Wortarten "einfach märchenhaft"

  • Guten Morgen miteinander, es gibt dieses Buch über Wortarten mit den Montessori-Symbolen. Lohnt sich die Anschaffung? Oder hat jemand von euch den ultimativen Tip, wie man das Konzept 'Wortarten' auch schwächeren Schülern vermitteln kann? Sie wissen schon irgendwann, dass man "tanzen" tun kann und auf die Frage "wie ist das Eis" "kalt" antworten. Aber bei unregelmäßig gebeugten Verben z.B. hört's meist auf. "Ich bin". Was tue ich? "sein" funktioniert dann nicht mehr.


    Ich habe allerdings selbst wenig Plan von deutscher Grammatik und muss dringend mal nachholen...


    Vielleicht sollte ich tatsächlich mal wieder aktiv ein Grundlagenwerk Deutschdidaktik zu Gemüte führen...?

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe mir das gekauft und es an meiner Ex-Schule mit der leistungsschwachen Klasse, die ich da hatte, umgesetzt (beginnend im Verweiljahr, d.h. 3. Schulbesuchsjahr in der 2. Klasse).

    Das Verständnis der (in den vorherigen beiden Schuljahren bereits eingeführten grundlegenden Wortarten) hat sich bei den Kindern nicht verbessert. Sie mussten sich zusätzlich ja noch die Märchenfiguren merken und waren schon damit überfordert. Von den Farben und Symbolen schweigen wir. Das begann bereits mit der ersten Geschichte (Prinz und Prinzessin Nomen waren das glaube ich):

    Die Geschichte an sich fanden sie gut, aber es dann wirklich mit Nomen in Verbindung zu bringen war ein Abstraktionslevel, das von den leistungsschwachen Kindern (IQ zwischen etwa 85 und 95, Leistungen wie im Förderbereich "Lernen") nicht geleistet werden konnte. Die Kinder im mittleren Bereich kamen klar, hätten das aber auch ohne die Geschichte gekonnt, zwei der leistungsstärkeren waren etwas fassungslos, weil sie keine Märchen hören, sondern gezielt und schnell was lernen wollten.

    Mit sturem Auswendigpauken von Merksätzen im Chor (sorry an alle Lehramtsanwärter, Fachleiterinnen und Berufsanfänger) wäre vermutlich mehr bei rumgekommen (oder zumindest das gleiche in weniger Zeit).


    Edit: "sein" und "haben" sind Spezialfälle. Die habe ich bisher immer gezielt als Sonderfälle geübt. Immer wieder beugen, immer wieder als Verben benennen - auch bei meiner jetzt leistungsstarken Klasse.

    Für Nomen hatte eine Kollegin (Lerntherapeutin bei Duden) die Empfehlung dieses unselige "was man anfassen kann" aus dem Anfangsunterricht gegen "alles was man haben kann" auszutauschen. Klang gut, hatte in der Praxis aber auch Fallstricke. "Regen" ist kein Nomen, das kann ich nicht haben. "Freude" muss man in Sätze, die die Kinder z.T. gar nicht verwenden benutzen, damit sie ein Nomen ist: "Ich habe Freude an..." - man muss also erst solche Sätze sprechen üben.

    Außerdem gab es Nicht-Nomen, die man aus Sicht der Kinder haben konnte, die fallen mir aber gerade nicht ein.

  • Guten Morgen,

    ich unterrichte momentan eine Deutschklasse auf einer Förderschule L und als erstes Thema hatte ich auch Wortarten. Ich kann dich also vollkommen verstehen. "sein" wird Probleme verursachen, sollte aber als Ausnahme behandelt werden.

    Durch Montessori Symbole und didaktischen Erlebnisunterricht konnte ich gute Erfolge erzielen. Ich habe ihnen auch klar gemacht, wie wichtig die Wortarten sind und dass sie uns das ganze Jahr über begleiten.
    Also meine Erfahrung nach solltest du mit Montessori weit kommen. Je mehr man die Kinder selbst entdecken lässt und veranschaulicht, desto besser werden sie es verstehen. Erwarte jedoch nicht zu gute Leistungen innerhalb kurzer Zeit!

  • Conni : Was hältst du davon, dass man wirklich mit den anfassbaren Dingen anfängt und die abstrakteren Dinge (z.B. der Frieden) bzw. Nominalisierungen (z.B. das Abheften) nach und nach phänomenorientiert thematisiert? Das wäre sicher einfacher als einen Merksatz zu finden, der zwangsläufig alle Fälle irgendwie abdeckt. Ansonsten kommt man an seine Grenzen, wenn man "das Schwarz", "schwarz" und "schwärzen" hat.

