Lehramt an Berufskollegs studieren oder doch Geisteswissenschaften?

  • Hallo zusamen,


    ich komme aus BW, habe am Wirtschaftsgymnasium Abi gemacht und habe inzwischen an fünf Standorten (Kaiserslautern, Münster, München, Osnabrück & Dresden) eine Zulassung für Lehramt an beruflichen/berufsbildenden bzw. Berufskollegs (Münster) mit den Fächern Gesundheit/Pflege und Politik bzw. Geschichte erhalten.


    Eigentlich sollte ich mich darüber richtig freuen, allerdings kommen - jetzt wo ich eigentlich dringend eine Wohnung suchen sollte - Zweifel hoch. Viele Mythen um den Lehrerberuf wie "gut bezahler Halbtagsjob", "alle werden verbeamtet" usw. sind mir bewusst, doch ich habe jetzt lähmende Gedanken wie etwa:


    - Wie problematisch sind Migrationshintergründe?

    - War die Welt im BaWü-Ländle noch in Ordnung und NRW - wo ich studieren würde - ein schlimmes Pflaster?

    - Was ist mit schwänzenden/motivationslosen Schülern?

    - Wie ist es mit Schülern zu arbeiten, die z.B. keinen Schulaschluss haben oder für eine Ausbildung ein Jahr Vorbereitung brauchen? (Oder ist das herablassend gedacht?)

    - Bin ich eigentlich eh unwichtig, weil ich einige Schüler eh nur 1/2x die Woche sehe?

    - Dass Schüler ein ganz anderes Niveau haben werden als ich an der Uni ist mir klar, aber was, wenn Schüler teils (habe ich gehört) nicht mal richtig lesen können oder wirklich kaum auf dem Stuhl sitzen können? Null Konzentration & Interesse haben usw.?


    Ich denke solche Situationen würden mich frustrieren, vor allem weil sich die ganze Leistung die man aufbringt für einen selbst wohl kaum lohnt.


    Ursprünglich hab ich mich für Lehramt beworben, weil ich die Vielfalt, die Sinnhaftigkeit, dynamische Tagesabläufe und den Draht zu jungen Menschen und auch irgendwie die Rolle die man hat attraktiv fand. Auch so einen gewissen Beratungsaspekt oder Vorbildfunktion finde ich interessant. Aber ich denke mir manchmal auch, ob ich mir mit meinem Berufswunsch nicht irgendwie etwas vormache und mit nur einrede, mir würde es gefallen, weil ich mit dem Wo-verschlägt-es-mich-hin-Gedanken bei Geisteswissenschafte nicht leben kann. Auch hat Schule für mich ein Bisschen den Eindruck, es ist nicht so "die Realität" bzw. eine Schule ist einfach kein Betrieb mit den "Erwachsenenthemen" wie es eine Schule ist. Oder geht es dann im Lehrerzimmer doch so zu?



    Daher habe ich jetzt überlegt, doch meinen Herz zu folgen und meinen Stärken nachzugehen z.B. Philosophie/Geschichte zu studieren. Dass dort Jobs nicht vom Himmel fallen ist mir bewusst, dass bei Zuwendung zum Studium/Praktika auch attraktive Jobs dabei sind glaube ich aber auch.

    Bei Geisteswissenschaften hätte ich gerne einen Job bei Abgeordneten, in der Presse, in der Politikberatung oder in intellektuellen Bereichen - dass das schwierig ist, ist mir bewusst - doch ich frage mir denke: wenn Lehramt min. 7 Jahre geht, kann ich in der Zeit mich auch mit Geisteswissenschaften hocharbeiten. Jobs im Personalbüro oder fast nur im Büro wären nicht mein Ziel.


    Nun möchte ich Euch fragen: was sollte ich tun? Meiner Leidenschaft und Stärke folgen und schauen, wo hin es mich verschlägt (Geisteswissenschaft) oder doch bei Lehramt bleiben? Gibt es - das wäre ja der Hit - hier auch Lehrer an der Sek2/Berufskollegs/beruflichen Schulen usw.?

  • zu 1.: Meinst du bei Lehrkräften oder bei den Schüler*innen?

    zu 2.: Diese Frage irritiert mich etwas, denn von den von dir genannten Unis, für die du ja scheinbar eine Studienplatzzusage hast, liegt doch nur Münster in NRW?!? Ist es also schon ausgeschlossen, dass du an einer der anderen von dir genannten Orte studieren willst/wirst?

    zu 3.: Ich arbeite gerne mit diesen SuS - auch wenn der Unterricht in diesen Klassen durch fehlende Motivtation der SuS, auffälliges Verhalten usw. manchmal schwierig ist -, kenne aber auch KuK, die nicht gerne auf solch einem "niedrigen Niveau" und mit dieser Schülerklientel arbeiten. Das ist m. E. Typsache (ich finde es aber gut, dass du schon im Hinterkopf hast, dass du an einer beruflichen Schule vermutlich auch solche SuS unterrichten wirst!).

    zu 4.: Nein, keinesfalls, denn gerade die Berufsschüler*innen sind ja i. d. R. nicht mehr als zwei Tage in der Woche in der Schule; da ist es logisch, dass du diese Klassen nur ein- bis zweimal die Woche im Unterricht hast. Auch in den Vollzeitbildungsgängen finde ich das nicht unbedingt nachteilig.

    zu 5.: Tja, diesem Phänomen wirst du gerade in den (insbesondere Vollzeit-)Klassen, in denen SuS ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss (teilweise auch bei denjenigen mit Realschulabschluss) sitzen, immer wieder begegnen. Ich kann für mich sagen, dass ich erstmal lernen musste, mit dieser Schülerklientel umzugehen, mittlerweile aber gut damit zurechtkomme. Wir können halt nicht jede/n "retten"!

