Österreichische Lehrerin geht nach Bayern - Erfahrungen?

  • Hallo :)

    Ich werde nächsten Sommer nach München zu meinem Partner ziehen und bin gerade dabei mich um die Anerkennung meiner Ausbildung zu bewerben.


    Nach einem Telefonat mit einem Mitarbeiter des Ministerium für Unterricht und Kultus weiß ich nun, dass ich mich voraussichtlich auf ein Jahr Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung einstellen muss.


    Hat hier jemand Erfahrungen damit gemacht?

    Wie groß ist der "Kulturschock"?

    Welche Unterschiede gibt es rechtlich und in Bezug auf den Unterrichtsalltag?

    Wie sehr unterscheiden sich die Anforderungen an Lehrkräfte?

    Speziell beschäftigt mich auch, welches Können bzgl Tafelbild verlangt wird? Seminare diesbezüglich wurden an meiner Hochschule gekürzt und da in meiner Schule immer mehr auf Beamer/PC und Co gesetzt wird, fehlt mir die Übung hier sowohl hinsichtlich künstlerischen Fähigkeiten als auch einer sauberen Tafelschrift. (Alles klar leserlich aber eben nicht vorbildlich)

    Auch die benötigten Fähigkeiten am Instrument wären interessant für mich, da ich bislang keinen Musikunterricht gegeben habe.


    Ich hab nun schon oft gehört, dass in Bayern diesbezüglich sehr streng bewertet wird. Kann mir jemand aus eigener Erfahrung berichten?

    Mir wurde gesagt, dass meine Berufserfahrung angerechnet werden kann, daher würde der Anpassungslehrgang 1 statt 2 Jahre dauern. Weiß jemand, ob ich den Lehrgang mit einer vorübergehenden Anstellung als Vertretungslehrerin umgehen könnte? Also könnte diese Tätigkeit dann ebenfalls angerechnet werden?


    Danke fürs Lesen und antworten. :)

  • Frechdachs ist zwar nicht aus Bayern, aber doch den umgekehrten Weg aus Deutschland nach Österreich gegangen und ist insofern wohl am ehesten eine hilfreiche Ansprechpartnerin in diesem Forum.


    Caro07 ist GS-Lehrerin in Bayern und kann dir sicherlich die eine oder andere GS-spezifische Frage beantworten bezogen auf Bayern. Zauberwald hat zumindest ihr Ref in Bayern gemacht und kann vielleicht etwas zur Bewertung sagen, genau wie laleona (Bayern, aber andere Schulart).


    (...)

    Mir wurde gesagt, dass meine Berufserfahrung angerechnet werden kann, daher würde der Anpassungslehrgang 1 statt 2 Jahre dauern. Weiß jemand, ob ich den Lehrgang mit einer vorübergehenden Anstellung als Vertretungslehrerin umgehen könnte? Also könnte diese Tätigkeit dann ebenfalls angerechnet werden? (...)

    Du könntest diese Frage einfach direkt mit der Stelle klären, von der diese Auskunft stammt, dort weiß man das ganz genau. :) Prüf dabei vielleicht auch die genauen Kondititionen des Anpassungslehrgangs (Bezahlung, Inhalte,...) im Vergleich zu reinen Vertretungstätigkeit. Zumindest schulrechtlich gesehen dürften Welten zwischen Bayern und Österreich liegen, insofern erscheint mir die Teilnahme an einem Anpassungslehrgang eine Chance zu sein, um dich gut einarbeiten zu können in diese neue schulrechtliche Welt. Als Vertretungslehrerin müsstest du dann einfach direkt schulrechtlich angemessen umsetzen können, ohne extra Einarbeitungszeit (schließlich wärst du keine Anwärterin, noch in einer sonstigen Ausbildungssituation, sondern würdest als fertig ausgebildete Lehrerin an eine Schule kommen).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich habe in Bayern studiert und da mein Ref. gemacht, auch da 4 Jahre anschließend gearbeitet, bevor ich das Bundesland wechselte, also gab es für mich keinen Kulturschock. Tafeln gibt es in Bayern glaube ich gar nicht mehr. Die sind neumodischer ausgestattet, als wir hier in BaWü.

  • in Ingolstadt nicht... Ist wahrscheinlich unterschiedlich. Hatte den Eindruck, dass BY moderner ausgestattet ist, zumindest was ich so von Bekannten höre.

    Aber wie dem auch sei. An einem Tafelbild sollte es doch wohl nicht scheitern.

  • Hi,

    der Anpassungslehrgang könnte referendariatsähnlich sein. Was es in Deutschland gar nicht gibt, ist die Anerkennung von Berufserfahrung als Ausbildungsinhalte. Das hattest du wahrscheinlich mit der Vertretungstätigkeit gemeint.


