Unglücklich in der 1. vollen Stelle

  • raindrop , ich saß einst in einer Gerichtsverhandlung von einem jungen Mann, der zur Stoffbeschaffung geklaut und sich hinterher mit dem Sicherheitspersonal gekloppt hatte. Er hätte einer meiner Ex-Schüler sein können oder der Vater einer meiner Schüler und er tat mir wirklich Leid. Der Richter war sehr genervt von dem Typen und verknackte ihn zu irgendwas und bei mir blieb das Gefühl "aber der Junge braucht eine Therapie! Seine Eltern hatten ihn nie lieb! etc." und hatte damit natürlich auf eine Weise auch Recht. Hinterher erfuhren wir dann, wie viele Entzüge, stationäre Aufenthalte, Therapien und Bewährungsstrafen dieser Mensch bereits hinter sich hatte. Und auch, dass er diese Strafe nie antreten, sondern in Berufung gehen würde und in der nächsten Instanz dann abgemildert werden würde, was wiederum den Richter ob der Sinnlosigkeit seines Handelns verzweifeln ließ...


    Jugendliche mit schweren Störungen brauchen natürlich professionelle Hilfe und pädagogische Gespräche, aber das gibt ihnen nicht das Recht, -weder juristisch noch moralisch- andere zu bedrohen, zu beklauen, oder sie zu verletzen.


    Ich würde sehr klar vorgehen, wenn ein Jugendlicher einen anderen bedroht, da es selbstredend vorher schon 100 andere Gespräche und Hilfen gab. Wie viel mehr muss man da seine Kollegen schützen, die nicht nur dieses eine Kind unterrichten sollen, sondern noch 100 andere, die dasselbe Anrecht auf Unterstützung haben, auch wenn sie sich nicht bemerkbar machen?


    Und zuguterletzt darf man meiner Meinung nach niemals ein Opfer, das um Hilfe ersucht, zum Schuldigen stilisieren, indem man sagt, wie es hätte handeln müssen und wie man selbst angeblich gehandelt hätte. Damit macht man es gleich ein weiteres Mal zum Opfer.

  • Samu, die ersten Absätze die du geschrieben hast, kann ich voll unterstützen und nichts anderes habe ich auch gesagt.

    Nirgendswo habe ich gesagt, dass der Jugendliche das Recht hat sich so zu verhalten. Sein Verhalten muss Konsequenzen haben.

    Der TE hat aber auch nichts davon gesagt, dass das ein Wiederholungstäter war.

    Das ist alles emotionale Spekulation unsererseits.


    Man sollte jedem Menschen eine zweite Chance geben oder das Gespräch suchen. Wenn er die schon hatte, dann kann ich alle Register verstehen, die hier aufgeführt wurden.


    Nichts liegt mir ferner als ein Opfer zum Schuldigen zu stilisieren, auch das habe ich nirgendswo gemacht. Das ist hier allerdings ein Forum und die TE hat um Infos, Rat usw. gefragt. Dazu gehört auch Ratschläge zu erteilen, von Menschen die damit Erfahrung mit solchen Situationen haben, wie man es beim nächsten Mal besser machen kann oder sich Verhalten sollte.


    Das einzige was ich da angemerkt habe war, dass der Vorfall ein halbes Jahr her ist. Eine Reaktion jetzt dazu halte ich nicht für zielführend, ausser diese Drohungen wurden seitdem immer wieder gemacht.


    Das scheint aber auch nicht das Hauptproblem der TE zu sein. Die Schule ist das Problem. An dem Punkt kann man sich nur Verbündete suchen. Findet man die nicht in so einem Umfeld, muss man von dort weg, sonst geht man kaputt.


    Brennpunktschulen und dazu zählen nach meiner Erfahrung auch die meisten Hauptschulen die ich kenne, kannst du nur mit einem guten Konzept, klaren Regeln und alle ziehen an einem Strang überleben. Mein Referendariat habe ich an einer Schule in NRW gemacht, wo ähnliche Bedinungen herrschten wie die TE es aufführt. Nur Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer und eine rückgratlose und unfähige Schulleitung. Es war "himmlisch"...


    Dein Zitat oben aus meinem Text war von dir auch völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Ich halte dem TE bestimmt nicht vor wie ich reagiert hätte um sie zum Oper zu machen.

