Wie setzt ihr (Binnen-)Differenzierung konkret um?

  • Hallo zusammen,


    ich beschäftige mich gerade intensiver mit dem Thema "Differenzierung" und wollte fragen, ob ihr mir konkrete Beispiele nennen könntet, wie ihr diese in eurem Unterricht umsetzt. Vor allem interessieren mich meine Fächer, aber auch Anregungen aus anderen Fächern.


    Und wenn ihr mal mehrere Aufgaben auf unterschiedlichen Niveaustufen erstellt habt, wie stellt ihr dann sicher, dass die SuS die für sie passenden Aufgaben auch machen? Bei uns im Seminar war das immer so ein sensibles Thema: Man kann ja nicht laut sagen, dass die SuS A, B und C die einfachen Aufgaben machen sollen, weil sie dann ja merken, dass die Lehrkraft sie für leistungsschwächer als den Rest hält. Und wenn man nichts sagt, fragen sich die SuS, warum ihr z.B. Arbeitsblatt anders aussieht, als das des Sitznachbarn / der Sitznachbarin und stellen vermutlich selbst fest, dass sich die Aufgaben vom Schwierigkeitsgrad her unterscheiden.


    Das Gleiche gilt für Hilfekärtchen. Wie kriegt man die SuS dazu, diese auch zu nutzen; am besten, ohne dass sie sich "outen" müssen? Ich stehe bei dem Thema gerade etwas auf dem Schlauch; wohl auch, weil ich das Referendariat an einem recht elitären Gymnasium absolviert habe. Also wollte ich gern Anregungen dazu hören, wie man das Thema "Differenzierung" praktisch handhaben kann.


    Elphaba

  • Bei uns im Seminar war das immer so ein sensibles Thema: Man kann ja nicht laut sagen, dass die SuS A, B und C die einfachen Aufgaben machen sollen, weil sie dann ja merken, dass die Lehrkraft sie für leistungsschwächer als den Rest hält.

    Nur weil jemand woanders anfängt, heißt es ja nicht direkt leistungsschwächer.


    Ich handhabe das aber eher in die andere Richtung. Von 4 Aufgaben müssen 1 und 2 auf jeden Fall gelöst werden. 3 und 4 sind dann komplexer / anspruchsvoller. Ist im Rechnen aber auch leichter aufzubauen.


    Hilfekarten: Habe ich immer mal wieder erstellt, effektive Nutzung habe ich noch nicht / kaum gesehen, daher bin ich hier gespannt, was andere sagen.

    Wie kriegt man die SuS dazu, diese auch zu nutzen; am besten, ohne dass sie sich "outen" müssen?

    Ohne outen: Internet verwenden. QR Codes, Lektionen in Moodle etc.


    Da ich deine Fächer nicht habe - keine Ahnung.

    Aber du musst doch für deine Unterrichtseinheit/-stunde ein Hauptziel haben und anhand dessen differenziert man.

  • Natürlich gibt es keine A/B/C- Aufgaben, die dann namentlich zugewiesen werden würden je nach Lernniveau. Differenzierung bedeutet auch, dass man die SuS nicht fächerübergreifend über einen Kamm schert. Im einen Fach kann ein Kind schon mit den einfachen Aufgaben an Grenzen stoßen, im anderen Fach damit aber vollkommen unterfordert sein. Ich arbeite z.B. mit Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und/oder Zusatzaufgaben für schnelle Gruppen.


    Beispiel GK:

    Klasse 7, Erziehungsstile: Alle SuS erhalten einen Text zu einem Erziehungsstil (jeweils derselbe Erziehungsstil in der Tischreihe), sollen den Text durchlesen, dann zuordnen welches Bild aus einer Bildreihe zu diesem Erziehungsstil passt und warum. Neben dem Bild notieren sie auf dem AB den Namen des dazu gehörigen Erziehungsstils und die zentralen Merkmale (also ihr "warum"). Schnelle Gruppen/SuS holen sich vorne einen Text zu einem weiteren Erziehungsstil und bearbeiten diesen. Am Ende muss jede Gruppe/jeder SoS mindestens einen Text bearbeitet haben und vorstellen können im Plenum, wo wir sammeln und das AB gemeinsam vervollständigen. Habe ich so u.a. bereits in einer Klasse mit SuS auf HS-/RS-/Gym-Niveau, sowie SuS mit Förderbedarf Lernen oder Verhalten oder Geistige Entwicklung durchgeführt. Alle konnten das bearbeiten (SuS mit GE hatten eine erleichterte Version des Arbeitsblatts mit mehr Hilfestellungen, die vorne bereit lag, falls andere SuS diese ebenfalls hätten nutzen wollen, in jeder Tischreihe saß ein "Joker", den man um Hilfe bitten konnte. Das sah aber bis auf die Hilfestellungen genau so aus, wie beim Rest der Klasse, was wichtig war. Wichtiger war aber, dass die Kinder am selben Thema gearbeitet haben und damit auch bei der Besprechung etwas beitragen konnten, das hat dem Selbstwertgefühl gut getan). Im Folgenden gab es bei dem Thema in der Gesamtklasse ein Rollenspiel zum Thema Erziehungsstile wo alle Niveaustufen gemischt waren (voreingeteilte Gruppen von mir, damit es funktioniert, vorgefertigte Rollenkarten die je nach Rollenspieler:in sehr anspruchsvoll waren oder auch serh viele Erleichterungen enthielten, Tippkarten zu allen Rollen. Gruppen durften Rollen selbst einteilen, lediglich die SuS mit GE haben feste Rollen bekommen und hatten stark vorentlasteten Text, sowie eine_n Mitschüler:in der/die die Rolle mit ihnen gemeinsam ausgefüllt und geübt hat. Das war eine wichtige Entlastung, so dass diese SuS auch den Mut hatten sich im Rollenspiel zu präsentieren, was sie umgekehrt sehr stolz gemacht hat am Ende.).


    Beispiel Wirtschaft:

    Klasse 8, Bedingungsloses Grundeinkommen (HS-/RS-/Gym-Niveau in der Klasse): Aufgabenblatt mit Aufgaben mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad. Alle SuS müssen in der vorgegebenen Zeit alle Aufgaben mit einem Stern bearbeiten, sowie eine vorgegebene Anzahl an Aufgaben mit zwei Sternen. Schnelle SuS finden Aufgaben zur Vertiefung mit drei Sternen. Vorne liegen zu bestimmten Aufgaben Tippkärtchen. Muss man üben mit Klassen, also einfach sehr konsequent nutzen, wenn man den Weg mit Tippkärtchen gehen möchte. Dann gibt es eben in quasi jeder Stunde mindestens eine Tippkarte mit einer Hilfestellung zu einer total typischen Frage zu dem Thema. So kann man alle mal darauf verweisen doch bitte die Tippkarte zu prüfen und dann erst nachzufragen, was noch offen wäre und es sind vermutlich auch nicht immer nur 2-3 die die prinzipiell Kärtchen benötigen würden, weil es normal ist für die SuS das zu nutzen, genau wie mal etwas im Buch nachzuschlagen bei einer Gruppenaufgabe.


    Alternative: Aufgaben mit verschiedenenen Operatoren zum selben Thema, also eine Aufgabe mit "nenne", einmal "ordne zu" oder "ergänze", einmal "analysiere"/"erläutere"/"erkläre", etc. SuS/Gruppen müssen wahlweise z.B. mindestens 1 Pflichtaufgabe zur Wahl aus dem Sortiment bearbeiten oder alle x und yz zur Auswahl. Ist viel Aufwand in der Vorbereitung solcher Arbeitsblätter, damit man tatsächlich am selben Ziel auf unterschiedlichen Niveaustufen und Wegen arbeitet auf diese Weise, erlaubt es aber SuS auch mal nach Tagesform eine leichtere Aufgabe zu wählen oder besondere Stärken/Interessen zu vertiefen.