    Kulturschock: Vielleicht ein bisschen - es sind verschiedene Länder

    Tafelschrift: In Österreich werden einige Buchstaben anders geschrieben. Da wirst du dich ein bisschen umstellen müssen. Ging mir umgekehrt auch so.

    In Österreich gibt es die Mitvergangenheit, in Deutschland nicht.

    Lehrerzimmer: In Österreich Pausen- und Partyraum, in Deutschland Arbeitsraum (dieser Unterschied kann stark belasten. Ich kenne jemand, der deshalb sogar gekündigt hat)

    ... soviel erstmal, was mir spontan einfällt.


    Liebe Grüße

  • Lehrerzimmer: In Österreich Pausen- und Partyraum, in Deutschland Arbeitsraum (dieser Unterschied kann stark belasten. Ich kenne jemand, der deshalb sogar gekündigt hat)

    Also so pauschal möchte ich das auch nicht stehen lassen. Besonders in Bayern gab es zuweilen viel Spaß. Das ist hier bei den Schwaben allerdings schon anders.

  • Also so pauschal möchte ich das auch nicht stehen lassen. Besonders in Bayern gab es zuweilen viel Spaß. Das ist hier bei den Schwaben allerdings schon anders.

    👍 Mein Erfahrungsraum beschränkt sich eigentlich eher auf RLP und dem Saarland. Wir haben aber einige deutsche Kollegen gehabt, die damit starke Probleme hatten (Woher die jeweils genau kamen, weiß ich nicht mehr. NRW und Niedersachsen war auf jeden Fall dabei). Deshalb erwähnte ich es. Bayern und Österreich haben vielleicht nicht so große Unterschiede wie der Rest Deutschlands.

    Manchmal fragen Schüler: "Ist es so, dass man in Deutschland z.B. auch Krapfen sagt?" Ich antworte oft, dass Deutschland viel größer als Österreich ist und mehrere sehr unterschiedliche Dialekte hat. Österreich hat zwar auch Unterschiede, aber nicht so große. Übrigens in meiner Heimat heißt der Krapfen Kreppel 😋.

  • Hier bekommt man keine Krapfen, wofür denn?


    Die Mitvergangenheit ist das Präteritum, auch einfache oder erste Vergangenheit,

    generell gibt es neben den Fachbegriffen viele deutsche Begriffe, da richtet man sich eher nach dem Schulbuch. Verben sind Tuwörter oder Tunwörter oder Zeitwörter oder…, parallel werden die Fachbegriffe verwendet und spätestens in Klasse 4 auch eingefordert.


    Generell hat BY einige andere Fachwörter (Proben statt Klassenarbeiten) und eine Menge Vorgaben, in die man sich dann einarbeiten muss, z.B. Planung zu Beginn des Jahres abgeben oder Zeugnisromane oder Zeugnisgespräche.

  • Lehrerzimmer: In Österreich Pausen- und Partyraum, in Deutschland Arbeitsraum

    Das stimmt so nicht, denn das kommt auf die Schule an. Die Lehrerzimmer an meiner Schule (die zwar niicht in Bayern aber doch auch in Deutschland steht ;) ) sind definitiv keine "Arbeitsräume". Dort stehen - wenn überhaupt - höchstens noch ein "Schreibtisch" mit PC und/oder ein Stehpult mit Laptop sowie ein Drucker, die aber von den KuK nur noch zum schnellen "Nachschauen" oder Ausdrucken von Materialien verwendet werden. Ansonsten gibt es separate Lehrerarbeitsräume.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Für mich war die Umstellung von Baden-Württemberg auf Bayern nicht allzu groß. Zudem hatte ich Glück, dass sich die Kollegen meiner ersten Schule in Bayern um mich gekümmert haben, die konnte ich jederzeit fragen bzw. habe ich mit einem Kollegen intensiv zusammengearbeitet.

    Die Unterschiede waren im Nuancenbereich.

    Ich glaube, dass gegen das bayerische Schulsystem einige Vorurteile bestehen und das begründet vielleicht deine Fragen Lernendlehren . Mache dir nicht zu viele Gedanken, du wächst da rein. Wenn du wider Erwarten wenig Hilfe in deiner neuen Schule bekommst, hier gibt es genug bayerische Grundschullehrerinnen, die Fragen beantworten können. Wichtig finde ich, dass man, wenn man in der Situation ist, Augen und Ohren offen hält, was an der Arbeitsstelle, wo man arbeitet anders ist als man es gewohnt ist.

