Kanzlerkandidatur

  • Jeder Beruf hat Vor- und Nachteile über die man endlos diskutieren kann. Ich empfinde es aber schon als lehrertypisch, dass es eine besonders große Gruppe gibt, die die Nachteile überbetonen und ständig darüber jammern und genau so eine Gruppe, die meint sich immer für die Vorteile entschuldigen und rechtfertigen zu müssen. (Möglicherweise gibt es sogar eine Schnittmenge dieser Gruppen.)

    Ich persönlich glaube, dass am Ende des Tages die Bilanz aus Vor- und Nachteilen einigermaßen passt. Das schließt auch die Besoldung und Versorgung mit ein, die ein relativ gutes Grundniveau hat aber gleichzeitig wenig Spielraum für Steigerungen zulässt. Nicht umsonst gibt es seit 50 Jahren Diskussion über Abschaffung des Beamtentums, Eingliederung in die gesetzliche Altersversorgung, etc. , die seit ebenfalls 50 Jahren zu nichts führen.

  • laleona Es ist am Beispiel Pfleger vs Arzt doch einfach zu verstehen warum letzterer mehr Geld verdient. Also meine Pflegerinnen im Spital waren toll und sicher ist deren Job sau anstrengend. Geschnitten und entschieden hat aber der Arzt und der hat am Ende auch Schuld, wenn's schief geht. Genau das gleiche gilt bei der BASF für den Chemielaboranten und seinen vorgesetzten Produktionsleiter, dem studierten Chemiker. Die akademische Ausbildung führt in der Regel zu einem Job mit deutlich grösserer Verantwortung und natürlich muss die bezahlt werden.

  • Und täglich grüßt das Murmeltier. Erzähl das mal den Vollzeit arbeitenden studierten Wissenschaftlern, die sich von einer Befristung zur nächsten hangeln. 50K brutto pro Jahr sind da nicht zu erwarten.

    Die Uni Genf hat mir als promovierte Chemikerin für eine Vollzeitstelle 60k CHF gezahlt, der Kanton Baselland nur 3 Jahre später für 86 % als Lehrperson am Gymnasium 98k CHF. Unterdessen arbeite ich meist 100 % (mit Zusatzvertrag) und komme irgendwo bei 135k CHF raus. Rate warum in der Schweiz so viele Ausländer*innen in der universitären Forschung arbeiten. Ob das "gerecht" ist, darüber kann man viel diskutieren. Ich hab da schon meine Meinung und sie weicht deutlich vom Mainstream ab.

  • Ich kenne keinen in meinem Bekanntenkreis, in zig unterschiedlichen Berufen und Wirtschaftszweigen, der nicht auf die ein oder andere Weise über sein Einkommen verhandeln kann.

    What?!? Im Ernst? Bei mir ist das genaue Gegenteil der Fall: Ich kenne so gut wie niemanden in den unterschiedlichsten Berufen, der/die überhaupt über sein/ihr Gehalt bzw. Lohn verhandeln könnte (abgesehen natürlich von gewerkschaftlichen Verhandlungen). Das ist weder im Handwerk noch in der Industrie oder sonstwo in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis der Fall.

    Aber in einem anderen Thread, wo es um das Reiseverhalten u. ä. ging (und du m. E. schriebst, du kennest kaum jemanden, der/die nicht mehrmals im Jahr Urlaub macht), habe ich schon festgestellt, dass wir beide scheinbar ein sehr unterschiedliches privates Umfeld haben... :weissnicht:

    Auch das sind nur Anekdoten.

    Ganz richtig. Ich schrieb aber explizit in allen meinen Sätzen, dass diese Erfahrungen sich auf mich persönlich beziehen und habe daher nicht solche pauschalen Äußerungen getätigt wie du z. B. hier:

    Das Ansehen Beamter ist so schlecht in der Gesellschaft, dass man gefühlt sich permanent dafür rechtfertigen muss, dass man "ja alles in den Hintern geschoben bekommt",

    Das entspricht bspw. überhaupt nicht meinen Beobachtungen und auch nicht der mehrerer anderer Beamt*innen in meinem Umfeld (die im Finanzamt, bei der Polizei, beim Landgericht und beim Zoll tätig sind). Von daher finde ich solcherlei Pauschalisierungen einfach unangebracht.

