Bedrückendes Arbeitsklima

  • Hallo an alle,



    ich bin neu hier und möchte etwas loswerden, das mich seit geraumer Zeit belastet. All das, was ich hier schildere, kann ich im Moment außer meinem privaten Umfeld niemandem schildern.


    Zu meiner Vorgeschichte:


    Ich habe mein Referendariat beendet und arbeite nun an einer Berufsschule. Ich war die letzten zwei Jahre meines Referendariats in verschiedenen Schulen. Diese Phase meines Lebens war zwar stark von Leistungsstress geprägt (wie bei vielen von euch auch), doch im Gesamten war ich innerlich stets zufrieden. Meine Schüler, Mitreferendare, (betreuenden) Lehrkräfte und die Sekretäre haben mich positiv getragen. Ich hatte bisher auch den Eindruck gehabt, dass meine Kollegen größtenteils mit dem Arbeitsort Schule zufrieden sind. Dies merke ich vor allem jetzt im Nachhinein: Wir haben damals trotz arbeitsintensiver Momente viel gelacht. Kurzum: Mir ging es wirklich gut und ich wusste: Meiner Berufung als Lehrkraft will ich unbedingt nachgehen.



    Zur aktuellen Situation:


    Aktuell bin ich an meiner Wunschschule. In den ersten Wochen hatte ich eine rosarote Brille auf. Ich sah alles, wirklich alles nur positiv. Doch nach und nach stellte ich fest, dass ich offenbar nicht zu diesem Umfeld passe. Ich verspüre eine sehr tiefliegende und permanente Unzufriedenheit im Kollegium. Warum dies so ist, weiß ich nicht.


    Ich schildere euch ein paar dieser negativen Situationen:


    Einmal in der Woche treffen sich alle Kollegen und besprechen allgemeine Themen. Mir graust es vor diesen Treffen. Mir graust es derart, dass ich daran einfach nicht mehr teilnehmen möchte. Dies zeigt sich z.B. an der „Debattierkultur“. Kleine, harmlos, banal erscheinende Themen werden oftmals stark negativ aufgefasst und dann fängt‘s richtig an zu „knallen“. Mit „knallen“ meine ich nicht mal kurzes Geschimpfe. Oder die üblichen Meckerer, Bedenkenträger, nein. Es wird aggressiv geschimpft, beleidigt, geschrien, etc. Es soll an dieser Stelle noch gesagt sein, dass es nur zwei Kollegen sind, die wie beschrieben, sich sehr offensiv verhalten. Dann gibt es noch weitere zwei Kollegen, die im Hintergrund diese beiden Kollegen noch weiter anstacheln. Der Rest (auch der Fachbetreuer) hält sich still zurück. Ich habe keine Ahnung, was die tiefer liegende(n) Ursache(n) dieser Eskalationen ist (sind). Ich spüre nur, dass wegen dieser heftigen Eskalation wochenlang sehr schlechte Stimmung im Kollegium herrscht und kaum einer noch mit jemandem spricht. Oder nicht vor mir darüber gesprochen wird, weil ich neu bin. Und wenn ich mal doch was mitbekomme, dann ist es wieder ein lautstarkes Schreien.


    Anderes Beispiel: Ich komme morgens gut gelaunt ins Lehrerzimmer und grüße freundlich meine Kollegen. Manchmal kommt auch kein Hallo zurück, manchmal grüßt man mich normal. Manchmal aber hört man mein Hallo einfach nicht, weil wegen irgendetwas wieder lautstark geschrien wird.


    Diese negativ aufgeladene Stimmung belastet mich sehr und ich bin entsetzt, dass überhaupt so eine tiefe Unzufriedenheit herrschen kann. Ich bin nicht der Typ Mensch, der sich komplett von solchen Stimmungen isolieren kann (oder mag). Die schönsten Momente, die ich an dieser Schule habe sind die, in der ich unterrichte und mit meinen Schülern Spaß habe. Ich habe auch zwei Kollegen mit denen ich mich sehr gut verstehe und auch mal von Herzen richtig lachen kann. Doch sobald die Unterrichtszeit rum ist, versuche ich so schnell wie möglich meinen anderen Kollegen aus dem Weg zu gehen. Dieses Fluchtverhalten ist womöglich die Peripetie meiner Emotionen.


    So habe ich meinen Berufsstart in der Wunschschule nicht vorgestellt. Im Moment sehe ich auch keine Lösung, was ich tun kann, wenn die Schule wieder in Präsenz los geht. Aktuell tendiere ich dazu die Schule zu wechseln. Auf Dauer werde ich dort nicht glücklich.


