Angst vor Klassenfahrt

  • Am Geld erkennt man immer, wie wichtig die Dinge politisch wirklich sind.

    Ich könnte nach belegen fragen. Aber das lass ich mal.


    Ich kann nur sagen, dass es schön wäre, wenn man das Geld wirklich erkennen würden. Aber wofür Geld ausgegeben wird, hängt noch von ganz anderen Sachen ab. Das fängt damit an, welche Schule gerade die bessere Beziehung zur Politik hat. Ich finde es teilweise erschreckend Schulen vom gleichen Schulträger ausgestattet werden. Aber das ist ein anderes Thema.

  • - Bei uns sollen die Referendare mit ihren 3. Klassen zumindest auf eine 3tägige Klassenfahrt.

    So nutzt man sie für den Hungerlohn also auch noch aus????


    Wann sollen sie denn das noch vorbereiten? Die schuften doch so schon ohne Ende.


    Dazu muss man wissen: Grundschulreferendarinnen sind in Bayern Klassenlehrerinnen mit sämtlichen Aufgaben, die dazu gehören. Die Anforderungen des Seminars sind enorm. Jede Stunde muss z.B. dokumentiert werden, usw., usw,


    Hier in BaWü ist das vergleichsweise ein Spaziergang. Unsere Referendarinnen müssen nicht einmal Stoffverteilungspläne abgeben, sind keine Klassenlehrer, das Ref. dauert nur 1,5 Jahre und die haben nur die 2 Fächer, die sie studiert haben. Das sieht beispielsweise so aus: 6 Stunden Englisch in 3 vierten Parallelklassen und Mathe in Klasse 2. Würde gerne anführen, wie es in BY ist mit 4 studierten Fächern und Bewertung des Klassenzimmers, aber was solls. Juckt doch eh keinen. Da müssen sie eben durch. So hieß es bei mir damals auch.

  • Lies doch endlich mal die KMK-Empfehlung.

    Diese Empfehlung basieren auf entsprechenden Studien? Die belegen genau was? Oder steht in den Empfehlungen, dass man es toll fände, wenn Schülerinnenurlaube eine solche Wirkung haben?


    Benenn| doch mal genauer, welche Stelle in welcher Empfehlung, denn nun etwas Belastbares hergibt.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Aber wofür Geld ausgegeben wird, hängt noch von ganz anderen Sachen ab. Das fängt damit an, welche Schule gerade die bessere Beziehung zur Politik hat. Ich finde es teilweise erschreckend Schulen vom gleichen Schulträger ausgestattet werden.

    Und daran sieht man, was denen, die über das Geld verfügen, wichtig ist. Das entscheidet sich gelegentlich deutlich von dem was richtig oder sonstwie rational begründet ist.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    Einmal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Dass Klassen- und Studienfahrten ein sinnvoller Beitrag zum Bildungs- und Erziehungsauftrag sind, würde ich glauben auch ohne dafür Studien vorgelegt zu bekommen. Auch aus der eigenen Erfahrung heraus.

    Und ja, auch als Student wusste ich schon, dass es Teil meines Jobs sein würde.


    Aber ich sehe das dennoch so wie viele andere, u.a. O. Meier und @karuna: Das alles ist kein Grund, schlechte Arbeitsbedingungen einfach so hinzunehmen. Wenn es so wichtig ist und wenn es ein so integraler Bestandteil des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags ist, dann muss dafür eben auch Geld in die Hand genommen werden. Und damit meine ich nicht nur die absolute Selbstverständlichkeit, dass die Fahrtkosten des Personals übernommen werden, sondern auch - so wie fossi74 das schon angedeutet hat - dass es ausreichend Personal für einen Betreuungsschlüssel gibt, der unbezahlte Mehrarbeit unnötig macht. Dass es ausreichend Verwaltungspersonal gibt, das mir den zusätzlichen Orgaaufwand (Buchung, Kontoführung, Abrechnung) abnimmt etc, damit ich mich auch vor und nach der Klassenfahrt auf meine Kernaufgaben konzentrieren kann und Unterricht und Beratung nicht darunter leiden, dass ich Zahlungseingänge überprüfen, Programmpunkte recherchieren und buchen, Abrechnungen machen etc. muss.

