Schüler hören nicht

  • Hallo,


    ich erhoffe mir Rat von euch. Es geht darum, dass wir in meinem Kreis wieder in Vollpräsenz sind. 4 Schüler sind seitdem nur am "durchdrehen". Es ist eine Klasse 2. Sie rufen in die Klasse, stehen auf und laufen umher. Stören den kompletten Unterricht.

    Klare Ansagen (immer ruhig, aber bestimmt) helfen nicht. Z.B. "Xy, du gehst jetzt an deinen Platz und bearbeitest die Aufgabe" oder "ich erwarte, dass auch du leise bist." Einer fängt dann auch an zu schreien, er ließe sich nichts von mir sagen.

    Ampelsystem hilft nicht, da wird einfach die Klammer genommen und wieder auf grün gesetzt. Klassenlehrerin interveniert, aber keine 5min der nächsten Stunde und das Problem taucht wieder auf.

    Schulleitung sagt, auch das ist unser Alltag, ich soll mir das nicht zu Herzen nehmen. Naja, schön und gut, nur wie soll ich denn unterrichten, wenn es so abläuft?

    Was kann ich denn noch tun?

    :(Eltern anrufen und abholen lassen, bis die Kinder sich an die Regeln halten kann auch keine Lösung sein und die Zeit müsste dann ja auch erst überbrückt werden.

  • Hast du schonmal mit den Eltern das Gespräch gesucht? Eventuell ergeben sich daraus konkrete Ansatzpunkte, aber auch ein gemeinsames, konsequentes Vorgehen mit klaren Regeln, welches es diesen SuS erlaubt, die Unterrichtsregeln wieder besser zu beachten. War das vorher denn überhaupt schon besser oder waren die vier Hasen auch da schon besonders auffällig? Gibt es bestimmte Situationen, in denen sie "am Rad drehen"? Vor oder nach der Pause? In bestimmten Fächern? Durchgehend in allen Fächern und pausenlos? Kannst du erkennen, welche Motive oder auch Bedürfnisse hinter dem Stören stecken, über die du sie alternativ "packen" könntest? Gibt es Aufgaben, bei denen eine_r der vier SuS auch mal ruhig(er) und konzentriert(er) mitarbeitet? Was für Aufgaben sind das?


    Versuch das ausführlicher zu analysieren und detaillierter aufzudröseln/darzustellen. Dann kannst du hier sicherlich weitere Hinweise zum Umgang erhalten, wenn etwas klarer ist, worum es genau gehen könnte und nicht nur allein das störende Verhalten dargestellt wird. :)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Vielleicht ausnahmsweise mal nicht "ruhig aber bestimmt", sondern laut und bestimmt? Ich sage dir, was mein Impuls wäre:

    So, 2a, es reicht. Ihr setzt euch jetzt SOFORT hin! Guck nach vorne! Franz, das ist unverschämt, was du dir rausnimmst. Wer hat dir erlaubt, hier vorne die Klammer anzufassen? Das ist Lehrerkram. Hier hast du nichts zu suchen! Ich setze dich auf rot und so bleibt das heute. Ihr nehmt jetzt das Löwenbärchenwikingerheft und beendet die g-Reihen. Du, Franz, kommst mit vor die Tür und dann klären wir, was dein Problem ist. Und wenn ich vom Rest der Klasse nur einen Mucks höre, spielen wir nachher kein Dingsbums.


    Fast schon schwarze Pädagogik, aber wirksam. Du bist doch keine Pädagogikmaschine, die immer geölt läuft. Und von Fritz oder Franz offenbar ignoriert wird.

  • Mit den Eltern direkt gesprochen habe ich noch nicht, zunächst erstmal mit der Klassenleitung und der Schulleitung.

    Vor Corona waren zwei der Kinder unauffällig. Bei den anderen beiden gab es gute und schlechte Tage. Insgesamt haben sie aber besser auf Ansprache reagiert und keine Widerworte gegeben.


    Es ist schwierig einen genauen Auslöser festzumachen.

    Ich habe zunächst überlegt, ob es an mir selbst und meiner Unterrichtsstruktur liegen könnte. Die Fächer sind Sachunterricht und Sport. Eigentlich sehr schöne Fächer, die in Erfahrung mit vorherigen Jahrgängen gerade auffällige SuS abgeholt haben.

    Bei anderen Kollegen kommt es aber auch zu Schwierigkeiten mit genau den besagten Kindern. Manchmal auch bei der KL, aber da reagieren sie noch besser auf Ermahnungen. Und sie hat mir versichert, dass es ein allgemeines Problem mit dem Präsenzunterricht sei.


