Hallo zusammen!
Ich habe lange überlegt, ob ich das hier schreiben überhaupt schreiben soll. Ich habe schon das eine oder andere Thema dazu durchgelesen, bin aber noch immer nicht so recht schlüssig.
Ich habe, nach 1-jähriger Elternzeit, letztes Jahr im Frühjahr an einer neuen Schule und Schulform (BK) angefangen. Ich hatte mich auf die Schule sehr gefreut, hatte schon wochenlang daheim ungeduldig auf den ersten Tag gewartet. Ich war vorher seit dem Ref an einer Gesamtschule, habe mein Kollegium (größtenteils) SEHR gemocht und war an sich happy, mal abgesehen davon, dass ich es irgendwie geschafft hatte, mich in den Augen der SL von der allseits beliebten Frau SoundSo zur Persona Non Grata zu entwickeln. Ich gebe zu, ich habe nie viel von meiner damaligen Schulleitung gehalten, aber nunja. Hat mich trotzdem geärgert, da ich eigentlich immer engagiert und fleißig war.
Zwei Dinge hatten ich hauptsächlich (mit anderen Kleinigkeiten) dazu bewogen zu wechseln:
1. Eine Schulleitung, die, von Neid (selbst nur angestellt) getrieben darauf aus war, die "faulen Beamten" mit unfassbar miesen, teils absichtlich schlechten Ganztags-Stundenplänen (da wurde schonmal der Stundenplan komplett umgestellt, nur damit jemand auf keinen Fall versehentlich einen freien Nachmittag hatte...) an die Schule zu fesseln und unsere Zeit schlichtweg mit schwachsinnigen DBs, Konferenzen, Präsenzpflichten usw. auffraß (zusammen mit einer recht langen An- und Abreise) und
2. ...das Gefühl, ein System (Gesamtschule) nach außen hin als toll vertreten zu müssen, wenn man selbst live erlebt, was für ein unfassbarer Murks und was für eine Augenwischerei es (bei uns) war.
Also ab an eine andere Schule. Gymnasien im Umkreis gab es nicht für mich, da ich ein Fach habe, das mit 2-4 Lehrpersonen vollkommen abgedeckt ist, und in meinem Alter gibt es da so einige, d.h. die hatten schlichtweg keinen Bedarf. Ab ans BK. Meine Eltern plus einige Bekannte sind alle BK-Lehrer und schwärmten immer nur von den tollen Möglichkeiten. Ich hatte mich darauf eingestellt, mit 75% mehr arbeiten zu müssen als mit 100% an meiner alten Schule.
Meine bisherigen Erkenntnisse:
- Das Niveau ist noch viel niedriger als an der Gesamtschule, auch im gymnasialen Zweig.
- Die Är... der SuS werden zum Teil, gemessen am Alter der SuS, noch mehr gepudert (Ich musste jetzt den Nachschreibtermin vom Nachschreibtermin vom Nachschreibtermin anbieten. In mehreren Fällen.)
- Das Gefühl, vollkommenen, politisch herbeigeführten Murks zu unterstützen, ist immernoch da (Beispiel: In der FOS sitzen massenhaft SuS, die keinen einzigen gerade Satz zustandebringen, denen ich aber bald die Studierfähigkeit bescheinigen soll).
- Das Gefühl, dass man als Lehrer eigentlich keine Handhabe hat, egal wie gut man protokolliert, Listen führt, nachhält usw. ist immernoch da. Letztendlich schaut doch sehr oft in die Röhre.
- Das Gefühl, das mit dem Schulsystem und den damit verbunden Erwartungen an Lehrer etwas nicht stimmt, ist noch da. Die SuS können immer weniger, aber das Anspruchsdenken wird immer größer.
- Ich arbeite TZ (3/4), aber arbeite gefühlt Tag und Nacht. Das hängt natürlich auch mit der fehlenden Routine zusammen. Ich bin es derzeit furchtbar leid.
- Mein Kollegium ist ziemlich cool, soweit ich das nach 10 Monaten mit Corona beurteilen kann. Bislang hab ich da einen sehr guten Eindruck, coole, liebe, hilfsbereite Leute. Ebenso die SL.
- Ich bin erschöpft, weil sich mir der Sinn meines Tuns so langsam nicht mehr richtig erschließen will. Ich kann es nichtmal genau beziffern, aber ich gehe seit Jahren (das fing schon vor der Elternzeit an) mit einem seltsam unguten Gefühl in die Schule: Dass das, was ich da tue, eigentlich Quatsch ist und ich gewissen Ideen der Schulpolitik für absoluten Schwachsinn halte, ihn aber nach Außen hin befürworten muss.
- Leider bin ich nur noch in der Fachoberschule und im Abitur. Die Idee, dass die Leute da freiwillig sitzen und deswegen motivierter sind, habe ich schnell wieder verworfen. Stattdessen wurde ich immer wieder von SuS um Gespräche gebeten, dass alles zu schnell ginge und ich zu streng sei. Tatsache ist: Ich habe das Fach vorher in der 6.-10. Klasse unterrichtet, nciht in der 11-13. Die 11. Klasse ist jetzt, zu diesem Zeitpunkt, nicht so weit im Stoff wie mein 6er aus der vorigen Schule (alle 6er, jedes Jahr).
- Ich verspüre manchmal den dringenden Wunsch etwas anzubieten (quasi ein Produkt), über das die Menschen sich freuen, weil sie es haben wollen, freiwillig. Das, was ich anzubieten habe, will niemand haben. "Klar, Frau SoundSo ist cool und nett, aber oh Gott, jetzt wieder das sch...Thema? Ääääätzend."
- Der Verwaltungskram ist unfassbar hoch. Kannte ich so nicht, kann also am Schulsystem liegen.
- Das Gefühl, angeleint zu sein und wenig Auswege zu haben, ist echt blöd.
Ich könnte die Liste meines Gefühlschaos weiterführen. Meinem Mann geht es verrückterweise ähnlich (auch er hat während meiner Elternzeit die Schule gewechselt, hat ebenfalls ein tolles Kollegium), deswegen frage ich mich manchmal, wieviel von diesem Empfinden Corona geschuldet ist (weil ich gefühlt nie richtig in der Schule angekommen bin, von 10 Monaten war ich jetz 6,5 Monate im LAD/Quarantäne) und wieviel davon beliebig übertragbar ist auf jede andere Schule/jeden anderen Zeitpunkt und somit grundlegender ist.
Ich erwische mich immer wieder dabei, mit großem Verlangen die Posts von Bolzbold und Chillipaprika über ihre Erfahrungen außerhalb der Schule zu lesen und Stella zu durchforsten. Ich bin verbeamtet, A13, 7 Jahre Diensterfahrung plus Ref. Leider derzeit mit einem Fach die einzige Lehrerin an usnerer Schule. Hat man da überhaupt eine Chance, so etwas in Angriff zu nehmen? Was würdet ihr generell raten? Habt ihr Tipps, auch abseits von "weg von der Schule"?
Liebe Grüße
Schokozwerg