Binnendifferenzierung bei Hochbegabung

    • Offizieller Beitrag

    Miss Jones , weißt du, wie hoch dein IQ ist?

    Sowas fragt man doch eine Dame nicht ;)


    Das Witzige ist, dass dieser Umstand unterschiedlich ausgelegt wird: Die eine Seite befürwortet gerade deswegen das mehrgliedrige Schulsystem, die andere Seite ist genau deswegen dagegen.

    Hochbegabte betreffen definitionsgemäß 2% der Schülerschaft, das ist ein komplexeres Ding als ‚nur‘ Dreigliedrigkeit oder nicht... (wenn auch eben eine tatsächlich sehr spannende Debatte mit keiner verallgemeinbaren Lösung :( )

  • Ich bin im Geiste gerade mal alle besonders begabten Jugendlichen durchgegangen, die mir bislang untergekommen sind. Das waren bzw. sind durchweg sehr hilfsbereite und bestens integrierte junge Menschen. Ich meine auch mal irgendwo gelesen zu haben, dass die Sozialkompetenz bei Hochbegabten im Durchschnitt besser ist, es gibt halt ein paar wenige, die irgendwie komisch auffallen und die bleiben dann klischeehaft im allgemeinen Gedächtnis.

    • Offizieller Beitrag

    Das ist der Punkt.

    2% ist nicht viel, es sind aber trotzdem 2-3 Schüler*innen pro Jahrgang an jeder 3-4 zügigen Schule. Schulformübergreifend. Weil es auch hochbegabte SuS an der Hauptschule gibt.

    Trotzdem werden diese 2-3 SuS oft nicht erkannt. Sie sind angepasst und „fleissig“ (oft Mädchen), komplette Underadchiever (oft Jungs). Und viele, die vielleicht ein bisschen durchrutschen, sich in dem Fach langweilen, woanders glänzen und der Familienhintergrund entscheidend wird, ob das Kind Schule nach und nach meidet oder als okay akzeptiert.

    Natürlich gibt es auch emotional überforderte Kids (aber die gibt es auch unter den ‚Normalen‘ und unter denjenigen hochbegabten, die man nicht akzelerieren lässt), da ist das Lernen lernen entscheidend, Frustrationsfähigkeit und so weiter..., aber vielleicht gibt es auch einfach schlaue Kids, die sich nicht für ihre Mitschüler*innen interessieren, weil sie nunmal (für sie) nicht interessant sind und dann als ‚sozial inkompetent‘ wahrgenommen werden.

  • Das mit dem angepasst und fleißig (Mädchen) oder Underachiever (Jungs) ist nachgewiesenermaßen falsch und ist ein lange widerlegtes Vorurteil, hochbegabte Schüler unterscheiden sich im Grunde durch nichts sozial oder von der psychischen Gesundheit von ihren Mitschülern. Bei Interesse: Marburger Hochbegabtenprojekt. Underachievement betrifft um die 10% der Hochbegabten, wenn ich die Zahlen noch richtig im Kopf habe, ist aber lange her. Die Annahme, dass Hochbegabte schulformübergreifend mit 2% zu finden seien ist darauf aufbauend auch eher kritisch zu sehen. Mit Hochbegabung eine Hauptschule (oder Realschule) zu besuchen, wäre definitiv eine Form von Underachievement. Wenn also 40% eines Jahrgangs das Gymnasium besuchen und 90% der Hochbegabten ebenfalls, dürfte die Quote dort eher bei 5% liegen und an den anderen SI Schulformen irgendwo bei 0,x%...


    Was in Deutschland tatsächlich fehlt, wäre so etwas wie die Spezialklassen und Spezialschulen, die es in der DDR gab...von sowas sind wir meilenweit entfernt...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Marburger Hochbegabtenprojekt

    Ach... Das war es, was ich meinte, ich erinnere mich.