    Es beginnt schon beim Unterrichtsstart mit Zwischenrufen oder Umherlaufen und ist unabhängig mal in der 3. mal in der 4. Stunde, sodass ich es nicht an Pausenkonflikten, Über- oder Unterforderung mit der Aufgabe festmachen kann, denn die konnte ich da noch nicht stellen. Ich arbeite eng mit der Sozialpädagogin zusammen und spreche Differenzierungen mit ihr und der KL ab. Die Kinder haben in den Stunden davor immer die Hauptfächer im Wochenplanprinzip bearbeitet.


    Für die nächste Stunde habe ich mir eine Vorlage für eine Elternnotiz fertig gemacht, die unterschrieben zurück gebracht werden muss. So ähnlich hatten wir das vor Corona, als wir noch mit dem Trainingsraum arbeiten konnten.


    Hmm, die Bedürfnisse dahinter erkennen. Ob es "nur" gewollte Aufmerksamkeit ist. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich hoffe, dass ich mal in der nächsten Doppelbesetzung mit den Kindern sprechen kann, was sie brauchen um im SU und Sport gut mitmachen zu können.

  • @samu genau was du beschreibst ist mein ruhig und bestimmt, deshalb verstehe ich auch nicht, was da verkehrt läuft.🙈

    Mit RUHIG wollte ich nur ausdrücken, dass ich nicht wie eine Furie durch die Klasse brülle😅

  • Meiner Erfahrung nach ist ein kurzes Telefonat mit den Eltern über das Verhalten im Unterricht auch als Fachlehrer sehr hilfreich.

    Zusätzlich würde ich mit dem Kind selbst sprechen, ggfls. sowas wie eine "Wette" vereinbaren, z. B. dem Kind vor der Stunde 4 Steine geben und ihm sagen, dass ihr ein Spiel spielt, für jedes störende Verhalten nimmst du ihm einen Stein kommentarlos weg, wenn es am Ende der Stunde noch einen hat, hat es gewonnen. Damit hab ich tatsächlich recht gute Erfahrungen gemacht.

  • Bei mir müssen solche S dann mitunter in andre Klassen, wo sie niemanden kennen, keine Bühne haben und sich vielleicht nix trauen.

    Oder alle dürden am Ende der Stunde immer ein Lied/eine Folge xy/ ein Spiel machen, allein, und du arbeitest währenddessen mit den Störern.

    Mir fällt später bzw morgen sicher noch mehr ein.

    Wie viele SuS sind es insgesamt und wo sitzen die 4 Störer?

    Ganz wichtig: Das Ampelsystem ist DEINES, also Lehrerkram, und fürs Anfassen durch die Schüler gibt es nach Ermahnung immer eine Art "Strafe", also "Liebesentzug".

    Was oft gut funktioniert:

    Ich schreibe kommentarlos die Namen der gut mitarbeitenden SuS an die Tafel und immer, wenn was gut funktioniert bei denen, bekommen sie kommentarlos einen Stern, zB Kleber rausholen, was vorlesen, etc, mal alle, mal einzelnde, so dass nach kurzer Zeit die Netten 5-6 Sterne haben, da werden die andren neugierig. Und meistens schaffen sie dann immerhin ein bisschen mehr. Ich gebe den Störern dann auch mal ein Sternchen für halbwegs sinnvolles Verhalten, damit sie motiviert sind.

    funktionierte bei mir sogar in 9. Klassen der Schulen zur Erziehungshilfe.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • war das vor dem Lockdown auch schon so? Bei mir ist seit kurzem ersr wieder Vollpräsenz und man merkt schon dass viele einen Schultag mit 5 Stunden nicht mehr schaffen und nicht gewohnt sind. Die brauchen viel Aufmerksamkeit, könenn schlecht still halten.

  • @samu genau was du beschreibst ist mein ruhig und bestimmt, deshalb verstehe ich auch nicht, was da verkehrt läuft.🙈

    Mit RUHIG wollte ich nur ausdrücken, dass ich nicht wie eine Furie durch die Klasse brülle😅

    Achso, sorry, dann hab ich das falsch aufgefasst. Nein, Dauerbrüllen bringt nichts, das stimmt natürlich:P


    Wie lang seid ihr schon wieder in Präsenz?