    Such dir einen Weg aus und üb den für dich und mit deiner Klasse, damit sie z.B. wissen "Ah, bei Herrn/Frau Elphaba haben wir vorne meistens die Tippkarten/den Joker in der Sitzreihe/die Aufgabenblätter mit den Sternchen/die Bonusaufgaben für schnelle Gruppen/die Aufgabenblätter mit den verschiedenen Operatoren etc." Wenn das Grundprinzip dir klar ist und auch für die Klasse sicher funktioniert kannst du ergänzen, um variieren zu können. Gerade wenn nicht alle KuK differenzierend arbeiten (in der 7.Klasse aus der das GK-Beispiel stammt war ich eine von insgesamt vier Kolleginnen die differenziert haben in der Klasse, der Rest hat stur nach RS-Niveau unterrichtet, weil es eine Inklusionsklasse war und offiziell ja alle an einer RS waren im RS-Niveau) muss man Klassen erst trainieren in dieser Arbeitsweise. Je mehr KuK mitmachen, desto leichter wird es. Absprachen utnereinander sind eindeutig hilfreich, damit man z.B. weiß, dass Kollegin A bereits den Weg mit den verschiedenen Operatoren im letzten Schuljahr eingeführt hat, alle anderen aber wenn, dann mit Tippkärtchen arbeiten (rausfinden, wie die KuK das einsetzen, evtl. lässt sich das dann über eine Klassenkonferenz systematisieren), etc.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich handhabe das aber eher in die andere Richtung. Von 4 Aufgaben müssen 1 und 2 auf jeden Fall gelöst werden. 3 und 4 sind dann komplexer / anspruchsvoller. Ist im Rechnen aber auch leichter aufzubauen.

    Im Englischunterricht ist das m. E. ebenfalls problemlos möglich. Wir haben auch in den verschiedenen Bildungsgängen einige Englischbücher, die Aufgaben zur Binnendifferenzierung enthalten (und ich meine, vor kurzem gelesen zu haben, dass dies z. B. bei den in den allgemein bildenden Schulen oft im Englischunterricht genutzten Lehrbüchern der "English G"-Reihe von "Cornelsen" der Fall ist).

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • In Mathe steht ab der 7. Klasse ja die E und G Kurse. Jedes Kind weiß in welchem Kurs es ist, ich schreibe Aufgaben für den E und G Kurs an und die Kids bearbeiten diese entsprechend. Je nachdem sage ich dann aber auch mal einem G-Kurs Schüler dass er die E Kurs Aufgaben machen soll oder anders herum, je nachdem wohin gehend das Kind noch gefördert werden soll.


    Bei den 5/6ern handhabe ich es wie in Physik: ab dem zweiten Quartal gibt’s differenzierte Blätter. Lade dann eine Liste auf moodle hoch, wer in Gruppe 1 und wer in Gruppe 2 ist. Dementsprechend bilde ich in Physik dann auch- abseits von Corona- die Sitzordnung, dass schwächere Schüler von stärkeren unterstützt werden. Auf den Arbeitsblättern steht dann „Gruppe 1“ und „Gruppe 2“ drauf. Die Kids können natürlich auch Bescheid sagen, wenn sie lieber das andere Blatt bearbeiten wollen. So hat’s bis jetzt bei mir aber immer gut geklappt und da die Differenzierung aus Mathe, Deutsch, Englisch und Chemie gewöhnt sind, fühlen die Kids sich auch nicht schlecht, wenn sie leichtere Blätter in Physik bekommen und der Sitznachbar ein anspruchsvolleres Blatt bearbeitet.

    Holy Moses met the Pharaoh

    Yeah, he tried to set him straight

    Looked him in the eye,

    "Let my people go!"

    Holy Moses on the mountain

    High above the golden calf

    Went to get the Ten Commandments

    Yeah, he's just gonna break 'em in half!

  • In Mathe steht ab der 7. Klasse ja die E und G Kurse.

    Nur in Mathe? In NDS gibt es meines Wissens (habe das aber nur von den Zeugnissen unserer Bewerber*innen im Kopf) in den Oberschulen und in den IGS E- und G-Kurse in Mathe und Englisch, evtl. auch in Deutsch. Für die Oberschulen bedeutet das, dass im E-Kurs auf Grundlage der Kerncurricula für die Realschule, im G-Kurs der für die Hauptschule unterrichtet wird.

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  • Im Englischunterricht ist das m. E. ebenfalls problemlos möglich. Wir haben auch in den verschiedenen Bildungsgängen einige Englischbücher, die Aufgaben zur Binnendifferenzierung enthalten (und ich meine, vor kurzem gelesen zu haben, dass dies z. B. bei den in den allgemein bildenden Schulen oft im Englischunterricht genutzten Lehrbüchern der "English G"-Reihe von "Cornelsen" der Fall ist).

