Abordnung - weg von der Schule?

  • Hallo zusammen!


    Ich habe lange überlegt, ob ich das hier schreiben überhaupt schreiben soll. Ich habe schon das eine oder andere Thema dazu durchgelesen, bin aber noch immer nicht so recht schlüssig.


    Ich habe, nach 1-jähriger Elternzeit, letztes Jahr im Frühjahr an einer neuen Schule und Schulform (BK) angefangen. Ich hatte mich auf die Schule sehr gefreut, hatte schon wochenlang daheim ungeduldig auf den ersten Tag gewartet. Ich war vorher seit dem Ref an einer Gesamtschule, habe mein Kollegium (größtenteils) SEHR gemocht und war an sich happy, mal abgesehen davon, dass ich es irgendwie geschafft hatte, mich in den Augen der SL von der allseits beliebten Frau SoundSo zur Persona Non Grata zu entwickeln. Ich gebe zu, ich habe nie viel von meiner damaligen Schulleitung gehalten, aber nunja. Hat mich trotzdem geärgert, da ich eigentlich immer engagiert und fleißig war.


    Zwei Dinge hatten ich hauptsächlich (mit anderen Kleinigkeiten) dazu bewogen zu wechseln:


    1. Eine Schulleitung, die, von Neid (selbst nur angestellt) getrieben darauf aus war, die "faulen Beamten" mit unfassbar miesen, teils absichtlich schlechten Ganztags-Stundenplänen (da wurde schonmal der Stundenplan komplett umgestellt, nur damit jemand auf keinen Fall versehentlich einen freien Nachmittag hatte...) an die Schule zu fesseln und unsere Zeit schlichtweg mit schwachsinnigen DBs, Konferenzen, Präsenzpflichten usw. auffraß (zusammen mit einer recht langen An- und Abreise) und

    2. ...das Gefühl, ein System (Gesamtschule) nach außen hin als toll vertreten zu müssen, wenn man selbst live erlebt, was für ein unfassbarer Murks und was für eine Augenwischerei es (bei uns) war.


    Also ab an eine andere Schule. Gymnasien im Umkreis gab es nicht für mich, da ich ein Fach habe, das mit 2-4 Lehrpersonen vollkommen abgedeckt ist, und in meinem Alter gibt es da so einige, d.h. die hatten schlichtweg keinen Bedarf. Ab ans BK. Meine Eltern plus einige Bekannte sind alle BK-Lehrer und schwärmten immer nur von den tollen Möglichkeiten. Ich hatte mich darauf eingestellt, mit 75% mehr arbeiten zu müssen als mit 100% an meiner alten Schule.


    Meine bisherigen Erkenntnisse:


    - Das Niveau ist noch viel niedriger als an der Gesamtschule, auch im gymnasialen Zweig.

    - Die Är... der SuS werden zum Teil, gemessen am Alter der SuS, noch mehr gepudert (Ich musste jetzt den Nachschreibtermin vom Nachschreibtermin vom Nachschreibtermin anbieten. In mehreren Fällen.)

    - Das Gefühl, vollkommenen, politisch herbeigeführten Murks zu unterstützen, ist immernoch da (Beispiel: In der FOS sitzen massenhaft SuS, die keinen einzigen gerade Satz zustandebringen, denen ich aber bald die Studierfähigkeit bescheinigen soll).

    - Das Gefühl, dass man als Lehrer eigentlich keine Handhabe hat, egal wie gut man protokolliert, Listen führt, nachhält usw. ist immernoch da. Letztendlich schaut doch sehr oft in die Röhre.

    - Das Gefühl, das mit dem Schulsystem und den damit verbunden Erwartungen an Lehrer etwas nicht stimmt, ist noch da. Die SuS können immer weniger, aber das Anspruchsdenken wird immer größer.

    - Ich arbeite TZ (3/4), aber arbeite gefühlt Tag und Nacht. Das hängt natürlich auch mit der fehlenden Routine zusammen. Ich bin es derzeit furchtbar leid.

    - Mein Kollegium ist ziemlich cool, soweit ich das nach 10 Monaten mit Corona beurteilen kann. Bislang hab ich da einen sehr guten Eindruck, coole, liebe, hilfsbereite Leute. Ebenso die SL.

    - Ich bin erschöpft, weil sich mir der Sinn meines Tuns so langsam nicht mehr richtig erschließen will. Ich kann es nichtmal genau beziffern, aber ich gehe seit Jahren (das fing schon vor der Elternzeit an) mit einem seltsam unguten Gefühl in die Schule: Dass das, was ich da tue, eigentlich Quatsch ist und ich gewissen Ideen der Schulpolitik für absoluten Schwachsinn halte, ihn aber nach Außen hin befürworten muss.

    - Leider bin ich nur noch in der Fachoberschule und im Abitur. Die Idee, dass die Leute da freiwillig sitzen und deswegen motivierter sind, habe ich schnell wieder verworfen. Stattdessen wurde ich immer wieder von SuS um Gespräche gebeten, dass alles zu schnell ginge und ich zu streng sei. Tatsache ist: Ich habe das Fach vorher in der 6.-10. Klasse unterrichtet, nciht in der 11-13. Die 11. Klasse ist jetzt, zu diesem Zeitpunkt, nicht so weit im Stoff wie mein 6er aus der vorigen Schule (alle 6er, jedes Jahr).

