Lehramtstudium wagen oder lieber nicht?

  • Hallo,


    meine Schulzeit ist nun beendet und nachdem ich nun ein Jahr im Ausland war, stehe ich vor der sehr schweren Frage, was ich studiere.


    Eigentlich fand ich den Lehrerberuf schon immer toll - wenn ichs könnte, wäre es der perfekt Beruf, dachte ich mir immer. Durch meine damalige krankhafte Schüchternheit und nicht vorhandes Präsentationstalent habe ich es mir irgendwann abgeschminkt.


    Nun wollte ich Ernöhrungswissenschaft studieren, bin von den schlechten Berufsaussichten allerdings etwas abgeschreckt. Daher kam mir wieder der Gedanke in Richtung Lehramt zu gehen und an Berufsschulen zu unterrichten.


    Es ist für mich eine wirklich schwere Entscheidung, ob ich meine größte Schwäche (Vorträge halten etc, bin sehr steif und nicht wortgewandt) zu meinem Beruf machen sollte in der Hoffnung mich daran zu gewöhnen, mit der Zeit genug Selbstbewusstsein aufzubauen…


    Ich weiß echt nicht ob ich das Risiko eingehen und möglicherweise nach Jahren im Referendariat feststellen sollte, dass es für mich zu belastend ist.



    Ich weiß, beantworten kann man mir das nicht, aber vielleicht stand jemand vor einer ähnlichen Situation und hat einen Rat für mich?

    Und wie sieht das generell an Berufsschulen aus? Ist es leichter sich dort generell als Lehrer durchzusetzen, da die Schüler ja etwas älter und „anständiger“ sind?



    Vielen Dank im Voraus für eure Kommentare :)

  • Conni

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Dann studiere doch Ernährung und irgendwas fürs BK (oder wie auch immer das in deinem BL heißt. Spätestens im Praktikum merkst du ob es was ist oder nicht, und in der Uni lernt man ja auch noch mal was dazu.

    Ich bin auch bei Fremden und großem Publikum eher schüchtern. In der Klasse aber absolut gar nicht.

    Am BK hast du je nach Bildungsgang ja auch wirklich einen guten Hebel, da kann man gut sagen, dass die ja hier sitzen wollen. Und je nach Fach finden sie deinen Unterricht auch interessant und relevant.

    Mathe bei Naturwissenschaftlern ist halt einfacher als bei Sportlern. Ernährung ist bei Erziehern bestimmt auch beliebter als Englisch.


    Aber eine Klasse mit beruflichem Abi ist halt auch einfacher als eine Klasse, die ihren Abschluss nachmacht, oder keine Ausbildungsstelle bekommen hat. Da muss man eventuell am Ende halt gucken wo man landet/ landen will.


    Also wenn du dir das gut vorstellen kannst, mach dein Ding.

  • Es ist für mich eine wirklich schwere Entscheidung, ob ich meine größte Schwäche (Vorträge halten etc, bin sehr steif und nicht wortgewandt) zu meinem Beruf machen sollte in der Hoffnung mich daran zu gewöhnen, mit der Zeit genug Selbstbewusstsein aufzubauen…

    Lehrersein ist nun wirklich nicht das übliche Vortraghalten aus der Uni oder der Wirtschaft. Als Lehrer bist du der absolute Profi im Raum. Im Regelfall macht dir fachlich und inhaltlich keiner was vor. Das gibt automatisch Selbstbewußtsein. Ein Vortrag an der Uni oder als Schüler an der Schule ist häufig davon geprägt, das mindestens eine Person im Raum sitzt, die viel besser informiert ist als du selbst, in der Wirtschaft kann es je nach Vortrag sein, dass man selbst gerade erst eingearbeitet ist und noch nicht wirklich fit ist. Wichtiger finde ich, dass einem der Umgang mit Menschen Spaß macht und das man auf Augenhöhe mit den SuS umgehen möchte.