    Habt ihr auch so ein bedrückendes Arbeitsklima erlebt? Wie geht ihr damit um?/Wie seid ihr damit umgegangen?


    Grüße Pons

  • chilipaprika

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Einmal die Woche mit allen zusammenzusitzen finde ich auch ungewöhnlich (Jetzt auch??? Trotz den Kontkatbeschränkungen?)

    Ist die Schulleitung bei diesen Treffen des gesamten(?) Kollegiums auch dabei? Und wenn ja: wie reagiert sie auf die Ausbrüche einzelner Kollegen? Wenn es da wirklich zu Ausschreitungen und Aggressionen kommt, würde ich auch erwarten, dass die Schulleitung hier reagiert. Und wenn sie nicht dabei ist: weiß sie davon?

    Du hast geschrieben, dass es zwei Kollegen gibt, mit denen du dich gut verstehst. Hast du mit denen mal gesprochen, wie es denen damit geht? Wie reagieren die darauf? Wenn die beiden schon länger da sind, wäre auch interessant mal zu fragen, ob dieses Problem schon länger besteht, oder erst in letzter Zeit. Selbst in meinem echt tollen und freundlichen Kollegium ist die Stimmung zu Zeit deutlich angespannter als gewöhnlich. Alle sind gereizter und haben weniger Nerven. Wenn man sich schon gut kennt, kann man das aber einordnen, für jemanden der neu dazu kommt, ist das sicherlich schwerer einzuschätzen.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Ist die Teilnahme Pflicht?


    Gibt es bei euch einen Personalrat?

    Die Teilnahme ist, wie ich vor kurzem erfahren habe, keine Pflicht. Allerdings werden dort häufig Abstimmungen getroffen, die tlw. recht wichtig sind.


    Ja, es gibt einen Personalrat. Ich weiß noch nicht, wer alles dort Mitglied ist. Was macht ein Personalrat?

  • Welche Abstimmungen sollten das sein? Wichtige Abstimmungen gehören exclusiv in die GK.

    Ich kenne mich mit den Begrifflichkeiten (Gruppenkonferenz? Lehrertreffen? Fester Tag?) und den dazugehörigen rechtlichen Bedingungen nicht wirklich gut aus. Kläre mich bitte gerne darüber auf.


    Ich mache mal ein paar Beispiele, was da im Allgemeinen abgestimmt wird:

    * Notengebung

    * gemeinsames Handeln auf bestimmte Schülerfragen

    * Prüfungstermine

    * Notenschutz/Notenausgleich (ja, nein, wie?)

  • Wie groß ist denn eure Schule? Oder redest du von einem Bereich?


    Ich habe mein Referendariat beendet und arbeite nun an einer Berufsschule.

    Meinst du damit deine ganze Schule? Reine Berufsschulen gibt es nicht.

    Und BBS oder BK und co sind meist nicht so klein. Außer Lehrerkonferenz würden sich niemals alle treffen.


    Kläre mich bitte gerne darüber auf.

    Hattest du kein Schulrecht im Ref? Wäre sinnvol, die wichtigsten Gremien einer Schule zu kennen! Und damit auch Rechte und Pflichten.

  • Sorry, mein Fehler: GK = "Gesamtkonferenz". Das ist bei mir in RLP das Höchste, was auf Schulebene möglich ist, sitzen alle drin: Lehrer, Schulleitung, SEB und seit neuestem ausserhalb der GS auch die Schülervertretung oder sollte zumindest ?!


    Anyway, Notengebung war bei uns immer GK-Beschluss, niemals niedriger. Dienstbesprechungen, wo sowas gern mal inoffziell (vor-)abgestimmt oder vorbereitet wird, sind hier eh raus aus der Beschlussfähigkeit

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Das sind außer mit Abstrichen Punkt 2 tatsächlich alles Themen für offizielle, verpflichtende Fach-, Abteilungs-, oder Gesamtkonferenzen. Die müssen ordentlich und fristgerecht einberufen,protokolliert usw. werden,sonst sind sämtliche Beschlüsse ungültig.


    Wenn bei euch die grundsätzliche Notengebung in einem informellen Treffen besprochen wird, läuft da noch deutlich mehr falsch als der raue Ton.