    - Ich verspüre manchmal den dringenden Wunsch etwas anzubieten (quasi ein Produkt), über das die Menschen sich freuen, weil sie es haben wollen, freiwillig. Das, was ich anzubieten habe, will niemand haben. "Klar, Frau SoundSo ist cool und nett, aber oh Gott, jetzt wieder das sch...Thema? Ääääätzend."

    - Der Verwaltungskram ist unfassbar hoch. Kannte ich so nicht, kann also am Schulsystem liegen.

    - Das Gefühl, angeleint zu sein und wenig Auswege zu haben, ist echt blöd.


    Ich könnte die Liste meines Gefühlschaos weiterführen. Meinem Mann geht es verrückterweise ähnlich (auch er hat während meiner Elternzeit die Schule gewechselt, hat ebenfalls ein tolles Kollegium), deswegen frage ich mich manchmal, wieviel von diesem Empfinden Corona geschuldet ist (weil ich gefühlt nie richtig in der Schule angekommen bin, von 10 Monaten war ich jetz 6,5 Monate im LAD/Quarantäne) und wieviel davon beliebig übertragbar ist auf jede andere Schule/jeden anderen Zeitpunkt und somit grundlegender ist.


    Ich erwische mich immer wieder dabei, mit großem Verlangen die Posts von Bolzbold und Chillipaprika über ihre Erfahrungen außerhalb der Schule zu lesen und Stella zu durchforsten. Ich bin verbeamtet, A13, 7 Jahre Diensterfahrung plus Ref. Leider derzeit mit einem Fach die einzige Lehrerin an usnerer Schule. Hat man da überhaupt eine Chance, so etwas in Angriff zu nehmen? Was würdet ihr generell raten? Habt ihr Tipps, auch abseits von "weg von der Schule"?


    Liebe Grüße


    Schokozwerg

  • Ich habe sehr ähnliche Gedanken. Ich arbeite an einem Gymnasium. Da ist es ziemlich genauso, wie du es beschreibst. Und im Grund sind alle Lehrer überlastet. Keiner möchte die SuS schlecht bewerten, da einen sonst die Mehrarbeit gänzlich untergehen lässt. Also bleiben die SuS an der Schule und man gibt den schwarzen Peter an einen anderen Kollegen weiter, wenn man die Klasse nicht behält. Erhält aber im Gegenzug auch einen.


    Nach außen ist immer die tolle Show. Ich habe manchmal das Gefühl ich bin mehr Verkäufer als Lehrer. Man muss ständig lügen oder zumindest sich alles verkneifen. Die SuS werden immer dümmer und langsamer. Nachschreibeklausur der Nachschreibeklausur ist die Regel. Alles lässt man den SuS durchgehen. Gehen ohne Maske durch die Gänge. Man schickt sie zur SL. Die SL macht nix.


    Man verkauft halt als Lehrer kein gutes Produkt. Zumal dieses maßgeblich von der SL bestimmt wird. Es ist anders. Das Produkt sind die Schüler. Und um diese kämpfen die Schulen hier. Und die Eltern und SuS meinen fast alle, dass sie top of the notch sind. Unglaublich. Ich habe diese Woche krank durchgearbeitet. Wenig Schlaf. Aber Eltern und SuS rotzen einem noch freche Dinge ins Gesicht.


    Die Kollegen sind supernett - stecken halt alle im gleichen Boot. Ausreißer gibt es immer, die kriechen der SL halt in den ....

    Ich hatte aber auch schon eine normale SL. Ich glaube, die ist hauptentscheidend ob es Freude macht und wie man seinen Unterricht gestalten darf.


    Naja, ich ziehe es durch.

  • Hallo Schokozwerg,


    ich möchte dir eine neue Perspektive eröffnen: Du kannst dich sehr glücklich schätzen. Offenbar hast du was Bildung betrifft jede erdenkliche Chance nutzen können und von deinem Elternhaus her so gute Voraussetzungen gehabt, dass du unbesorgt Abitur machen und studieren konntest. Leider hat nicht jedes Kind bzw. nicht jeder Jugendliche dieselben guten Bedingungen. Auch nicht in Deutschland.


    Einige von ihnen werden bereits mit kognitiven Einschränkungen geboren. Weil die Mutter in der Schwangerschaft geraucht, getrunken oder andere Drogen konsumiert hat. Andere Kinder wurden vielleicht in Kriegsgebieten geboren und sind irgendwann mit ihrer Familie nach Deutschland geflüchtet. Manche Kinder stammen aus sehr einfachen Verhältnissen; andere aus zerrütteten Elternhäusern. Und bei manchen Kindern können oder wollen sich die Eltern einfach nicht angemessen kümmern. Kinder und Jugendliche mit dieser oder einer ähnlichen Vita findest du gehäuft im beruflichen Schulwesen.


    Vielen von ihnen wird schon ihr ganzes Leben lang erzählt oder das Gefühl gegeben, dass sie nichts taugen, dass sie ihr Leben lang Harz 4 sein werden. Ja, und dann hocken sie halt irgendwann am BK... "Freiwillig", ja... Kommt drauf an, was man unter "freiwillig" versteht...


