Alternative zum Lehrberuf

  • Guten Abend,


    ich arbeite seit nun 7 Jahren an einer Haupt-/Realschule mit schwieriger Schülerschaft. Die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund ist sehr hoch und nur wenige möchten sich integrieren - als Lehrerin hat man da schon oft eine schlechte Stellung. Viele Kinder sind stark verhaltensauffällig mit ESE Gutachten. In manchen Klassen sitzen zusätzlich bis zu 6 Kinder mit L-Gutachten. Einige der Kinder wurden als nicht therapierbar aus einer Klinik entlassen und in die Schule zurückgeführt. Die meisten haben in ihrem Kopf keinen Platz für Schule. Viele Kinder sind schon vorbestraft und eine Hand voll ist so aggressiv, dass man echt Angst haben muss, dass man eine verpasst bekommt.


    Ich habe nun zum zweiten Mal einen Versetzunhsantrag gestellt, mit schlechter Aussicht auf Erfolg. Nach Rücksprache mit der SL werden Sie es bis zum Limit mit Ablehnungen ausreizen, weil ich mit meiner Mathestelle einfach zu sehr gefragt bin. Viele Schulen haben schon Interesse an mir bekundet. Aber ich komme nicht weg dort.


    Jeden Tag verliere ich ein Stück mehr von der Begeisterung, die ich für diesen Beruf hatte. Ich bin nervlich am Ende. Ich bin ausgebrannt und könnte nur noch schlafen. Mein Privatleben leidet sehr darunter. Ich habe keine Kraft mehr für meine eigenen Kinder, die mich so sehr brauchen.


    Immer häufiger denke ich darüber nach, den Beruf als Lehrerin aufzugeben, um endlich wieder glücklich zu sein. Ich bin verbeamtet und die Probezeit ist auch bereits rum. Welche Alternativen bleiben mir, ohne große Geldeinbußen?


    Liebe und traurige Grüße

  • Es ist ein bischen schwierig, dir Alternativen zu nennen, da du sehr wenig über dich schreibst.

    Welche Fächer hast du denn und was kannst du so? Hast du irgendwelche Erfahrungen in anderen Bereichen?


    Im Schulbereich sehe ich folgende Möglichkeiten:

    • Versetzung durch Aufstiegsstelle
    • Versetzung durch Elternzeit
    • Wechsel in die Fachleitung/ans Studienseminar <-- Interesse an der Tätigkeit vorausgesetzt
    • Bewerbung auf eine Abordnungsstelle (Uni, Bezirksregierung, Schulträger), die keine Freigabe erfordert. <-- Interesse an der Tätigkeit vorausgesetzt
    • Anlauf der Frist bis zur automatischen Versetzungsfreigabe abwarten und bis dahin gucken, ob es Fortbildungen gibt, die dir beim Umgang mit den Problembaustellen an deiner Schule helfen.
  • Meine Familienplanung ist bereits seit 7 Jahren abgeschlossen. Ich habe 2 eigene Kinder.


    Ich unterrichte Mathematik und Sozialkunde. Derzeit coronabedingt eigentlich alle Fächer durch feste Lerngruppen (D, Eng, Mu, Ku, MNT, ...).

    Während des Studiums habe ich im Einzelhandel gearbeitet.


    Aufstieg und Studienseminar sind für mich persönlich nicht erstrebenswert.


    Was hat es mit einer Abordnungsstelle auf sich?


    Mir wurde gesagt das sich eine Versetzungsfreigabe bis 5 Jahre hinziehen kann.


    Fortbildungen hatte ich, aber mir haben sie bisweilen nicht geholfen. Viel Theorie die in der Praxis kaum einsetzbar ist bzw. Nicht gefruchtet hat.


    Wissen Sie was mit dem Beamtenstatus passiert, wenn man sich aus dem Schulwesen zurückzieht? Bleibt dieser bestehen? Sowie die Gehaltsklasse? Oder fängt man bei Null an?

