Deutsch: Gelungene/tiefsinnige Wirkungen bei sprachlichen Mitteln

  • Liebe Deutschlehrer(innen),


    meine Schüler tun sich, wie üblich, schwer damit, tiefsinnige Wirkungen sprachlicher Mittel zu formulieren. Manche schreiben z. B. "Der Titel, mit der Text startet, hilft dem Leser schneller zu wissen, worum es im Text geht." Das ist freilich nur ein Beispiel - aber ich bin mir sicher, ihr wisst, welches Grundproblem ich anspreche.


    Nun meine Frage: Habt ihr Strategien, wie ihr eure Schüler zu gelungeneren/tiefsinnigeren Wirkungen/Deutungen leitet?


    LG & danke!

  • SuS lernen m. Erfahrung nach am besten von Beispielen. Gib ihnen z.B. drei Beispiele von Wirkungen - oberflächlich, mittelprächtig und tiefsinnig und lasse sie die Unterschiede erkennen. Dann mache eine Übung, in der sie innerhalb eines Textes zu vorgegebenen stilistischen Mittel die Effekte beschreiben sollen oder wieder aus einer Auswahl von Effekten den besseren begründet wählen sollen.
    In Englisch kenne ich das Problem nur zu gut. Ich musste mir am Anfang auch selber klar werden, was eigentlich ein gelungener Effekt ist und was ihn ausmacht. Für mich hat das viel mit dem konkreten Text und der entsprechenden Textstelle zu tun. Wenn der Effekt austauschbar ist und nicht textspezifisch (“to make the text more interesting”, “to catch the reader's attention” und ähnliches blabla), dann ist er meist zu generisch. Wenn aber z.B. eine Scheidungskriegsmetapher in einem Guardian-Artikel dafür da ist, die negativen Effekte Brexits eindrücklich zu illustrieren (besser noch statt bloß "negativ": die emotionalen Belastungen für die gespaltene Gesellschaft) und es an der Textstelle auch tatsächlich darum geht, sind wir schon auf einem guten Weg.

    Aber bei aller Übung darfst du nicht zu viel erwarten. Für viele Oberstufenschüler ist das ganze Thema auch nach 2-3 Jahren Übung immer noch fremd und abstrakt. Man merkt hier immer wieder deutliche Unterschiede, was einerseits kognitive Fähigkeiten als auch Beobachtungsschärfe und generelle Medienkompetenz angeht. SuS, die zumindest ab und zu Texte lesen, seien es Nachrichten oder Romane, sind meiner Erfahrung nach SuS, die sich null für Politik, Kultur und Literatur interessieren, weit im Voraus. Daher versuche ich in Englisch auch immer anzuregen, sich selbstständig zu informieren und sich guten Input zu beziehen.

    Viel Spaß, Weisheit, Kraft und Segen beim Unterrichten und beim täglichen Umgang mit den wertvollen Schülerinnen und Schülern. Wir haben trotz aller Schwierigkeiten einen tollen und wichtigen Job 🙂👩‍🏫👨‍🏫❤️

  • Vielleicht helfen Schreibkonferenzen? Seinen Text (oder den von anderen) nach ein paar Tagen nochmal lesen und nach Kriterien untersuchen kann helfen, sich bewusst zu werden, was man da eigentlich macht.

  • Genau: Konkrete Beispiele besprechen und Ideen sammeln mit der Klasse.

    Ich habe das Problem in meinen Fächern v. a. in der Oberstufe auch. Ich selbst finde es auch nicht gerade einfach und konnte Stilmittel als Schülerin nicht gut analysieren (oder überhaupt finden...), als Studentin und Lehrerin konnte ich das dann nach und nach besser.

    Ich versuche von Anfang an, meinen SuS beizubringen, dass sie von solchen oberflächlichen Formulierungen, wie du sie genannt hast, wegkommen müssen und wir üben das immer wieder an Beispielen und erarbeiten uns gemeinsam die "tiefsinnige" Bedeutung. Manche werden darin irgendwann richtig gut, andere analysieren die sprachlichen Mittel auch in Abiturklausur nur sehr oberflächlich.

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