    Wenn du im beruflichen Schulwesen bleiben willst, würde ich dir sehr raten, deine fachlichen Ansprüche drastisch runterzuschrauben. Ja, im Endeffekt bescheinigen wir ihnen die Studierfähigkeit... Aber sorry, heute muss man doch auch fast jeden Sch**** studieren... Früher ging man zur Uni, wenn man Arzt, Anwalt oder Lehrer werden wollte, so grob gesagt. Heute braucht (gefühlt) die Kassiererin bei Rewe ein abgeschlossenes Hochschulstudium... Ich übertreibe...


    Ich bin seit 2010 im beruflichen Schulwesen (Ref); seit 2011 mit fester Stelle. Ich würde (im Moment) an keine andere Schulart wollen. Ich schätze die Ehrlichkeit und die Unkompliziertheit der Schüler. Es sind junge Erwachsene, mit denen man durchaus vernünftig reden und auskommen kann, wenn man sich auf sie einlässt und sie respektvoll behandelt.


    Dass sie oft fachlich nicht auf der Höhe bzw. sehr schwach sind, hat eine Vielzahl von Gründen in die man in der Regel (bis sie bei uns ankommen) keinen guten Einblick mehr gewinnen kann. Da kommen oft mehrere Dinge zusammen. Und jetzt sind sie halt bei uns und unser Ziel ist es, sie soweit fit zu machen, dass sie ihren Teil zur Gesellschaft beitragen können.


    Mein Ziel ist es, die Kids soweit für meine Fächer zu begeistern, dass sie gewillt sind, darin zu investieren. Extrinsische Motivation ist gut, intrinsische Motivation ist besser. Und dann drücke ich ihnen die Daumen und hoffe mit ihnen zusammen, dass es ihnen für den Abschluss reicht. Wenn das der Fall ist, habe ich mein Ziel erreicht.


    Bei Schülern die mehr können und leisten, gerne. :) Die kann ich auch soweit pushen, dass sie in den Prüfungen in den 1er-Bereich kommen. Aber bei allen Anderen freue ich mich, wenn sie am Ende ein Abschlusszeugnis in der Hand halten.


    Lg,

    Mrs Pace

    • Offizieller Beitrag

    Schokozwerg

    Die Motive, die Du hier beschreibst, klingen sehr nach "Schulflucht". Die Personaler in der Behörde haben mit Lehrkräften ja viel Erfahrung und kriegen so etwas schnell heraus. Nach drei Jahren ginge es dann in der Regel auch wieder zurück an Schule, wenngleich sehr wahrscheinlich nicht mehr an die alte Schule.
    Wenn Du in der Behörde arbeiten willst, musst Du das auch aktiv wollen und einen Schwerpunkt haben, der auch in der Behörde gesucht wird. Ich habe mich auf eine Stelle beworben, die genau zu meiner bisherigen Tätigkeit passte und wo ich die Praxiserfahrung mit der Verwaltungspraxis sehr fruchtbar verknüpfen konnte bzw. immer noch kann.
    Ich muss mir jetzt allmählich Gedanken darüber machen, wie es nach meiner Abordnung weitergehen kann. Aufgrund meiner erworbenen Expertise, meinen Präferenzen und den verfügbaren (oder ggf. nicht verfügbaren) Slots in die ich passen würde, gehe ich nicht davon aus, dass das einfach sein wird. Aber ich weiß, dass es am Ende gut wird.

    Vielleicht wäre eine Versetzung oder der Auslandsschuldienst auch eine Alternative. Ein Kollege hat sich dort beworben und geht demnächst mit Frau und Kind ans andere Ende der Welt.

  • Wenn du im beruflichen Schulwesen bleiben willst, würde ich dir sehr raten, deine fachlichen Ansprüche drastisch runterzuschrauben. Ja, im Endeffekt bescheinigen wir ihnen die Studierfähigkeit... Aber sorry, heute muss man doch auch fast jeden Sch**** studieren... Früher ging man zur Uni, wenn man Arzt, Anwalt oder Lehrer werden wollte, so grob gesagt. Heute braucht (gefühlt) die Kassiererin bei Rewe ein abgeschlossenes Hochschulstudium... Ich übertreibe...

    Öhm, ist Sinn und Zweck von Abitur nicht die studierfähigkeit? Wie kann ich das eigenmächtig due Anforderungen Steuer runterstufen das diejenigen, die nicht studierfähig sind, das genaue bescheinigt bekommen?

    Dann mach ich doch meinen Job einfach nicht richtig. Die SuS pudern fährt doch nur zu mehr Frust auf allen Seiten.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Öhm, ist Sinn und Zweck von Abitur nicht die studierfähigkeit? Wie kann ich das eigenmächtig due Anforderungen Steuer runterstufen das diejenigen, die nicht studierfähig sind, das genaue bescheinigt bekommen?

    Dann mach ich doch meinen Job einfach nicht richtig. Die SuS pudern fährt doch nur zu mehr Frust auf allen Seiten.

    Die Anforderungen schraube ja nicht ich runter. Vergleiche doch mal bitte Abiturprüfungen in Mathematik aus den Jahren 1970, 1990, 2000 und 2020... ;) Selbiges gilt für Englisch, Deutsch, etc.


    Es ist politischer Wille, dass mehr Schülerinnen und Schüler die Hochschulreife erlangen. Da werde ich mich als poppelige Lehrkraft wohl kaum widersetzen können... ;)

  • Vergleiche doch mal bitte Abiturprüfungen in Mathematik aus den Jahren 1970, 1990, 2000 und 2020... ;) Selbiges gilt für Englisch, Deutsch, etc.