  • Mit sturem Auswendigpauken von Merksätzen im Chor (sorry an alle Lehramtsanwärter, Fachleiterinnen und Berufsanfänger) wäre vermutlich mehr bei rumgekommen (oder zumindest das gleiche in weniger Zeit).

    Dazu kann ich nur sagen, dass ich Sprüche wie "Nach im, am, vom, beim zum werden Verben zu Substantiven und damit groß geschrieben" heute noch im Kopf habe. Nicht alles, was früher mal gemacht wurde, ist schlecht.

  • Dazu kann ich nur sagen, dass ich Sprüche wie "Nach im, am, vom, beim zum werden Verben zu Substantiven und damit groß geschrieben" heute noch im Kopf habe. Nicht alles, was früher mal gemacht wurde, ist schlecht.

    Das Thema "Wortarten" wird ja spiralförmig behandelt vom Anfangsunterricht bishin zur Mittelstufe/Sek I. Die komplexere Erläuterung sehe ich gut in der gymnasialen Sek I anwendbar.

  • Das Thema "Wortarten" wird ja spiralförmig behandelt vom Anfangsunterricht bishin zur Mittelstufe/Sek I. Die komplexere Erläuterung sehe ich gut in der gymnasialen Sek I anwendbar.

    Der Spruch kommt übrigens aus der Grundschule. Da wurde in den 90ern viel Grammatik gemacht und die Kinder sind nicht reihenweise tot umgefallen. Aber das ist jetzt wirklich eine andere Diskussion...

    • Offizieller Beitrag

    Aus dem Grund "singe" ich auch viel im Chor mit meinen Schüler*innen. Alle zusammen immer wieder ein Verb konjugieren oder Ausnahmen, das bleibt im Kopf.
    Ich kenne noch fast alle meine Lateindeklinationen auswendig, die deutschen sowieso (die wunderschönen "Töpfe") und unvergessen bleibt "zerbe-er", der in der Hölle schmort (ge miss zer ber er ent emp ver ... na?).

  • Ich finde es prinzipiell hilfreich, wenn bestimmte Wortarten durchgängig eine Farbe und ein Symbol haben. Da an meiner Schule mit dem JoJo-Sprachbuch gearbeitet wird, habe ich einfach ganz frech die Montessori-Symbole farblich abgeändert und auf unser Buch zugeschnitten: Nomen großes blaues Dreieck, Adjektive kleines grünes Dreieck, Verben wie vorgesehen roter Kreis! Damit kommen die Kinder super klar... Frau Montessori möge es mir verzeihen (-;

  • Hallo,


    ich habe in den letzten Jahren mit diesem Buch in der 1. und 2. Klasse gearbeitet und sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Kinder steigen voll auf die Geschichten ein und ich habe schon den Eindruck, dass deutlich mehr hängenbleibt. ALLE Kinder wussten am Ende der erten Klasse sehr sicher, was ein Nomen ist. Inzwischen haben wir auch den bestimmen und unbestimmten Artikel und haben vor Weihnachten mit dem Verb angefangen.

    Also ich persönlich würde das Buch empfehlen. Allerdings habe ich einen Kritikpunkt: Die Bilder der Märchenfiguren finde ich in dem Buch abstolut hässlich und habe andere Bilder verwendet, also eine andere Prinzessin, ... Die Symbole habe ich an die bei uns an der Schule üblichen Farben angeglichen (Noman=blau, ...), damit in der 3. Klasse jede Kollegin gut weiterarbeiten kann, auch wenn sie nicht mit den Symbolen arbeitet, dann kann man trotzdem die Farben weiterverwenden.

    • Offizieller Beitrag

    Dazu kann ich nur sagen, dass ich Sprüche wie "Nach im, am, vom, beim zum werden Verben zu Substantiven und damit groß geschrieben" heute noch im Kopf habe. Nicht alles, was früher mal gemacht wurde, ist schlecht.

    Ja, diese Sprüche sitzen bei mir auch noch gut. :top:

    • Offizieller Beitrag

    Conni : Was hältst du davon, dass man wirklich mit den anfassbaren Dingen anfängt und die abstrakteren Dinge (z.B. der Frieden) bzw. Nominalisierungen (z.B. das Abheften) nach und nach phänomenorientiert thematisiert? Das wäre sicher einfacher als einen Merksatz zu finden, der zwangsläufig alle Fälle irgendwie abdeckt. Ansonsten kommt man an seine Grenzen, wenn man "das Schwarz", "schwarz" und "schwärzen" hat.

    Entschuldige bitte. Ich bin davon ausgegangen, dass die Grundschullehrer:innen, die hier mitlesen einen sukzessiven Aufbau ganz selbstverständlich umsetzen und der Knackpunkt eben die von dir genannten späteren Abstrakta und Nominalisierungen sind. Daher bin ich nur auf Letzteres eingegangen und habe nicht beim Urschleim angefangen. Wobei das ja wieder ein Abstraktum wäre.