    Wenn es so wichtig ist, dann gibt es in den verschiedenen Regierungsbezirken, Schulamtsbezirken etc. vielleicht sozialpädagogisch oder erlebnispädagogisch geschultes Personal, das man für die Mitfahrt abrufen kann, um die Lehrkraft entsprechend während der Fahrt zu unterstützen.

    Tom123 du schreibst immer von PMs, von so etwas habe ich noch nie gehört und ich kenne auch keine (weiterführende) Schule, die so etwas hat, aber das scheint ja irgendwie schon mal in diese Richtung zu gehen.


    Also, ja, ich sehe den Mehrwert von Klassenfahrten, aber ich sehe irgendwie nicht, dass die Landesregierungen oder die Kultus- bzw. Finanzministerien den Mehrwert ebenso sehen. Für die ist es halt nur ein Mehrwert, wenn er sich durch die Mehrarbeit des Lehrkräfte tragen lässt, im Zweifelsfall halt auf Kosten von anderen Arbeiten, die vielleicht bei den Eltern (=Wähler) nicht so gut ankommen.

  • Ja, das war übertrieben.

    Nein, das war der passendste Vergleich seit langem. Lehrkräfte sollen in ihrer privaten Zeit mit privaten Mitteln irgendwas Unklares wie "das tut Kindern aus armen Verhältnissen gut, findet jemand" übernehmen. Da wäre das Auto leihen und am Wochenende fahren üben nur angemessen.


    Ich besuche regelmäßig eine Schülerin nachmittags im Heim, weil sie keine Eltern mehr hat und sich wirklich darüber freut, wenn ich sie besuche. Das ist eine persönliche Entscheidung und hat nichts mit meinem Job zu tun, den ich gelernt und für den ich bezahlt werde. Niemals käme ich auf die Idee, das Besuchen von Heimkindern zur Pflicht von Klassenlehrkräften zu erheben. Wie übergriffig wäre das?

  • Ich habe mal auf einer mehrtägigen Klassenfahrt erleben müssen, dass eine Mutter ihre fiebernde Tochter nicht abgeholt (Entfernung mit dem Auto ca. 1 Stunde) und mir nachher den Schwarzen Peter zugeschoben hat, als es ihr schlecht ging. Da sitzt du dann da mit einer ganzen Schulklasse und krankem Kind und hoffst, dass der letzte Tag auch noch vorbei geht. Sie wollte mich sogar anzeigen. Sie ging erst nach Tagen, als wir wieder zu Hause waren mit ihr zum Arzt (das mit der Krankenversicherung war irgendwie ein Problem). Ab da hat meine SL sämtliche Schullandheimaufenthalte untersagt mit Zustimmung des Kollegiums.

  • dass eine Mutter ihre fiebernde Tochter nicht abgeholt

    @ Zauberwald: Habt ihr vorher nichts von den Eltern unterschreiben lassen?


    Kann man nicht einfach mal festhalten:


    Alle hier wollen eine Verbessertung der Arbeitsbedingungen, nicht nur, was Klassenfahrten angeht.

    Aber:

    Einige würden nie freiwillig auf Klassenfahrt fahren.

    Einige fahren gern mehrtägig, und nehmen dafür sogar Zusatzarbeit auf sich.

    Einige drücken sich aus Bequemlichkeit.

    Einige würden vielleicht fahren, haben aber Angst, weil ja was passieren könnte.

    Und andere in der Runde würden nur dann fahren, wenn alle Rahmenbedingungen so sind, wir sie sich das für ihren Urlaub wünschen...


    Gibt's noch Ergänzungen?

  • Kann man nicht einfach mal festhalten:


    Alle hier wollen eine Verbessertung der Arbeitsbedingungen, nicht nur, was Klassenfahrten angeht.

