Unbefristet in anderem Job - trotzdem in‘s Ref?

  • Hallo ihr Lieben,

    ich bin seit Jahren stille Mitleserin. Dass ich mich jetzt aktiv bei euch melde, hat mit meiner verzwickten Situation zu tun.


    Ich habe Ende 2017 mein erstes Stex in NRW mit der Fächerkombination Englisch/Sozialwissenschaften für die SEK II gemacht. Nach dem Studium habe ich eine Stelle als Projektmanagerin in einer Bildungsstiftung angetreten. Nicht, weil ich das Unterrichten nicht spannend fand, sondern weil es eine Chance war, Bildungsprojekte zu machen. Ich befasse mich also jeden Tag mit Bildung. Natürlich eher auf eine abstrakte Weise. Der Plan war, dies drei Jahre zu machen, da mein Vertrag ursprünglich für diese Zeit befristet war, und gleich danach in‘s Ref zu gehen.


    Nun habe ich allerdings einen entfristeten Vertrag bekommen, die Konditionen sind sehr gut und die Arbeit macht mir Spaß. Zwei Dinge machen mich allerdings gerade tierisch nervös:


    1. Bald ist die Fünfjahresfrist für den Start des Ref nach dem 1. Stex vorbei. Man sagte mir auf Nachfrage, dass ich nach Verstreichen dieser Frist ein Kolloquium bestehen muss. Ich war im Studium sicher nicht faul und ich kann gut lernen, aber die wenigen Informationen dazu beunruhigen mich. Hat hier im Forum jemand dieses Kolloquium machen müssen? Hat dieses Einfluss auf die Note des 1. Stex?


    2. In NRW wird mein Fach Sowi ja nun abgeschafft und mit Wirtschaft-Politik ersetzt. Ich habe in Köln mit einem recht hohen Wiwi-Anteil studiert. Meine ehemaligen Kommilitonen hätten allesamt keinen Zertifikationskurs machen müssen, um als Sowi-Lehrkräfte Wi-Po zu unterrichten. Allerdings wird jetzt der neue Studiengang Wirtschaft-Politik eingeführt. Ich habe die Befürchtung, dass es für mich eng werden könnte, mit meinem Sowi-Fach. Könnte es sein, dass man mich perspektivisch in 5 Jahren nicht mehr in‘s Ref lassen könnte, da mein Fach bis dahin nicht mehr in dieser Form existiert? Das Schulministerium hat zwar zugesichert, dass Studierende, die in den nächsten Jahr einen Abschluss in dem Fach erwerben, auch mit Wirtschaft-Politik in‘s Ref gehen und die Lehrbefähigung erwerben können. Allerdings fühle ich mich durch die Reform extrem unter Druck gesetzt und habe etwas Angst, dass mein Studium damit für die Tonne ist.


    Ich werde bald 30, in Sachen Verbeamtung hätte ich also noch ein wenig Puffer.

    Wie schätzt ihr die Lage hier ein? Was würdet ihr an meiner Stelle machen?

    Vielen Dank schon einmal für eure Zeit!



  • Conni

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Hallo liebe dayumdrops,


    das ist eine sehr schwierige und vor allem wirklich auch nur individuell zu beantwortende Frage. Denn sie hängt auch viel mit deiner Zukunftsplanung zusammen.


    Ich bin jetzt als Quereinsteigerin im Ref (Wirtschaft und Deutsch) und habe lange in der freien Wirtschaft vorher gearbeitet. Ich fand das alles spannend und toll - bis ich eine Familie gründen wollte und dann auch habe. Da sieht es dann in Teilzeit schon ganz anders aus mit "spannenden Aufgaben" und vor allem deren Vereinbarkeit mit der Familie. Ich wurde schlichtweg unglücklich in meinem Job.

    Das bist du nun nicht - und vielleicht kannst du z.B. diesen Punkt perspektivisch bei "euch" schon mal ausloten - man sollte ihn generell nicht unterschätzen.Bei uns im Seminar sind so viele Frauen als Quereinsteiger, die vorher in Vollzeit glücklich in ihren Jobs in der Wirtschaft waren, es nach der Elternzeit aber bei weitem nicht waren und nach Alternativen schielten.


    Außerdem würde ich das mit diesem Kolloquium mal grundsätzlich abklären beim Ministerium, wie aufwendig das ist. Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass dir der Weg in den Lehrerberuf auch noch später offensteht.


    Ich (!) persönlich habe meine Entscheidung ins Lehramt (auch noch spät) einzusteigen auf meiner generellen Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit in meinem "alten" Job und dem ganzen Jobumfeld gegründet UND dem Gefühl, dass mir das Lehramt neben einer grundsätzlich viel besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch noch wesentlich mehr Spaß machen könnte als mein alter Job. Was ich im übrigen jetzt schon bejahen kann. Mein jetziger Job ist sinnvoller, macht mehr Spaß und ist wesentlich herausfordernder auf vielen Ebenen als dies mein alter Job in der Wirtschaft war.