    Wir hatten mal einen hochbegabten jungen Mann der leider an Psychosen litt. Da hatte A mit B aber gar nichts zu tun, nur sowas bleibt in den Köpfen hängen und wird irrtümlich miteinander verknüpft.

  • ... sowas bleibt in den Köpfen hängen und wird irrtümlich miteinander verknüpft.

    Möglich, ich lese hier aber von niemandem, der davon ausgeht, Hochbegabte seien psychisch oder sozial "schwierig".

  • Äh doch, es wurde gleich mehrfach auf den psychosozialen Entwicklungsstand hingewiesen und dass sich daraus irgendwelche Probleme ergeben könnten. An weiterführenden Schulen ist es eigentlich normal dass man vor allem in den höheren Klassenstufen mehrere Jahrgänge zusammen in einer Klasse hat, in der Regel sind es bei uns 3 Geburtsjahrgänge. Wenn wir da jedes Mal ein Problem draus stricken würden... :weissnicht:

  • In dem Seminar, in dem wir im letzten Jahr waren, wurde deutlich darauf verwiesen, dass Probleme verpuffen, wenn der Kopf endlich gefordert wird - bummeln und ausweichen ade, weil in den Aufgaben endlich Sinn steckt, es wurde sogar eher davon abgeraten, vorab vorzubereiten.


    Bei Kindern an unserer Schule haben wir oft erst einmal ein einem Fach die Klasse wechseln lassen (also 1 Jahrgang höher), danach dann - wenn gewünscht - zum Schnuppern in die andere Klasse.

    Abraten würde ich, wenn das Kind sich damit gar nicht anfreunden könnte.


    Ansonsten finde ich, dass man in Klasse 1+2 vieles über die Differenzierung weit besser ausgleichen kann, als es in 3+4 mit viel mehr Fachlehrkräften (in NDS muss man Fächer abgeben) und mehr Fachunterricht, Zeittaktung, Klassenarbeiten etc. umsetzen kann.

    • Offizieller Beitrag

    Das mit dem angepasst und fleißig (Mädchen) oder Underachiever (Jungs) ist nachgewiesenermaßen falsch und ist ein lange widerlegtes Vorurteil, hochbegabte Schüler unterscheiden sich im Grunde durch nichts sozial oder von der psychischen Gesundheit von ihren Mitschülern. Bei Interesse: Marburger Hochbegabtenprojekt.

    Was ist an meinem Satz falsch? Ich habe geschrieben, dass viele nicht erkannt werden. Weil sie zb angepasst sind (die Mehrheit der Angepassten sind eher vom weiblichen Geschlecht), weil sie gar nicht dem klischee des Superschlau entsprechen (hier die Mehrheit: Jungs) oder weil sie eben komplett unauffällig sind. Das hat aber nicht mit dem Geschlecht zu tun, sondern dass bestimmte Verhaltensweisen generell in unserer Gesellschaft / unseren Schulen besser akzeptiert / anders interpretiert werden.

    Bei Interesse: ICBF Münster (irgendwie scheint es hier wichtig zu sein, wichtige Quellen anzugeben, damit es nicht sofort zerrissen wird)


    Ich bin nicht sicher, ob mein sprachlicher Ausdruck falsch ist, aber ich meine nicht, dass es an JEDER Schule / Schulform immer 2% Hochbegabte gibt. Trotzdem gibt es sie _auch_ an Haupt- und Realschulen.


    Ein paar Spezialklassen und Spezialschulen gibt es (ich weiss nicht, wie oft es sowas in der DDR gab?), aber wirklich zu wenig, was (für mich) ziemlich verwunderlich ist. Irgendwie hat die Gesellschaft (die Politik, eine gewisse Mehrheit) kein Problem damit zu sagen „unterschiedliche (kognitive) Begabung -> unterschiedliche Schulform“, „Lernbehinderung -> besondere Schulform“, dies auch am IQ festzumachen, aber sehr begabten oder Hochbegabten ist sofort der Aufschrei, man müsse sich um die Schwächeren kümmern und keine Elite fördern.