    Dann studiere doch Ernährung und irgendwas fürs BK

    Kann ich so nur unterstützen. Ernährung dürfte auch in jedem Kreis/jeder Stadt an einem BK zu finden sein. Das Fach dürfte neben dualen Ausbildungen vermutlich auch in vielen Hauswirtschaftsbildungsgängen oder in gesundheitlichen Bildungsgängen mehr als gut zu finden sein.


    Mathe bei Naturwissenschaftlern ist halt einfacher als bei Sportlern.

    Das kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen :-). Die FHR-NTWler, die ich mal in Mathe unterrichtet habe, waren grauenhaft, die Sportler finde ich da angenehmer :)

  • Neben dem Fachlichen gehört für mich auch die Liebe zu den Kindern, in dem Fall wohl Jugendlichen dazu. Also bei mir ist es so. Nur mein fachliches Ding runterziehen, das geht bei mir nicht. Sonst hätte ich schon lange hingeschmissen. Das Fachliche geht nach ner Weile von selbst. Ohne eine gewisse Empathie wird es schwer.

  • Moment mal ... Du warst ja schon im Ausland, also so schüchtern kannst Du gar nicht sein. Zudem ist es glaube ich unter Lehrpersonen ein relativ weit verbreitetes Phänomen, dass man eigentlich nicht wahnsinnig extrovertiert ist. Tatsächlich ist es sogar von Vorteil, wenn Du selbst gar nicht das Bedürfnis hast, Dich in den Mittelpunkt zu stellen, denn da gehörst Du als Lehrperson gar nicht hin. Wie Kalle schon sehr zutreffend beschrieben hat, ist es vor allem wichtig, dass Du sicher in der Vermittlung von Inhalten bist und die lernst Du ja im Studium an der Uni, darin bist Du am Ende Expertin. In erster Priorität geht es in diesem Beruf aber immer um die Kinder bzw. Jugendlichen und nicht um Dich als Lehrperson.


    Zum Fach ... Wenn Du Dich für "irgendwas mit Ernährung" interessierst, bist Du wohl am ehesten im NaWi-Bereich zu Hause was die klassischen Schulfächer betrifft. Da hast Du in Deutschland jetzt leider das Problem, dass Du Dich mit der Wahl fürs Lehramtsstudium ziemlich einschränkst. Wenn Du z. B. Chemie oder Biologie auf Lehramt studierst, ist das einfach ein kastriertes Fachstudium, dass Dich ausser an die Schule nirgendwo hinbringt. Ich frage Dich daher einfach mal: Was kannst Du denn sonst noch? Was interessiert Dich noch? Wo warst Du denn im Ausland? Könntest Du Dir auch vorstellen im Ausland zu studieren?

  • Hallo,


    ich habe mir mal zwei Stellen von deinem Eingangsposting rausgepickt.

    Durch meine damalige krankhafte Schüchternheit und nicht vorhandes Präsentationstalent habe ich es mir irgendwann abgeschminkt.

    Ich war auch eine sehr schüchterne und ruhige Schülerin. Im Studium war ich dann aber diesbezüglich einfach gezwungen, etwas aus mir heraus zu kommen. Erstens habe ich nicht in meiner Heimatstadt studiert. Also wollte ich schon schauen, dass ich Anschluss an meine Kommilitonen finde. Der Vorteil war, dass mich ja vor Ort dann noch wirklich niemand kannte und ich so auch eine Chance hatte, aus meiner Rolle des schüchternen, kleinen, zarten Mädchens rauszukommen. Das hat sehr gut geklappt und ich hatte im Studium wirklich einen sehr großen Freundeskreis. Zweitens ist man im Studium auch gezwungen, immer wieder Vorträge/Präsentationen zu halten. So gewöhnt man sich dran. Während meines Studiums war ich auch noch ein Jahr im Ausland. Dies hat ebenso sehr zu meiner persönlichen Entwicklung beigetragen. Bis ich im Ref war, war das Problem mit der Schüchternheit eigentlich schon nicht mehr vorhanden. Im Ref fiel mir alles mehr oder weniger zu. Der Umgang mit den Schülern war kein Problem für mich. Da habe ich (besonders in Mathe) immer sehr gutes Feedback erhalten. Was mich natürlich auch nochmal sicherer gemacht hat.