    Ja, das ist bei vielen Englischbüchern in der Sek I inzwischen so, z.B. das Lines-System von Cornelsen. Orange Line hat dann im Hauptteil alle Aufgaben auf M-Niveau und dann gibt es ein Zusatzteil mit denselben Aufgaben auf G-Niveau, die mehr Scaffolding enthalten und ergänzend schwierigere Aufgaben für das E-Niveau. Soweit ist das eigentlich gut gelöst.


    Wie man sicherstellt, dass die SuS die für sie passenden Aufgaben auch machen, ist allerdings für mich auch so ein Knackpunkt. An meiner Schule dürfen die SuS selber entscheiden auf welchem Niveau sie arbeiten möchten bzw. die SuS und deren Erziehungsberechtigte entscheiden, leider oft nicht wirklich einer realistischen Einschätzung folgend. Das führt dann dazu, dass viele SuS, die eigentlich auf dem G-Niveau sind, unbedingt Aufgaben auf M-Niveau machen möchten, sogar Lernnachweise auf M-Niveau schreiben und dann fast völlig leere Blätter abgeben, weil es nicht das richtige Niveau für sie ist. Es ist leider oft sehr schwierig und zäh in Beratungsgesprächen dagegen anzukommen :(

  • Man kann auch Aufgaben offen stellen, so dass sie differenzierte Herangehensweisen zulassen (probiere, erkläre, finde Zusammenhänge, was fällt dir auf?...)


    Welche Fächer hast du denn? Ich sehe das nicht am Handy.


    Und mal so generell, wieso sollten SuS nicht wissen, dass sie verschiedene Aufgaben erhalten? Ist doch kein Geheimnis.

  • Und mal so generell, wieso sollten SuS nicht wissen, dass sie verschiedene Aufgaben erhalten? Ist doch kein Geheimnis.

    Eben. Die SuS wissen doch, dass sie unterschiedlich leistungsstark sind. Die sind ja nicht blöd. In einem halbwegs modernen Unterricht sollte es imho auch für die SuS selbstverständlich sein, dass nicht alle immer an den gleichen Aufgaben arbeiten. Das gleiche auch bezüglich "Hilfekärtchen"/Anschauungsmaterial: Wer es benötigt, nimmt es; wer es ohne hinbekommt, macht es ohne. Das ist doch auch die natürlichste Sache der Welt und sollte nichts Stigmatisierendes sein. Falls doch, dann sollte man in der Klasse einmal grundsätzlich Leistungs- und Fehlerkultur thematisieren.

  • ...An meiner Schule dürfen die SuS selber entscheiden auf welchem Niveau sie arbeiten möchten bzw. die SuS und deren Erziehungsberechtigte entscheiden, leider oft nicht wirklich einer realistischen Einschätzung folgend.

    Nach welchen Kriterien entscheiden sie denn? Ist das irgendwo schriftlich festgehalten? Ansonsten würde ich da nicht groß "beraten", beraten setzt für mich einen offenen Prozess voraus. Einschätzung bzgl. des Niveaus ist dagehen eine recht klar zu definierende Sache und bedarf nicht des großen Gesprächs, sondern ein "So isses halt".

  • Nach welchen Kriterien entscheiden sie denn? Ist das irgendwo schriftlich festgehalten? Ansonsten würde ich da nicht groß "beraten", beraten setzt für mich einen offenen Prozess voraus. Einschätzung bzgl. des Niveaus ist dagehen eine recht klar zu definierende Sache und bedarf nicht des großen Gesprächs, sondern ein "So isses halt".

    Das "Kriterium" ist der angestrebte Schulabschluss. Die Erziehungsberechtigten beschließen, dass ein Realschulabschluss gemacht werden soll, also wird auf M-Niveau gearbeitet und ob das dann der Realität entspricht, ist leider egal. Gegen den Elternwillen kommt man nicht an, wenn die Elten das Niveau wollen. An der GMS kannst du niemanden abschulen aufgrund seiner Leistung, Versetzungsentscheidungen gibt es auch nicht und dann schleift man die SuS durch bis zum Schulabschluss, wo das Ganze ihnen so richtig böse auf die Füße fällt. Ist natürlich nicht immer so, aber leider doch oft genug.