    Es ging mir nur darum, dass wir hier im Forum viel zu schnell damit sind die Keule rauszuholen und draufzuschlagen ohne genug Informationen zu haben.

    Bei meinen Pappenheimern, die ich kenne, wüsste ich, wie ich reagieren müsste, wie sie etwas meinen. Das soziale Umfeld der Kinder kenne ich und weiß wie ernst sie gewisse Drohungen meinen. Das alles wissen wir nicht über die Schulsituation der TE.

    Eine junge neue Lehrkraft die überfordert einen neuen Job angeht kann vieles bedeuten. Was es schwierig macht irgendwelche vernünftigen Tipps zu geben, ausser die, wie man von der Schule offiziell wegkommt.


    und beim nächsten Mal wäre es nett, wenn du gleich schreibst, was dich inhaltlich stört, statt pauschal jemanden für unfähig oder nicht vom Fach abzustempeln und zu beleidigen. Obwohl sich eigentlich die Sozialarbeiter beleidigt fühlen müssten. Nicht alle sind schlecht, wie einige andere hier geschrieben haben.

    So genug jetzt. Die Kinder sind hungrig und wollen gefüttert werden...

  • Obwohl sich eigentlich die Sozialarbeiter beleidigt fühlen müssten. Nicht alle sind schlecht, wie einige andere hier geschrieben haben.

    Wo hat denn hier jemand geschrieben, dass alle Sozialarbeiter*innen schlecht seien? Davon lese ich hier nichts (oder ich habe es überlesen). Von schlechten Sozialarbeiter*innen war hier nur die Rede im Zusammenhang mit den Schulbegleiter*innen. Dass es sich bei diesen aber gar nicht um Sozialarbeiter*innen handelt, haben wir bereits geklärt.


    By the way: Unsere Schulsozialarbeiter*innen sind Gold wert!!!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich hatte sogar schon aktuell im offenen Vollzug einsitzende Straftäter in der Klasse sitzen. Haben sich immer besonders gut benommen, weil der Freigang nur für die Schule gewährt wurde :D

    Habe ich auch so erlebt bei einer früheren Stelle als Dozentin, dass die Jugendlichen, die auf Bewährung raus waren a) dankbar waren für das Stückchen "Normalität" und b) ein sehr hohes Eigeninteresse hatten nicht negativ aufzufallen. Gleich nach den SuS im Methadonprogramm (die je nach Dosis zwischen völlig beduselt und schlafend anwesend waren, was man bei diesen so hinnehmen musste) waren das die Bravsten in der Gruppe.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Danke für eure Berichte! Mit dem Hintergrund verstehe ich nicht so ganz, warum @samu diese Zielgruppe explizit ansprach, was für mich so herüberkam, als ob sie schlechte Erfahrungen mit ihr machte.

  • Danke für eure Berichte! Mit dem Hintergrund verstehe ich nicht so ganz, warum @samu diese Zielgruppe explizit ansprach, was für mich so herüberkam, als ob sie schlechte Erfahrungen mit ihr machte.

    Vielleicht hat sie die ja gemacht. Im Übrigen hatte ich ihren Beitrag nicht so aufgefasst, als ob das der zentrale Punkt ihrer Aussage wäre.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Danke für eure Berichte! Mit dem Hintergrund verstehe ich nicht so ganz, warum @samu diese Zielgruppe explizit ansprach, was für mich so herüberkam, als ob sie schlechte Erfahrungen mit ihr machte.

    Ich verstehe dein Problem nicht. Ich arbeite seit 15 Jahren mit lern- und/oder verhaltensbehinderten Jugendlichen, einer davon saß wegen Totschlags in U-Haft. Übergriffig wurde allerdings mal ein Mädchen und es ist schwer zu beschreiben, wie sich das anfühlt, wenn der Schulleiter sagt, achso, ich hatte den Eindruck, dass Ihnen das nichts ausmacht, daher hab ich mal gar nicht gehandelt, damit ich keinen Stress habe."

    Ich bin relativ stark, ich hatte also keine Angst, physisch unterlegen zu sein. Es ging eher um das Grenzüberschreitende eines relativ großen Menschen. Zudem sind aggressive Mädchen von der Straße auf eine Weise übel hasserfüllt, das kann einen grausen. Es gibt einen Unterschied zwischen 10 und 15 Jahren.


    raindrop , keine Ahnung, warum du dich als 'Sozialarbeiter' beschimpft fühlst, aber vielleicht treffe ich ja damit ins Schwarze.

