"Wozu brauche ich das später?"

  • Wer kritisch-neugierige Rückfragen zum Sinn und Zweck des Unterrichtsstoffs stellt, ist also nicht gymnasial-tauglich?

    Wenn es kritisch-neugierig wäre - denen antworte ich ausführlich (s.o.). Und ich weiß viele Beispiele (z. B. mathematische Bewerbungsstest großer Firmen, da wird mehr als nur Prozentrechnung gefragt).


    Aber wir alle ärgern uns über die, die fragen, weil sie nicht lernen wollen, weil sie sich nicht anstrengen wollen, weil es nur um Arbeitsvermeidung geht. Es geht bei viel zu vielen nur um die Note (ein Lehrer, der nichts verlangt, aber gute Noten verteilt, ist angesehen, der Nachfolgende hat Probleme). Diese Gruppe ist oft laut (Elternabend), die anderen schweigen. Das hat sich tatsächlich in den letzten Jahrzehnten geändert (komme selbst jetzt auf fast 3 Jahrzehnte Unterricht).

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Wer kritisch-neugierige Rückfragen zum Sinn und Zweck des Unterrichtsstoffs stellt, ist also nicht gymnasial-tauglich?

    Es gibt einen großen Unterschied zwischen neugieriger Rückfrage, wo etwas Anwendung findet, und der lamentierenden Nachfrage, wozu man denn so etwas überhaupt brauche. Das hört man allein schon am enthusiastisch neugierigem, bzw. genervt gelangweilten Tonfall und der Mimik bei der Fragestellung.

    Wenn mich einer der chemiebegeisterten SuS fragt, was man für Stoffe mit diesem Syntheseweg alles herstellen kann, dann ist das eine neugierige Rückfrage und die zeugt davon, dass jemand Interesse hat und richtig ist.

    Leider gibt es SuS die eben nicht lernwillig sind. Ich hatte für viele Fächer auch nicht die Motivation wie für meine Naturwissenschaften, dennoch habe ich sofort verstanden, dass Latein eine Sprache ist, mit der man sehr viel über andere Sprachen und Sprachstruktur an sich erfahren kann.

    Auch ist mir sofort klar, dass es wichtig ist ein hohes Sprachniveau in Englisch zu erreichen.

    Ich wollte generell Dinge lernen.

    Nach Sinn und Zweck zu fragen ist (nicht immer, aber seeeeehr oft!) ein Symptom dessen, dass jemand gar kein intrinsisches Interesse am Lernen und Selbstoptimierung hat.

    • Offizieller Beitrag

    ich bin irgendwie schockiert über das Bild der "anderen Schulformen". Ich hoffe sehr (und bin auch überzeugt), dass man an Haupt- und Realschulen (und allen anderen Mischformen außerhalb des Gymnasiums) auch Sachen lernt "die man nicht braucht". Nur, weil Maximilian die 5. Klasse auf der Realschule besucht, heißt es nicht, dass er Klempner wird und also nur noch berufsunterstützende Sachen lernt. Und was ist mit Johanna, die in der selben Klasse ist, aber Tierpflegerin wird?

    Wir unterrichten an allen Schulformen "unnötige" Sachen, die uns helfen, die Welt zu erschließen und auch auf der Hauptschule (was für eine bescheuerte Formulierung) ist es wichtig, Mozart gehört zu haben, genauso wie man am Gymnasium auch mal Rap analysiert.


    Vielfalt.
    Vielfalt der Reize, Vielfalt der Interessen, usw.. weil: Vielfalt der Schüler*innen und Menschen. WIR sorgen dafür, dass die SuS die Wahl haben, weil sie möglichst viel kennengelernt haben und die Kompetenzen erworben haben, sich mehr anzueignen, als wir jemals in 45 Minuten - Stunden beibringen können.