  • Nur in Mathe? In NDS gibt es meines Wissens (habe das aber nur von den Zeugnissen unserer Bewerber*innen im Kopf) in den Oberschulen und in den IGS E- und G-Kurse in Mathe und Englisch, evtl. auch in Deutsch. Für die Oberschulen bedeutet das, dass im E-Kurs auf Grundlage der Kerncurricula für die Realschule, im G-Kurs der für die Hauptschule unterrichtet wird.

    Ja es gibt E und G Kurse bei uns in Mathe, Deutsch und Englisch und entweder in Chemie oder Physik, habe mich aber nur auf Mathe bezogen, da ich selbst ja Mathe unterrichte und dahingehend meine Erfahrung geschildert habe. Ist vielleicht nicht so gut rübergekommen, sorry, Klein-Andrew hat mich leider die Nacht über wachgehalten und mein Getippsel lässt heute sehr zu wünschen übrig 😴

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  • Man kann ja nicht laut sagen, dass die SuS A, B und C die einfachen Aufgaben machen sollen, weil sie dann ja merken, dass die Lehrkraft sie für leistungsschwächer als den Rest hält.

    Ich habe den SuS eigentlich nie feste Aufgabenniveaus namentlich zugeteilt. Du solltest den SuS transparent machen, dass es verschiedene Ansprüche gibt (und das vielleicht positiv formulieren, wie "Einfacher" "..." "Schwieriger" statt Leicht/Mittel/Schwer). Die SuS sortieren sich selbst ein. Das kann mal ne Stunde oder zwei dauern, in denen sie zunächst das falsche Niveau benutzen, meistens nehmen sie aber eher die zu einfache Variante, weil sie sich nicht für besonders gut einschätzen. Das kannst du dann mündlich nachsteuern, indem du besonders gute SuS darauf hinweist, dass sie lieber die schwierigeren Blätter benutzen sollen.


    Das eigene Sortieren der Schwierigkeit durch die SuS hat auch den Vorteil, dass sie bei einem Thema, bei dem sie langsam sicherer werden, selbstständig das Niveau erhöhen (oder senken) können. Dazu musst du das noch gar nicht festgestellt haben - da du ja vermutlich nicht jede Stunde alle SuS genau kontrollieren kannst, bekommst du ja nicht jeden Lernzuwachs exakt mit.


    Ich habe die Blätter nach einiger Zeit farblich mit einem kleinen bunten Kasten in der Ecke gekennzeichnet. Damit konnte ich auch auf Distanz erkennen, wer welches Niveau gewählt hat - das ist leichter als Text auf Distanz zu entziffern. Die Niveaus können, um Papier zu sparen, ja auch auf einem Blatt sein. Da kannst du die Aufgaben dann statt mit Sternchen oder so farblich kennzeichnen, z.B Aufgabe 1 mit Rot/gelb/blau, Aufgabe 2 mit rot/gelb und Aufgabe 3 mit rot.


    SuS empfinden aus meiner Sicht nur eine Bloßstellung als unangenehm. Sie wissen sehr genau, wie gut sie selbst sind. Du solltest also nicht vorne öffentlich bekannt geben, wer deiner Meinung nach schwächer oder stärker ist, sondern sde SuS das selbst entscheiden lassen.


    Das Gleiche gilt für Hilfekärtchen. Wie kriegt man die SuS dazu, diese auch zu nutzen; am besten, ohne dass sie sich "outen" müssen? Ich stehe bei dem Thema gerade etwas auf dem Schlauch; wohl auch, weil ich das Referendariat an einem recht elitären Gymnasium absolviert habe. Also wollte ich gern Anregungen dazu hören, wie man das Thema "Differenzierung" praktisch handhaben kann.

    Wie Kiggie schon sagte: Ich bin sehr zufrieden mit der Nutzung von QR-Codes, wenn die SuS ihr Handy nutzen dürfen. Das Scannen ist eine kleine Hemmschwelle, um nicht direkt auf die Lösung zu gucken, aber so niederschwellig, dass sie jeder nutzen kann. Du kannst hinter einem QR-Code auch Text verstecken, der direkt angezeigt wird. Alternativ kannst du z.B. auf einem Cloudspeicher oder einem anderen öffentlich verfügbaren Speicherort ein Bild oder ein Dokument hinterlegen. QR-Codes sind auch super für kurze Erklärvideos, die man dadurch immer wieder verwenden kann.