    Nicht zuletzt hat der verbeamtete Lehrerberuf auch deswegen ein Nachwuchsproblem, weil er zunächst Mal ein Imageproblem hat.

    Das wage ich doch sehr zu bezweifeln.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Der Wahl-o-mat kommt etwas spät. Ich hatte meine Briefwahl schon abgeschickt.

    Das finde ich interessant. Unsere Wahlbenachrichtigungen kamen erst am Dienstag an, also einen Tag vor Freischaltung des Wahl-o-Mat.

    Ich habe es übrigens auch mal wieder "durchgespielt" und - wie fast jedes Mal - sind die ersten Parteien, bei denen über 70% Übereinstimmung herauskommen, welche, die ich gar nicht genauer kenne. Dann folgen aber schon die Grünen und die SPD; von daher passt es halbwegs.

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  • Wir Berufsschul-Pauker kommen dank der ganzen Praktika, aufgrund des Studiums und aufgrund des Referendariats erst mit ca. 30 Jahren ans Verdienen.

    Welche "ganzen Praktika" meinst du denn? Hier in NDS braucht man meines Wissens (wenn sich daran nicht irgendwas in letzter Zeit geändert hat) - neben den Schulpraktika, die i. d. R. während der Semesterferien stattfinden - nur eine einjährige berufspraktische Tätigkeit nachzuweisen. Die allermeisten BBS-Lehrkräfte, die ich kenne, haben vor ihrem Studium bereits eine Berufsausbildung absolviert, die dann natürlich anerkannt wird. In diesen drei Jahren haben sie also auch schon Geld verdient (und so manche/r hat vor Studienbeginn auch noch einige Jahre in dem erlernten Beruf gearbeitet). Und die wenigen, die direkt nach dem Abi mit dem Studium Lehramt BBS begonnen haben, waren dementsprechend noch lange keine 30, als sie ihr Ref (in dem man ja auch schon "ans Verdienen kommnt") beendet hatten.

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  • Wir armen Chemiker kommen auch erst mit 30+ ans verdienen, weil uns ohne Promotion keiner haben will. So ist das Leben. Hart und ungerecht. Bei der Novartis würde ich mit gleich viel Berufserfahrung übrigens um die 160k CHF verdienen. Da will ich aber nicht arbeiten. So ungerecht ist das Leben eben dann doch nicht ;)

  • Ich kenne so gut wie niemanden in den unterschiedlichsten Berufen, der/die überhaupt über sein/ihr Gehalt bzw. Lohn verhandeln könnte (abgesehen natürlich von gewerkschaftlichen Verhandlungen). Das ist weder im Handwerk noch in der Industrie oder sonstwo in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis der Fall

    Das habe ich ja noch nie gehört. In der Wirtschaft hat man immer die Möglichkeit zu verhandeln. Entweder direkt über das Gehalt, über sonstige Extras (die letztendlich ja auch nichts anderes als zweckgebundenes Geld sind) oder über eine Beförderung. Man kann jederzeit sagen "ich weiß, wie wertvoll ich für euch bin, also gebt mir mehr, oder ich gehe woanders hin". Klar, Voraussetzung ist, man macht auch ganz ordentliche Arbeit und ist daher nicht völlig einfach ersetzbar.

  • Und die wenigen, die direkt nach dem Abi mit dem Studium Lehramt BBS begonnen haben, waren dementsprechend noch lange keine 30, als sie ihr Ref (in dem man ja auch schon "ans Verdienen kommnt") beendet hatten.