    Ich denke solche Situationen würden mich frustrieren, vor allem weil sich die ganze Leistung die man aufbringt für einen selbst wohl kaum lohnt.

    Wie gesagt: Damit muss man m. E. lernen umzugehen. Du wirst doch auch Schüler*innen und Klassen haben, für die sich dein Aufwand lohnt.


    Ich frage mich übrigens gerade, wieso du die berufliche Fachrichtung "Gesundheit/Pflege" anstrebst, obwohl du am Wirtschaftsgymnasium dein Abi gemacht hast. Hat dir die Fachrichtung "Wirtschaft" nicht gefallen?


    Und eine weitere Frage meinerseits wäre, ob du bereits eine Berufsausbildung im Gesundheits- oder Pflegebereich gemacht hast? Denn in Niedersachsen ist eine abgeschlossene Ausbildung ja eine Voraussetzung, um das Studium Lehramt BBS in dieser beruflichen Fachrichtung aufnehmen zu können (Zitat von der Homepage der Uni OS: "Die Verordnung für Masterabschlüsse für Lehrämter in Niedersachsen schreibt den Nachweis berufspraktischer Tätigkeiten vor. Im Falle der beruflichen Fachrichungen Pflegewissenschaft und Sozialpädagogik sind erfolgreich abgeschlossene einschlägige Berufsausbildungen nachzuweisen."). Wie es damit in anderen von dir genannten Bundesländern aussieht, weiß ich allerdings nicht.


    Ob du nun besser Geisteswissenschaften oder Lehramt studieren solltest, kann ich dir nicht sagen; da fehlen mir einfach die Vergleichsmöglichkeiten. Vorschlagen würde ich dir aber dringend, ein oder mehrere Praktika an beruflichen Schulen zu machen, um dir einen Einblick in die verschiedenen Bildungsgänge zu verschaffen.


    Ach ja, eines noch: An den niedersächsischen BBS ist Geschichte (was ja als Unterrichtsfach für dich in Betracht käme) ein Fach, das meines Wissens ausschließlich im beruflichen Gymnasium unterrichtet wird. Politik hingegen steht auf nahezu jeder Stundentafel der verschiedenen Bildungsgänge.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Bei den meisten Aussagen kann ich Humblebee nur zustimmen (wie so häufig ;) )

    Hier vielleicht noch Ergänzungen:

    Denn in Niedersachsen ist eine abgeschlossene Ausbildung ja eine Voraussetzung, um das Studium Lehramt BBS in dieser beruflichen Fachrichtung aufnehmen zu können. [...] Wie es damit in anderen von dir genannten Bundesländern aussieht, weiß ich allerdings nicht.

    In NRW muss man 52 Wochen fachpraktische Tätigkeit nachweisen. Was da anerkannt wird, kann auch sehr unterschiedlich sein. Es macht aber durchaus Sinn in seinem Fach fit zu sein und die andere Seite, die Praxis, zu kennen.


    An den niedersächsischen BBS ist Geschichte (was ja als Unterrichtsfach für dich in Betracht käme) ein Fach, das meines Wissens ausschließlich im beruflichen Gymnasium unterrichtet wird. Politik hingegen steht auf nahezu jeder Stundentafel der verschiedenen Bildungsgänge.

    NRW: Geschichte gibt es nicht alleine, nur als GL (Gesellschaftslehre mit Geschichte).
    Politik ist hingegen überall drin.




    Nun möchte ich Euch fragen: was sollte ich tun? Meiner Leidenschaft und Stärke folgen und schauen, wo hin es mich verschlägt (Geisteswissenschaft) oder doch bei Lehramt bleiben?

    Dazu kennen wir dich wohl zu wenig. grundsätzlich würde ich wohl jedem von einem gesellschaftswissenschaftlichem Studium abraten aus den von dir genannten Gründen.
    Wenn du aber nicht glücklich wirst mit Lehramt, dann ist das ja auch nicht die richtige Wahl.

    Auch hat Schule für mich ein Bisschen den Eindruck, es ist nicht so "die Realität" bzw. eine Schule ist einfach kein Betrieb mit den "Erwachsenenthemen" wie es eine Schule ist. Oder geht es dann im Lehrerzimmer doch so zu?

    Ich behaupte mal am BK / berufsbildenden Schulen, geht es deutlich bodenständiger zu. Viele kennen ja nicht nur die Uni, sondern haben auch gearbeitet und sei es nur ne Ausbildung gemacht.

  • Danke für Deine Antwort!


    Zu 1) bei eventuellen Schwierigkeiten mit Migration waren bei mir die Schüler:innen gemeint, ich habe von Geschichten gehört, dass gerade in NRW was Sprache & Kultur angeht ein größeres Problem sei.


    Zu 2) Ah ja - Münster war für mich von diesen Universitäten die bessere Wahl, da mir das Studium praxisnaher scheint und ehrlich gesagt auch die Stadt mir sympathisher wirkt als z.B. Kaiserslautern. Und bezahlbarer - wenn auch nicht geschenkt - ist Münster verglichen mit München allemal. Dresden schreckt mich die starre des Staatsexamen, Großes Latinum beim Fach Geschichte, Pflichtpraktika usw. ab.