    Ja, das kann man festhalten. Nur dass halt der Dienstherr von sich aus nie auf die Idee kommen wird, für so eine Verbesserung der Rahmenbedingungen Geld in die Hand zu nehmen, wenn er das, was er möchte (hier: Klassenfahrten) auch kostenneutral bekommen kann, weil es Schulleiter gibt, die wegen des Leuchtens in den Augen der Kinder oder wegen ihrer Angst vor den Eltern, Druck auf die Kolleg*innen ausübt, die Mehrarbeit einfach so hinzunehmen.

    Oder wenn es halt Kolleg*innen gibt, die es aus den gleichen Gründen auch ohne Druck einfach machen.

  • @ Zauberwald: Habt ihr vorher nichts von den Eltern unterschreiben lassen?

    Sie hat behauptet, das Auto sei in der Werkstatt, mit dem Kind telefoniert und alles abgetan. Ist Jahre her, würde ich heute auch anders regeln. Wenn ich auch gerade nicht weiß, wie. Kind ins Taxi setzen? Darfste ja auch bestimmt nicht. Doktor holen? Hätte ich gedurft? Von so Eltern wird man doch wegen allem belangt....

    Obwohl ich gerne ins Schullandheim gegangen bin. Mit einer anderen Klasse zusammen ist es besser zu organisieren. Ausreichend Begleitpersonal, das nicht aus Eltern besteht, halte ich auch für notwendig.

  • Ich sehe das Durchführen von Klassenfahrten als eines der geringeren Übel im unterfinanzierten Schulsystem. Klar, wo keine Kolleg*innen sind, die das machen wollen, sollen sie nicht stattfinden. Aber die meiste unsinnige überflüssige Mehrarrbeit steckt woanders.

  • Ich sehe das Durchführen von Klassenfahrten als eines der geringeren Übel im unterfinanzierten Schulsystem. Klar, wo keine Kolleg*innen sind, die das machen wollen, sollen sie nicht stattfinden. Aber die meiste unsinnige überflüssige Mehrarrbeit steckt woanders.

    Ich sehe das genau umgekehrt. Klassenfahrten sind der Posten, den ich - hier in Bayern, wo sie dienstpflicht sind und wo die Kosten übernommen werden - nicht einfach ablehnen kann und wo ich nur sehr bedingt selbst den Arbeisteinsatz reduzieren kann. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sich Nächte am Flur um die Ohren schlagen, aber wenn ich halt nachts wach werde, weil es laut ist, dann muss ich irgendwie schon reagieren. Bei anderen Aufgaben, außerhalb der Klassenfahrt, kann ich Aufgaben einfacher nicht oder weniger gründlich erledigen.

    Und je nach Art der Fahrt sehe ich Klassenfahrten als den Posten, bei dem man einfacher Aufgaben outsourcen könnte - je nach Art der Fahrt. Bei Korrekturen und Unterrichtsvobereitung ist es eher schwierig, diese anderen zu übertragen, aber die Programmgestaltung einer Unterstufenfahrt ins Schullandheim? Klar würde das gehen.

    Und die Sache mit den Kolleg*innen, die das machen wollen, ist halt wie bei all diesen Baustellen im Schulsystem: einerseits muss das jeder für sich entscheiden, andererseits wird sich halt nie was ändern, solange es Kolleg*innen gibt, die es machen. Gilt auch für die private Anschaffung von Unterrichtsmaterialien, technischen Geräten etc.

    Und besonders schwierig wird es, wenn es Kolleg*innen gibt, die freiwillig auf Klassenfahrt fahren, obwohl es in ihrem Bundesland eigentlich keine Dienstpflicht ist, sich bei anderen, verpflichtenden Aufgaben aber dann darauf berufen, dass sie ja schließlich schon auf Klassenfahrt waren und ja wohl nicht alles machen können. Im Prinzip haben sie ja Recht damit, aber es ist halt genau deswegen nicht so einfach, dass halt einfach jeder das machen soll, was er mit sich selbst vereinbaren kann.

  • Das sagt die Förderschullehrerin?

    Ich muss mal hierher zurückkommen.