    Das Ref. vergleiche ich mit der Zeit eines Auszubildenden. Der Azubi bekommt seine Vergütung und der Ref. Anwärterbezüge. Wegen der paar Kröten studiert aber niemand. Das ist eher Schmerzensgeld.


    Ich fange einfach mal an zu rechnen:

    • Abi mit 19
    • Erfüllung der Wehrpflicht mit 20
    • Durchschnittliche Studiendauer Maschinenbau: 15-16 Semester bis zum Master, habe eben extra in der Uni-Statistik nachgesehen, da ist man dann also gut 27
      --> https://www.uni-paderborn.de/f…dierendenspiegel_2020.pdf (Seite 42)
    • Ein Jahr Industriepraktikum: 28
    • Ende des 2jährigen Referendariats mit 30

    Macht man eine Lehre statt des Industriepraktikums, kann man die Lehre aufgrund des Abiturs auf 2 Jahre verkürzen, braucht am Ende also noch ein Jahr länger.

  • Dem wage ich zu widersprechen. Ich erinnere mich noch zu gut an meine erste Lohnabrechnung als frischgebackener A13er nach dem Referendariat im Alter von über 30. Da war ich "netto nach Krankenkasse" bei etwas unter 2k €. Damals gab es in NRW aber auch noch die Erfahrungsstufen 3 und 4 bei der Besoldungsgruppe a13. Außerdem bin ich in der GKV. Ich denke, daß man das "netto nach Krankenkasse" mit dem Netto eines Angestellten vergleichen muß, weil bie ihm die Krankenkassenbeiträge ja vorher schon abgezogen wurden. Das "gesetzliche Netto" eines Beamten, beinhaltet die Krankenkasse ja nicht.


    Als ich die erste Gehaltsabrechnung bekommen habe, war mein einziger Gedanke: "Und für dieses mikrige Gehalt hast du das Studium und das Referendariat auf dich genommen? Wärst besser Handwerker geworden. Dann hättest jetzt schon 15 Jahre lang ein Einkommen gehabt."


    Inzw. wurden in NRW die Erfahrungsstufen 3 und 4 bei der Besoldungsgruppe a13 abgeschafft, man steigt gleich bei Erfahrungsstufe 5 ein, wohl weil sie sonst gar keinen mehr für den Job bekommen würden.

    Mit über 30 hast du ja bestimmt schon vorher gearbeitet, oder? Wenn man mit 19 Abi macht, 1 Jahr Wehrdienst hat, 5 Jahre studiert, 1 Jahr für das Bk-Lehramt ein Praktikum macht und 2 Jahre Ref hat, ist man 28. Und viele schaffen es auch unter 28. Aber gut, das ist nicht so entscheidend.

    Mittlerweile bekommt man bei A13+Zulage in NRW ohne PKV mehr als 3k netto raus. Zieht man meinetwegen 400€ für die PKV ab (was schon sehr viel ist), hat man immer noch deutlich mehr netto als der Angestellte mit E13. Da hat sich die Situation für die Beamten deutlich verbessert. Ich bin jetzt einfach mal von den aktuellen Zahlen ausgegangen, weil ich die alten nicht kenne.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Ich verhandle übrigens jedes Schuljahr neu wie viel ich überhaupt arbeite, welche Kurse und welche Zusatzaufgaben ich übernehme. Gerade nächste Woche steht ein Gespräch an über zwei Kurse, auf die ich dauerhaften Anspruch erhebe. Ich bin mir sehr sicher, dass ich bekomme, was ich haben will. Zumal ich mit meinen Fächern jederzeit drohen könnte, mich woanders zu bewerben wenn's mir zu blöd wird. Es gab auch schon den Moment da meine Chefin befürchtete, genau das könnte passieren. Das gibt das Angestelltenverhältnis halt her.


    Meiner Erfahrung nach sind die meisten Lehrpersonen aber schlicht zu faul überhaupt über ihren Status zu verhandeln. 90 % meiner KuK lassen einfach geschehen, was kommt. Also beklagt euch nicht über den Beamtenstatus, der nimmt euch an der Stelle ne ganze Menge Arbeit ab.