  • laleona es mag an der Uhrzeit liegen, dass ich deinem Beitrag nicht zur Gänze folgen kann🙈 Belohnungssystem mit z.B. Sternen sammeln widerstrebt mir. Ich habe leider die Erfahrung machen müssen, dass gerade bei SuS mit ähnlichem Verhalten jeder nicht bekommen Stern als Strafe gesehen wurde und zu Frustration geführt hat. Belohnungssystem nutze ich nur, wenn es mit Therapeuten abgesprochen ist.


    Tommi vor dem Lockdown war es bei 2 Kindern Tagesform, bei den anderen ohne größere Probleme.


    @samu sind seit 2 Wochen in Vollpräsenz. Vorher in der Notbetreuung und dem Wechselunterricht war nur eines der Kinder auffällig und da kam es auch täglich zu Problemen. Es wurde nicht mit den Aufgaben begonnen und lautstark über alles beschwert. Da half meist nur Einzelgespräch mit Leitung der Betreuung oder abholen lassen. 😔

  • hmm ich würde wirklich mal eine Woche oder mehr konsequent auf Sozialtraining gehen. Gewisse Dinge einüben. Immer und immer wieder.

    "Wir lernen heute einzupacken ohne dabei aufzustehen und durch die Klasse zu laufen".

    Und das machst du so lange bis es klappt. Wenns sein muss den ganzen Tag.


    Hast du Klassenregeln? Es ist wichtig dass die immer wissen warum und wozu du etwas kritisierst und dass sie verstehen wieso es besser ist sich an die Regeln zu halten.


    Auch gut klappt immer die guten Kids hervorzuheben. "Tim hat heute gut gearbeitet." "Max hat sehr leise eingepackt".


    Wichtig ist auch kleine Ziele zu setzen. Wer wirklich alle 2 Minuten aufsteht, wird es nicht plötzlich 45 Min auf dem Platz schaffen.

    Ich würde mir über einzelne Kindee nicht solche Gedanken machen obs an dir liegt.


    Bei mir hat am Ende immer das Raussetzen auf den Flur geholfen. Wenn die isoliert sind vom Rest un alleine aufm Flur sitzen lohnt sich Quatsch nciht, da das Publikum fehlt. Und das kannste ruhig konsequent machen. Quasi beim zweiten Vergehen raus.

  • Willkommen in der nach-Corona Zeit!


    Ähnliches was du beschreibst, höre ich aktuell von Kollegen.

    In meiner Klasse: reinste Katastrophe (übrigens auch ne 2).

    Klassenregeln? Zuhören? Melden? HÄÄÂ???.

    Kennen wir nüscht!


    Ich achte aktuell penibelst auf jeden Kleinkram: Erklärungen nur wenn ALLE Kinder leise sind (dauert gefühlt ewig).

    Klare Ansagen: Auf deinem Tisch liegt A, B und C. - Warten bis ALLE Kinder das so haben (wie Tommi oben schon schrieb: loben wer es schnell & zügig hat)) etc.... 'Schule lernen' - so wie man es in Klasse 1 gemacht hat.



    Ich nehme mir weniger vor um mich nicht zu stressen. Hat zB heute trotzdem nicht geklappt, da überzieht ich dann auch mal 2 Minuten mit dem Hinweis: das ist die Zeit, die ich vorhin warten musste...

  • Das trifft auch nicht nur auf die GS zu. Meinen 7ern müsste musste ich diese Woche geduldig erklären, wo eine Überschrift hinkommt (landete bei drei Schülern dennoch UNTER dem Text), dass "rot umrahmen mit Lineal" wirklich gemacht werden muss, weil ich anders als im Fernunterricht direkt sehe, wer nichts macht und entsprechend reagiere, etc. Trifft nicht auf alle gleichermaßen zu, aber alle müssen erstmal wieder lernen in der Schule zu sein, die vielen Menschen im Raum auszuhalten mit allen positiven und negativen Implikationen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL ()

  • ... sind seit 2 Wochen in Vollpräsenz.

    Okay, dann dauert es sicher seine Zeit. "Bei neu übernommenen Klassen bis zu den Herbstferien", lautet eine alte Bauernregel. Also gib euch 6 Wochen und ja, dann sind Sommerferien. Das Coronajahr bringt halt doch mehr psychische Probleme bei Kindern mit sich, als viele am Anfang gehofft haben.

  • Fast schon schwarze Pädagogik, aber wirksam. Du bist doch keine Pädagogikmaschine, die immer geölt läuft. Und von Fritz oder Franz offenbar ignoriert wird.