  • Wie Kiggie schon sagte: Ich bin sehr zufrieden mit der Nutzung von QR-Codes, wenn die SuS ihr Handy nutzen dürfen. Das Scannen ist eine kleine Hemmschwelle, um nicht direkt auf die Lösung zu gucken, aber so niederschwellig, dass sie jeder nutzen kann. Du kannst hinter einem QR-Code auch Text verstecken, der direkt angezeigt wird. Alternativ kannst du z.B. auf einem Cloudspeicher oder einem anderen öffentlich verfügbaren Speicherort ein Bild oder ein Dokument hinterlegen. QR-Codes sind auch super für kurze Erklärvideos, die man dadurch immer wieder verwenden kann.

    Woher ich die Idee hatte: https://www.grau-toene.de/?p=181


    Nutze das auch zur Selbstkontrolle, also hinterlege da auch die Lösungen zum Abgleich. Dann habe ich Ruhe - Frau K was kommt da raus!

  • Was "einfach" "mittel" oder "schwer" ist, ist jeweils genau definiert und ergibt sich aus der Aufgabenstellung, das muss ich nicht mal werten mit den obigen Begriffen. Wenn ich mit den SuS gemeinsam bespreche, wo die Unterschiede in den Aufgaben liegen, können sie selbst sehen, was sie schon können müssen, um die Aufgabe A, B oder C zu lösen.


    Wenn es natürlich so ist, dass sich die Kinder aussuchen dürfen, ob sie Abitur machen möchten und sich die entsprechenden Gymnasialaufgaben nehmen, ist es keine Differenzierung sondern halt irgendwas anderes, ein trauriger Witz oder so.

  • Wenn ich mit den SuS gemeinsam bespreche, wo die Unterschiede in den Aufgaben liegen, können sie selbst sehen, was sie schon können müssen, um die Aufgabe A, B oder C zu lösen.

    Je nach Art der Aufgabe (z.B. Kompetenzorientierung) bespreche ich nicht vorher mit den SuS die Aufgaben, da Teil der Anforderung ist, die Aufgabe selbst zu erarbeiten :)

  • Im Studium fragte ich mich durchaus, warum es für jedes einzelne Fach eigene Seminare zum Thema "Differenzierung" gab. Jetzt verstehe ich es besser, weil es nicht die Differenzierung gibt, sondern jedes Fach seine eigenen Differenzierungsmöglichkeiten und auch -grenzen besitzt.

    In Englisch beispielsweise finde ich Differenzierung sehr schwierig, da einerseits der Unterricht sehr auf Reproduktion ausgelegt ist und wir andererseits viel gemeinsam machen. Die Kinder sollen auch möglichst alle etablierten Phrasen und Vokabeln sicher beherrschen. Einzige Differenzierung ist da eher die Menge an Vokabeln, die die Kinder bei den Sätzen verwenden. Wenn es z.B. um das Frühstück geht, soll jedes Kind mindestens eine Speise und ein Getränk nennen, die es mag. Starke Kinder dürfen dann auch gerne mehrere Speisen und Getränke nennen (Manche muss ich sogar eher bremsen, da sonst das ganze Vokabular genannt wird ^^ ).

    In Mathematik überlege ich, was alle Kinder mindestens wissen müssen und baue darauf auf. Ich finde Differenzierung nach oben leichter als Differenzierung nach unten. Beim Thema Sachaufgaben führe ich zu Beginn der Einheit mit den Kids Tipps ein, die ihnen helfen, die Aufgabe für sie leichter verständlich zu machen. Stärkere Kinder brauchen diese in der Regel seltener, schwächere können beim Bearbeiten der Aufgaben sich daran orientieren. Im Bereich Arithmetik gibt es die Möglichkeit, "Finde möglichst viele Aufgaben, die [Inhalt der jeweiligen Stunde]!"-Aufgaben zu stellen. Schwächere Kinder bleiben länger im ikonischen Bereich, stärkere gehen schnell in den symbolischen Bereich. Wenn die Kinder im Lehrbuch arbeiten, sollen die Schwächeren mindestens die Reproduktionsaufgaben lösen, die Stärkeren möglichst auch höhere Aufgabenbereiche. Weitere Differenzierung für die Stärkeren ist, dass sie eigene Aufgaben für die Aufgabensammlung schreiben dürfen, und ich erwarte auch, dass sie zumindest in Klasse 3 und 4 die Fachbegriffe der jeweiligen Operationen kennen und verwenden.