    Bei dir aber lese ich, dass dir dein Job sehr viel Spaß machte - wenn das bei mir der Fall gewesen wäre, hätte ich nicht nach Alternativen gesucht, nach denen man grundsätzlich auch noch später suchen kann.

  • (Ich war auch Quereinsteigerin, wie Haubsi. Mein vorheriger Job hatte mir aber auch keine Freude mehr gemacht.)

    (Ach so, ja, und noch davor hatte ich den schönsten Arbeitsplatz meines Lebens. Hätte ich den nicht verlassen müssen, wäre ich nie freiwillig gegangen.)

  • Dann wäre ich jetzt immer noch freischaffender Musiklehrer - und könnte davon vermutlich keine Familie ernähren.

    Ein Blick darauf, wie "sicher" eine feste Stelle bei einer Stiftung ist, könnte daher auch Sinn machen. Ich selbst bin auch schon betriebsbedingt in einer "festen Stelle" gekündigt worden.


    Aber dennoch: Der Spaßfaktor ist nicht zu unterschätzen - da bin ich völlig bei Susi. Das ist verschwendete Lebenszeit, wenn du dich nur langweilst, aufregst oder ärgerst.

  • Ich würde immer in einem Job bleiben, der mir Spaß macht.

    Jepp, wobei auch hier: Was ist es denn genau, wasa Spaß macht? Sind es nette Kollegen, ein super Chef - oder die Aufgabe? Erstere sind nämlich leider auch austauschbar. Eine frühere Kollegin war im neuen Job nur kurz glücklich, weil mit neuem Chef gar nichts mehr lustig oder leicht oder spaßig war. Und da kommen wir wieder zu einem der Hauptvorteile des Lehrerberufes: der Unabhängigheit vom Umfeld. Das ist jetzt im Ref übrigens überhaupt nicht lustig, ich stehe viel unter Beobachtung, Lehrproben, etc. Aber ich weiß ja, dass das vorbeigeht (neueste Info: Jetzt doch später, wir dürfen doch nicht vor den Sommerferien Examen machen) bald. Wahrscheinlich. Meist. Bei allen...;)

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen, Haubsi, Susi und Bolzbold. Du hast natürlich vollkommen recht, Haubsi. Die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ganz entscheidend. Ich habe das Glück, in einer Unternehmensstiftung zu arbeiten, die da auch recht familienfreundlich ist. Ich bin natürlich nicht verbeamtet. Es gibt sicherlich nicht die gleichen Sicherheiten wie im Lehrer:innenberuf.

    Ich habe aber direkt nach dem Studienabschluss auf A13-Niveau verdient, das ist nach wie vor so, und ich kann mich den ganzen Tag mit spannenden Fragen beschäftigen und gemeinnützige Projekte machen.

    ABER: Mir fehlt der Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen.


    Ich glaube, ein weiterer entscheidender Faktor: Ich müsste ad hoc Gehaltsabstriche machen und finde es sehr undurchsichtig, ob es denn direkt mit einer festen Stelle klappen könnte. Insbesondere nun, da mein Fach reformiert werden soll und in den nächsten Jahren Wi-Po-Lehrer:innen auf den Markt strömen, die für das Unterrichten meines Fachs vermeintlich "besser" ausgebildet sind.


    Puh! Ich glaube, ich stecke in einer Endzwanziger-Krise und weiß nicht, wie es weitergehen soll...und was ich werden will! Vielleicht werde ich auch Zirkusdompteurin oder so - das habe ich mir als Kind immer gewünscht... ;)

  • Das ist ein wichtiger Punkt, dass dir Kinder und Jugendliche und der Kontakt zu Ihnen fehlen.

    Das mit den Gehaltsabstrichen ist für mich hingegen keiner - denn er ist vorübergehend. Klar, verdienst du im Ref weniger als jetzt auf deiner festen Stelle, das dürftest du aber später wieder "wett machen". Bei uns an der BBS haben auch nicht alle direkt eine Planstelle gekriegt, aber alle innerhalb eines Jahres. Und die wenigen, die eine PES-Stelle hatten, hatten eine volle PES-Stelle, die auch sehr sehr gut bezahlt ist. Der Geldfaktor jetzt wäre wichtig, wenn Du JETZT eine Familie zu ernähren hättest und daher mehr Geld bräuchtest...Hast du aber nicht, oder?

    Indes ist es und bleibt es eine sehr individuelle Entscheidung - die du durchaus noch später treffen kannst, richtig. Allerdings würde ich wohl -wenn du grundsätzlich Lehrer werden willst- diese Entscheidung jetzt treffen.

  • Die speziellen WiPo-Lehrer wird es frühestens in 6 Jahren geben, und das auch nur, wenn im WiSe 2021 mit der universitären Ausbildung begonnen wird. Davon würde ich meine Entscheidung auf keinen Fall abhängig machen. Wenn du ohnehin viel Wirtschaft in deinem Studium hattest und auch bereit bist, dich in neue Themen einzulesen, wirst du nicht schlechter sein als ein WiPo-Lehrer, der irgendwann Mal von der Uni kommt.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Die speziellen WiPo-Lehrer wird es frühestens in 6 Jahren geben, und das auch nur, wenn im WiSe 2021 mit der universitären Ausbildung begonnen wird. Davon würde ich meine Entscheidung auf keinen Fall abhängig machen. Wenn du ohnehin viel Wirtschaft in deinem Studium hattest und auch bereit bist, dich in neue Themen einzulesen, wirst du nicht schlechter sein als ein WiPo-Lehrer, der irgendwann Mal von der Uni kommt.