    Zu 3) der Gedanke mit "niedrigerem Niveau" ist genau das, worum ich mich sorge. Ich denke, wenn Schüler wirklich motiviert sind und Lust haben, hätte ich keine großen Probleme damit. Allerdings habe ich in meiner Schule aber auch mitbekommen, wie junge Erwachsene an dass/das verzweifeln... Ist sowas für Dich echt gar kein Problem? Gibt es da nicht mal so einen frustrierten "oh meeinn Goooott" Gedanken? Gerade wenn SuS z.B. gar keine Bereitschaft zu Lernen zeigen.


    Zu 4) Meinst Du mit nicht nachteilig, dass Du es nicht "schlimm" findest, Schüler nur selten zu sehen? Wenn Du das so meintest: hat man dann nicht eine sehr geringe Bindung? Interessieren sich diese Schüler dann überhaupt groß für ihre Lehrer & Schulen?


    Zum Klientel: wie muss man drauf sein, um mit bestimmten Klientels fertig zu werden? Wie kann man trotzdem mit ihnen Spaß haben?

    Wenn ich jetzt schon etwas daran zweifle, wie ich damit umgehen würde, sollte ich dann Lehramt gleich ablasen?


    Zur Fachrichtung Gesundheit/Pflege: mir hat Wirtschaft gefallen, allerdings war ich kein Überfliege und wäre mir nicht sicher, ob ich mir das Studium antün würde. Außerdem gelten ja die Einstellungschancen für WiPäd/WiWi eher abnehmend, gerade mit der Digitalisierung der Bank/Verkauf/Verwaltungs-Ausbildungen. Ich habe ein FSJ in einem Krankenhaus gemacht und bin am Gesundheitswesen interessiert, das packt mich irgendwie mehr als Wirtschaft. Eine Ausbildung habe ich nicht, die meisten Bundesländern fordert da für Fälle wie mich dann ein Berufspraktikum von ca. 12 Monaten. Mein FSJ (davon 4,5 Monate in Krankenhaus) würde da meistens abgerechent werden.



    Zu den Praktika: leider ist mir nirgens bekannt an einer staatlichen Schulen einfach aus Jucks ein Praktik machen zu können. Im Studium hätte ich sowas erst im 2. Semester für 5 Wochen. Denkst Du ich kann da schon endgültige Klarheit haben, ob ich am Lehramt bleiben soll nach so einem kurzen Studienpraktikum? Wenn man nicht 100%ig sicher ist Lehrer werden zu wollen, sollte man dann trotzdem das Studium einfach mal ausprobieren oder ist das auch keine große Hilfe? (Vor allem geht das Lehramtsstudium ja auch gefühlt ewig...)


    Danke.

  • dass gerade in NRW was Sprache & Kultur angeht ein größeres Problem sei.

    Inwiefern? Natürlich haben wir Schüler mit Migrationshintergrund. Aber größeres Problem sehe ich da nicht. Sprachsensibler Unterricht ist natürlich ein Thema.
    Kultur hatte ich noch nie Probleme, was meinst du?



    Gibt es da nicht mal so einen frustrierten "oh meeinn Goooott" Gedanken?

    Dauernd. Daher ja der Leitspruch: Man kann nicht alle retten. Man kann Angebote machen, aber in der Sek II müssen die SchülerInnen irgendwann auch liefern.



    wie muss man drauf sein, um mit bestimmten Klientels fertig zu werden? Wie kann man trotzdem mit ihnen Spaß haben?

    Keine Vorurteile haben und da müsste man wegen deiner einen Aussage zu Sprache und Kultur schon wissen, wo genau dein Problem ist.
    Wenn du siehst, dass 2/3 deiner SchülerInnen dem Islam angehören, dann interessiert mich das null, wenn du deswegen aber schon an Probleme denkst, dann kann es nur schief gehen.

    Namen richtig lernen gehört auch zur Wertschätzung. Und manchmal auch hinterfragen, warum jemand so oder so ist.



    leider ist mir nirgens bekannt an einer staatlichen Schulen einfach aus Jucks ein Praktik machen zu können.

    Schule anrufen, nachfragen, hingehen. Warum sollte das nicht gehen?
    Es geht ja vor allem ums Reinschnuppern, Kollegen vor Ort unterhalten, genau über diese Fragen, die du hier stellst. Bildungsgänge kennenlernen.

  • Bei den meisten Aussagen kann ich Humblebee nur zustimmen (wie so häufig ;) )


    In NRW muss man 52 Wochen fachpraktische Tätigkeit nachweisen. Was da anerkannt wird, kann auch sehr unterschiedlich sein. Es macht aber durchaus Sinn in seinem Fach fit zu sein und die andere Seite, die Praxis, zu kennen.

    Ich müsste da irgendwie irgendwo noch 7,5 Monate (FSJ abgezogen) nachholen, weil ich keine Ausbildung habe und derzeit auch keine anstrebe aus verschiedenen Gründen. Hast Du da vielleicht einen Einblick bekommen, wie das mit diesem Praktikum so gemacht wurde, solltest Du das irgendwas gehört haben?