    Da bin ich jetzt mal gemein und sage: gerade meine Englisch-Abiklausur von 1991 war lächerlich einfach ;) ! Wir konnten vor einigen Jahren unsere Abiklausuren vor der Vernichtung retten (die lagerten noch im Archiv meines damaligen Gymnasiums und wir haben sie dann bei einem Abitreffen mitnehmen können). Wenn ich meine damaligen drei Abiklausuren (Englisch- und Französisch-LK und Bio-GK) mit den Abiklausuren aus den letzten Jahren unserer BG-SuS vergleiche, finde ich sie zum einen weniger umfangreich, zum anderen auch thematisch weniger komplex. Vieles in meinen Klausuren war damals durch reines Auswendiglernen zu schaffen (auch schon in der Oberstufe, wenn ich so zurückdenke); "Weiterdenken" war nur für ca. 1/3 der Klausuren erforderlich.


    Kleine Anekdote am Rande: Ich habe damals meine sechsstündige Englisch-Abiklausur schon zum Ende der vierten Unterrichtsstunde abgegeben, Ich war schon lange fertig und hatte mir alles bereits mehrfach durchgelesen; die restliche Zeit des Tages wollte ich lieber mit Lernen für die noch anstehende Bio-Abiklausur verbringen. Der Lehrer, der damals Aufsicht hatte, kannte mich nicht und hat mich bei der Abgabe ganz mitleidig angesehen, weil er wohl dachte, ich hätte die Klausur "versemmelt". Auch Bekannte, die ich an der Bushaltestelle traf, konnten kaum glauben, dass ich schon so früh fertig war. Langer Rede, kurzer Sinn: 14 Punkte in der Klausur bekommen 8)!


    Ansonsten werde ich wohl später noch etwas zu einigen hier geäußerten negativen Erfahrungen an beruflichen Schulen und Schulen allgemein (wie von Julia geschildert) schreiben, dazu fehlt mir aber gerade die Zeit.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Die Anforderungen schraube ja nicht ich runter. Vergleiche doch mal bitte Abiturprüfungen in Mathematik aus den Jahren 1970, 1990, 2000 und 2020... ;) Selbiges gilt für Englisch, Deutsch, etc.

    Und trotzdem fallen sie auch nicht besser aus :D


    Ich denke die starken Schüler hätten auch den Stoff von 1970 gepackt und die, bei denen in Mathe gar nix geht, naja mehr als 5 und 6 schreiben wäre auch damals nicht gegangen.

  • Hallo Mrs. Pace,


    danke für deine ausführliche Antwort. :) Du schaffst genau das (scheinbar), was ich nicht kann: Die Vorgaben kommen von oben, also setzt du Sie einfach um, ohne dich groß darüber zu ärgern und scheinst damit zufrieden zu sein. Ohne Witz und Sarkasmus, das ist ein Wesenszug, um den ich dich absolut beneide.


    Mir reicht das irgendwie nicht. Mich ärgert es, jeden Tag den gleichen Quatsch verzapfen zu müssen "Jeder kann alles erreichen, auch du kannst dein Abitur machen, auch du bist intelligent genug um Medizin zu studieren, auch du kannst Ingenieur werden". Usw. Ich denke, unserer Gesellschaft ist innerhalbd er letzten 10-15 Jahre die Ehrlichkeit abhanden gekommen, dass eben NICHT jeder alles schaffen kann ...und das auch gar nicht muss. Ich war mir meiner Defizite irgendwann sehr bewusst und auch, wo meine Träume und Spinnereien eben nur das waren: Träume und Spinnereien, weil mir, von der Natur und sozial, eben doch Grenzen gesetzt wurden. Diese Art ehrlicher (Selbst-) Wahrnehmung geht heutzutage unheimlich vielen Menschen ab und das ist unfassbar anstrengend. Das Anspruchsdenken an das eigene Leben ist da, der Wille sich dafür den Arsch aufzureißen leider nicht, oder zu oft nicht. Und auch wenn es anekdotische Begebenheiten sind, wenn ich zum x-ten Mal so tun muss, als ob jemand, der in der FOS keine zwei Sätze in Folge richtig schreiben kann (und nein, es liegt nicht an einer LRS oder sonstigen Defiziten) und einfachste Transferaufgaben nur mit massiver Unterstützung schafft, fürs Studieren geeignet ist, dann bekomme ich einen Knoten im Magen und habe ein mieses Gefühl dabei.


    An meiner alten Schule war ich sechs Jahre Klassenlehrerin, 5-10, und meine Bindung an die SuS war so eng, dass ich eine gewisse Ehrlichkeit an den Tag legen konnte und durfte, auch gegenüber den Eltern. Viele haben sich bei mir bedankt, dass ich Ihnen meine ehrliche Meinung mitgeteilt habt, ohne dass Sie sich dabei minderwertig oder schlecht fühlen mussten. Ich verstehe nicht, wieso heutzutage eine gute Lehre mit soviel Herablassung betrachtet wird, so dass jeder arme Tropf, der nach der 10. Klasse immerhin Vor- und Zunamen richtig schreiben kann, glaubt er/sie müsse unbedingt studieren, um glücklich zu werden.