    Zufällig Lust zu wechseln? Ich kenne da eine Schule mit super Kollegium und Chefs, die dringend in nahezu allen Fächern Leute sucht 😁

  • Hm, das klingt in der Tat nicht gut und nach einem grundlegenden Problem. Was ich erschreckend finde, ist, dass sich offenbar ein ganzes Kollegium damit abfindet, gerade wenn es letztlich nur einzelne Kollegen sind. Wenn das wirklich so bleibt: Wechsel die Schule so schnell es eben geht! Das ist kein normaler Umgangston und sollte es auch nicht sein. Und bis dahin: nimm dich raus, wenn es irgendwie geht. Wenn die Treffen nicht verpflichtend sind, würde ich unter diesen Umständen nicht mehr teilnehmen und das auch kommunzieren, was der Grund dafür ist. Oder wenn es zur Zeit eh online ist: nimm teil und geh raus, wenn der erste rumbrüllt. Da kann man ja auch schön in den Chat schreiben, dass man diesen Umgangston nicht akzeptiert. Wer weiß, vielleicht schließt sich der ein oder andere Kollege dem es genauso geht ja an und am Ende sitzen die Brüller alleine in der Videokonferenz...

    Vielleicht kannst du ja einen Kollegen bitten, dir wichtige Entscheidungen weiterzuleiten, wobei Thamiel recht hat, dass in so einer unverbindlichen Zusammenkunft eigentlich nichts wichtiges abgestimmt werden kann.

    Was für mich auch nicht geht, ist dass die Schulleitung von all dem (angeblich?) nichts weiß. Das sollte sie wissen! Verhalten sich die Kollegen in Gesamtkonferenzen dann nicht so?

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Was macht ein Personalrat?

    An den wendest du dich mit allen möglichen Anliegen, die das Arbeits-/bzw. Schulleben betreffen, auch Probleme mit Kollegen, mit der Schulleitung, Organisatorisches in der Schule, Stundenpläne, Arbeitsbelastung durch Extra-Aufgaben etc.. Z.B. auch bzgl. des Ablaufs dieser Konferenzen. Der PR könnte zum Beispiel initiieren, dass Gesprächsregeln erstellt und eingehalten werden, an die sich jeder halten muss, dass es nicht so ausartet. Wenn dich das so belastet und du es freiwillig machst, lass es. Mir wäre mein persönliches Wohlergehen da wichtiger. Du kannst ja nächstes Jahr wieder reinschauen...

  • Das sind außer mit Abstrichen Punkt 2 tatsächlich alles Themen für offizielle, verpflichtende Fach-, Abteilungs-, oder Gesamtkonferenzen. Die müssen ordentlich und fristgerecht einberufen,protokolliert usw. werden,sonst sind sämtliche Beschlüsse ungültig.


    Wenn bei euch die grundsätzliche Notengebung in einem informellen Treffen besprochen wird, läuft da noch deutlich mehr falsch als der raue Ton.


    Zufällig Lust zu wechseln? Ich kenne da eine Schule mit super Kollegium und Chefs, die dringend in nahezu allen Fächern Leute sucht 😁

    Danke für die Erklärungen. Ich bin nun motiviert, die jeweiligen Ordnungen noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. :)


    Dass dort noch mehr schief läuft, glaube ich leider auch. Vermutlich bekomme ich nur die Spitze des Eisbergs zu sehen.


    Danke für das nette Angebot. Ja, ich habe große Motivation zu wechseln. Ich bin leider für zwei Jahre gebunden, bevor ich wechseln kann.

  • Okay, deine nachträglichen Erklärungen machen es deutlicher.


    Las sich aus deinem anderen Beitrag anders heraus.


    Mich wundert, dass es im Stundenplan steht, dann könnte es tatsächlich sein, dass es zum Deputat zählt?
    Ich nehme an, die besprochenen Themen gehören dann auch nur zu dem Fachbereich?


    Es klingt nach sehr viel Treffen und definitiv klingt es nicht zielführend.

    Mach dir auf jeden Fall klar, neben der nicht verpflichtenden Teilnahme, dass nicht zwingend alles was dort abgestimmt/besprochen wird auch von dir zwingend umgesetzt werden muss. Und daher ist es sinnvoll, seine Rechte und Pflichten zu kennen.


    Gibt es keinen angenehmen Kollegen, der dich aufklären kann darüber?
    Wie sieht es in anderen Fachbereichen aus? Oder bist du nur in dem einen?

  • An den wendest du dich mit allen möglichen Anliegen, die das Arbeits-/bzw. Schulleben betreffen, auch Probleme mit Kollegen, mit der Schulleitung, Organisatorisches in der Schule, Stundenpläne, Arbeitsbelastung durch Extra-Aufgaben etc.. Z.B. auch bzgl. des Ablaufs dieser Konferenzen. Der PR könnte zum Beispiel initiieren, dass Gesprächsregeln erstellt und eingehalten werden, an die sich jeder halten muss, dass es nicht so ausartet. Wenn dich das so belastet und du es freiwillig machst, lass es. Mir wäre mein persönliches Wohlergehen da wichtiger. Du kannst ja nächstes Jahr wieder reinschauen...

