"Menschlichkeit fehlt" am Gymnasium - geht es nur ums Aussieben??

  • Irgendwer schrieb schon davon, dass hier viele Vorurteile, gemischt mit privaten Erfahrungswerten (die die eigenen Vorurteile bestätigen), gesammelt werden.


    Wenn's denn am Gymnasium tatsächlich so schrecklich wäre, würde es doch keiner besuchen.


    Die Durchlässigkeit ist in vielen Bundesländern mittlerweile so gut, dass SuS bei Vorliegen entsprechend guter Leistungen jederzeit von Hauptschule, Realschule, Oberschule, Gesamtschule... an das Gymnasium wechseln können. Da wäre es doch nur sinnvoll, zunächst bis Ende Klasse 10 NICHT ein Gymnasium zu besuchen, um dann in den nächsten drei Jahren (am Gymnasium, Beruflichen Gymnasium, ...) das Abitur zu erlangen. Nebeneffekt der Aktion: Der "Realschulabschluss", den man nach Klasse 10 am Gymnasium nebenbei mit erhält (mit der Versetzung in Klasse 11), ist wahrscheinlich im Durchschnitt schlechter als man ihn an einer Oberschule oder Realschule erhalten hätte. Falls man doch eine Ausbildung machen möchte (wer weiß das schon bei der Schulwahl Ende Klasse 4?), dann hat man an einer Realschule deutlich bessere Zeugnisse & Chancen.


    Unter Eltern und Schülern spricht sich doch irgendwann rum, wie absolut unmöglich und unmenschlich das Lernen und Leben am Gymnasium ist. (Wenn es denn tatsächlich so wäre!) Genauso würden alternative Bildungswege jenseits des Gymnasiums ganz schnell Nachahmer finden. Dem ist aber nicht so.
    Auf dieser "Datenbasis" würde ich die in diesem Thread geäußerten Thesen bzgl. der systemischen Unzulänglichkeiten des Gymnasiums als unbegründet zurückweisen.


    (PS: Ausführungen zu Durchlässigkeit, Abschlüssen etc. beziehen sich auf NDS - darauf bezog sich auch das Eingangsposting.)


    (PPS: Wenn man dies nun als Anleitung verwendet und sich tatsächlich gegen ein Gymnasium entscheidet, würde ich immer dafür plädieren, an der RS/OS im Wahlpflichtunterricht eine zweite Fremdsprache zu belegen. Für das Abitur muss der Nachweis der Belegung (6-10 oder 11-13) erbracht werden. Die 2. FS kann nach Klasse 10 abgewählt werden (auch wenn mMn nicht empfehlenswert, aber da bin ich vielleicht voreingenommen :) ). Die Auswahl möglicher Gymnasien ist aber deutlich erweitert, wenn man nicht den Neubeginn "irgendeiner" Sprache unbedingt benötigt (das können nicht alle Gymnasiale Oberstufen anbieten).)

  • Bei uns war es ein Obdachloser, der des Schulgeländes verwiesen wurde.


    Die Anzugträgerinnen mit den Klemmbrettern sind keiner Erwähnung wert.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Anscheinend muss man es auch hier erwähnen: Klischees kommen daher, dass es eine Korrelation bestimmter Verhaltensweisen innerhalb einer spezifischen Bevölkerungsgruppe gibt. Daher gibt es auch immer einen Teil innerhalb einer Bevölkerungsgruppe, der die bekannten Klischees bestätigt. Bedeutet aber nicht automatisch, dass jeder Angehörige der Bevölkerungsgruppe diese bestimmten Verhaltensweisen aufweist oder dass es diese Verhaltensweisen nur innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe gibt.

  • Wenn's denn am Gymnasium tatsächlich so schrecklich wäre, würde es doch keiner besuchen.


    Welche Alternative bleibt denn, wenn die Gesamtschulanmeldungen den Gymnasien zeitlich vorgezogen werden und es vor Ort weder eine Haupt- noch eine Realschule gibt?

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Bei uns war es ein Obdachloser, der des Schulgeländes verwiesen wurde.


    Die Anzugträgerinnen mit den Klemmbrettern sind keiner Erwähnung wert.