    Zur Bodenständigkeit: ja das klingt ja jedenfalls gut, wenn das Kollegenverhältnis so ist. Und wie ist es so mit dem Schulwesen allgemein? Kommt einem eine Schule als Arbeitgeber wie ein "ganz normaler Job" vor oder ist es eher so eine "kleine in sich gekehrte Welt als staatliche Einrichtung"? Das klingt jetzt vermutlich richtig richtig dumm, aber ich mache mir Gedanken darüber, wie einem als Lehrer eigentlich so eine Schule vorkommt. Von der Arbeitsatmosphäre ähnlich wie ein gewöhnlicher Arbeitsplatz? Für mich als Schüler hat die Schule immer etwas wie so ein "Schutzraum" oder ein Gegensatz zur "Welt da draußen" gewirkt.

  • Hast Du da vielleicht einen Einblick bekommen, wie das mit diesem Praktikum so gemacht wurde, solltest Du das irgendwas gehört haben?

    Da ich ne Ausbildung habe - nein nicht im Detail.

    Aber es wurden wohl auch stückweise Praktika / Jobs angerechnet. Aber das kann sich auch immer wieder ändern.



    Von der Arbeitsatmosphäre ähnlich wie ein gewöhnlicher Arbeitsplatz? Für mich als Schüler hat die Schule immer etwas wie so ein "Schutzraum" oder ein Gegensatz zur "Welt da draußen" gewirkt.

    Es ist ein normaler Arbeitsplatz. Aber kann man Büro mit Fließband vergleichen? Nein, also womit willst du Schule vergleichen?

    Wir haben unterschiedliche Präsenz- und auch Arbeitszeiten.

    Keine Ahnung, was du mit Schutzraum meinst.


    Aber ja gerade deswegen wäre ein Praktikum für dich sehr wichtig, ein Blick hinter die Kulissen.

  • Inwiefern? Natürlich haben wir Schüler mit Migrationshintergrund. Aber größeres Problem sehe ich da nicht. Sprachsensibler Unterricht ist natürlich ein Thema.
    Kultur hatte ich noch nie Probleme, was meinst du?

    Ich habe in einem Interview mit einer Lehrerin bspw. gehört, dass bei Sek2 Dinge wie "Stammtischgerede", homophobe oder frauenfeindliche Haltungen bei Schülern alltäglicher seien als bei anderen Schulformen.


    Ich habe mit Migrationshintergründen oder Diversität keine Probleme und gehöre auch nicht zu denen, die gleich den Verfall der Gesellschaft wittern, wenn sie ausländische Namen lesen. Ich habe nur mitbekommen, dass es einige Stimmen gibt, die Probleme bei Schülern mit Zuwanderungsgeschichte haben. Nur ob das berechtigt oder auffällig oft ist, weiß ich nicht - daher die Frage.

  • Bei den meisten Aussagen kann ich Humblebee nur zustimmen (wie so häufig ;) )

    Das geht mir genauso! Also Donnerstag1208 : Ich gehe mit dem, was Kiggie gerade schrieb, größtenteils d'accord, möchte aber auf diese beiden Fragen/Aussagen noch kurz eingehen:

    Zu 3) der Gedanke mit "niedrigerem Niveau" ist genau das, worum ich mich sorge. Ich denke, wenn Schüler wirklich motiviert sind und Lust haben, hätte ich keine großen Probleme damit. Allerdings habe ich in meiner Schule aber auch mitbekommen, wie junge Erwachsene an dass/das verzweifeln... Ist sowas für Dich echt gar kein Problem? Gibt es da nicht mal so einen frustrierten "oh meeinn Goooott" Gedanken? Gerade wenn SuS z.B. gar keine Bereitschaft zu Lernen zeigen.


    Zu 4) Meinst Du mit nicht nachteilig, dass Du es nicht "schlimm" findest, Schüler nur selten zu sehen? Wenn Du das so meintest: hat man dann nicht eine sehr geringe Bindung? Interessieren sich diese Schüler dann überhaupt groß für ihre Lehrer & Schulen?

    zu 3.) Doch, manchmal bin ich auch gefrustet (zwar nicht wie Kiggie dauernd, aber doch ab und zu), aber das gehört m. E. zum Lehrerjob dazu - stellt also dementsprechend für mich kein wirkliches Problem da - und ist sicherlich nicht nur bei Lehrkräften an einer beruflichen Schule der Fall, sondern auch im allgemein bildenden Bereich. Zudem kenne ich genügend Leute, die in anderen Jobs arbeiten, und auch oft genug gefrustet sind (von Kund*innen, Zulieferbetrieben, Mitarbeiter*innen etc. pp.)!


    zu 4.) Genau das meine ich. Egal, welches Unterrichtsfach (damit meine ich nicht das der beruflichen Fachrichtung!) du unterrichtest, bist du in vielen Klassen nur mit wenigen Stunden eingesetzt, es sei denn, es ist ein Prüfungsfach im Vollzeitbereich, z. B. im beruflichen Gymnasium oder der Fachoberschule. Auch mit meinem Unterrichtsfach Englisch sehe ich einige Klassen/Kurse nur einmal die Woche für eine Doppelstunde. So geht es auch meinen Deutsch-, Mathe-, Politik-, Sport- ,... -Kolleg*innen. Natürlich hat man dann zu diesen SuS nicht solch eine große Bindung wie zu denjenigen, die man fast jeden Tag sieht (das ist bei uns eigentlich nur bei den KuK der Fall, die Klassenlehrkraft in einer Vollzeitklasse sind), aber ist eben eine Besonderheit der beruflichen Schulen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    • Offizieller Beitrag

    Doch, manchmal bin ich auch gefrustet (zwar nicht wie Kiggie dauernd, aber doch ab und zu), aber das gehört m. E. zum Lehrerjob dazu - stellt also dementsprechend für mich kein wirkliches Problem da - und ist sicherlich nicht nur bei Lehrkräften an einer beruflichen Schule der Fall, sondern auch im allgemein bildenden Bereich.