  • Es gibt sicher "nicht lernwillige" SuS, aber nicht jeder Schüler am Gym (oder an einer anderen Schulform) muss sich für jedes Fach begeistern. Ich habe mich in meinen Praxisphasen über jeden mathebegeisterten Schüler gefreut, aber das ist nicht die Masse und auch völlig okay. Wenn SuS nicht motiviert sind, müssen Lehrer sie bis zu einem gewissen Punkt motivieren.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Natürlich ist das Kindern 0,0 klar, wenn sie in der Schule sind. Meinen Schülern in der FHR-Mathematik Gesundheit/Soziales mache ich das am Anfang transparent: Es gibt wenig bis keinen Anwendungsfall für die Mathematik in den kommenden zwei Jahren, den sie persönlich später brauchen werden. Es gibt natürlich für jede Mathematik jede Menge Anwendungsfälle, die aber eben nicht in der Realität dieses Bildungsgangs vorkommen (anders als z.B. bei den Naturwissenschaftlern). Ziel in diesem Bildungsgang ist aber das kompetenzorientierte Unterrichten - und davon bin ich immer noch überzeugt. Die Lösungsstrategien und Schritte, die hier zum Ziel eines abstrakten (weil mathematischen) Problems führen, lassen sich auf jedes andere Problem übertragen. Dann kann ich auch die vielzitierte Steuererklärung ausfüllen, die kaum weniger abstrakt ist als die Kurvendiskussion.

    100% Zustimmung, genau so gehe ich auch damit um wenn meine SuS fragen, wozu sie das später einmal benötigen werden.

    Warum sollte ich sie auch anlügen?


    Daher ärgert es mich um so mehr, dass dieser "Pseudo berufsbezug" gerade im Fach Mathematik immer relevanter zu werden scheint (zumindest bei den Abschlussprüfungen). Dadurch bekommen viele SuS ein völlig falsches Bild über Arbeitsmethoden in bestimmten Berufen und über die Verwendung der Mathematik in diesen.

  • Es gibt sicher "nicht lernwillige" SuS, aber nicht jeder Schüler am Gym (oder an einer anderen Schulform) muss sich für jedes Fach begeistern. Ich habe mich in meinen Praxisphasen über jeden mathebegeisterten Schüler gefreut, aber das ist nicht die Masse und auch völlig okay. Wenn SuS nicht motiviert sind, müssen Lehrer sie bis zu einem gewissen Punkt motivieren.

    Wobei "Mathe konnte ich noch nie" gesellschaftlich derart akzeptiert ist, dass bei vielen kein Ansatzpunkt für Motivation mehr vorhanden ist. Wir haben in den FHR-Bildungsgängen viele Schüler, die für ihre Mathematik-Abschlussprüfung fest die Note mangelhaft einplanen und sich lieber auf andere Fächer konzentrieren. Die kriegt man nicht mehr für Mathematik motiviert.

  • Naja und manchmal muss man auch einfach sagen: aber mit deinem Abi/ Fachabi/... kannst ja später jeden beliebigen Beruf erlernen/ studieren/... und es kann ja sein, dass du später...


    Und ja, wenn mal wieder einer fragt warum wir xy machen und ich das eigentlich schon beantwortet hatte, sage ich auch irgendwann, dass ihn niemand zwingt (Fach)Abi zu machen. Wenn er das aber haben will, also den höherwertigen Abschluss, dann muss er auch dieses und jenes lernen. Gerade weil man mit dem Abschluss ja alles studieren kann.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Wobei "Mathe konnte ich noch nie" gesellschaftlich derart akzeptiert ist, dass bei vielen kein Ansatzpunkt für Motivation mehr vorhanden ist. Wir haben in den FHR-Bildungsgängen viele Schüler, die für ihre Mathematik-Abschlussprüfung fest die Note mangelhaft einplanen und sich lieber auf andere Fächer konzentrieren. Die kriegt man nicht mehr für Mathematik motiviert.

    Ja, das regt mich total auf. Da kann man nur immer wieder sagen: ich bewerte auch wie sehr du dir Mühe gibst, also für etwas Arbeit ist eine 4 drin, und wenn du von vornherein aufgibst und nichts machst, ist die Note nicht 5 sondern 6.