    Denn ja, Schule kann nicht alles aufholen, was anderswo versäumt wurde! Das sieht die Förderschullehrerin ganz richtig. Und mit dieser Frage, aus der ich einen Vorwurf herauslese (korrigiere mich gerne, wenn ich falsch liege!) machst du dann vielleicht Förderschullehrern und analog auch anderen Lehrern, die sich abzugrenzen versuchen, ein schlechtes Gewissen.

    So dass sie dann eben doch auf Klassenfahrt fahren, weil... die armen Kinder. Und das ist sicher ein Grund, zu fahren, klar. Erlebnisse schaffen. Aber es muss auch passende Rahmenbedingungen geben. Im Endeffekt machen die meisten Lehrer an Förderschulen oder Brennpunktschulen sowieso Vieles, das weit über die eigentlichen Aufgaben einer Lehrkraft hinausgeht, um abzufangen, was anderswo versäumt wurde.


    Dass bei euch an der Schule, Caro, von Referendaren gefordert wird, zu fahren, finde ich auch heftig. Warum können die nicht in der vierten Klasse fahren, wenn sie ihr Referendariat überstanden, dadurch gleichzeitig mehr Erfahrung haben, ein normales Gehalt verdienen und ihre Klasse besser kennen?

  • wenn alle Rahmenbedingungen so sind, wir sie sich das für ihren Urlaub wünschen...

    Das hat genau niemand eingefordert. Sondern, dass die Bedingungen respektieren, dass man dort arbeitet.

  • Dass bei euch an der Schule, Caro, von Referendaren gefordert wird, zu fahren, finde ich auch heftig.

    Das muss ich klar stellen: Es wird nicht von der Schule gefordert, sondern vom Seminar erwartet. Es tun sich immer LAAs vom Seminar zusammen und fahren gemeinsam. So wie ich das mitbekommen habe, fuhren alle von den unterschiedlichen Seminaren unseres Einzugsgebietes.


    Von unserer Schule wird da gar nichts erzwungen oder erwartet. Da es in der Grundschule eine freiwillige Sache ist, fahren die Lehrer, die Spaß daran haben, eine halbe oder eine Woche. Bei uns sind es überwiegend die Dritt- und Viertklasslehrerinnen. Fast alle vom Stammpersonal fahren einmal in 3/4 ins Schullandheim. Zu mehr reicht auch das Geld nicht. Es gibt aber auch welche, die aufgrund schlechter Erfahrungen mit Eltern (wie Zauberwald) die Lust daran verloren haben.


    Man muss auch sehen, dass man dann in diesem Jahr nicht ganz so viele Tagesfahrten bzw. Unterrichtsgänge macht, weil einiges durch das Schullandheim abgedeckt ist. Eine Lesenacht mache ich dann in einem solchen Schuljahr nicht. Wenn ich mit einer Klasse mal nicht gehe, mache ich dafür einen größeren Ausflug und eine Lesenacht.

  • @Kathie Meine Anmerkung bezog sich in diesem Fall auf eine Person. Und natürlich reden wir hier nicht über alles, sondern über Klassenfahrten. Und ich würde freiwillig tauschen: Gib mir deine Klassenfahrt, nimm du meine von Schreibtischtätern aufgedrückten Arbeiten für'n Ar*** für die Akten bzw. den Papierkorb.

  • Dass bei euch an der Schule, Caro, von Referendaren gefordert wird, zu fahren, finde ich auch heftig. Warum können die nicht in der vierten Klasse fahren, wenn sie ihr Referendariat überstanden, dadurch gleichzeitig mehr Erfahrung haben, ein normales Gehalt verdienen und ihre Klasse besser kennen?

    Ich befürchte, dass ich nicht nur an Caros Schule so. Bei uns in Bayern machen das die meisten Referendare - auch, weil das Seminar das so "erwartet"...

  • Gib mir deine Klassenfahrt, nimm du meine von Schreibtischtätern aufgedrückten Arbeiten für'n Ar*** für die Akten bzw. den Papierkorb.

    Hier hast du gelassen ein dringendes Problem genannt. An Unsinn, den wir machen müssen, haben wir uns schon gewöhnt. Es dreht sich nur noch darum, wo man sich 'rausziehen kann und wo der saure Apfel eine Bissstelle mehr bekommt.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

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