    Puh... Ich war SEHR glück und SEHR dankbar für alle Oberstufenkurse, die ich je hatte. Unter anderem fast am meisten für die Leistungskurse. Aber ernsthaft: Einige Schüler*innen im LK oder im freiwillig weitergeführten Grundkurs haben mich auch gefrustet.
    Zum Teil richtig schlimm (absolut fehl am Platz, sitzt nur ab, ...), zum Teil, weil ich deutlich mehr Potenzial sah, als der / die Schüler*in bereit war zu leisten.
    Und dann gibt es auch den anderen Frust: Auch ein LK ist keine hohe intellektuelle Herausforderung (und nicht, weil ich besonders schlau wäre) und in vielen Fächern ändert sich der Lehrplan nicht oft genug, dass man sich _inhaltlich_ gefordert fühlen würde (aber oft genug / zu oft, dass man die Arbeitskraft lieber woanders einsetzen würde).
    Am BK hast du den Vorteil der sehr vielen Lernfelder und Bildungsgänge, um immer neue Herausforderungen zu haben ;)

    Zudem kenne ich genügend Leute, die in anderen Jobs arbeiten, und auch oft genug gefrustet sind (von Kund*innen, Zulieferbetrieben, Mitarbeiter*innen etc. pp.)!

    aber hallo :)

  • Doch, manchmal bin ich auch gefrustet (zwar nicht wie Kiggie dauernd, aber doch ab und zu), aber das gehört m. E. zum Lehrerjob dazu

    Immer wieder das Thema Einheiten und Formel umstellen.
    Der Rest geht und wie du sagst, man stellt sich darauf ein und passt seinen Unterricht (bei Bedarf) an.


    Aber den großen Vorteil in der Sek II sehe ich eben darin, dass wir nicht mehr den Hintern hinterhertragen müssen.



    Quatsch!

    Kann ich nur unterstreichen. Interview in der Bild?

  • Einige Schüler*innen im LK oder im freiwillig weitergeführten Grundkurs haben mich auch gefrustet.
    Zum Teil richtig schlimm (absolut fehl am Platz, sitzt nur ab, ...), zum Teil, weil ich deutlich mehr Potenzial sah, als der / die Schüler*in bereit war zu leisten.
    Und dann gibt es auch den anderen Frust: Auch ein LK ist keine hohe intellektuelle Herausforderung (und nicht, weil ich besonders schlau wäre) und in vielen Fächern ändert sich der Lehrplan nicht oft genug, dass man sich _inhaltlich_ gefordert fühlen würde (aber oft genug / zu oft, dass man die Arbeitskraft lieber woanders einsetzen würde).
    Am BK hast du den Vorteil der sehr vielen Lernfelder und Bildungsgänge, um immer neue Herausforderungen zu haben ;)

    aber hallo :)

    Kann das den ganzen Job versauen, wenn einige Schüler nicht so wollen, wie es wahrscheinlich sinnvoll wäre? Oder ist das nicht stressiger als ein nerviger Kunde/Vorgesetzer/Abteilungsleiter/Kollege usw.?


    Zur intellektuellen Herausforderung: ist also der Lehrerberuf rein fachlich nie wirlklich "anspruchsvoll", da man ja studiert hat, oder? Und wenn etwas nicht so das krasse Niveau hat, ist es dann zumindest verhältnismäßig? Also wenn jemand die Fachhochschulreife oder die Azubi-Prüfung machen will ist das ja wünschenwert und das Niveau ist dort einfach festgelegt. Was ich mir aber schwierig vorstelle, ist wenn es regelrecht unmöglich ist, den Erwartungshorizont einer Klasse zu erfüllen.


    Man liest allgemein ja so viel von Lehrermangel, Burnout, maroden Schulen, "schlimmen Schülern", sinkenden Niveaus und dass Lehrer die eierlegende Wollmichsau sind, die alles ausbaden müssten, was im Elternhaus gefehlt hätte. Ist das hochgepushtes Mediengetue oder Wahrheit?

  • Vieles, was du aufzählst Donnerstag1208 ist nach meiner Erfahrung Realität an BBS.


    Ich persönlich sehe die von dir beschriebenen Dinge nicht als Problem an, denn ich mag es, mit "schwierigen" SuS zu arbeiten.

    Was meinst du denn mit "weil sich die ganze Leistung die man aufbringt für einen selbst wohl kaum lohnt"?

    Es kann sehr lohnenswert sein, wenn man einen Schüler, der kaum ruhig auf dem Stuhl sitzen kann, mal ein paar Minuten dazu motivieren kann, sich mit etwas zu beschäftigen oder wenn man es irgendwie schafft, dass ein schwänzender Schüler regelmäßiger in die Schule kommt!

    • Offizieller Beitrag

    Zur intellektuellen Herausforderung: ist also der Lehrerberuf rein fachlich nie wirlklich "anspruchsvoll", da man ja studiert hat.