  • Wenn du tatsächlich darüber nachdenkst dem Schuldienst den Rücken zu kehren, dann solltest du dich sowohl begleitend, als auch vorab unbedingt rechtlich von deiner Gewerkschaft beraten lassen, um alles im Blick zu behalten, was dabei zu beachten ist. Prüf vielleicht auch für dich, ob es im Extremfall eine Option für dich wäre, den Beamtenstatus aufzugeben um früher wegzukommen und dann ggf. andernorts als Angestellte weiterzumachen mit der deutlich höheren Flexibilität, die dieser Statuswechsel mit sich bringt. Gruenfink ist diesen Weg beispielsweise gegangen.

    Lass dich unbedingt auch von deinem örtlichen PR und oder Gewerkschaft eingehend zu deinen Optionen beraten angesichts der massiven psychischen Belastung, die offenbar mit deiner jetztigen Stelle einhergeht, ob es vielleicht möglich ist, dass du vor Ablauf von 5 Jahren eine Freigabe erzwingen kannst. Letztlich ist ja niemandem damit gedient, wenn du entweder nach 5 Jahren mit Burnout ausscheidest oder vorher aus Verzweiflung dem Schuldienst komplett den Rücken kehrst, egal wie drängend man an dieser speziellen Schule gerade deine Fächer benötigen würde.

    Versuch unbedingt dir erst einmal jetzt bis Weihnachten, wenn du hoffentlich wieder etwas auftanken kannst, kleine Inseln zu suchen im Alltag, die dir zumindest etwas Kraft und Zuversicht geben. Das ist ganz und gar essentiell, um gesund zu bleiben.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wenn ihr auf einen Teil des Einkommens verzichten könnt, vielleicht die Stunden auf ein Minimum zurückschrauben, oder wenn es gerade auch ohne geht: hast du noch Elternzeit übrig und für später übertragen? Oder einfach aus familiären Gründen Beurlauben lassen, Sabbatjahr ansparen und direkt mit der Freistellung starten,...

    wenn die Schulleitung dich nicht gehen lassen will, muss man sich rar machen.

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Meine Elternzeit ist aufgebraucht. Die erste im 1. Staatsexamen und die zweite im 2. Staatsexamen. Leider wird es schwer für uns mit geldlichen Einbußen. Ich hatte letztes Jahr nach Ablehnung der Versetzung überlegt in meiner Stundenzahl herunter zu gehen und durchgerechnet. Ist leider nicht drin derzeit.

  • Jeden Tag verliere ich ein Stück mehr von der Begeisterung, die ich für diesen Beruf hatte. Ich bin nervlich am Ende. Ich bin ausgebrannt und könnte nur noch schlafen. Mein Privatleben leidet sehr darunter. Ich habe keine Kraft mehr für meine eigenen Kinder, die mich so sehr brauchen.

    Wenn ich das lese, würde ich mir an deiner Stelle ärztliche/therapeutische Hilfe suchen. Ich wünsche dir alles Gute.

    Ich bin Grundschullehrer, ich muss nicht die Welt retten!!!

  • Wenn ich das lese, würde ich mir an deiner Stelle ärztliche/therapeutische Hilfe suchen. Ich wünsche dir alles Gute.

    Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen zu meinem Hausarzt zu gehen und zu sagen, ich bin müde. Der lacht mich doch sicher aus. Ich bin ja nicht wirklich krank.

  • Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen zu meinem Hausarzt zu gehen und zu sagen, ich bin müde. Der lacht mich doch sicher aus. Ich bin ja nicht wirklich krank.


    Doch, bist du möglicherweise doch. Lass das den Arzt sondieren. Wenn ich von deiner Scham vorm Arzt lese, denk ich, du wärst ein Mann.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Ich denke auch, dass du evtl. nah am Burnout stehst. Geh' bitte unbedingt zu deinem Hausarzt/ärztin und vertraue dich ihm/ihr an. Wenn er/sie dich nicht ernst nehmen sollte, wechsle den Arzt.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Auf jeden Fall. Wenn ich dem Hausarzt nicht vertraue oder gar fürchten muss, ausgelacht zu werden, würde ich mir womöglich gleich jemand anderes suchen, vielleicht jemanden, der eher darauf spezialisiert ist.


