Ja natürlich sind wir alle nur Maulhelden. Wir lassen die Sau raus solange es uns keiner verbietet, das ist menschlich, dafür müssen wir uns nicht geisseln. Das wäre geheuchelt. Aber man kann anerkennen, dass man selber eben auch ne Sau ist und dann müsste man eigentlich zu dem Schluss kommen, dass es eine Politik braucht, die im entsprechenden Bereich verbietet und reguliert. Es geht einfach nicht anders. Die alleinerziehende Mutti mit den drei schulpflichtigen Kindern hat kein Recht auf 3 x die Woche Schnitzel vom Aldi und sie hat auch kein Recht mit der Family jeden Sommer nach Malle zu fliegen. Das tut sie aber sowieso nicht, die alleinerziehenden Muttis haben - wie Samu bereits schrieb - in der Regel ganz andere Probleme und werden in solchen scheinheiligen Diskussionen immer nur als Alibi rangeholt dafür, dass man doch dies das und jenes nicht verbieten könnte. Das Billig-Schnitzel vom Aldi und den Flug nach Malle gönnen sich bevorzugt die fettgefressenen Mittelständler die ihre Kröten genauso gut zum Metzger nebenan tragen könnten oder sich einfach mal ne Scheibe Zucchini statt dem Schnitzel panieren könnten. Sorry ey, bei dem Thema werde ich unterdessen ganz fix einfach nur noch asozial und aggressiv. Mir tut überhaupt niemand leid, der sich den EasyJet-Flug nach Malle nicht leisten kann. Mir tut ja auch keiner leid, der sich meine geile Rado-Uhr nicht leisten kann, ich verdiene halt einfach mal besser als der Durchschnitt. So what.
Was müsste passieren? Vieles. Aber mal ein paar Beispiele, die mir so spontan einfallen:
- Massentierhaltung verbieten, ich erwähnte es bereits. Und dann staunt ihr aber, was das Schnitzel beim Aldi plötzlich kostet. Es gibt in Schweizer Supermärkten keine Fleisch- und Wurstwaren aus Massentierhaltung. Allenfalls in verarbeiteten Produkten wie Fertig-Pizza etc. Aber das Hack, das ich beim Coop hole, das hat sich zu Lebzeiten eben nicht mit 10 anderen Schweinen um den einen lausigen Quadratmeter Gitterboden geprügelt. Natürlich ist hier auch nicht alles feinifein bezüglich Tierhaltung und noch viel besser wäre es, man würde auf das Hack ganz verzichten. Schaff ich aber nicht, so ehrlich bin ich mal. Wichtig ist, das Schnitzel muss brutal teuer werden. Unser Fleischkonsum muss nämlich ganz drastisch reduziert werden, Nutztierhaltung ist ein ökologisches Desaster. Tierfreundliche Haltung ist aber leider noch viel unökologischer als Massentierhaltung und deshalb muss Nutztierhaltung einfach insgesamt ganz radikal eingeschränkt werden. Die übermässige Fleischfresserei ist sowieso ungesund.
- Flugreisen müssen wieder richtig, richtig teuer werden. So wie's früher halt mal war, in den guten alten Zeiten, ihr wisst schon. Wie ebenfalls bereits erwähnt, es gibt kein Recht auf Urlaub in Timbuktu. Die Spanier und Portugiesen tun mir auch nicht leid, die sollen sich bitteschön was anderes einfallen lassen wie sie demnächst ihr Geld verdienen wollen. Hatten jetzt ja über ein Jahr lang Zeit zu üben. Wir waren 2018 in Island im Urlaub, mich hat ehrlich noch nie ein Urlaub so dermassen abgelöscht wie dieser. Horden um Horden von völlig abgestumpften Influencer-Tussen mit dem Selfiestick bewaffnet die die schönen Vulkane vertrampeln ohne sich auch nur ne Sekunde lang ernsthaft dafür zu interessieren. Nein, sowas braucht die Welt nicht. Auch den Isländern wird was anderes einfallen als das. Und Reisen geht auch anders. Zu Fuss, mit dem Velo, mit der Bahn. Das geht. Wirklich.