    Was heisst fachlich anspruchsvoll. Meine nächste Unterrichtseinheit zu Afghanistan wird mir Arbeit und Einarbeitung abverlangen, aber mein Grundwissen in politischen Beziehungen habe ich genau dafür.

    Ob ich in einer 8. Klasse, am Bk oder im Deutsch-LK bin: mein Wissen über die Präterito-Präsentia im Mittelhochdeutsch interessiert keinen.


    Aber in welcjem Job jenseits des Forschers/der Forscherin ist man wirklich wirklich gefordert?

    Der Arzt macht quasi jeden Tag immer wieder die selben Eingriffe, der Automechaniker kann vermutlich viel mehr, als er im Alltag einsetzt, der Bäcker musste für seine Meisterprüfung etwas Geniales backen und macht 80% seines Umsatzes mit Weissmehlbrötchen, ab und zu mit Körnern, Sesam und co bestreut…

    Zum Glück muss ich nicht jeden Tag ein neues Thema auf dramatisch hohem Niveau halten. Ich muss nämlich auch erziehen, beraten, verwalten, korrigieren, diagnostizieren, wandertagen, korrigieren und noch mal korrigieren…

  • Kann das den ganzen Job versauen, wenn einige Schüler nicht so wollen, wie es wahrscheinlich sinnvoll wäre? Oder ist das nicht stressiger als ein nerviger Kunde/Vorgesetzer/Abteilungsleiter/Kollege usw.?

    Die wenigsten von uns haben große Erfahrungen in anderen Jobs. Aber ich kenne viele Quereinsteiger aus der Industrie, die nun sehr glücklich bei uns sind.


    Wieso versauen sie denn Job? Das ist unser Job und gehört dazu. Wir haben natürlich auch einen Erziehungsauftrag. Klar, kann es den Job anstrengender machen. Aber das ist doch höchst individuell.



    ist also der Lehrerberuf rein fachlich nie wirlklich "anspruchsvoll", da man ja studiert hat, oder?

    Also meine Studieninhalte passen wenig zu dem was ich unterrichte. Was ist denn für dich anspruchsvoll?

    Wir sind auch Pädagogen, da geht es ja nicht nur um Fachliche Inhalte, sondern auch um den Transport und gerade das ist extrem anspruchsvoll. Didaktische Reduktion und Methodik. Lernsituationen müssen auch immer wieder an aktuelle Gegebenheiten angepasst werden.

    Also unterfordert fühle ich mich nicht. Und es ist wichtig und schön fachlich immer noch ein bisschen mehr zu können um das große Ganze zu überblicken.


    Man liest allgemein ja so viel von Lehrermangel, Burnout, maroden Schulen, "schlimmen Schülern", sinkenden Niveaus und dass Lehrer die eierlegende Wollmichsau sind, die alles ausbaden müssten, was im Elternhaus gefehlt hätte. Ist das hochgepushtes Mediengetue oder Wahrheit?

    Wie immer - ein bisschen was ist dran. ABER es kommt doch drauf an, welche Schule und wo und wie sie geführt ist. Das kann ja unmöglich für zigtausend Schulen gelten.

    Ein - hier ist alles super, würde sich in Zeitungen und Co nicht verkaufen.


    Lehrermangel - ja.

    Burnout - gibt es überall - ja

    Marode Schulen - ja

    schlimme Schüler - Ansichtssache

    sinkendes Niveau - zu pauschal


    Irgendwie hast du ein spannendes Bild von der Schule, daher würde mich interessieren, woher kommt das, was hast du als Schüler erlebt?

  • Dresden schreckt mich die starre des Staatsexamen, Großes Latinum beim Fach Geschichte, Pflichtpraktika usw. ab.

    Also wenn das große Latinum dich derart abschreckt solltest du ein gesellschaftswissenschaftliches Studium auf jeden Fall noch einmal überdenken. In Geschichte ist das aus gutem Grund an den meisten Hochschulen bis heute vorgeschrieben, in Politik oftmals noch ein Latinum erforderlich, ein großes Latinum aber teilweise noch Teil der Promotionsordnung der Universitäten.


    Pflichtpraktika sollten dich weniger abschrecken in einem Studiengang, sondern gerade bei einem Lehramtsstudium als frühzeitige Chance gesehen werden den eigenen Berufswunsch noch einmal äußerst kritisch in der Praxis prüfen zu können. Nichts schlimmer, als nach 5 Jahren Studium erst im Ref festzustellen, dass man eigentlich mit Schuldienst gar nichts anfangen kann.


    Wer sich so tiefgreifende Fragen die eigene berufliche Orientierung betreffend stellt wie du, sollte erst einmal ein Praktikum an einer Schule machen. Das bieten nicht alle Schulen jungen Menschen auch schon vor dem Studium an, einige aber durchaus, hatten wir an meiner Refschule auch. Gerade in Schularten mit großem Lehrkräftemangel einerseits und speziellerer Klientel andererseits ist man offener für solche Praktikanten. Wenn es passt gehen die jungen Menschen motivierter ins Studium und wenn nicht erspart das denen den Umweg und Studienabbruch und den Schulen später die deutlich aufwendigere Betreuung von Studienpraktikanten, die doch nur frustriert das Handtuch schmeißen (oder im worst case meinen, sie müssten jetzt halt fertig studieren und den Beruf ergreifen, auch wenn sie erkennbar falsch gewählt hatten).


