Erwachsenenbildung

  • Guten Abend liebe Mitmenschen,


    Ich habe eine Frage an Kollegen oder Kolleginnen, die Erwachsene unterrichten.

    Ich bin Lehrkraft und zur Zeit stundenweise in die Lehrerausbildung abgeordnet. Ich habe mich darauf eigentlich gefreut, aber ich komme damit nicht so gut klar, wie ich dachte. Meine 'Gruppen' bestehen aus verschiedenen Gründen jeweils nur aus einer Person. Erst dachte ich, das wäre ganz famos, weil man individuell auf die Bedürfnisse eingehen kann. Aber jetzt stellt sich heraus, dass es sehr zäh ist. Keine Gespräche, kein Austausch, keine Diskussionen, kein Mitbringen von Ideen, Material und Fragen durch viele möglich. Ich bin Alleinunterhalter, bzw. wenn ich mir einen Arbeitsauftrag ausdenke, sitze ich da und gucke zu, wie die künftige Lehrkraft einen Text liest, während sich (unangenehme) Stille im Raum ausbreitet. Ich kann mich auch nicht so gut verständlich machen, wie bei meinen Schüler*innen, es hakt und ich weiß nicht so recht woran. Ich habe eine Menge Unterrichtserfahrung, fühle mich aber unsicher. Beispiel 'digitale Medien', ich arbeite mich ein und nutze gerne die verschiedenen Möglichkeiten, die sich während des Lockdown erst so richtig aufgetan haben. Die von der Uni Kommenden sind aber mit vielem schon längst firm, ich kann denen in diesem Bereich eher nichts beibringen. Ist aber ein ewig langer Block, den ich füllen muss. Cool wäre, wenn jeder das vorstellen würde, was er schon mal ausprobiert hat, aber wir hocken ja nur zu zweit rum.


    Details lasse ich mal weg, mir geht es vor allem allgemein um Didaktik und das Zwischenmenschliche. Etwas beibringen, ohne von oben herab zu agieren, gleichzeitig klare Ansagen machen, damit man ernst genommen wird... Irgendwie ist das doch anders als mit 15-Jährigen.


    Ich sage auch zu oft, "das kann man so machen, oder so, seien Sie authentisch, bla...", ich frage mich aber, ob klare Ansagen besser ankämen. Aber es gibt nunmal verschiedene Wege, zu unterrichten, jede Persönlichkeit ist anders. Die Zweifel habe ich in meinen Klassen nie, ich unterrichte gern und souverän.


    Vielleicht arbeitet noch jemand mit Referendaren/Studentinnen/Berufsschülern/Lehrerinnen in der Fortbildung... und versteht, was ich meine?


    Ich hoffe, das ist das richtige Unterforum, sonst bitte verschieben. Danke :)

  • Ich würde bei so einer Individualbetreuung auf jeden Fall einfach auch mal nachfragen, wie sich das Ganze für den/die Anwärter:in anfühlt, was er/sie sich vielleicht wünschen würde, was eine besondere Unterstützung wäre. Technisch mag die Person dann jeweils an der einen oder anderen Stelle firmer sein (was aber keine Altersfrage ist), was Fernunterricht für konkrete pädagogische und didaktische Herausforderungen im Alltag mit sich bringt und wie man das lösen kann wissen deine Anwärter, wenn sie frisch von der Uni kommen, aber noch nicht, genau an der Stelle kommt dann deine Erfahrung zum Tragen und ihr kommt, wenn deine Anwärter grundlegend so fit wären in technischen Fragen dabei vielleicht auch ins Gespräch, wie sie Situationen lösen würden oder ggf jetzt schon lösen an ihren Schulen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Schwierig. Eine Ein-Personen-Gruppe ist ECHT fies.

    Bist Du denn einer, der die Notengebungskompetenz hat, oder eher ein "Helfer und Berater"? Wenn Dein Gegenüber (noten)angstfrei agieren kann, versuch's auf die Schiene, dass Du bspw. eine Stundenskizze vorlegst und fragst, was das Gegenüber anders machen würde. So kann er/sie das eigene Wissen einbringen. Darauf kannst du dann wiederum Vorschläge machen, kritisieren, und man spielt sich die Bälle ein bisschen hin und her. So lernt Ihr beide noch was :)


    Das ist so etwa die Vorgehensweise, wie ich mit meinen Referendaren die angeleiteten Stunden bespreche.


    Aber ganz allgemein noch: Zumindest in meinem Umfeld mag eigentlich JEDER lieber klare Ansagen als das oftmalige Seminar-Wischiwaschi "man könnte auch so und so". Wenn es also wirklich eindeutiges richtig/falsch gibt, sag das. Allerdings sind wir auch alle im technischen Bereich unterwegs, unsere ganze Welt besteht aus eindeutigen Wahrheiten :D

  • Ich bin Lehrkraft und zur Zeit stundenweise in die Lehrerausbildung abgeordnet

    Gibt es bei dir keine Fortbildungen?

    Ich habe in NRW Qualifizierungsmodule für die Erwachsenenfortbildung durchlaufen.

    Wobei sich das auch auf Gruppen bezog. Aber trotzdem, es gibt durchaus solche FoBis.


