Palim Ich habe immer mal wieder Jugendliche in den Klassen, die sich sehr schwer tun mit der Sprache. Zu Beginn regte mich das noch auf weil ich der Meinung war, da hätte man doch in der Sek was machen müssen, Sprachförderung und so. Bis ein Deutschkollege mal zu mir meinte, wenn die könnten, dann hätten sie es längst gut genug gelernt. Da hat er einfach Recht. Es muss in der Grundschule genügend Gelegenheiten gegeben zu lernen, nicht mehr als das erwarte ich. Ich erwarte durchaus auch, dass Defizite aufgefangen werden, die Kinder von zu Hause mitbringen. Ich bringe Jugendlichen im Klassenlager auch das Putzen und Kochen bei, soll ich mich darüber jetzt beschweren dass die das nicht zu Hause lernen? Soll ich mich beschweren, dass die einen pünktlich das Absenzenheft bringen und man den anderen ewig hinterherrennt und droht weil sie zu Hause Prinzessin sind und nicht gelernt haben, dass sie sich um ihren Kram kümmern müssen? Soll ich mich ärgern über die, die nicht konfliktfähig sind und man stundenlang mit irgendwelchen Vermittlungsgesprächen mit dem Rest der Klasse zubringt? Über die, denen man erst mal beibringen muss, dass ich nicht Mutti bin und man mit mir bitte ganz normal reden kann? Deine Vorstellung davon, dass ich am Gymnasium fix-fertige Menschen vor mir sitzen habe, in die ich einfach Fachwissen einfülle, ist halt falsch.
Auch bezüglich vermeintlich einfacher Alltagsfertigkeiten würdest Du Dich wundern, was 15jährige alles nicht können. Z. B. eine Flüssigkeit von einem Gefäss in ein anderes umfüllen ohne Schweinerei. Bzw wenn man Schweinerei macht von selbst den Lappen in die Hand nehmen und aufwischen. Einen Kuchen in 17 gleichgrosse Teile schneiden und verteilen und es nicht dabei belassen, dass man sich selbst schon bedient hat. Man sieht in der Chemie so wunderschön, wer zu Hause in der Küche noch nie den Finger krumm gemacht hat.
Aber irgendwo gibt es eine Grenze und da meine ich nicht Schuhebinden und Lochen sondern die kognitiven Fähigkeiten. Wenn ein Kind intrinsisch schlechter lernt als ein anderes Kind, dann führt sein Weg in die Berufslehre und nicht ans Gymnasium. Oder es kommt ein bisschen später noch und dann schafft es eben doch den Weg zum Abitur. Ich erwarte als Lehrperson an einer weiterführenden Schule eben nicht, dass alle alles können.