    Was ist daran denn schwarze Pädagogik?!

    Also dafür werde ich jetzt vermutlich wieder einen shitstorm ernten, aber das ist ja wohl immer noch sehr milde und an manchen Stellen konsequenzenlos. Also wenn ihr euch von 2. Klässlern so auf der Nase herumtanzen lasst ("Schüler stellt seine Ampel einfach selber um"), dann wundert es mich nicht, woher die schlecht erzogenen 5. Klässler bei uns kommen. Die muss man teilweise erstmal richtig einnorden. Also wenn sich ein Kind so dreist verhält, da würde ich ausrasten. Das macht der genau ein Mal seine Ampel auf grün zu stellen, das ist ja im höchsten Maße respektlos.

    Manchmal würde ich mir wünschen an der Grundschule würde mehr das Verhalten korrigiert und weniger z.B. "fancy Experimente" im Sachkundeunterricht gemacht, wo dann zum Teil noch Fehlvorstellungen Vorschub geleistet wird.

    Zum Schluss noch einmal eine Respektsbekundung: Respekt an alle Grundschullehrkräfte, die Kindern konsequent so ein Verhalten austreiben. Ich kann mir vorstellen, dass ihr sehr viel ausbügeln müsst, was Eltern in der Erziehung versäumen. Schrecklich, wie ungezogen so viele Kinder sind.


    Ist die gelehrte Pädagogik vielleicht zahnlos und ineffizient?

    • Offizieller Beitrag

    Ist die gelehrte Pädagogik vielleicht zahnlos und ineffizient?

    Jein.

    Der Erziehungsstil und die Haltung der Eltern hat sich geändert. Auf der Basis dessen, was ich im schulischen Umfeld meiner Kinder und im Umfeld meiner Nachbarschaft sehen durfte, wage ich folgende Thesen aufzustellen:

    - der Trend geht dazu, dass niemand anders die eigenen Kinder kritisieren oder zurechtweisen darf, wenn sich diese Kinder danebenbenehmen

    - eine Vielzahl an so genannten Erziehungsratgebern setzt auf "softe" Erziehung und suggeriert, dass deutliche Worte und Konsequenzen für missliebiges Verhalten "falsch" wären.

    - einige Eltern leisten keine aktive Erziehungsarbeit mehr und überlassen dies den Kindergärten und Schulen, mischen sich aber destruktiv ein, wenn ihnen etwas nicht passt.

    - insgesamt stelle ich eine "Winterhoffisierung" in der Erziehung fest. Hier in der Nachbarschaft sind ein paar wirklich krasse Beispiele.

    - es kommt zu einer "Täter-Opfer"-Umkehr, d.h. die ErzieherInnen und Lehrkräfte müssen sich für ihr Verhalten rechtfertigen.


    Vor diesem Hintergrund wirkt die Pädagogik auf den ersten Blick zahnlos und ineffizient, aber nicht aufgrund ihrer selbst innewohnenden Eigenschaften sondern aufgrund der Wahrnehmung durch die Außenstehenden.

    • Offizieller Beitrag

    Die Winterhoffisierung ist ein indirekter Neologismus, der sich auf Michael Winterhoff bezieht, der in verschiedensten Publikationen eine meines Erachtens durchaus zutreffende Erziehungsproblematik aufzeigt. Sein bekanntestes Werk dürfte sein "Warum unsere Kinder Tyrannen werden" oder so ähnlich.

  • Ich empfinde auch eine Tendenz des "niemand darf mein Kind kritisieren, die Lehrkraft muss sich rechtfertigen."


    Grob sollte man aber schon unterscheiden, zwischen "ein Kind ist manchmal frech und kann sich schlecht konzentrieren" und "ein Kind rastet regelmäßig aus und verhält sich stark oppositionell." Nach soundsoviel Jahren Erziehungshilfeschule behaupte ich einfach mal, dass extremes Verhalten immer Folge von extremen Umständen ist. Das achtjährige Kind, das nach vorne stapft, um seine Verhaltensauswertung zu ändern und schreit, die Lehrerin habe ihm nichts zu sagen, hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehr Probleme als eine inkonsequente Mama.


    Edit: vor allem liegt es nicht in der Verantwortung der Grundschullehrkräfte, dass das Verhalten in Klasse 5 nicht mehr auftritt. Auch wenn therapeutische Superkräfte zur Ausbildung natürlich dazu gehören, irgendwas müssen die Kolleg*innen an der weiterführenden Schule ja auch noch zu tun haben8)

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