    Dass die psychischen Folgen (!) ähnlich sein können (können! Folgen! Ich habe nicht gesagt, dass HB eine Störung haben), scheint nicht viel zu wiegen..

  • Eigentlich sollen doch Gymnasien für die Förderung der Leistungsstarken zuständig sein, oder? Gut, der Anteil an Gymnasiasten übersteigt den Anteil an Hochbegabten, aber mir gefällt die Idee einer Schule mit besonderem Profil Begabtenförderung durchaus.

  • @Lindbergh, du wirfst Hochbegabung, Begabung, Interessen, Differenzierung und Schulformen durcheinander. "Hochbegabung" ist was anderes als "gute Noten schreiben".

  • Eigentlich sollen doch Gymnasien für die Förderung der Leistungsstarken zuständig sein, oder?

    Man kann doch schon an diesem Beispiel ganz gut sehen, wie es laufen kann: Das Kind ist unterfordert, die Förderung greift oder erreicht das Kind nicht, es lernt nicht zu lernen, es zeigt kein Interesse. Damit können die Noten fallen und am Ende landet das Kind auf einer anderen Schulform, die nicht den Namen "Gymnasium" trägt.

    Deshalb können in allen Schulen begabte Kinder und auch solche mit erkannter oder unerkannter Hochbegabung sein.


    Dazu kommt, dass es kein Attest einer besonderen Begabung dafür braucht, Kinder wahrzunehmen und zu fördern.

    aber mir gefällt die Idee einer Schule mit besonderem Profil Begabtenförderung durchaus.

    Schulen mit Begabungsförderung gibt es doch landesweit, es gibt unzählige Programme, die in den Bundesländern recht unterschiedlich sein können, dazu gehört auch, ob eine Testung erwartet wird oder ob die Programme niederschwellig und offen angelegt sind, um die zu erreichen oder aus der Reserve zu locken, deren Elternhaus Begabungen nicht erkennt oder die sich sonst im Unterricht aus unterschiedlichen Gründen nicht zeigen.

  • Äh doch, es wurde gleich mehrfach auf den psychosozialen Entwicklungsstand hingewiesen und dass sich daraus irgendwelche Probleme ergeben könnten.

    Weil hier die Vermutung nahe liegt, dass 13-Jährige tendenziell nicht mit 16-Jährigen viele Gemeinsamkeiten finden, auch wenn erstere sich für Atomphysik interessieren. Das heißt aber doch nicht, dass sie automatisch Probleme mitbringen.


    Aber zurück zur TE, sie sagte, sie wolle ihr Kind nicht mit 9 ins Gymnasium schicken. Als Mutter hat man auch so'n bisschen ein Gefühl, was gut ist fürs Kind ist. Und Zeit, um sich zu informieren und arrangieren braucht man ja auch noch.

  • @Lindbergh, du wirfst Hochbegabung, Begabung, Interessen, Differenzierung und Schulformen durcheinander. "Hochbegabung" ist was anderes als "gute Noten schreiben".

    Naja, Hochbegabung wird ja oft am IQ festgemacht (IQ 130+ oder die 2% der Bevölkerung mit höchstem IQ) und ich nehme mal ganz naiv an, dass jemand, der hochbegabt ist, in der Lage ist, mit überschaubarem Aufwand gute Noten zu schreiben. Begründete Einwände sind gern gesehen :) .

  • @Wollsocken80: Du unterrichtest ja auch keine 6. und 7. Klässler. Ich finde auch, dass zwischen 17 und 19 kein großer Unterschied ist, aber zwischen 11 und 13,5 liegen Welten.

  • @Wollsocken80: Du unterrichtest ja auch keine 6. und 7. Klässler. Ich finde auch, dass zwischen 17 und 19 kein großer Unterschied ist, aber zwischen 11 und 13,5 liegen Welten.

    Du unterrichtest auch keine Zehntklässler. Da kommen Mädchen mit braven Zöpfen und der Biene Maja auf dem Pulli und solche mit Löchern in der Jeans und Piercing in der Nase. Das ist ganz normal und sie halten es alle miteinander aus.