  • Mein "Problem" war einfach, dass ich nicht nachvollziehen konnte, warum du mich zuvor aus dem Nichts heraus nach meinen Erfahrungen mit vorbestraften Jugendlichen fragtest, obwohl ich diese im Rahmen des Threads nie explizit ansprach und meine Profilangaben jetzt auch nicht vermuten lassen als sei die Arbeit mit ihnen mein täglich Brot.

  • raindrop , keine Ahnung, warum du dich als 'Sozialarbeiter' beschimpft fühlst, aber vielleicht treffe ich ja damit ins Schwarze.

    äh nein, das waren deine Worte.

    Ach, erzähl bloß, an welcher Schulform unterrichtest du denn? Oder bist du Schulsozialarbeiter, der nie vor Klassen stehen muss?

    Keine Ahnung welches Problem du mit Sozialarbeiter hast.

  • äh nein, das waren deine Worte.

    Keine Ahnung welches Problem du mit Sozialarbeiter hast.

    Dass der Begriff eine Beschimpfung wäre hast du behauptet. Und dass ich ein Problem mit ihnen hätte ebenso:weissnicht:

    Aber dann wäre das ja nun geklärt.

  • Mein "Problem" war einfach, dass ich nicht nachvollziehen konnte, warum du mich zuvor aus dem Nichts heraus nach meinen Erfahrungen mit vorbestraften Jugendlichen fragtest, obwohl ich diese im Rahmen des Threads nie explizit ansprach und meine Profilangaben jetzt auch nicht vermuten lassen als sei die Arbeit mit ihnen mein täglich Brot.

    Es ging auch mal ausnahmsweise nicht um dich und deine Theorien zu Noten und Schularten, sondern um einen konkreten Menschen mit konkreten Erfahrungen mit konkretem verhaltensgestörten Gewalttäter. Denn ja, Lehrerinnen körperlich anzugreifen und sie mit dem Tode zu bedrohen ist gewalttätig.

  • Ist gut, ich glaube, dass wir das jetzt nicht hier klären können, bei deinem letzten Satz stimme ich aber natürlich völlig zu.

  • Dass der Begriff eine Beschimpfung wäre hast du behauptet. Und dass ich ein Problem mit ihnen hätte ebenso :weissnicht:

    Aber dann wäre das ja nun geklärt.

    Nicht der Begriff, aber dein Text war so zu verstehen, das ein Sozialarbeiter die Situation der TE nicht verstehen kann, da er ja nicht vor der Klasse steht. Und damit hast du mir indirekt unterstellt ebenso keine Lehrkraft zu sein und keine Ahnung zu haben. So kann man deinen Text verstehen.

  • Genau das ist der Punkt. Das bringt doch jetzt überhaupt nichts mehr. Sie macht sich damit nur lächerlich und kein Schüler wird sie mehr ernst nehmen. Wir haben November!! Das ist mehr als ein halbes Jahr her. Wie hat sich der Schüler den in den letzten Monaten ihr gegenüber Verhalten? Man muss in so einem Fall konsequent und sofort darauf reagieren. Vielleicht war es auch nur ein Austesten und alles ist wieder gut? Das ist kein Verhalten welches man tolerieren sollte, aber diese Kids leben teilweise in einer ganz anderen Welt als die meisten von uns und man muss auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.

    Besagter Schüler ist noch immer sehr auffällig, seine Aggression richtet sich aber zur Zeit mehr an Mitschüler. Dass er eine Lehrkraft angreifen wollte, ist übrigens bereits mehrmals vorgekommen, allerdings vor meiner Zeit. Scheinbar macht er das schon seit der Grundschule, wenn man der Akte glauben darf.

    Man muss aber auch sagen, dass er zur Zeit sehr wenig in der Schule ist.


    Stimmt, diese Kinder leben in einer anderen Welt. Das kann aber doch auch nicht immer die Ausrede sein.

  • Weißt du, ob im Hintergrund irgendwas Therapeutisches vorgeht? Ich finde es sehr bedenklich, dass ein Jugendlicher bereits seit Grundschultagen gewaltbreites Verhalten zeigt und bisher keiner was daran machen konnte. Da seid ihr als Lehrer natürlich raus (von Vermittlung und Beratung an Fachstellen abgesehen), aber da muss schleunigst etwas passieren, denn sobald das Kind erwachsen ist, ist es zu spät.