  • Du gehst bei Englisch von der Grundschule aus Lindbergh, die TE ist aber in der Sek.I, wo es deutlich leichter ist in der Fremdsprache zu differenzieren, weil es eben mehr freie Sprechanteile gibt. Da kann z.B. ein selbst zu erstellender Dialog der vorgespielt werden soll in unterschiedlichem Umfang vorenlastet sein, es Tippkarten mit Formulierungshilfen geben oder auch von vornherein unterschiedlich anspruchsvolle Aufgabenstellungen zum selben Themenbereich. Gerade in der GS wird aber doch sehr viel auch mit Stationen lernen gearbeitet, was ja perfekt dazu geeignet ist zu differenzieren, weil man Zusatzstationen einrichten kann für SuS mit X Fehlern bei Station Y oder besonders schnelle SuS oder diejenigen, die ein Thema vertieft bearbeiten möchten (und vielleicht muss jede_r sich eine solche Vertiefunsaufgabe aus mehreren aussuchen zu Bearbeitung) ...

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Das hilft auf jeden Fall schon mal weiter. Ich habe bislang hauptsächlich durch Aufgaben differenziert, welche die Su*S in unterschiedlichem Umfang bearbeiten konnten, aber halt noch nicht über Aufgabenblätter, auf denen explizit unterschiedliche Niveau bzw. Schwierigkeitsgrade angegeben waren. Wollte das aber demnächst mal ausprobieren und überlege nun, wie ich die Schwierigkeiten umschiffen kann, die sich dabei bislang aufgetan haben.


    Vor allem den Hinweis, eine positive Lern- bzw. Fehlerkultur zu etablieren, werde ich beherzigen. Das ist ja eigentlich der Kern des Problems. Ich habe allerdings oft das Gefühl, dass die Su*S es einem nicht so wirklich glauben, wenn man ihnen sagt, dass Fehler nicht schlimm sind, dass jeder Fehler macht, dass jeder unterschiedlich lernt etc. Obwohl ich es wirklich genau so meine und auch danach handle. Ich erinnere mich aber, dass ich diese Aussagen als Schülerin auch oft für Floskeln gehalten habe, die Lehrer*innen eben sagen müssen. So richtig geglaubt habe ich sie selbst auch nicht. Keine Ahnung, woran das lag. Vielleicht Angst, dass einem am Ende doch ein Strick aus gemachten Fehlern gedreht wird. Aber wahrscheinlich braucht es einfach Zeit, bis die Su*S genug Vertrauen gefasst haben, dass dies nicht passiert.

  • Die Frage ist ja ehrlicherweise auch, ob der Strick nicht doch irgendwann kommt. Wie weit kann man am Gym differenzieren, ohne dass es wem auf die Füße fällt?


    Ich habe allerdings oft das Gefühl, dass die Su*S es einem nicht so wirklich glauben, wenn man ihnen sagt, dass Fehler nicht schlimm sind, dass jeder Fehler macht, dass jeder unterschiedlich lernt etc.

    Ist es nur nicht schlimm, Fehler zu machen? (hängen bleibt vor allem das Wort schlimm) oder ist es Teil des Lernprozesses, verschiedene Wege auszuprobieren? In Mathe würde ich sagen: super, du hast einen eigenen Weg getestet. Du hast gemerkt, dass die Lösung nicht die ist, die du erwartet hast, lass uns weiter suchen. Das ist spannend!


    Es mag pathetisch klingen, aber der Weg ist das Ziel. Fehler gehören dazu, dürfen sein, sind erwünscht. Wie sollen wir sonst lernen ohne Widersprüche? Wie laufen, ohne hinzufallen?


    Aber dieses Umdenken ist schon grundlegend und leider nicht schulkompatibel.

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