    Jemand, der einen vielleicht auslacht, kann nicht die richtige Anlaufstelle sein.

  • Jeden Tag verliere ich ein Stück mehr von der Begeisterung, die ich für diesen Beruf hatte. Ich bin nervlich am Ende. Ich bin ausgebrannt und könnte nur noch schlafen. Mein Privatleben leidet sehr darunter. Ich habe keine Kraft mehr für meine eigenen Kinder, die mich so sehr brauchen.

    Ich habe jetzt die anderen Beiträge nicht gelesen... Aber das spricht doch Bände.


    Ab zum Arzt. Z73.


    Und dann schauen wir mal, wie lange die Schule dich noch halten will, wenn du laufend gelbe Scheine vorlegst.


    Es kann doch nicht sein, dass man seinen Beruf aufgeben muss, nur weil man das Pech hatte, in einer Schule mit unzumutbaren Arbeitsbedingungen zu landen.

  • Ich kann MrsPace nur zustimmen:

    "nervlich am Ende", "keine Freude mehr", "Privatleben leidet", "keine Kraft mehr", "könnte nur noch schlafen" - da lacht dich kein Arzt aus!

    Nebeneffekt: Irgendwann kapiert's auch deine Schulleitung, dass es so nicht mehr weiter geht!

  • Doch, bist du möglicherweise doch. Lass das den Arzt sondieren. Wenn ich von deiner Scham vorm Arzt lese, denk ich, du wärst ein Mann.

    Was hat das mit dem Geschlecht zu tun?



    Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen zu meinem Hausarzt zu gehen und zu sagen, ich bin müde. Der lacht mich doch sicher aus. Ich bin ja nicht wirklich krank.

    Davon würde ich nicht ausgehen, dass der dich auslacht. Schildere ihm, wie es dir geht und dass du aktuell befürchtest, auf einen Burnout zuzusteuern, denn zumindest liest es sich so, was du eingangs beschrieben hattest. Lass dich begleitend von Gewerkschaft/PR beraten, damit es nicht so weit kommen muss und du hoffentlich schnell weg kannst. Auch mit Gewerkschaft/PR solltest du dabei unbedingt sehr offen und ehrlich über deine psychische Belastung sprechen, damit denen klar ist, dass es wirklich brennt bei dir und du alle Hilfe benötigst, du du bekommen kannst. Ich wünsche dir alles Gute. Pass gut auf dich auf!

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Häufig, nicht immer. Selbst wenn deine Aussage richtig wäre, würde eine wehleidige Person lediglich mit höherer Wahrscheinlichkeit männlich als weiblich sein.

    Kurzes Rechenbeispiel: 40% aller Männer und 30% aller Frauen sind wehleidig. Es gibt genauso viele Männer wie Frauen. Dann wäre eine wehleidige Person mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,4/(0,4+0,3)=0,4/0,7=4/7 männlich und mit einer Wahrscheinlichkeit von 3/7 weiblich (unter der Annahme, dass es nur m und w gibt).

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • AU, lange, wiederholt, bis die SL merkt, dass sie ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkommt, wenn sie dich auf die Art weiter verheizt. Aufsässig werden. Nicht mehr jeden Vertretungsplan schlucken, unbequem werden, Änderungen verlangen, Gesundheit an die erste Stelle setzen, nicht nur die Körperliche. Kein Arzt lacht, wenn ein Lehrer solche Symptome schildert. Das ist the oldest story in the book. Das wird nicht mehr von selbst besser. Das ist kein Licht mehr am Ende dieses Weges. Da muss ein anderer Weg her. Die Tragödie liegt nur in der Zeit die es braucht, sich das selbst einzugestehen.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

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