    Ich hadere mit dem Gedanken, Menschen dazu zu erziehen, möglichst unselbstständig, unwissend, anspruchsvoll und bequem zugleich zu sein. Ich denke, dass ich damit, im großen und Ganzen betrachtet, einen Bärendienst an der Gesellschaft leiste und irgendwie hatte ich mal andere Vorstellungen davon, was ich als Lehrer leisten möchte. Ich halte nichts vom ewigen "Vorgaukeln wie toll und sinnvoll XY ist" (sei es Inklusion in ihrer jetzigen Form, oder das ständige nach unten nivellieren, damit auch ja jeder durchkommt).


    Die Berufsschule als Schulform kann ich, aufgrund von Corona, auch nach zehn Monaten irgendwie kaum beurteilen, außer dass das System viel größer und komplizierter ist, aber das sind alles Dinge, die sich mit der Zeit einrenken. Unser Kollegium ist super und wahnsinnig hilfsbereit. Daran liegt es definitiv nicht. Nur dieses Gefühl von "Das ist jetzt MEINE Schule" ist noch nicht da, vielleicht auch, weil man einfach so wenig vor Ort war.


    Ich habe nochmal nachgedacht, und ich glaube, ein anderer Baustein in meinem Gefühlschaos ist dieses Gefühl von Alleingelassenwerde. Unsere SL ist jung, wahnsinning nett...hat aber auch kein Rückgrat. Allein in dem letzten Halbjahr gab es zig Fälle, wo die Lage eindeutig war (unser KLientel ist teils etwas schwierig), und wo gegen die KuK entschieden wurde. Auf Dauer wurmt so etwas.


    Was genau meinst du mit einem "Schwerpunkt"? Ich unterrichte z.B. (Fremd-) Sprachen, oder beziehst du dich damit auf außerunterrichtliches Engagement? Ich schiele immer mal in Richtung QuaLis, oder die Arbeit in einem Medienzentrum, oder sogar an der Uni, aber bisher war da nie etwas, was für mich überhaupt in fahrbarer Reichweite war.


    Leider kommt der Auslandsdienst nicht mehr in Frage, wir haben nämlich letztes Jahr unser Traumhäuschen gefunden. :D Im Privaten bereich könnte man sagen läuft es blendend und wir können uns, mal abgesehen von Corona-Genervtheit, nicht wirklich beschweren.


    Das mit der Versetzung ist so eine Sache, wie gesagt, ich will mein Glück nicht überstrapazieren und was das Kollegium betrifft, bin ich super froh. AUch mit den SuS komme ich prima zurecht, auch wenn ich generell nicht viel von deren "Attitude", die viele an den Tag legen, halte, aber das Problem ist komplett schülerunabhängig und würde mich überall verfolgen, denke ich.

  • Versteh das jetzt bitte nicht falsch, ich kenne dich nicht und sehe das nur im Spiegel deiner Beiträge, aber mir scheint es so, dass du vor allem deine professionelle Einstellung neu justieren solltest:

    • Bildungsvoraussetzungen der Schüler: Wenn du aus dem Gesamtschulsystem bzw. der S1 kommst, dann sollte du die Klientel doch eigentlich kennen...nämlich alle, die an der Gesamtschule nicht in die Oberstufe gehen + alle anderen S1-Schüler, die nicht in die Oberstufe gehen/können/wollen.
    • Du mußt Schülern nicht den Hintern pudern, ihnen nicht irgendwas schenken und ihnen auc nichts vorheucheln.
      Du mußt sie aber individuell fördern und auf ihre Stärken, Schwächen und Lernvoraussetzungen eingehen.
    • Es geht nicht darum jedem zu suggerieren, er könnte alles erreichen. Es geht aber wohl darum jedem die Möglichkeit zu eröffnen, sein/ihr maximales Potential zu erreichen.
    • Intrinsisch motivierte Schüler wünschen wir uns alle. Das ist toll, wenn man sie hat oder diese Motivation wecken kann.
      Realität ist aber auch, dass Schüler nicht frei nach intrinsischer Motivation die Schule besuchen können. Sie unterliegen rechtlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Zwängen. Das gilt meistens auch für die Schüler, die in den vermeintlich freiwilligen Bildungsgängen sind. Allerspätestens gilt es dann aber für einzelne Fächer innerhalb der Bildungsgänge. Insofern gehört der adäquate Umgang mit nicht intrinsisch motivierten Lernen zum professionellen Handlungsrepertoir.
    • Schulleitung ohne Rückrat:
      Wenn du erst 10 Monate an der Schule bist, davon 6 im Distanzunterricht, dann ist fraglich, ob du das überhaupt schon beurteilen kannst, selbst wenn du vorher 10 Jahre an einer anderen Schulform unterrichtet hast.
    • Du mußt nicht vorgaukeln wie toll Vorgaben, wie z.B. die Inlusion, sind.
      Du mußt sie bestmöglich im Rahmen der Möglichkeiten umsetzen und solltest sie nicht hintertreiben.


    Schlußendlich zu den Alternativen:

    • Probleme mit den grundlegenden Leitlinien des Schulsystem: QuaLis, Uni
    • Schwierigkeiten mit Lernervoraussetzungen/individueller Förderung: Uni, Medienzentrum
    • Genervt von Verwaltungsarbeiten: QuaLis, Bezirksregierung, Ministerium, Uni, Medienzentrum


    Wie eingangs schon gesagt, vielleicht ist der Eindruck, der bei mir aus den Posts entstand, völlig falsch.


