Wieso fehlen so viele Schulleiter?
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Habe heute erst wieder mit einer Kollegin gesprochen. Zum Kaffee. An ihrer Grundschule ist gerade die Dienstälteste kommissarische Schulleitung. Für A12. Sie ist seit Wochen regelmäßig krank geschrieben. Wohl aus Trotz
Den Trotz kann ich verstehen (ob ich es so machen würde, weiß ich nicht): Als Dienstälteste bist dann der Depp vom Dienst und kannst nicht aus.
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Habe heute erst wieder mit einer Kollegin gesprochen. Zum Kaffee. An ihrer Grundschule ist gerade die Dienstälteste kommissarische Schulleitung. Für A12. Sie ist seit Wochen regelmäßig krank geschrieben. Wohl aus Trotz
Ein Hoch auf Doc Holiday. Solche Lehrer braucht das Land.
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Etwas wird bei einem solchen Verhalten allerdings vergessen: Es gibt immer einen weiteren Dienstältesten.
So unschön die Lage ist: Wenn die Schulleitung nicht besetzt ist, die Konrektorstelle entweder nicht besetzt ist oder auch erkrankt: dann zieht man an einem Strang.
Hier ist es immer wieder Thema, wie anstrengend unser Job ist, wie belastend es ist und wie "ferienreif" viele schon lange vor den Ferien sind (und dieses Jahr gibt es auch noch Corona!). In diesem Thread reden wir darüber, wie anstrengend der Schulleitungsjob ist und jetzt wird suggeriert bis direkt unterstellt, dass die Krankschreibungen einer Dienstältesten, die neben ihrem normalen Job alle Schulleitungsgeschäfte führen muss (entweder gibt es keine Konrektorstelle oder sowohl SL als auch st. SL sind vakant oder krank), und das ohne vorangegangene Fortbildung!, Fake bzw. aus Trotz sind? Schon auf die Idee gekommen, dass nicht jede*r Super(wo)man ist und es nunmal nicht wirklich zu schaffen ist. Eine "ganz normale" Lehrkraft, die vorher keine Führungsposition hat (an einem Gym/BK/großen System gibt es wenigstens zwischendurch die Stufenkoordinationen, die schon mehr mit Verwaltungskram zu tun haben), hat wirklich das Recht, zusammenzubrechen.
Wer jetzt von sich glaubt, dass er / sie von heute auf morgen neben seinem Deputat und sonstigen Aufgaben die Schule schmeißen kann, darf den ersten Stein werfen. -
Allein der Thread an sich ist doch überflüssig und alles seit Jahrzehnten gesagt, wiederholt, bekannt und unverändert… dabei geht es immer um die gleichen Schauplätze die von vielen ins Feld geführt werden:
- Mangel an Gehalt
- Mangel an Anerkennung
- Mangel an Stundenbefreiung
- Work-/Life Balance
- eigenverantwortliche Schule schafft Bürokratie (in der Wirtschaft lassen große Konzerne auch gerne jeden einzelnen Standort ihr eigenes Konzept erarbeiten; Ironie!)
- Konkurrenz unter Schulen statt Zuteilung nach entsprechenden Kriterien (hätte auch weitere Vorteile/ Nachteile) zieht Projekte, Mehrarbeit usw nach sich
- keine Begrenzung der Arbeitszeit
- fehlende Regelungen zur Entlastung
—- letztlich muss doch jeder für sich entscheiden, ob und was er möchte …für das Geld lohnt es sich wohl kaum…früher zog das Ansehen einer Leitung, aber ist das heute überhaupt noch so? Ist es so toll einen Titel führen zu dürfen? Will man Zeit mit seinen Lieben oder mit dem Beruf? Was bleibt nach der Tätigkeit an Sinn? Hat man seine Lebenszeit gut genutzt?
—- mit dem Geld wird man kaum glücklicher, ob a 13/14/15/16… geht man mal von a 13 aus reden wir bei a 14 von einem Rahmen netto 130-170 Euro mehr; A 15 etwa 360-500 Euro mehr usw…. Kann ich mir davon mehr Lebensqualität kaufen? Was bringen mit Stunden zu Anrechnung wenn ich doch hinterher noch mehr vor Ort bin?
Es ist natürlich die Frage, was man für sich als gelungenes Leben definiert… materiell, ideell…
…und: viele Leute würde die Leitung auch nicht für 2000 Euro netto mehr machen… das Aufgabenfeld muss einem Spaß machen…auch wenn das Gehalt natürlich dem Aufwand entsprechen sollte…aber was nützt das…was hat man davon?