    Das stimmt wohl!...Meinst du denn, die Schullandschaft sieht das ähnlich? Ich habe so wenig Kontakt zu Schulen, dass ich gar nicht einschätzen kann, wie autonom diese Schulen unterwegs sind - und auch lieber mal eine Sowi-Lehrkraft, statt einer Wipo-Lehrkraft einstellen, weil sie Soziologie für wichtig halten. Meine Hauptsorge ist hier, dass mir da das Ministerium irgendwann einen Strich durch die Rechnung macht. Mein Partner ist Psychologe. Man hat nun ein Psychotherapeuten-Studium geschaffen und damit sind seine Zugänge in die Ausbildung auch auf wenige Jahre beschränkt.

  • Das stimmt wohl!...Meinst du denn, die Schullandschaft sieht das ähnlich? Ich habe so wenig Kontakt zu Schulen, dass ich gar nicht einschätzen kann, wie autonom diese Schulen unterwegs sind - und auch lieber mal eine Sowi-Lehrkraft, statt einer Wipo-Lehrkraft einstellen, weil sie Soziologie für wichtig halten. Meine Hauptsorge ist hier, dass mir da das Ministerium irgendwann einen Strich durch die Rechnung macht. Mein Partner ist Psychologe. Man hat nun ein Psychotherapeuten-Studium geschaffen und damit sind seine Zugänge in die Ausbildung auch auf wenige Jahre beschränkt.

    Bis die ersten WiPo-Lehrer fertig sind, hast du doch sicher schon längst deine Planstelle. Darüber würde ich mir keine Gedanken machen. Was da noch auf dich und andere SoWi Lehrer zukommt wegen der Umstellung weiß ich leider auch nicht genau. Vieles ist noch nicht bekannt oder noch nicht beschlossen. Geh deinen Weg, unabhängig von der Umstellung.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

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  • Bis die ersten WiPo-Lehrer fertig sind, hast du doch sicher schon längst deine Planstelle.

    Du meinst, weil sie so viele Mangelfächer hat?


    Optimal wäre es, hätte sie die Stelle nach dem Ref bekommen. Dann könnte sie sich komfortabel (von der Warteliste) bewerben.

    So ist die Sache tatsächlich etwas verzwickt.

  • Du meinst, weil sie so viele Mangelfächer hat?


    Optimal wäre es, hätte sie die Stelle nach dem Ref bekommen. Dann könnte sie sich komfortabel (von der Warteliste) bewerben.

    So ist die Sache tatsächlich etwas verzwickt.

    Ich meinte eher, dass bis drei ersten WiPo-Lehrer auf den Markt kommen, noch viele Jahre vergehen und sie bis dahin eine Planstelle haben wird. Außerdem ist gar nicht gesagt, dass die WiPo-Lehrer bevorzugt für SoWi-Stellen eingestellt werden.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

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  • Es gibt leider zu viele Gym.-Lehrkräfte ohne Anstellung oder Planstelle.


    Somit würde ich da nicht mitgehen, dass sie bis dahin sicher eine Planstelle hat. Das kommt auf den Einzelfall an, aber generell ist die Situation nicht so rosig und sie hat nunmal Allerweltsfächer, für die es zuhauf Absolventen gibt.


    Desto früher man anfängt zu suchen und desto mehr Unterrichtserfahrung (aus Vertretungsstellen bzw. befristeten Anstellungen) vorhanden ist, desto höher sicher die Chance auf eine Planstelle.


    Ich kenne jemanden, der hat Englisch und ein gefragteres Fach als SoWi und hangelt sich seit Jahren von einer befristeten Stelle zur nächsten oder ist zeitweise sogar arbeitslos.

  • Okay, das stimmt natürlich. Mindestens 6 Jahre (und die sind sehr optimistisch geschätzt) sind halt eine lange Zeit. Wenn die TE gute Noten haben wird, dann macht es das sicher leichter. Ob das der Fall ist, weiß ich natürlich nicht.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

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    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Ich glaube nicht, dass zwischen Absolventen SoWi und WiPo eine Konkurrenzsituation entstehen wird. Das Fach heißt dann einfach nur anders und die Schwerpunktsetzung verändert sich. Die Fakultas bekommen alle, die bereits studieren und die es studiert haben. Das ist zumindest mein aktueller Stand.


    Könnte nur sein, dass die Schwerpunkte im Ref dann für die OP anders sein werden. Das sollte sie mit der zuständigen Stelle abklären, ob es da Probleme geben kann. Das wird ihr hier höchstwahrscheinlich ohnehin niemand beantworten können.

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