    Vielleicht bist du auch im Moment wegen der aktuellen Situation in einer gedanklichen Negativspirale. Das ist mir auch schon passiert und da kommt man auch wieder heraus.


    Schwierig wird es halt immer, wenn man sich pauschal auf irgendwas einschießt, seien es die Schüler, die Vorgaben, das System, das Bildungsniveau, etc.

  • Öhm, ist Sinn und Zweck von Abitur nicht die studierfähigkeit? Wie kann ich das eigenmächtig due Anforderungen Steuer runterstufen das diejenigen, die nicht studierfähig sind, das genaue bescheinigt bekommen?

    Dann mach ich doch meinen Job einfach nicht richtig. Die SuS pudern fährt doch nur zu mehr Frust auf allen Seiten.

    Naja die Prüfungen für die gym. Oberstufe, BG, FOS etc. sind mittlerweile bis auf ein paar kleine Ausnahmen alle Zentral. Daher erfolgt die Bescheinigung der Studierfähigkeit (oder das Fehlen selbiger) nicht alleine durch die Lehrkräfte. Diese Behauptungen, es sei über die Jahre immer schlimmer geworden gab es auch zu meiner Schulzeit schon. Da haben Lehrkräfte erzählt, wie schwierig sie es im Abitur hatten und wie einfach das heute ist. Das ist dann oft der eigenen Empfindung geschuldet.


    Wenn ich selbst Schüler bin, die Prüfung ablegen muss und das Themengebiet für mich noch recht neu ist, dann empfinde ich es als schwierig und belastend. Ich muss den Kram ja jetzt neu lernen.

    Die perspektive der Lehrkraft auf den selben Sachverhalt, mit einer viel intensiveren und langjährigen Einarbeitung im Studium und in viele Berufsjahren, ist eine ganz andere. Für die Lehrkraft ist das alles trivial.


    Ich weiß, dass ein Wechsel der Perspektive nicht wirklich gelingt. Man sollte es aber wenigstens versuchen.

  • s3g4


    Wobei man schon sagen muss, dass eine generelle Tendenz dazu erkennen ist, dass die Prüfungen (zumindest im Mathe) auch objektiv immer weniger anspruchsvoll werden. Wenn ich mir jetzt mal die neue Bildungsplanänderung für BaWü anschaue...


    Mathe ist bei uns in der Oberstufe ja bisher für alle Schüler vierstündig und die Abiturprüfung muss in Mathe schriftlich abgelegt werden. Ab kommendem Schuljahr wird es so sein, dass es einen vierstündigen Kurs ("grundlegendes Anforderungsniveau") und einen fünfstündigen Kurs ("erhöhtes Anforderungsniveau") gibt. Im Vierstünder ist Mathe nicht mehr verpflichtend als schriftliches Prüfungsfach. Es kann auch eine mündliche Prüfung gemacht werden oder auch gar keine. Das halte ich auch objektiv für deutlich weniger anspruchsvoll. Wenn man durch's Abi kommt ohne Mathe.


    Wenn man mal den neuen mit dem alten Bildungsplan vergleicht. Für den Fünfstünder wurde einfach zu den jetzigen Bildungsplaninhalten ein verpflichtend zu unterrichtendes größeres Wahlgebiet und ein paar kleinere Wahlthemen hinzugefügt. Man hat aber wie gesagt eine Stunde pro Woche mehr, also ca. 36 Unterrichtsstunden, also quasi neun zusätzliche Unterrichtswochen! Das ist schon dicke Zeit für so wenig zusätzlichen Stoff!


    Für den neuen Vierstünder ist die Änderung noch drastischer. Da wurden die derzeitgen Bildungsplaninhalte massivst in allen Bereichen zusammengestrichen. Und die verfügbare Unterrichtszeit ist aber die gleiche! Integral zum Beispiel ohne Riemann. Vektorielle Ebenen nur noch in Parameterform. Ich weiß jetzt nicht alles auswändig, aber ich war doch schon verwundert, als ich den neuen Bildungsplan durchgegangen bin.


    Und wenn ich das jetzt mal vergleiche mit der Abiturprüfung die ich 2004 geschrieben habe. Da waren Folgen und Reihen dran, Vektorbeweise, vollständige Induktion, Funktionsscharen, alles weg. Wird heute alles nicht mehr unterrichtet.

  • Noch zum Post von Schokozwerg

    Mich ärgert es, jeden Tag den gleichen Quatsch verzapfen zu müssen

    Dann frage ich mich tatsächlich, warum du den Lehrberuf ergriffen hast. Das ist unser Job, dass du immer wieder den gleichen Unterrichtsstoff an den Mann bringst. Wenn dich das nervt, musst du dich entweder fragen, ob du im richtigen Job bist oder halt jedes Jahr deinen Unterricht umstellen.


    "Jeder kann alles erreichen, auch du kannst dein Abitur machen, auch du bist intelligent genug um Medizin zu studieren, auch du kannst Ingenieur werden". Usw. Ich denke, unserer Gesellschaft ist innerhalbd er letzten 10-15 Jahre die Ehrlichkeit abhanden gekommen, dass eben NICHT jeder alles schaffen kann ...und das auch gar nicht muss.