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Zitat von NRW: § 60 Abs.2 Satz 2 SchulG.
Ist ein weiteres Mitglied der Schulleitung nicht vorhanden oder ebenfalls verhindert, übernimmt die dienstälteste Lehrerin oder der dienstälteste Lehrer der Schule die Vertretung, soweit die Schulleiterin oder der Schulleiter nicht eine andere Lehrerin oder einen anderen Lehrer mit der Vertretung beauftragt.
Genau das haben wir bei uns geregelt. Das Problem wurde auf Konferenzen besprochen und so gelöst, dass eine Person - die sich freiwillig gemeldet hat - "gewählt" und von der SL beauftragt wurde. Bei solch einer Lösung können alle nicht (frei-)willigen Dienstältesten aufatmen. Eine Schule hat absolut nichts davon, wenn eine Lehrkraft, die zufällig am längsten im Dienst ist, die Leitung gezwungenermaßen übernehmen muss. [Und dann krank wird...]
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Das passiert aber wohl eher neuen Leuten im Lehramt, die nach wenigen Jahren in die SL-Schuhe schlüpfen. Und wenn diese dann das Alter wie die Lehrperson mit der hohen Erfahrungsstufe erreichen, haben sie ja die Zeit über deutlich mehr verdient (aber natürlich mehr Stress und Leid gehabt). Wobei ich auch verstehe, dass das Besoldungssystem wahrlich nicht die Verantwortung gut genug entlohnt.
Nur zur Info: Ich arbeite in der Schweiz. Im Baselland ist es so geregelt, dass man beim Wechsel in die Schulleitung zwar in eine bessere Lohnklasse aufsteigt, in dieser aber wieder in der kleinsten Erfahrungsstufe beginnt, man hat ja formal eben keine Erfahrung in der Funktion als Schulleitung. Das Maximum der Lohnklasse für "normale" Lehrpersonen liegt stramme 20000 CHF Jahresbrutto über dem Minimum der Lohnklasse für die Schulleitung.
Ich bin selber Fachvorsteherin, Mitglied im Konventsvorstand (ich glaube das nennt sich Personalrat in Deutschland) und in der gewerkschaftlichen Vertretung der Gymnasiallehrpersonen Baselland. Ich übernehme durchaus gerne organisatorische Verantwortung aber mir ist es auch ganz recht, meine Ämtli (fast) jederzeit wieder hinschmeissen zu können, wenn ich keine Lust mehr habe. Aus der Nummer "Schulleitung" kommt man so schnell nicht wieder raus und der Job ist definitiv zu schlecht bezahlt fürs Arbeitspensum.
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Sie ist seit Wochen regelmäßig krank geschrieben. Wohl aus Trotz
Oder wegen Überforderung.
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Im Baselland ist es so geregelt, dass man beim Wechsel in die Schulleitung zwar in eine bessere Lohnklasse aufsteigt, in dieser aber wieder in der kleinsten Erfahrungsstufe beginnt, man hat ja formal eben keine Erfahrung in der Funktion als Schulleitung.
Wird man dann ggf. auch vom Gehalt zurückgestuft, die erste Erfahrungsstufe in der höheren Lohnklasse schlechter entlohnt wird als die letzte Erfahrungsstufe in der niedrigeren Lohnklasse?
Ich habe festgestellt, daß bei uns vorwiegend Kollegen im Alter von ca. 60 den Posten des Schulleiters übernehmen. Bei uns in Deutschland ist es aber auch so geregelt, daß sich die Beamten-Pension nach der Besoldung der letzten drei Dienstjahre richtet. Da macht es Sinn sich den Posten am Ende der Karriere noch für genau drei Jahre anzutun, um bei der Pension maximal davon zu profitieren. Eine Rückstufung bei den Erfahrungsstufen gibt es nicht.
im Kreise der KuK heißt es immer: "Wenn wir zwei oder drei Kandidaten zur auswahl bekommen, nehmen wir immer den Ältesten. Haben wir da eine Fehlentscheidung getroffen und nachher einen Schulleiter, der im Rahmen seiner Selbstverwirklichung (Schulprojekte, Auszeichnungen, ...) uns allen Mehrarbeit aufhalst, sind wir ihn wenigstens schnell wieder los, weil er in Pension geht."
