprache - schon immer empfohlen (und ich "erlebe" nun schon den dritten Schulleiter an meiner Schule), um einen Nachweis zu haben. Dass dagegen irgendjemand vorgegangen ist, habe ich noch nie erlebt.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Mal umgedreht gefragt: welchen Vorteil sollte es denn für die Schule und Schulleitung haben, wenn NICHT dokumentiert wird? Mir erschließt sich der Sinn unvollständiger Akten gerade gar nicht.

  • Mir erschließt sich der Sinn unvollständiger Akten gerade gar nicht.

    Definiere unvollständig.


    Stell dir vor, dein Chef könnte alles in die Dienstakte heften, was ihm so einfällt. "Maylin85 kam mir am 23.5.2019 unverschämt und im Mai war sie ungewöhnlich lange krank. Das sollte man mal bei der nächsten Beförderung berücksichtigen."


    Es ist nunmal rechtlich festgelegt, was wann wo wie lange abgeheftet wird und wer wann davon in Kenntnis gesetzt werden muss. Datenschutz heißt das und ist gut und wichtig.

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