- Gratis-ÖV für alle, autofreie Innenstädte. Ob man nun Verbrennungsmotoren gleich verbieten sollte, ich weiss nicht so recht. Nach allem was ich bisher so gelesen habe, ist der Knackpunkt in der Ökobilanz der E-Autos nicht die Rohstoffgewinnung für den Akku, sondern die Energie, mit dem der geladen wird. Wenn diese - wie in Deutschland zur Zeit leider immer noch der Fall - zu einem erheblichen Teil aus der Verbrennung von Kohle stammt, dann kannste auch direkt Benzin verbrennen. Aber SUVs sollte man verbieten, unbedingt. Was soll das? Wer braucht sowas? Keine Sau, echt nicht. Weg damit, sofort. Und wer bezahlt den Gratis-ÖV? Wir alle natürlich, mit unseren Steuern. Ich will kein "ich fahr aber kein Bus" hören bzw. lesen. Machste dann schon, wenn der für umme ist und Autofahren ein Vermögen kostet. Ja, ja, ich weiss, in Deutschland ist Busfahren nicht so geil, ich hab da ja auch mal ne Weile vor mich hingelebt. "Ich will aber nicht Busfahren" höre ich aber auch von fucking Schweizern wo ich echt nur noch erwidern kann "bist du eigentlich noch ganz knusper, du Mimimi?!" Hier kommt an jedem Kuhdorf mindestens alle 30 min ein Bus vorbei, steig da einfach ein, der bringt dich sicher und zuverlässig ins nächste Kuhdorf. Wenn man wirklich mal ein Auto braucht - ja, das kann passieren - dann gibt's Mobility und andere Car-Sharing-Dienste, die hier echt tiptop organisiert sind. Man schaue auch mal ins Baltikum, ich meine Lettland und/oder Estland (bin grad zu faul zu googeln) sind diesbezüglich auch hervorragend aufgestellt. Geht also, wenn man nur will.
- Energieversorgung unbedingt wieder verstaatlichen und Preise hoch. Nein, auch da tut mir die alleinerziehende Mutti nicht leid, auch die kann sich überlegen, ob sie ihre Kinder unbedingt vor dem stromfressenden Flachbildschirm parken muss oder ob's wohl auch ein Brettspiel zur Vergnügung tut. Wir besitzen nota bene seit über 10 Jahren gar keinen Fernseher mehr. Energieeffiziente Elektrogeräte sind in der Anschaffung vielleicht teurer, aber das wird sich dann schon amortisieren, wenn die Stromkosten nur genügend hoch sind. Bezüglich Heizkosten kommt's natürlich auf die Bausubstanz an. Wir wohnen in einem Minergie-zertifizierten Haus das so dermassen gut isoliert ist, dass man wirklich auch im Winter praktisch nie die Heizung anstellen muss. Hat den zusätzlichen Vorteil, dass auch die Schallisolierung so gut ist, dass man bei geschlossenen Fenstern und Türen nicht mal hört, dass man überhaupt Nachbarn hat. Geschweige denn, dass über 60 Mietparteien im Haus wohnen. Sparen wir deswegen? Nein, tun wir nicht. Es geht nicht ums Sparen, es geht um den Umweltschutz. Die Bausubstanz kostet natürlich und das schlägt sich entsprechend im Mietpreis nieder. Umweltschutz gibt's nicht für billig, er ist aber überlebensnotwendig.
Das ist mal das dringlichste, wie ich finde. Gäbe noch nen Haufen andere Sachen bei denen es meiner Ansicht nach aber sofort ziemlich komplex wird. Konsumgüter wie Smartphones, Klamotten, etc. Das Zeug müsste eigentlich alles zigfach teurer sein, das Problem ist aber, was macht die Näherin in Bangladesch, wenn H&M die Ware nicht mehr los wird? Das ist so eine Kiste, für die ich ehrlich keinen Lösungsvorschlag im Kopf habe. Und bitte kommt mir nicht mit "aber die Industrie ...", die produziert nämlich Konsumgüter für *uns*. Ist alles eine Frage von Angebot und Nachfrage. Zumal die wirklich energiefressenden Branchen wie z. B. die chemische Industrie, in den letzten 10 - 20 Jahren enorm abgeliefert haben im Punkto Umweltschutz. Ich war vor nicht allzu langer Zeit mal mit einem Schwerpunktfachkurs auf Exkursion bei der BASF in Ludwigshafen und fand das wirklich überzeugend, was die uns erzählt haben, wie sie unterdessen ihre Stoff- und Energiekreisläufe optimiert haben. Als Laie hat man da schnell mal den Eindruck, das sei alles super verschwenderisch und dreckig. Wenn man Ahnung von der Sache hat muss ich sagen - nein, absolut nicht, da hat sich wirklich enorm viel getan. Zumal man sich nur mal vor Augen führen muss, wie noch vor 30 Jahren die Firmen ihre Abfälle völlig gesetzeskonform entsorgt haben - 20 %ige Schwefelsäure direkt in den Rhein und solche Spässe. Jetzt sind wirklich wir mit unserem privaten Konsumverhalten dran.