  • Die Versetzung in eine andere Klasse hatte ich ins Gespräch gebracht. Wurde abgelehnt, die neue Situation wäre noch nicht erprobt genug.

    Aus der Klassenleitung lässt man mich nicht raus, wir haben Personalmangel.

    Ich kann nur hoffen, dass man ihn nicht wieder aus pädagogischen Gründen den Übergang in die nächste Klassenstufe erlaubt. Theoretisch hätte er nämlich mit dem Notenbild gar nicht die Versetzung geschafft.

    Vorfälle gibt's ständig mit ihm. Das reicht vom Posten pornografischer Inhalte auf unserer schulischen Plattform über Androhungen, die Schule abzufackeln bis hin zum völligen Ignorieren der Coronaregeln. Einen Vorfall, wie dem aus dem Frühjahr, hatten wir aber zum Glück nicht mehr.

    Er ist allerdings nur einer der Faktorn, warum ich am liebsten hinwerfen möchte.


    Über einen Versetzungsantrag habe ich nachdacht, nur wird der in der Probezeit natürlich nicht durchkommen. Am liebsten würde ich erst in fünf Jahren mit dem Thema Nachwuchs beginnen wollen. Wenn's mir bei der Versetzung nach der Probezeit hilft, dann könnte ich es mir auch in 2,5 Jahren vorstellen. In der Probezeit habe ich jedoch ein schlechtes Gefühl, ich will Sicherheit und Platz für mein Kind und wir sind zur Zeit noch auf Haussuche.

    Hast du Infos bzw. Erfahrungen damit, welchen Einfluss eine Schwangerschaft zum Ende der Probezeit auf die Möglichkeit eines Schulwechsels hat? Vielleicht ist das Absitzen der Probezeit dort möglich, nur graut es mir vor dem Gedanken, dort womöglich noch länger festzusitzen.

  • Bei meinen Pappenheimern, die ich kenne, wüsste ich, wie ich reagieren müsste, wie sie etwas meinen. Das soziale Umfeld der Kinder kenne ich und weiß wie ernst sie gewisse Drohungen meinen. Das alles wissen wir nicht über die Schulsituation der TE.

    Eine junge neue Lehrkraft die überfordert einen neuen Job angeht kann vieles bedeuten. Was es schwierig macht irgendwelche vernünftigen Tipps zu geben, ausser die, wie man von der Schule offiziell wegkommt.

    Meiner Meinung nach gibt es bei Bedrohungen sehr wenig Spielraum bei der Interpretation. Ich wusste natürlich zu dem Zeitpunkt nicht, wie ich reagieren sollte, da es erst meine zweite Woche war. Extrem viel Zeit zum Kennlernen blieb nicht, allein organisatorisch war's schon schwer.


    "die überfordert einen Job angeht" klingt irgendwie so, als würdest du glauben, dass ich bereits von Anfang an hysterisch und aufgedreht dort aufgekreuzt bin. Das war aber nicht der Fall.


    Meine Ausgangsfrage war eigentlich, ob es sinnvoll ist, sich dort weiter durchzubeißen oder lieber das Weite zu suchen. Wenn du zu letzterem noch einen Tipp hast, immer gerne.

  • Vielen Dank schon Mal an alle für eure Rückmeldungen! Ich lasse das noch sacken und habe mich noch nicht ganz entschieden, welchen Weg ich einschlage.

    Nächste Woche habe ich erstmal einen Termin bei einem Psychologen, der einer Freundin von mir sehr bei einer ähnlich schweren Berufsentscheidung geholfen hat. Vielleicht kann ich dann eine Entscheidung treffen.

  • Weißt du, ob im Hintergrund irgendwas Therapeutisches vorgeht? Ich finde es sehr bedenklich, dass ein Jugendlicher bereits seit Grundschultagen gewaltbreites Verhalten zeigt und bisher keiner was daran machen konnte. Da seid ihr als Lehrer natürlich raus (von Vermittlung und Beratung an Fachstellen abgesehen), aber da muss schleunigst etwas passieren, denn sobald das Kind erwachsen ist, ist es zu spät.

    Er ist offiziell in Behandlung, lehnt diese aber ab. Ist allerdings nur die Info seines Betreuers, von dem ich nicht so viel halte, weil dieser häufig lügt und Absprachen nicht einhält.

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