  • Weil hier die Vermutung nahe liegt, dass 13-Jährige tendenziell nicht mit 16-Jährigen viele Gemeinsamkeiten finden, auch wenn erstere sich für Atomphysik interessieren

    Meine Vermutung ist eher, dass hier vor allem Klischees gewälzt werden. Ich habe einen ganz echten Hochbegabten in meiner Klasse, der interessiert sich nicht für Atomphysik sondern für Sport und Geographie und hört an der Uni Vorlesungen im Bereich Wirtschaftsgeographie. Er hat keine Klasse übersprungen obwohl er längstens gekonnt hätte, vor allem seine Mama hatte Sorge dass er unter die Räder kommen könnte weil er ein etwas feineres Kerlchen ist. Hochbegabte habe ich jetzt einfach sicher schon ein paar mehr gesehen als Du. In der Regel sind das Menschen mit einem sehr feinen Gespür dafür was recht und unrecht ist, insofern ist es schon richtig, dass man da auf der zwischenmenschlichen Ebene ein besseres Auge drauf haben sollte. Aber das sollte man allgemein wenn man mit jungen Leuten arbeitet, ne? Pauschale Ratschläge ob Überspringen jetzt gut oder schlecht ist, gibt's da nicht.


    FLIXE Als Mama weisst Du erst mal selbst, was Deinem Kind gut tut. Wenn Du beim Übertritt ans Gymnasium die Wahl hast, schau drauf dass es dort vor allem empathisch zugeht und man den Kindern beibringt, dass es OK ist wenn einer gerne Mathe macht und sich andere eher schwer damit tun. Und schau darauf, dass man sich dort um externe Fördermöglichkeiten kümmert. Klar kann ich als Lehrperson beliebig schwierige Aufgaben abgegeben aber das ist nicht das, was einen Hochbegabten interessiert. Wir schicken unsere Jugendlichen ins Schülerstudentenprogramm, an Workshops oder Studienwochen an die Uni und Forschungsinstitute. Ich habe in BaWü mal eine Hector-Schülerin bespasst, am DKFZ gab es regelmässig Workshops für interessierte Jugendliche. Sowas eben.

  • Ja klar unterrichte ich Zehntklässler. Aktuell 2 Klassen. Ich bin am GY, zur Zeit habe ich Klassen zwischen 6. und 12. Jahrgangsstufe. In der Oberstufe haben wir oft Schüler, die bereits deutlich älter sind, da wir Einführungsklassen haben. Die machen eh ein Jahr länger als die, die schon immer am GY waren und haben oft zwischendurch mal irgendwo ein Jahr verloren. Das merkst du trotzdem nicht. Aber wie gesagt, in Klasse 6 und 7 sind die Unterschiede gewaltig.

    In Klasse 10 trägt hier aber auch niemand mehr Biene Maja und Zöpfchen.

  • Wirtschaftsgeographie.

    Genau, was Zehntklässler eben so interessiert.


    Hochbegabte habe ich jetzt einfach sicher schon ein paar mehr gesehen als Du.

    Ich weiß, das du gern gewinnst, aber nein, ich denke eher nicht. Ich treffe jobgemäß nur mehr, die Probleme haben.



    Pauschale Ratschläge ob Überspringen jetzt gut oder schlecht ist, gibt's da nicht.

    Na zum Glück habe ich die auch nicht erteilt;)


    Ich glaube, dass es ist wie oft hier, alle meinen irgendwie dasselbe, wollen aber mit Gewalt Recht behalten und picken sich dann einzelne Aspekte raus, mit denen sie nicht d'accord gehen.


    Eigentlich geht's um die TE und ihr Kind und nicht um Studien und Definitionen. Und bei persönlichen Entscheidungen braucht man Zeit, sich zu informieren und vor allem, um mit seinen Gefühlen und Entscheidungen hinterherzukommen.

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