    Das hat keiner gesagt, dass du das machen sollst. Macht auch keiner. Verlangt auch keiner! Woher bekommst du diesen Eindruck?! Im beruflichen Schulwesen geht es in der Regel um ganz andere Dinge als die Studierfähigkeit. Klar, beim BG natürlich schon. In Teilen vielleicht auch noch beim BK. Aber in meiner Flüchtlingsklasse zum Beispiel... Da geht es in erster Linie darum, dass die Kids A1-Sprachniveau erreichen, das ihnen im besten Fall ermöglicht, eine Ausbildung zu beginnen.

    Ich verstehe nicht, wieso heutzutage eine gute Lehre mit soviel Herablassung betrachtet wird, so dass jeder arme Tropf, der nach der 10. Klasse immerhin Vor- und Zunamen richtig schreiben kann, glaubt er/sie müsse unbedingt studieren, um glücklich zu werden.

    Und ich wiederhole nochmals: Studiengänge sind in den letzten 10-15 Jahren förmlich aus dem Boden geschossen. Viele Ausbildungsberuf sind jetzt Bachelor-Studiengänge! Und bitte schau dir mal den Stoff an, der da im Studium durchgenommen wird... Ich habe mir letztens Mal aus Nostalgie die Übungsblätter der Mathe-Vorlesungen aus dem ersten Semester angeschaut und mit meinen alten Unterlagen verglichen. In Lineare Algebra hatten wir zum Beispiel Determinanten auf dem Blatt der dritten Semesterwoche. Heute ist es auf dem letzten Blatt, also dem Blatt der 12. Woche. Auch im Studium wurden die Anforderungen also deutlich heruntergeschraubt. (Das wird ja nicht nur Lehramt Mathe betreffen...)


    Die Frage ist natürlich, warum das so ist. Da kann man alle möglichen Gründe finden und drüber diskutieren. Aber es ist halt so und da wirst du daran nichts ändern können, auch wenn du noch so "ehrlich" zu deinen Schülern bist...


    Ich hadere mit dem Gedanken, Menschen dazu zu erziehen, möglichst unselbstständig, unwissend, anspruchsvoll und bequem zugleich zu sein.

    Naja, dann würdest du auch was falsch machen. Vielleicht informierst du dich nochmal darüber, was individuelle Förderung heißt. Vielleicht hast du das einfach falsch verstanden?

    Leider kommt der Auslandsdienst nicht mehr in Frage, wir haben nämlich letztes Jahr unser Traumhäuschen gefunden.

    Warum? Ein Kollege von mir hat auch vergangenes Jahr mit seiner Familie gebaut und plant nochmal in zwei bis drei Jahren Auslandsschuldienst. Lässt sich alles organisieren. Das Haus kann vermietet werden oder, je nach Orstzuschlag im Ausland, kann man sich vielleicht mit 9000€ netto auch leisten, das Haus zu halten ohne es zu vermieten. ;)


    Wir sind auch Eigentümer (zwar nur ne Wohnung, ok) und haben den Gedanken Ausland auch noch nicht ganz verworfen.

    • Offizieller Beitrag

    Was genau meinst du mit einem "Schwerpunkt"? Ich unterrichte z.B. (Fremd-) Sprachen, oder beziehst du dich damit auf außerunterrichtliches Engagement? Ich schiele immer mal in Richtung QuaLis, oder die Arbeit in einem Medienzentrum, oder sogar an der Uni, aber bisher war da nie etwas, was für mich überhaupt in fahrbarer Reichweite war.


    Wenn Du beispielsweise einen deutlichen Schwerpunkt im Bereich Fremdsprachen hast, dann kämst Du für bestimmte Fachbereiche in der Behörde eher weniger infrage, für andere wiederum eher mehr.
    Das MSB hat ja fünf Abteilungen - davon ist die Abteilung 5 die eigentliche Schulabteilung. Die unterteilt sich in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Referaten. Wenn Du Dir auf den Seiten des Ministeriums mal das öffentlich einsehbare Organigramm ansiehst, dann kannst Du auch die Fachbereiche der einzelnen Referate ansehen und überlegen, ob Du Dich da ggf. wiederfindest. Sprachen wären beispielsweise im Referat 522 angesiedelt. Das außerunterrichtliche Engagement - bzw. hier wohl eher die Tätigkeiten (StuBo, Gleichstellungsbeauftragte(r), Ausbildungskoordination etc.) - käme beispielsweise zum Tagen, wenn das Ausschreibungsprofil eben dies neben den Fächern erfordert.

    Gegenwärtig gibt es meines Wissens auf Stella gerade zwei Ausschreibungen für pädagogische Mitarbeiter - sprich an Lehrkräfte gerichtet. Schau Dir die mal an und vergleiche sie mit den "Titeln" der Fachreferate. Es empfiehlt sich, aufgrund seiner Fächer oder der bisherigen Tätigkeiten halbwegs in das Ausschreibungsprofil zu passen. Wer beispielsweise mit Statistiken auf Kriegsfuß steht, sollte sich nicht auf die PM-Stelle in Referat 114 bewerben.

    Die Arbeit bei QUA-LiS bedeutet beispielsweise Dienstort ist Soest und nicht Düsseldorf. Die Bezirksregierungen haben wiederum unterschiedliche Praktiken - einige haben pädagogische Mitarbeiter, einige wiederum nicht.

