Unsicherheit im Praktikum

  • Hallo,

    Ich befinde mich zur Zeit in meinem zweiten Praktikum (Gesamtschule, Englisch, Ethik, Deutsch) im Studium (Hessen). Nun habe ich diese Woche zwei wirklich grausame Stunden gehalten was mir zu vor noch nie passiert ist. Ich bin nun unfassbar verunsichert und denke sogar über einen Lehramts Wechsel von L2 auf L1 nach, da ich denke, dass ich den Anforderungen vielleicht doch nicht gewachsen bin.

    Ich glaube aber auch, dass ich es besser hinbekommen würde wenn ich mehr Ruhe in mir hätte vor meinen Stunden (manchmal ist es o schlimm, dass ich nichts mehr auf Englisch weiß). Wie erreiche ich das? Ich zweifele mittlerweile an mir und meinem gesamten Studium.


    LG

    Smalltraineeteacher

  • Ich versuche mal einen Vergleich:


    "Hallo, ich mache gerade ein Praktikum beim Bäcker. Jetzt habe ich mich beim Kneten furchtbar vertan, und der Hefeteig ist fest wie Zement. Ich zweifle jetzt an meiner Eignung und überlege, ob ich nicht auf Bäckereifachverkäufer umsatteln sollte, weil da die Anforderungen doch niedriger sind. "


    Was würdest Du diesem jungen Mann raten?

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Ich glaube, fast jeder hatte schon mal ein paar schlimme Stunden hat, besonders zu Anfang.


    Ich kann dir sagen, dass man mit der Zeit sicherer wird (wie bei eigentlich allem). Ist das dein erstes Praktikum?


    Liegt es eher an deiner Nervosität oder am Umgang mit den SuS?



    Ich kann dir auch sagen, dass L1 auch nicht eitel Sonnenschein ist, oft wahrscheinlich eher das Gegenteil. Für mich persönlich wäre das gar nichts. Da muss man der Typ für sein. Grundschulklassen können sehr anstrengend sein, da hohe Heterogenität und noch keine weitrechende Verinnerlichung von schulischen Anforderungen oder selbstständigen Arbeitsweisen.

  • Ja, du solltest sofort abbrechen und lieber Erzieher werden. Oder noch besser, Hausmann/-frau.

    Scherz beiseite. Du bist noch Student, da ist es nicht ungewöhnlich, dass man im Praktikum Murks macht. Analysiere, an was es liegt, reflektiere, ob es überhaupt primär dein Fehler war (manche Klassen sind schon für erfahrene Kollegen schwierig) du das Problem in den Griff bekommen kannst und dann gehts weiter. Wenn du nicht wirklich lieber L1 studieren möchtest, würde ich da nicht hin wechseln.

  • Zwei Stunden sind in die Hose gegangen, ok. Dafür sind Praktika da, um sich auszuprobieren, auch mal Käse zu machen, daraus zu lernen. Das wird dir auch später passieren und zwar sowohl im Ref, als auch danach mal, denn das ist menschlich. Mit immer mehr Routine passiert so etwas immer seltener und vor allem wirst du lernen eine missglückte Planung frühzeitig im Unterricht aufzufangen und abzuändern, dazu fehlt dir jetzt aber eben noch die Erfahrung und Routine. Wie waren denn deine anderen Stunden bisher? Wie ist das Feedback deiner Ausbildungslehrer? Konntest du mit denen schon gemeinsam diese beiden Stunden reflektieren und aufarbeiten, wie du was besser hättest lösen können? Wenn nicht: Bitte um so ein Gespräch, mach dir auch selbst entsprechende Gedanken, indem du versuchst genau nachzuvollziehen, wann es dir entglitten ist. dann versuch zu erfassen, was die Ursachen waren. Waren die SuS über- oder unterfordert? Gab es Störungen in der Klasse, denen du nicht ausreichend nachgegangen bist? War das Material unverständlich/wenig ansprechend/... aufbereitet? Es ist nicht schlimm, wenn du nicht alles durchschaust, das besprichst du mit deinem Ausbildungslehrer dann noch einmal. Für den Teil, bei dem du Ursachen identifizieren kannst: Was hättest du in diesen Momenten wie anders lösen können, um das Ruder herumzureißen? Was erzählen dir diese Momente im Hinblick auf deine künftigen Planungen, was musst du dabei beachten/anders planen?

    Aus diesen Reflektionen und Fehleranalysen lernt man am Allermeisten für den eigenen Unterricht, weil man Schritt für Schritt ein Bewusstsein entwickelt für bestimmte Fallstricke, aber eben auch ein Repertoire an Lösungsansätzen aufbaut, die man nach und nach dann auch spontan im Unterricht einbauen kann. Kopf hoch, zwei missglückte Stunden fühlen sich bescheiden an, sind aber kein Grund gleich die Flinte ins Korn zu werfen. Wenn es bisher ordentlich geklappt hat in den Praktika, dann solltest du mental darauf aufbauen und dir einfach erlauben jetzt zu lernen und an deinen Fehlern zu wachsen, ganz wie unsere Schülerinnen und Schüler das im besten Fall machen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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  • Ich versuche mal einen Vergleich:


    "Hallo, ich mache gerade ein Praktikum beim Bäcker. Jetzt habe ich mich beim Kneten furchtbar vertan, und der Hefeteig ist fest wie Zement. [...] "


    Was würdest Du diesem jungen Mann raten?

    (Scnr) Maurer werden ;)


    Aber ernsthaft, on-topic: Das einzige, was man im Praktikum m.E. herausfinden kann ist, ob man der Typ dafür ist, vor einer Klasse zu stehen und einen Draht zur Zielgruppe hat.


    Für alles andere sind die paar Unterrichtsversuche m.E. ungeeignet.


    Wir klopfen unsere Praktikanten zwar oft auch fachlich ab, aber das sind aktuell allesamt Leute, die per Seiteneinstieg schon im Ref direkt fast voll unterrichten würden und dann auch direkt eine Festanstellung an der Schule haben. Das sind ganz andere Voraussetzungen.

    2 Mal editiert, zuletzt von DpB ()

  • Stress dich nicht. Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass es Praktikant*innen gibt, die von Anfang an guten Unterricht machen oder eben nicht. Das wichtige ist aber,d Ass du dich vor einer Klasse grundsätzlich wohlfühlst.

  • ...wenn ich mehr Ruhe in mir hätte vor meinen Stunden (manchmal ist es o schlimm, dass ich nichts mehr auf Englisch weiß). Wie erreiche ich das?

    In erster Linie durch Zeit. Mit jeder Unterrichtsstunde lernt man dazu. Man sagt, es dauere 7 Jahre, bis man als Lehrer alles mal erlebt hat und richtig sicher im Sattel sitzt.


    Für Fremdsprache sind wohl auch Auslandsaufenthalte unumgänglich für die Sprachsicherheit, das sagen zumindest die Fremdsprachenlehrerinnen hier immer.


    Aber vor allem geht es wohl um Fehlerkultur. Erlaubst du dir, zu sein, wie du bist? Man kann im aktuellen Moment immer nur das machen, was man aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen und Kenntnisse für richtig hält. Hinterher kann man überlegen, ob man es wieder genauso oder eben anders machen würde und warum. Mitnichten muss man sich mit einer neunschwänzigen Katze selbst innerlich wund geißeln. Die Schuler*innen und dein Mentor jedenfalls haben unter Garantie schon wieder vergessen, wofür du dich gerade selbst marterst. So wie du bei jedem anderen einen Blackout selbstverständlich gefunden und längst vergessen hättest:wink2:

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