    Der Einzige, der bei uns mit Klemmbrett rumläuft (allerdings nicht im Anzug, er wurde deshalb von Eltern auch schon mal mit dem Hausmeister verwechselt) ist der Chef wenn er Unterrichtsbesuche macht.

  • Welche Alternative bleibt denn, wenn die Gesamtschulanmeldungen den Gymnasien zeitlich vorgezogen werden und es vor Ort weder eine Haupt- noch eine Realschule gibt?


    Es gibt die freie Wahl der Schulform, niemand wird zum Besuch eines Gymnasiums gezwungen, wenn es keine Haupt- oder Realschulen gibt, hat man einen Rechtsanspruch auf einen Platz an einer Gesamtschule, notfalls muss der geschaffen werden.

  • Rollkoffer und Cordsakkos

    Bei nächster Gelegenheit (in the year 2025?) treffen wir uns alle auf der didacta und beobachten Messebesucher in den verschiedenen Ausstellungsbereichen.


    Rollkoffer: Referendare ("Jäger & Sammler")

    Cordsakkos: pensioniert (und trotzdem noch dabei)

    unkonventionelle Sitzmöbel (z.B. wackelnde Hocker, Würfel, ...) unter dem Arm: Grundschullehrerinnen

    [durch andere einzusetzendes Vorurteil]: Gymnasiallehrer [unser Gy-Kollegium ist übrigens überwiegend weiblich - passt das zum Vorurteil?]

    bei der Demonstration zu Fräsmaschinen, CNC, etc.: BBS

    ...

  • Welche Alternative bleibt denn, wenn die Gesamtschulanmeldungen den Gymnasien zeitlich vorgezogen werden und es vor Ort weder eine Haupt- noch eine Realschule gibt?

    Was soll das denn für eine Schulgegend sein? Ich wohne hier in einem Ort mit vierstelliger Einwohnerzahl und es gibt die Wahl zwischen mehreren Schulstandorten, auch mit unterschiedlichen Schulformen.

    Einmal editiert, zuletzt von Lindbergh ()

  • In NRW darf man sich in den Nachbarkommunen orientieren.

    Die Folge: Der SuS-"Rest" landet am Gymnasium.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Welche Alternative bleibt denn, wenn die Gesamtschulanmeldungen den Gymnasien zeitlich vorgezogen werden und es vor Ort weder eine Haupt- noch eine Realschule gibt?

    Wie ich schon schrieb und Moebius weiter erläuterte: Meine Ausführungen beziehen sich auf NDS (und meine "Blase" in NDS). Da hat man tatsächlich eine Wahlmöglichkeit. Die Anmeldungen an allen Schulen, allen Schulformen müssen alle zeitgleich erfolgen. Gehen bei einer Schule mehr Anmeldungen ein als SuS aufgenommen werden können, sprechen sich die Schulen "im Hintergrund" ab.

    In NDS weit verbreitet sind die Oberschulen, die sozusagen eine "reduzierte" Gesamtschule sind, in die zumeist nur Haupt- und Realschule einfließen. (Sie könnten aber auch Kurse auf Gymnasialniveau und eine gymnasiale Oberstufe haben.)

  • Hallo zurück,


    hier ist ja was los.

    Ich frage mich gerade, ob das Eingangsposting nicht bewusst spalterischen Charakter hatte, um genau diese Diskussion zu triggern...

    Das weise ich entschieden zurück. Mir ging es nur um eine Einschätzung anderer Kollegen zum Thema. Und ja (irgendwer schrieb das auch): ich bin gerade persönlich betroffen, vielleicht klang der Ausgangspost deshalb etwas zu emotional.


    Ich habe alle Beiträge gelesen und danke dafür. Jeder sieht das anders und hat andere Erfahrungen gemacht, ist ja auch ganz klar.