    Überlege Dir, ob Du eine dieser Tätigkeiten wirklich überzeugt und überzeugend ausfüllen kannst. Ansonsten bleibt Dir nur die Möglichkeit, Dich im Rahmen des Systems Schule einzurichten bzw. Dich mit bestimmten Dingen zu arrangieren - oder eben aus dem Schuldienst auszuscheiden.

  • Mich ärgert es, jeden Tag den gleichen Quatsch verzapfen zu müssen "Jeder kann alles erreichen, auch du kannst dein Abitur machen, auch du bist intelligent genug um Medizin zu studieren, auch du kannst Ingenieur werden".

    "Verkaufst" du das ernsthaft jeden Tag deinen Schüler*innen?! Also, tut mir leid, aber wenn dem so ist, finde ich das absolut nicht in Ordnung von dir! Dann verhältst du dich deinen SuS gegenüber unfair und unehrlich. Außerdem frage ich mich, warum du meinst, so etwas erzählen zu müssen?! Ich unterrichte auch in der FOS (in Niedersachsen kann man nach der Klasse 12 dort nicht die allgemeine sondern "nur" die Fachhochschulreife erreichen) und treffe dort immer wieder auf SuS, denen ich definitiv nicht zutraue ein Studium erfolgreich zu absolvieren. Bestätigt sehe ich mich darin, dass jedes Schuljahr ca. 20-25% unserer FOS12-SuS den Abschluss gar nicht schafft (entweder zum Schuljahresende nicht oder sie gehen schon im Laufe des Schuljahres ab) und von denjenigen, die es schaffen, nur etwa die Hälfte ein Studium an einer FH oder im entsprechenden Fachbereich einer Uni aufnimmt. Viele schaffen den Abschluss nur mit durchschnittlichen Noten und gehen dann meist in eine Berufsausbildung.


    Wie du selber ja schon sagtest: es kann und muss auch heutzutage nicht jeder Abitur machen und studieren! Ich würde niemals auf die Idee kommen, meinen BFS- oder BES-Schüler*innen so einen Blödsinn zu erzählen.


    Ansonsten schließe ich mich dem, was MrsPace oben schrieb, komplett an!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • deswegen frage ich mich manchmal, wieviel von diesem Empfinden Corona geschuldet ist (weil ich gefühlt nie richtig in der Schule angekommen bin, von 10 Monaten war ich jetz 6,5 Monate im LAD/Quarantäne)

    Ich glaube, das macht wirklich eine ganze Menge aus: Ich bin bereits recht lang am BK und kann vieles von dem, was du schreibst, nachvollziehen. Aber: Ich kann tatsächlich nicht über mein Schülerklientel meckern, ich habe es in der Regel mit jungen Erwachsenen zu tun, die sich dankbar zeigen, wenn man ihnen verständnisvoll begegnet und mit denen man reden kann. Der Corona-bedingte Distanzunterricht hat natürlich den direkten Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern stark eingeschränkt - aber das bleibt zum Glück ja nicht ewig so.

    Auch die Studierfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler bereitet mir keine Bauchschmerzen, machen wir uns da auch nichts vor, die Mehrzahl wird ohnehin eine Ausbildung beginnen. In den AHR-Bildungsgängen gibt es bei uns landesweit einheitliche Abschlussprüfungen. Wer die insgesamt "gut" oder "sehr gut" besteht, sollte auch kein Problem mit einem Studium haben. Auch am allgemeinbildenden Gymnasium gibt es Schüler, die ihren Abschluss gerade so bestehen. Aber auch bei diesen Schülerinnen und Schülern (ebenso von den FHR-Bildungsgängen) muss man doch sagen, dass eine bestimmte Abschlussnote nicht den gesamten Lebensweg vorzeichnet. Klar ist eine gehörige Portion Anstrengung nötig, aber wer dann ein Studium durchzieht, verdient doch unsere Anerkennung. Ebenso wie die Schülerinnen und Schüler der Abendschule, die das noch neben ihrem Beruf stemmen - das respektiere ich absolut! Wir haben es wirklich nicht mit einer nur noch trägen und faulen Generation zu tun.

    Kurzum: Bevor du von der Schule flüchtest, warte vielleicht doch noch ein wenig die Post-Corona-Zeit ab, dazu kann ich nur raten!

  • @ Mrs Pace: Ist es nicht unfair, jedem eine Studierfähigkeit hinterherzuwerfen, um dann an der Uni zu scheitern?


    Ich kann die Gedanken von Schokozwerg voll nachvollziehen.

  • @ Mrs Pace: Ist es nicht unfair, jedem eine Studierfähigkeit hinterherzuwerfen, um dann an der Uni zu scheitern?


    Ich kann die Gedanken von Schokozwerg voll nachvollziehen.

    Man erhält eine Hochschulzugangsberechtigung wenn man eine Abiturprüfung besteht. In BaWü werden die Aufgaben zentral gestellt.


    Wer eine solche Prüfung bestehen kann, hat offenbar den Nachweis erbracht, dass er studierfähig ist.


    Selbiges gilt beim dualen Studium für die Fachhochschulreife-Prüfung.


    Keine einzige Lehrkraft hat in BaWü die Kompetenz irgendwem die Studierfähigkeit „nachzuwerfen“!


    Ich frage mich abermals, wie ein solcher Eindruck entstehen kann?!

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