  • Sobald man ein paar Mal Originalton geschaut hat, will man nie nie wieder synchronisierte Filme/Serien schauen.

    Das halte ich für übertrieben. Selbst ich als Englischlehrerin schaue zwar gerne Filme oder Serien im englischen Original, aber mit meinem Lebensgefährten und Freund*innen - die einfach nicht so gut Englisch verstehen - schaue ich natürlich trotzdem synchronisierte Filme. Finde ich nun nicht "so wild".

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wobei "Mathe konnte ich noch nie" gesellschaftlich derart akzeptiert ist, dass bei vielen kein Ansatzpunkt für Motivation mehr vorhanden ist. Wir haben in den FHR-Bildungsgängen viele Schüler, die für ihre Mathematik-Abschlussprüfung fest die Note mangelhaft einplanen und sich lieber auf andere Fächer konzentrieren. Die kriegt man nicht mehr für Mathematik motiviert.

    Finde ich traurig, kann aber sicher aus Sicht der Schüler clever sein: Wenn sie sich für eine 4 in Mathe so sehr anstrengen müssen, dass dadurch andere Noten absacken und dann z.B. der Durchschnitt schlechter wird als mit 5 in Mathe (die ja auch für eine Versetzung reicht, wenn die anderen Noten stimmen) und besseren Noten in anderen Fächern, ist es besser, seine Energie in die Fächer, die einem besser liegen, zu investieren.

    Machen viele Studenten auch nicht anders: Ich gebe auch nicht bei jeder Prüfung "Vollgas".

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Das halte ich für übertrieben. Selbst ich als Englischlehrerin schaue zwar gerne Filme oder Serien im englischen Original, aber mit meinem Lebensgefährten und Freund*innen - die einfach nicht so gut Englisch verstehen - schaue ich natürlich trotzdem synchronisierte Filme. Finde ich nun nicht "so wild".

    Mein Mann fand es anfangs doof auf Englisch mitzugucken. Heute (nach 16 Jahren gemeinsame Wohnung) guckt er selbst fast alles nur auf Englisch. (Also deutsche Produktionen gucken wir natürlich auch auf Deutsch.)

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Falls Du gerne Serien guckst: Originalton anmachen. Meistens eine echte Offenbarung, die Charaktere wirken zum Teil völlig anders als in der Synchro.

    Mir hat das Schulenglisch da aber null für gebracht. Macbeth hat eher meine Abscheu vergrößert. In der Lage Essen zu bestellen oder guten Smalltalk zu machen war ich auch nicht. Capsicum - was ist das?

    Ich denke also mit der Art von Inhalt in der Sek II erwirkt man nicht gerade die große Liebe zu Englisch, wenn man sich schwer tut in Sprachen.


    Ansonsten - ja manche Dinge gucke ich auch gerne auf Englisch, aber Big Bang Theory zB hat mich hart an die Grenzen gebracht, da blieb ich lieber bei deutscher Synchro.

  • Mein Mann fand es anfangs doof auf Englisch mitzugucken. Heute (nach 16 Jahren gemeinsame Wohnung) guckt er selbst fast alles nur auf Englisch. (Also deutsche Produktionen gucken wir natürlich auch auf Deutsch.)

    Mein Lebensgefährte hat in den 14,5 Jahren unseres Zusammenseins schon des Öfteren (aus Liebe zu mir :love:) mit mir zusammen Filme im Original geschaut. Ich habe aber gemerkt, dass er an sehr vielen Stellen kaum etwas verstanden hat und es für ihn eine ziemliche "Quälerei" war, und bestehe deshalb absolut nicht auf's zusammen-Filme-in-Englisch-gucken-weil-die-synchronisiert-doof-sind ;) . Originalfilme kann ich genauso gut alleine gucken. Wenn wir beide oder wir im Freundeskreis, der nicht so "Englisch affin" ist, Filme schauen, dann eben in der synchronisierten Fassung. Wie gesagt: Mir macht das wirklich nichts aus und ich finde die Synchronisationen heutzutage um Läääängen besser als noch vor einigen Jahrzehnten!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ansonsten - ja manche Dinge gucke ich auch gerne auf Englisch, aber Big Bang Theory zB hat mich hart an die Grenzen gebracht, da blieb ich lieber bei deutscher Synchro.