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Wird man dann ggf. auch vom Gehalt zurückgestuft, die erste Erfahrungsstufe in der höheren Lohnklasse schlechter entlohnt wird als die letzte Erfahrungsstufe in der niedrigeren Lohnklasse?
Ja, ganz genau das. Ab einem bestimmten Dienstalter lohnt es sich daher finanziell nicht mehr in die Schulleitung zu wechseln. Meine Chefin war jahrelang Leiterin der Fachmittelschule, also Konrektorin, bevor sie mit 53 das Rektorat übernommen hat. Da hat sie also entsprechend Erfahrungsstufen gesammelt. Ich weiss aber sicher, dass es einzelne Kollegen mit sehr vielen Dienstjahren (der Rekord liegt aktuell bei 42 Dienstjahren ...) gibt, die immer noch mehr verdienen als sie.
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Ein Hoch auf Doc Holiday. Solche Lehrer braucht das Land.
Mit ist danach, dich als rückwärtige Körperöffnung zu bezeichnen.
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@Antimon: Das würde ja im Umkehrschluß heißen, daß ihr, wenn ihr eine neue Schulleitung bekommt, immer sehr junge Kollegen vor die Nase gesetzt bekommt? Ich stelle mir das irgendwie schrecklich vor, wüßte ich, daß es für mich keine Zeit nach der jetzigen Schulleitung mehr gibt, weil die bis zu meiner Pensionierung im Amt bleiben wird.
Also wenn jemand mit 40 schon Schulleiter ist, schreckt das hier eher ab. Der könnte ja noch große Pläne haben, die ganze Schule umbauen wollen, schließlich aht er dafür noch 25 Jahre Zeit, und uns ins Chaos stürzen mit seinen Ideen, die wir dann ausbaden müssen.
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Gerade mal recherchiert, falls ich mal ausfalle.
- Die Dienstälteste muss nicht die Dienstälteste sein. Es kann auch auf Dauer oder für einen bestimmten Vertretungsfall eine andere Person bestimmt werden.
- Die Person, die die Vertretung übernimmt, muss offiziell damit beauftragt werden. Dann bekommt sie nach 13 (!) Monaten die entsprechende Zulage.
- Zumindest für Rheinland-Pfalz habe ich gerade die Regelung gefunden, dass dem Vertreter der Schulleitung beim Ausfall derselben die Entlastungsstunden zustehen. In NRW muss es auch so sein, denn als ich damals für meine Chefin von einem Tag zum nächsten Eingesprungen bin, hatte ich plötzlich nur noch gute 10 Stunden Unterricht. Statt vorher 23.
Plattyplus:
Ich kenne eine Schulleiterin, die war noch keine 30. Sie hat notgedrungen übernommen. Und sie hat ihren Job sehr gut gemacht. Ich glaube, du siehst das immer zu pessimistisch.
Ich war übrigens 42. Nach Douglas Adams hatte ich also bereits die gesamte Weisheit des Universums.
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Ja, das ist so und das ist auch so gewollt. Wir wollen eigentlich grundsätzlich nicht, dass immer alles so bleibt, wie es ist. Also eine Handvoll KuK natürlich schon. Aber die sind zumindest bei uns im Schulhaus in der kläglichen Minderheit.
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Ach Platty, ich hatte dich doch so vermisst (stimmt tatsächlich), dich und deine immer pessimistischen Horrorszenarien (stimmt nicht...).
Ich weiß, dass du eben nicht "einfach so" wechseln kannst, aber ernsthaft: so schlimm können doch nicht ALLE deine Erfahrungen sein, dass du so krass alles generalisierst. Meine vorherige Schulleitung war 10Jahre+ im Amt, ich fand sie top. Meine Schulleitung im Ref wurde mit geschätzt Mitte 40 SL und irgendwie haben sich alle das Maul zerrissen, wie karrierorientiert sie war (ist sie. Punkt.) Ja, sie hat direkt in den ersten Jahren alle Fobis zu Führung und Schulentwicklung mitgenommen, die sie konnte. Weil sie eine gute Führungskraft sein wollte. Ganz schlecht war sie nicht (außer mir keine Stelle zu geben, weil ich schwanger werden würde).