    Mittlereweile bin ich gute zehn Jahre im Schuldienst. Einen Schulwechsel habe ich erfolgreich gemeistert. Mittlerweile bin ich an meiner neuen Schule auch Vorsitzende des ÖPR.


    Wenn ich heute den Leuten erzähle, dass ich mich früher im Unterricht kaum getraut habe, mich zu melden, können sie das gar nicht glauben...


    Was ich damit sagen will: Du hast jetzt erstmal Abitur gemacht und bis vermutlich noch unter 20. Du hast noch so viel vor dir an dem du wachsen und dich weiterentwickeln kannst. Wenn du gerne in Richtung Lehramt gehen würdest, dann würde ich sagen, mach das. Das wird schon werden.

    Und wie sieht das generell an Berufsschulen aus? Ist es leichter sich dort generell als Lehrer durchzusetzen, da die Schüler ja etwas älter und „anständiger“ sind?

    Du hast in sofern recht als dass die Schüler bereits in einem Alter sind, in dem man ein vernünftiges Gespräch mit ihnen führen kann. Ob sie deswegen anständiger sind... Naja. ;) Generell muss man für die Berufsschule schon "der Typ" sein.


    Aber jetzt studiere doch erstmal das, was dir Freude macht. Ob es dann an die BS geht, kann man ja immer noch sehen.


    Alles Gute,

    Mrs Pace

  • Eine weitere Stimme für das BK mit Ernährung und einem weiteren Fach wie Englisch (da du ja im Ausland warst, passt das evtl).


    Ich war als Kind eher extrovertiert, später ereilte mich lähmende Schüchternheit und jetzt hab ich nur noch die übliche Nervosität, wenn ich vor großen Gruppen rede. Man wächst da wirklich rein. Du solltest es wagen.

  • Ich weiß echt nicht ob ich das Risiko eingehen und möglicherweise nach Jahren im Referendariat feststellen sollte, dass es für mich zu belastend ist.

    Dann denk doch mal über ein FSJ an einer Schule nach, da hast du dann die Möglichkeit Erfahrungen zu sammeln und zu schauen, ob es dir gefallen könnte.

  • Schüchternheit ist kein Schicksal 😉 Ich war als Schüler auch mega schüchtern, ein richtiges Mauerblümchen, das schon beim „Hallo sagen“ rot anläuft. Im Privatleben bin ich es auch immer noch etwas, jedenfalls ziemlich zurückhaltend. Im Unterricht ist das aber völlig anders, da hat meine extrovertierte Seite eindeutig die Oberhand 😂 Tatsächlich hatte ich vor einer Klasse noch keine Sekunde Lampenfieber, auch als Anfänger nicht… für mich ist das Schulzimmer wie eine Mischung aus Wohnzimmer und Theaterbühne. Keine Ahnung, warum 🤷🏻‍♂️


    Aber mach doch mal ein Praktikum oder hospitiere, schon alleine um herauszufinden, ob die Realität tatsächlich mit deiner Vorstellung übereinstimmt. Alle meine Vorstellungen, gerade die schlimmsten, haben sich in meiner ersten Minute vor einer Klasse als völlig falsch erwiesen.


    Vortrags- und Präsentationstechniken kann man professionell lernen, Unis bieten heutzutage dazu auch viele Kurse an. Hier gilt auch, wie fast überall: die Übung macht’s.


    Und bedenke: Dein Studium dauert mehrere Jahre - niemand erwartet, dass du alles sofort kannst. Das gilt für das Fachlich-pädagogische genauso wie für deine „Soft Skills“.

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