    Kann das den ganzen Job versauen, wenn einige Schüler nicht so wollen, wie es wahrscheinlich sinnvoll wäre? Oder ist das nicht stressiger als ein nerviger Kunde/Vorgesetzer/Abteilungsleiter/Kollege usw.?

    Frustrationstoleranz aufbauen, differenzierendes Rollenverständnis entwickeln und aufbauen und sich bewusst machen, dass pädagogische Arbeit ein wesentlicher Bestandteil des Jobs auch in vielen Bereichen der BBSen ist. Wer das gar nicht will sollte in die reine Erwachsenbildung gehen (oder einen anderen Beruf wählen). Dort dürfte man das zwar auch teilweise etwas anders handhaben, kann sich aber an vielen Stellen auf eine Bringschuld der bereits volljährigen Erwachsenen berufen. Was für wen stressiger ist ist sowohl individuell als auch situativ verschieden, Ich habe immer lieber mit bockigen, unwilligen Pubertieren gearbeitet, als mit ihren erwachsenen Pendants, denen ich- weil sie womöglich Kunden waren- am Ende auch noch den Allerwertesten verbal pudern sollte. Meinem persönlichen Stresspegel schadet Arschkriecherei nämlich ganz massiv- bei den meisten Situationen mit SuS führen stressige Tage zu einer Steigerung einer persönlichen Entspannung, weil ich bei denen nämlich authentisch bleiben kann/darf/soll, sprich auch mal deutliche Worte finden kann, wenn jemand grad völlig aus der Spur läuft/besonders verhaltenskrativ wäre und bei vielen so auch noch etwas erreichen kann.


    Zitat

    Zur intellektuellen Herausforderung: ist also der Lehrerberuf rein fachlich nie wirlklich "anspruchsvoll", da man ja studiert hat, oder? Und wenn etwas nicht so das krasse Niveau hat, ist es dann zumindest verhältnismäßig? Also wenn jemand die Fachhochschulreife oder die Azubi-Prüfung machen will ist das ja wünschenwert und das Niveau ist dort einfach festgelegt. Was ich mir aber schwierig vorstelle, ist wenn es regelrecht unmöglich ist, den Erwartungshorizont einer Klasse zu erfüllen.

    Du hast gerade mal ein Abitur in der Tasche. Dein fachliches Niveau ist also aktuell auch alles andere als "krass" (und die Wortwahl/Ausdrucksweise durchaus entwicklungsfähig). Ich habe ein universitäres Erststudium, ein Lehramtsstudium (Zweitstudium) und jede Menge außerschulischer Berufserfahrung. Ich habe womöglich kein "krasses" Niveau, aber sehr gute Noten und Arbeitszeugnisse vorzuweisen samt Promotionsangeboten nach Studienende. Ich komme in der Sek.I problemlos auf meine Kosten (und suche mir neue Aufgaben/Herausforderungen wenn nötig selbstständig, wo mir reiner Unterricht nicht ausreichend wäre). Natürlich ist das fachliche Niveau meiner SuS nicht vergleichbar mit dem im Studium. Wem das die Messlatte ist, der muss sein Glück an den Hochschulen suchen. Guter Unterricht definiert sich aber nicht isoliert über den fachlichen Anspruch, sondern umfasst eben auch Fachdidaktik und Pädagogik, die es in situ gekonnt zu jonglieren gilt. Klassenführung ist zwar in weiten Teilen erlernbar, dennoch aber in den Feinheiten eine Kunst, die nicht jedem liegt. Didaktische Reduktion (die man nur leisten kann, wenn man überhaupt ein entsprechendes Fachniveau hat, welches reduzierbar wäre, um das in guten Unterricht verpacken zu können) kann man ebenfalls lernen- schafft aber ebenfalls nicht jeder. Motivation von SuS- schafft man nicht, wenn man von oben herab auf das angeblich ach so niedrige Fachniveau der SuS herunterschaut, sondern indem man anerkennt, wo sie gerade stehen, erkennt, welche Potentiale sie mitbringen und Wege entwickelt, diese zu stimulieren und SuS damit im besten Fall "mitzunehmen". Wenn dir das zu niveaulos wäre, dann wäre das eigentliche Problem deine persönliche Haltung, die eindeutig nicht geeignet wäre für eine Schulform wie die BBSen mit ihrer vielfältigen Schülerschaft. Respekt vor der Leistung deiner SuS ist eine Grundvoraussetzung in dem Beruf. Dazu gehört es eine Fachhochschulreife oder eine erfolgreich bestandene Azubiprüfung nicht aufgrund des eigenen Bildungsweges als anspruchslos abzutun, sondern anzuerkennen, dass es für viele SuS ein harter Kampf war dieses große Ziel zu erreichen und sich mit und für diese zu freuen, dass sie dieses Ziel mit deiner Unterstützung und Arbeit erreichen konnten.


    Zitat

    Man liest allgemein ja so viel von Lehrermangel, Burnout, maroden Schulen, "schlimmen Schülern", sinkenden Niveaus und dass Lehrer die eierlegende Wollmichsau sind, die alles ausbaden müssten, was im Elternhaus gefehlt hätte. Ist das hochgepushtes Mediengetue oder Wahrheit?