    Und bist du die einzige, die in diesem Bereich tätig ist? Sonst würde ich mich da als erstes austauschen.




    llerdings sind wir auch alle im technischen Bereich unterwegs, unsere ganze Welt besteht aus eindeutigen Wahrheiten :D

    Und ich liebe es immer wieder :D

  • ... Fernunterricht für konkrete pädagogische und didaktische Herausforderungen im Alltag mit sich bringt und wie man das lösen kann wissen deine Anwärter, wenn sie frisch von der Uni kommen, aber noch nicht,

    Nein, sie wissen so einiges noch nicht, aber alles besser. Deswegen auch der Spagat zwischen 'Ansagen machen', aber anerkennen, dass die Person Dinge anders macht als ich z. B. ohne beliebig zu werden.


    Schwierig. Eine Ein-Personen-Gruppe ist ECHT fies.

    Danke :)



    Aber ganz allgemein noch: Zumindest in meinem Umfeld mag eigentlich JEDER lieber klare Ansagen als das oftmalige Seminar-Wischiwaschi...

    Danke, ich werde versuchen, klarere Arbeitsaufträge zu erteilen. Vielleicht ist das das Problem, dass ich versuche, ein Gespräch zu führen, obwohl kein Gesprächsbedarf besteht.


    Zitat

    Gibt es bei dir keine Fortbildungen?

    Nein.

    Und bist du die einzige, die in diesem Bereich tätig ist? Sonst würde ich mich da als erstes austauschen.

    Mache ich, aber die anderen finden das glaube ich nicht so frustrierend, haben weniger Zweifel. Oder gehen wieder... Ich finde die Arbeit aber eigentlich eine tolle Abwechslung. Deswegen bin ich auch enttäuscht, dass ich nicht so richtig rüberbringen kann, was mir wichtig ist.

  • Hallo Zamomin, ich glaube, du hast da ausgewählt passive Teilnehmer. Ich saß in einem meiner Fachseminare auch nur mit einem Fachleiter da, aber da gab es eigentlich nie unangenehme Stille. Es war durchgängig ein Gespräch auf Augenhöhe (wir waren auch noch gleich alt) und ich habe von mir aus viele Anliegen eingebracht und wir sind so rasch durch das Programm gekommen, dass ich ganz oft Gelegenheit hatte, zu sagen, was ich gern vertiefen will und dann haben wir das gemacht - es lief also so, wie du dir das vorgestellt hast. Aber dazu gehören halt doch zwei.


    Jetzt betreue ich eine Seiteneinsteigerin an der Schule und wenn wir uns treffen, haben wir auch immer ein flüssiges und angenehmes Gespräch. Ich gebe ihr natürlich Informationen und Hinweise, aber im Wesentlichen passiert auch das (trotz Altersunterschied) "auf Augenhöhe".


    Aber das kennt wohl jeder, mit manchen Leuten ist es etwas zäh und die würde man sich sicher nicht aussuchen, falls man mal im Aufzug stecken bleibt. Da bist du natürlich gefordert, das Gespräch aktiv zu führen.


    Ich weiß auch aus der Ausbildung, dass wir oft über unterschiedliche Unterrichtsstile gesprochen haben. Man kann ja seine Persönlichkeit auch nicht so verbiegen, dass man einen Unterricht macht, der nicht zu einem passt. Oder doch: Viele machen das in der Ausbildung und später dann doch so, wie es sich für sie gut anfühlt.


    Das heißt tatsächlich nicht, dass das alles beliebig ist. Aber ein Ziel kann man ja auf unterschiedliche Art und Weise erreichen.


    Ich würde dem Teilnehmer nicht "zuschauen", wenn er an etwas arbeitet. Dann wird die Stille wirklich unangenehm. Ich würde selbst was anderes machen oder mir einen Tee kochen gehen.


    Und versuch die Leute ein bisschen aus der Reserve zu locken. So unkommunikativ können sie als angehende Lehrer eigentlich nicht sein :gruebel:

  • Ich sage auch zu oft, "das kann man so machen, oder so, seien Sie authentisch, bla...", ich frage mich aber, ob klare Ansagen besser ankämen. Aber es gibt nunmal verschiedene Wege, zu unterrichten, jede Persönlichkeit ist anders.

    Also ich hätte mir in meinem Ref mehr klare Ansagen und auch Rezepte für die ein oder andere Unterrichtssituation gewünscht.

    Die hätte man nämlich mal ausprobieren können und ggf. abgeändert oder auch verworfen.

    Statt dessen lies man uns mit "...wir verteilen keine Rezepte..." hängen.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Ja, stimmt auch wieder, SteffdA. Mir ging das mit den Unterrichtsentwürfen so. Da wurde immerzu rumgenölt, ohne dass mir gesagt wurde, wie es denn gewünscht war. Irgendwann gab es dann doch ein Schema, das ich dann genommen habe, und dann war plötzlich alles toll.


    Auch sonst, ja. Die wichtigsten Sachen habe ich durch Abgucken und von den Schülern selbst gelernt. Nicht durch klare Ansagen oder brauchbare Hinweise. Die gab es in der Tat viel zu selten.

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