  • Was hältst du davon, dass man wirklich mit den anfassbaren Dingen anfängt

    Ich halte da gar nichts von ... weil die Kinder dann in Klasse 3 mit den abstrakteren Nomen ihr komplettes Konzept umstellen müssen und alles durcheinanderwerfen.

    Dazu gibt es ja auch den Hinweis, dass man "Ofen" im Sommer groß schreibt und im Winter klein, weil er im Winter zu heiß ist und deshalb nicht anfassbar ... also klein geschrieben werden muss.

    Sinnvoller ist es, von Beginn an mit Kriterien zu arbeiten, also Namen für Menschen, Tiere, Pflanzen, Dinge, Zuordnungen, Artikel, Mehrzahl.

    • Offizieller Beitrag

    Ich halte da gar nichts von ... weil die Kinder dann in Klasse 3 mit den abstrakteren Nomen ihr komplettes Konzept umstellen müssen und alles durcheinanderwerfen.

    Jepp, damit hast du natürlich Recht, aber man geht schon von etwas Konkretem (Menschen, Tiere, Pflanzen, Gegenstände) aus und führt die Abstrakta später ein. Artikel habe ich ebenfalls in der 1. immer schon eingeführt. Mehrzahlbildung als Kriterium - hmmm, weiß ich nicht, ob 1 oder 2. In der 3/4 kommen die Adjektivprobe, die Suffixe und die Nominalisierungen dazu.

  • Hinzu kommt natürlich, dass gerade abstrakte Nomen oder einfach Unzählbares keine Mehrzahl haben (z.B. Frieden, Glück, Wasser). Da finde ich die stätige Kriterienerweiterung schon sinnvoller.

  • Ich benutze die Symbole von Montessori. Die Kids können sich oft nicht den Fachbegriff z. B. Nomen merken, aber wissen, dass ein schwarzes Dreieck über das Wort gemalt werden muss. Also haben sie die Regel mit dem Symbol verknüpft. Die Protagonisten an der Seitenwand erinnern sie an die Geschichte und liefern die Fachbegriffe.


    Die passenden Bilder gibt es mittlerweile auch in hübsch. Z. B. bei lehrermarktplatz.

  • ... Frau Montessori möge es mir verzeihen (-;

    Pscht, sonst dreht sie sich noch im Grabe um!


    Danke erst mal, für eure Anregungen und Erfahrungen:wink2:


    Hat jemand noch einen ultimativen, aktuellen Methoden- oder Deutschdidaktikgrundlagenklassikertip?

  • Pscht, sonst dreht sie sich noch im Grabe um!


    Danke erst mal, für eure Anregungen und Erfahrungen:wink2:


    Hat jemand noch einen ultimativen, aktuellen Methoden- oder Deutschdidaktikgrundlagenklassikertip?

    Mit "Deutsche Grammatik verstehen und unterrichten" von Granzow-Emden bist du mMn auf dem aktuellsten Zug des Themas. Aber: Ob die Kinder mit der dort vorgestellten Sichtweise die Wortarten am Ende besser auswendig können, mag ich bezweifeln. Letztlich ist sein Standpunkt nämlich, dass gerade Grundschulkinder die Phänomene selber entdecken und verstehen sollen. Eigentlich auch genau das, was im Lehrplan gefordert wird. Aber es ist wie mit der Digitalität: Lehrst du nach dem Lehrplan bzw. den aktuellen didaktisch-methodischen Grundsätzen, lehrst du eben weniger faktuales Wissen. Das wird aber am Ende meistens geprüft und an der weiterführenden Schule verlangt.


    Die wenigsten Verben sind Tu-Wörter und nicht alle Nomen kann man anfassen. Bringt man den Kindern das bei, können sie vermutlich aber viele Wörter richtig bestimmen. Nur hat man ihnen dann weder beigebracht, die deutsche Sprache zu untersuchen, noch hat man ihnen etwas beigebracht, was stimmen würde. Denn aus Sicht der Linguistik sind Wortarten nicht primär über semantische Aspekte definiert.


    Vorschlag der (Fach-) Wissenschaft ist der syntaktische Ansatz: Nomen sind Wörter, die man groß schreibt, wenn man sie nach links erweitern kann.

    Haus

    das Haus

    das große Haus

    das große, blaue Haus


    Es gab da auch einen Thread bei Twitter zu:

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    Das klappt doch nicht und ist viel zu schwer!?!

    Das müsste man mal testen: https://www.didaktik-deutsch.d…2018/06/S32-52103-116.pdf

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