  • Also so pauschal möchte ich das auch nicht stehen lassen. Besonders in Bayern gab es zuweilen viel Spaß. Das ist hier bei den Schwaben allerdings schon anders.

    Und auch das lässt sich nicht so pauschal sagen, sondern ist wohl letztlich eine Frage der Schule und des Kollegiums. Unser Lehrerzimmer ist viel zu beengt zum Arbeiten, dafür ein netter Pausen Raum wo viel Quatsch gemacht wird.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Und auch das lässt sich nicht so pauschal sagen, sondern ist wohl letztlich eine Frage der Schule und des Kollegiums. Unser Lehrerzimmer ist viel zu beengt zum Arbeiten, dafür ein netter Pausen Raum wo viel Quatsch gemacht wird.

    Ja, das stimmt. Aber es wird schon viel darin gearbeitet, auch nachmittags bis spät. Das ist, wenn viel im Team gearbeitet wird. In einer Jahrgangsstufe haben die Kolleginnen ganze Tischreihen mit ihrem Material belegt, also aufgestellt. Da wird immer wieder gestöbert, auch in den Pausen. Ich selbst komme in den Pausen wenig dazu, ins Lehrerzimmer zu gehen. Entweder habe ich Aufsicht (wir sind nach Jahrgängen getrennt wegen Corona und da kommt man öfter dran, bei den Einsern ist man anfangs sowieso immer dabei) oder ich bespreche mich schnell im Klassenzimmer mit Kolleginnen. Das bedaure ich auch sehr, dass da weniger smalltalk im Lehrerzimmer geht als früher.

    Wenn ich morgens zur zweiten habe, sitzen regelmäßig Kolleginnen im Lehrerzimmer, die auch zur zweiten haben, aber sich im Team besprechen oder anderweitig arbeiten. Ich bin dann immer ganz leise, obwohl ich auch mal gerne einen Spaß machen würde. :neenee:

  • Spät aber doch bedanke ich mich bei euch allen für die ausführlichen Antworten.

    Ich habe mittlerweile eine Zusage für eine Stelle an einer Privatschule und konnte somit den Anpassungslehrgang umgehen.


    Auf den Kulturschock bin ich noch gespannt aber auch da vielen Dank für eure Einblicke.

    Ich denke, es wird einfach ein bisschen dauern aber ich werde schon in den Schulalltag hinein finden. Als ich den Beitrag vor einigen Monaten geschrieben habe, war ich doch noch um einiges aufgeregter und hatte noch nicht so viel recherchiert.


    Nochmals vielen Dank. :)

  • Danke, dass du dich noch einmal meldest. Von vielen hört man nichts mehr.


    Wir haben übrigens Lehrerzimmer zum Quatschen mit einer Küchenecke (Partyraum) und 2 Arbeitszimmer, eines mit zusätzlicher Ruheecke. In den letzteren wird tatsächlich kaum gesprochen. Es gibt also auch hier alles.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Hallo,


    ich bin Volksschullehrerin aus Ö und habe vor 2 Wochen das "Fachgespräch" in Bayern gehabt, was ja eigentlich dazu dient, die Leute zum Anpassungslehrgang zu bitten. Also angeblich ist es ja kaum bis nie der Fall, dass jemand dieses "Fachgespräch" ohne "Differenzen" besteht und keinen Anpassungslehrgang absolvieren muss.


    Nun, meiner Information nach sitzt man im Anpassungslehrgang im "Seminar" mit anderen, die das Ref machen; 2 mal die Woche Seminar und 3 Tage pro Woche (15 h) soll/darf ich unterrichten. Angeblich dauert das Ganze 1-2 Jahre, wonach man im Anschluss angeblich eine Chance auf Verbeamtung hätte.

  • meine Antwort bezog sich auf die Frage von Lernendlehren


    Ich wüsste gerne, ob eine Verbeamtung tatsächlich möglich sein kann- als "Österreicherin" mit einem nicht deutschen Studium,

    Ja, auch EU-Ausländer:innen können in Deutschland verbeamtet werden, wenn die Aufgaben nicht ausnahmsweise nur für Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit (wie bei besonderen hoheitlichen Aufgaben) vorbehalten sind. Der Schuldienst gehört nicht zu diesen besonderen hoheitlichen Aufgaben, die einer derartigen Verengung bedürften. Wenn du also die Anerkennung deiner Ausbildung erfolgreich durchlaufen hast und die weiteren Voraussetzungen für die Verbeamtung erfüllst (Altersgrenzen, gesundheitliche Eignung, polizeiliches Führungszeugnis makellos, Impfnachweis Masern,..) steht dir dieser Weg offen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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