    Natürlich ist das "hochgepushtes Mediengetue" und natürlich steckt darin auch ganz viel Wahrheit. So einseitig ist es aber eben nicht, deshalb muss man sich selbst ein Bild machen, wenn man so viele Stereotype im Kopf zu haben scheint insbesondere die Schülerschaften betreffend wie das bei dir der Fall zu sein scheint. Praktika helfen! Lehrermangel betrifft nicht alle Schularten, Schulen oder Fächer gleichermaßen; Burnout hat eine Minderheit der Lehrkräfte, auch wenn es eine Krankheit ist, die in unserem Berufsstand ein größeres Thema ist, als in anderen Berufsgruppen, weil entgrenztes Arbeiten ein Dauethema ist bei uns auch vor Corona schon; sinkendes Niveau: überspringe ich, da eigene, lange Debatte; mach dir ein eigenes Bild, wenn du ein paar Jahrzehnte im Schuldienst auf dem Buckel hast; eierlegende Wollmilchsäue: Ja, die sind wir selbstredend oder sollen wir wohl manchmal sein. ;) Trotzdem können wir nicht im Alleingang alles richten, was im Elternhaus gefehlt hätte. Ab einem bestimmten Punkt geht es nicht mehr vorrangig darum daraus resultierende Lücken zu schließen, sondern mit dem, was vorhanden ist zu arbeiten und die SuS dazu zu befähigen das Maximum für sich selbst zu entwickeln und herauszuholen. Manchmal bedeutet das eben, dass bereits ein Hauptschulabschluss sensationell ist (und ich freue mich für jeden meiner Hasen, der/die das für sich in diesem Jahr geschafft hat). Wer das nicht anerkennen kann ist falsch im Beruf. Wer meint die Welt (oder auch nur die eigene Schülerschaft) im Alleingang retten zu können ist falsch im Beruf. Wer seine eigenen Grenzen dauerhauft nicht ausreichend beachtet und daran erkrankt ist- um seiner selbst willen- falsch im Beruf. Wer immer nur klagen muss über Elternhäuser, sinkende Lernniveaus oder die angeblich ach so schlimmen SuS ist falsch im Beruf. Ob du richtig wärst im Beruf vermag ich nicht zu beurteilen, ebenso wenig vermag ich zu beurteilen, ob ein rein geisteswissenschaftliches Studium richtig wäre für dich. Ich erkenne aber beide Studiengänge betreffend gewisse Hindernisse in deinen Einlassungen in diesem Forum und empfehle insofern eine (selbst-)kritische Prüfung, Praktika, Gespräche mit Menschen, die dich gut kennen, aber dir nicht nur nach dem Mund reden und eine vernünftige Studienberatung, sollte es auf ein geisteswissenschaftliches Studium hinauslaufen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • (...)

    Zur Bodenständigkeit: ja das klingt ja jedenfalls gut, wenn das Kollegenverhältnis so ist. Und wie ist es so mit dem Schulwesen allgemein? Kommt einem eine Schule als Arbeitgeber wie ein "ganz normaler Job" vor oder ist es eher so eine "kleine in sich gekehrte Welt als staatliche Einrichtung"? Das klingt jetzt vermutlich richtig richtig dumm, aber ich mache mir Gedanken darüber, wie einem als Lehrer eigentlich so eine Schule vorkommt. Von der Arbeitsatmosphäre ähnlich wie ein gewöhnlicher Arbeitsplatz? Für mich als Schüler hat die Schule immer etwas wie so ein "Schutzraum" oder ein Gegensatz zur "Welt da draußen" gewirkt.

    Ja, eben, als Schüler ... Ich bin keine Schülerin meiner Schule, sondern Lehrkraft. Das ist mein Arbeitsplatz, der sich natürlich genau so auch anfühlt. Meine SuS lernen in meinem Unterricht "Dinge" (Fachwissen, Verhaltensweisen, Vorgehensweisen, Fähigkeiten, Haltungen, ...) die sie im späteren Leben beherrschen müssen. Für sie ist das ein Lern- und damit in gewisser Weise Schutzraum, für mich nicht. Du hast offenkundig noch so gar keine Ahnung von Schulen als Arbeitsorte. Das solltest du dringend ändern! Erwähnte ich schon mehr als zweimal, dass ein Praktikum absolut sinnvoll wäre? Falls ja sollte klar sein wie wichtig das in deinem Fall wäre, um gewisse Fehlvorstellungen erst einmal hinterfragen zu lernen bzw. korrigieren zu können, ehe du diese zur Basis deiner Berufsentscheidung macht. Gilt garantiert auch für deinen zweiten Studien- und Berufswunsch, also das mit den zu korrigierenden Fehlvorstellungen.

    Hintern hochbekommen hilft dabei übrigens, also nicht über das eigene angeblich "krasse Niveau" nach Studienende fabulieren, sondern erstmal selbst die Basics leisten lernen: Studienordnung gründlich lesen, erforderliche Anrufe tätigen bei Schulen wegen Praktika oder auch den Hochschulen, um herauszufinden, wie du die fehlende Berufspraxis nachweisen kannst und was dir anerkannt werden könnte.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wer das gar nicht will sollte in die reine Erwachsenbildung gehen (oder einen anderen Beruf wählen). Dort dürfte man das zwar auch teilweise etwas anders handhaben, kann sich aber an vielen Stellen auf eine Bringschuld der bereits volljährigen Erwachsenen berufen.

    Ehm, nein auch Erwachsene sind im Prinzip wie Kinder (bin ich selbst auch gerne). Viele Dinge funktionieren hier zwar besser, aber faul sind die Menschen von Natur aus von Geburt bis zum Ende. Sicher kann man sich drauf berufen, aber das bringt nicht immer was ;)

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