    Danke für die Erläuterungen.

    Einer der Kollegen, der im Hintergrund die beiden anderen anstichelt, ist im Personalrat tätig. Diese Person ist auch in diesen Sitzungen dabei und bekommt alles mit. Wenn die anderen zwei wieder anfangen zu schreien und zu schimpfen, sagt er überhaupt nichts dazu. Erst später, wenn alle anderen weg sind spricht er gezielt mit den beiden. Zunächst dachte ich, er versucht diese beiden Menschen zu beschwichtigen oder Frieden zu stiften. Später habe ich aber deren Gespräche genau mitbekommen, weil sie mich nicht im Raum sitzen gesehen haben. Und diese Gespräche waren alles andere als beschwichtigend. Ich kann also unmöglich zum Personalrat hin und erzählen, was mich bedrückt.

  • Und diese Gespräche waren alles andere als beschwichtigend. Ich kann also unmöglich zum Personalrat hin und erzählen, was mich bedrückt.

    Das klingt gar nicht gut!


    Es gibt aber auch noch einen Hauptpersonalrat, da sind ja sowieso noch mehr drin. Versuch also dir einen anderen Ansprechpartner zu suchen.
    Wenn man konkret weiß welches Bundesland, dann gehen Tipps auch konkreter.

    In NRW könnte ich dir den passenden Link schicken.

  • An meiner alten Schule haben sich auch ein paar Lehrer im Team privat getroffen und wichtige Entscheidungen gefällt (Schülerbuchwahl, disziplinarische Maßnahmen...). Ich kam neu zu dem Team dazu und wurde zu diesen abendlichen, privaten Treffen per Mail eingeladen. Der Fachbereitsleiter war nicht dabei, weil den keiner mochte. Fand ich völlig unpassend, ich hab dann eine Rundmail an alle Betroffenen geschickt, dass ich schulische Dinge gern in der Schule besprechen möchte und dass der Fachbereitsleiter da auch mitzureden hat (bzw auch mitbekommen soll, was da alles diskutiert wurde, der hielt sich nämlich von jeglicher Arbeit fern) - kurzum, ich habe meinen Unmut sehr laut kundgetan und dann war Schluss mit diesen Treffen, es wurde alles in der Schule besprochen.

    Wäre das eine Möglichkeit? Ich mein, wenn´s nicht offiziell ist, dann sitzt du ja am längeren Hebel und du boykottierst jetzt einfach ihr System. Und nicht denken "aber wenn die dann trotzdem" etc., es wird allein durch deine angestrebte Änderung sich verändern.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Diese Treffen zählen nicht zum Stundendeputat. Ich bin in zwei Fachbereichen dabei. Da, wo es knallt und diese wöchentlichen Treffen anstehen, ist mein "Hauptfachbereich".


    Ich empfinde diese Treffen oftmals auch als wenig zielführend. Hin und wieder ist es auch so, dass überhaupt keine Lösungen gefunden werden (wollen), sondern nur um den Frust abzulassen, sich dort trifft (so mein Eindruck).


    Vermutlich brauche ich noch etwas Zeit neben den beiden Kollegen, zu denen ich etwas Vertrauen aufbauen konnte, noch weitere zu finden, die sich mit rechtlichen Dingen gut auskennen.


    Ja, ich bin noch in einem anderen Fachbereich drin. Aufgrund der räumlichen und zeitlichen Trennung sehe ich diese Kollegen leider sehr wenig. Ich nehme die zweite Abteilung ganz anders wahr. Die Menschen dort sind freundlicher und der Umgangston ist gesittet. Ein paar Mal habe ich von einer Kollegin zu hören bekommen, dass sie die Abteilung in der ich drin bin, stark missbilligt. Sie hat mir auch angeboten, dass ich mich gerne öfters sehen lassen soll. Leider ist dies wegen der unterschiedlichen Stundenpläne schwierig sich öfter zu sehen.



    Rechte und Pflichten kennen - ein sehr gutes Stichwort. Ich will mich darüber unbedingt tiefer einlesen. Durch das Lesen alleine ist es leider auch nicht getan. Ich muss im nächsten Schritt auch klar benennen, warum ich z.B. nicht mehr an der Sitzung teilnehme oder abstimmme. Der Fachgruppenleiter wird automatisch nur das eine hören: "Du machst deinen Job nicht korrekt". Mein Fachgruppenleiter ist auch 25 Jahre älter als ich und stelle (als neue Lehrperson) seine Handlung in Frage.

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