    Es gibt ja auch noch Untertitel.

    Ich gucke manches auch auf Deutsch. War aber teilweise echt schön überrascht, wie sehr sich durch die Synchro die Leute verändern.


    Bei breaking Bad hab ich beim 4. oder 5. Durchlauf, der der erste auf Englisch war, erst gemerkt, dass da gar nicht viele Männer als weinerliche Weicheier und die Frauen nicht als Nervensäge konzipiert sind. :)

  • Es geht ja nicht nur darum Filme auf Englisch zu schauen. Wie bereits gesagt, schaue ich alles im Originalton, auch wenns Japanisch oder Dänisch ist. Wenn es in der Sprache geschrieben und aufgenommen wurde, ist die Erfahrung eine ganz andere als mit Synchros. Das lässt sich kaum vergleichen. Besonders bei Filmen/Serien, die nicht gerade Blockbuster-Budgets haben.


    Aber da bin ich total glücklich mit meiner internationalen Beziehung. Wir sprechen beide sehr gut Englisch und jeweils gut genug Spanisch und Deutsch, um alles in den drei Sprachen ohne Probleme schauen zu können.

  • Ich denke also mit der Art von Inhalt in der Sek II erwirkt man nicht gerade die große Liebe zu Englisch, wenn man sich schwer tut in Sprachen.

    Das war bei mir in Mathe und den Naturwissenschaften auch nicht anders... Damit werde ich wohl nie "warm" :weissnicht:.

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  • Das war bei mir in Mathe und den Naturwissenschaften auch nicht anders... Damit werde ich wohl nie "warm" :weissnicht:

    Es ist nie zu spät! Ich hatte damals auch Chemie und Biologie so bald wie möglich abgewählt. Die Liebe zu den Naturwissenschaften ist erst Jahre später entstanden.

  • Wie bereits gesagt, schaue ich alles im Originalton, auch wenns Japanisch oder Dänisch ist.

    Auf die Idee würde ich nie im Leben kommen, muss ich sagen. Aber das kann ja jede/r so halten, wie er/sie möchte.

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  • Es ist nie zu spät! Ich hatte damals auch Chemie und Biologie so bald wie möglich abgewählt. Die Liebe zu den Naturwissenschaften ist erst Jahre später entstanden.

    Doch, der Zug ist bei mir defintiv abgefahren (und ehrlich gesagt, habe ich heutzutage weder Lust noch Zeit, mich mit Dingen auseinanderzusetzen, auf die ich einfach keine Lust habe ;) ).

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  • Mir hat das Schulenglisch da aber null für gebracht. Macbeth hat eher meine Abscheu vergrößert.

    Ist bei mir ähnlich. Literatur empfand ich aber eher als einfach. Für mich ist das höchste Level erreicht, wenn man auf Englisch ein Telefonat führen soll. Also wirklich morgens um 2 Uhr aufstehen, um in Australien oder Neuseeland (zu den dortigen Bürozeiten) anzurufen und dann noch mit deren Aussprache klarkommen, wo man am Telefon auch rein auf die Worte fixiert ist und die Gestik fehlt. Zudem hat man praktisch keine Zeit sich den Satzbau zu überlegen, weil man eben sofort antworten will/soll und es eben nicht aufschreibt. Das ist meiner Meinung nach die Königsdisziplin, was die Fremdsprache angeht.


    Ok, das Fachenglisch im Flugzeug ist auch nicht ohne, wenn man da am rauschigen Funkgerät am anderen Ende einen Texaner dran hat, der sich nicht an die fest definierte Phrasologie hält, und neben der Konversation noch ein Flugzeug fliegen soll. ... Oder der Fluglehrer in Südafrika...


    Aber das sind dann die Momente, bei denen bei mir der Ansporn kommt es "richtig" zu machen. Macbeth war irgendwie Kinderkram dagegen. :pfeifen:

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