    2 Mal editiert, zuletzt von Antimon ()

  • Aber warum sollte dann jemand überhaupt das Risiko eingehen? Wenn ich also vorher nicht weiß, daß sich das Risiko bei Erfolg nicht rentiert, mache ich es nicht.

    Ich bin das Risiko sehr gerne eingegangen (Mathe hat sehr hohe Durchfall- und Abbrecherquoten), weil ich genau das studieren wollte und auch den Beruf ausüben wollte, für den ich dieses Studium brauche. Dafür muss man mir persönlich nichts bezahlen. Mehr Geld als viele andere werde ich später auch verdienen und zudem wahrscheinlich glücklich in meinem Beruf sein. Passt dann schon.

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  • @Antimon: Muss schon toll sein, in solch einer Machtposition zu sein, oder? Ich schätze aber mal, dass bei den meisten Deutschen eher "Wenn du es nicht machst, finde ich auch jemand Anderen, der den Job macht. Vlt. sogar für weniger Geld. " gilt, oder?

  • Selbstverständlich wäre ich in Deutschland an der Schule mit meinen Fächern in exakt der gleichen Verhandlungsposition wenn es denn innerhalb des Beamtentums überhaupt was zu verhandeln gäbe (zumindest beim Berufseinstieg gibt es ja durchaus Spielraum, wenn ich das richtig verstehe). Und selbstverständlich hat der studierte Germanist auch in der freien Wirtschaft bei weitem nicht den Verhandlungsspielraum wie der Informatiker und der kann sich noch mal erheblich mehr leisten, als der Chemiker. Das nennt man "Marktwirtschaft". Was denkst Du, wie viele Bewerbungen wir an der Schule bekommen, wenn Deutsch ausgeschrieben ist vs wenn Mathe ausgeschrieben ist? Ich weiss es, als Fachvorstand habe ich Einsicht und bin auch bei den Gesprächen dabei. In der Chemie wurden wir zuletzt überschwemmt von gescheiterten Biochemikern, die wir auch an der Schule nicht gebrauchen können. Die eine Frau, die an der ETH Chemie studiert hat, musste nicht mal eine offizielle Bewerbung schreiben, der haben wir hinterhertelefoniert, dass sie sich nur ja nirgendwo anders nen Job sucht.

  • Das habe ich ja noch nie gehört. In der Wirtschaft hat man immer die Möglichkeit zu verhandeln.

    :rotfl:

    Nein!

    Man kann jederzeit sagen "ich weiß, wie wertvoll ich für euch bin, also gebt mir mehr, oder ich gehe woanders hin".

    Ich glaube, das ist u. a. regional seeehr unterschiedlich, stark davon abhängig, wie flexibel man ist, was Umzug usw. angeht, und natürlich auch vom Alter abhängig. Hier in der Gegend (bitte nicht vom dichtbesiedelten NRW, in dem es viele Jobmöglichkeiten gibt auf alle anderen Regionen in Deutschland schließen!) hat man vielfach nicht die Möglichkeit, mal eben "woanders hinzugehen".

    Bspw. ist der Arbeitgeber meines Lebensgefährten der größte im Landkreis und damit sind die dort Arbeitenden ziemlich abhängig von diesem Betrieb. In seinem Tätigkeitsbereich würde mein Lebensgefährte hier im - sagen wir mal - 100 km Umkreis nicht so einfach einen neuen Job finden. Und auf irgendwelche Verhandlungen bzgl. Gehalt, Urlaub o. ä. geht dieser Arbeitgeber schon seit Jahren nicht mehr ein. Wem die Arbeitsbedingungn nicht passen, der/die kann gerne kündigen, muss sich dann aber - wenn nicht sehr flexibel - leider wirklich darauf einstellen, erstmal nichts neues zu finden...

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    2 Mal editiert, zuletzt von Humblebee ()

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