Meine aktuelle Schulleitung wird am Ende 7-8 Jahre SL gewesen sein. Und genau wie bei der SL davor (bzw: eigentlich noch mehr) werde ich traurig sein, dass es nicht länger dauert. Es gibt nunmal GUTE Schulleitungen. Die trotz der schwierigen Bedingungen und der Einschränkungen des Alltags einen guten Job machen, sowohl im Personalmanagement als auch in der Schulentwicklung. Die sich nicht nur als "von oben Chefs" verstehen, sondern Schulentwicklung von der Basis fördern und versuchen, für jede*n Schüler*in und jede Lehrkraft den richtigen Platz zu schaffen. -
Mit ist danach, dich als rückwärtige Körperöffnung zu bezeichnen.
Wieso? Ich bezog mich nur auf die Vermutung von Tommy. Sollte das nicht zustimmen, nehme ich meine Aussage natürlich zurück.
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@Antimon
Wir haben halt Angst vor jungen Überfliegern, die auf dem Altar ihrer Selbstverwirklichung unsere Arbeitszeit sinnlos verbrennen.
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@Antimon
Wir haben halt Angst vor jungen Überfliegern, die auf dem Altar ihrer Selbstverwirklichung unsere Arbeitszeit sinnlos verbrennen.
Das kenne ich bislang nur von Leitungen "alten Kalibers".
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Ein Hoch auf Doc Holiday. Solche Lehrer braucht das Land.
Was sollen solche Kommentare? Muss das sein? Dieser Frau gehts bestimmt garnicht gut und sie ist wütend. Wütend diesen Job machen zu müssen. Ohne Zulage. Ohne Ausbildung dafür. Aufgedrückt vom Land NRW, dass seit Jahren einen feuchten M*st auf die Grundschule gibt. Verlangen tut das Land viel. Aber gerechten Lohn? Faire Arbeitszeit? Nä lass mal. Lieber weiter A12, und Betreuungsstunden zählen nur die Hälfte einer regulären Unterrichtsstunde. Ganztag gibts Obendrauf.
ich verstehe die Frau Vollkommen.
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Tommi: A12 etc. kann ich in dem Zusammenhang gut verstehen. Aber das mit den Betreuungsstunden und anderes nicht. (Die übrigens zu Recht nicht wie eine regulre Unterrichtsstunde zählen, da die Vor- und Nachbereitung entfällt.)
Aber noch einmal der Hinweis, bevor du dich hier weiter echauffierst:
Die Kollegin hat mindestens 11 Stunden weniger Unterricht.
- Zuzüglich (ähm, abzüglich) 0.7 Stunden pro Stelle
- Zuzüglich (auch hier: eher abzüglich) 1 Wochenstunde für die OGS
- Sollte es eine kleine Grundschule sein, hat sie noch eine Stunde zusätzlich Leitungszeit.
An meiner kleinen Grundschule habe ich 17 Schulleiterstunden.
Damit kann man auch jetzt eine kleine Grundschule recht gemütlich leiten. Bei einer größeren hätte ich noch ein paar Stunden mehr.
Wenn sie diese pi mal Daumen 11 + 1 + mind. (geschätzt) 3 = 15 Stunden nicht hat oder nimmt, ist da irgendwas anderes schief gegangen.
kl. gr. frosch
P.S.: "wütend sein" hilft in der Situation übrigens nicht. Sorry, klingt platt. Ist aber so. Tief durchatmen, rangehen und es als Chance und Abwechslung sehen.
Nachtrag: noch ein paar konstruktive Tipps, wenn das passiert.
- Mut zur Lücke: Als ich von einem Tag zum nächsten übernommen habe, habe ich meinen Kolleginnen gesagt: "Ihr wisst, was ich bisher machen musste. Mein Arbeitsbereich war begrenzt. Ich muss mich mich da jetzt auch einarbeiten - gebt mir die Chance."
- Vernetzt euch: es gibt in der Umgebung noch andere Schulen. Die haben auch Schulleiter, die darf man fragen. Die helfen auch gerne. Garantiert. (Schulleiter sind nämlich nicht immer automatisch doof.)
- Nutzt das Schulamt: das Schulamt weiß um eure Situation. Die sind euch dankbar - wirklich dankbar - dass ihr übernehmt. Sie lassen euch nicht alleine.
- Schämt euch nicht: ihr seid keine Schulleiter und habt nicht die Erfahrung. Es ist okay, wenn nicht alles rund läuft.
Und ganz wichtig: werdet selber nicht nervös. Schulleitung ist keine Hexerei. Glaubt mir.
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