    Nur kurz zur Info: das Kind hatte gute und sehr gute Noten in der GS, die Beratung erfolgte in Richtung Gym, und da gibt es nur dieses eine, das in Frage kommt. Die bisherigen Noten auf dem Gym sind auch alle im guten Bereich - allerdings mit deutlich mehr Aufwand als noch in der GS. Ist auch verständlich, wurde hier ja auch mehrfach erwähnt, dass das Lernen erstmal gelernt werden muss. Drei Stunden jeden Nachmittag sind dort jetzt Alltag, wenn das Kind (nicht vor 14 Uhr) mit dem Bus wieder nach Hause gekommen ist. Finde ich viel für eine Zehnjährige. Das gab es zu meiner Zeit so auch nicht (ich bin noch auf die Orientierungsstufe gegangen), das Gymnasium startete erst mit Klasse 7 (und drei Stunden lernen am Nachmittag brauchte von meinen Klassenkameraden niemand). Ich höre dieses "gut-drei-Stunden-jeden-Nachmittag-für-die-Schule-lernen" tatsächlich von mehreren befreundeten Familien mit einem Kind in der 5. Klasse des Gymnasiums. Scheint also so üblich zu sein. Der niedersächsische Hausaufgabenerlass sieht übrigens nur eine Stunde vor.


    Bei meinem Eindruck der an dieser Schule (oder zumindest den in dieser Klasse unterrichtenden Lehrern) fehlenden Menschlichkeit bleibe ich aber. Es gibt viele verschiedene Beispiele, die ich aufgrund der möglichen Erkennbarkeit hier nicht schreiben möchte, die zeigen, dass es dem Klassenlehrer ausschließlich um Wissensvermittlung geht und er von persönlichen Belangen der Kinder, Unterstützung, Lernbegleitung, Differenzierung nicht sehr viel wissen möchte. Der Eindruck mag täuschen, aber man bekommt eben das Gefühl, als sollte großzügig aussortiert werden. Das widerspricht einfach meinem Bild von einem guten Lehrer.


    Und noch zum Deutsch-Thema: das o.g. kommt eben NICHT im Lehrwerk vor (den schuleigenen Arbeitsplan kenne ich natürlich nicht). Der Lehrer arbeitet mit Arbeitsblättern, weil das Lehrwerk nur das anbietet, was man in Klasse 5 wohl unterrichten soll.


    Ich merke, ich werde schon wieder emotional und klinke mich jetzt erstmal aus. Danke fürs Lesen und Eure Rückmeldungen.

  • Der da wäre...? Interessiert mich jetzt echt mal!

    In Dillingen: Gymnasiallehrer: Blue!Jeans und Gammellook, irgendwie unattraktiv ;)

    Bezeichnend ist auch, wenn man sich die Lehrerfotos von diversen Schultypen im Internet anschaut. Am Gymnasium wirst du hauptsächlich Jeansträger finden.

    Übrigens, mir ist das eigentlich egal, Hauptsache, man kann sich gut unterhalten.

  • Textiles Werken?

    Deutsch und Französisch. Kostümschneiderei ist einfach sein Hobby, er ist wirklich wahnsinnig begabt dafür.



    Drei Stunden jeden Nachmittag sind dort jetzt Alltag, wenn das Kind (nicht vor 14 Uhr) mit dem Bus wieder nach Hause gekommen ist. Finde ich viel für eine Zehnjährige.

    Gut, zurück zum ernsten Teil des Threads. Finde ich auch viel. Aber ich finde grundsätzlich, dass das meiste eigentlich in der Schule geschehen sein müsste, sprich ich gebe fast nie Hausaufgaben. Eigentlich ist das Usus bei uns an der Schule. Die Jugendlichen sollen im Unterricht Aufgaben lösen und allenfalls zu Hause noch, wenn sie sich für eine Prüfung vorbereiten. Tatsächlich höre ich aber auch immer wieder von Jugendlichen, die wirklich epische Lern-Sessions zu Hause einlegen, einfach weil sie vollkommen ineffizient lernen. Ich finde, da wird in der Schule oft zu wenig auf Arbeits- und Lerntechniken geschaut, das muss man mit den Kindern und Jugendlichen schon immer wieder üben. Aber einige sind auch einfach komplett stur und tun nicht das, was man ihnen sagt. Dann verplempern sie halt Zeit, das ist dann wirklich nicht mehr mein Problem.

  • (den schuleigenen Arbeitsplan kenne ich natürlich nicht)

    Warum eigentlich nicht? Den könnte man in Erfahrung bringen: In den Fachkonferenzen sitzen Elternvertreter. Die haben den mit verabschiedet. (Die Fachleitung oder den Fachlehrer per Mail anzuschreiben und um Zusendung zu bitten, wäre wohl zu einfach...)


    Zu den drei Stunden Arbeitszeit am Nachmittag (betrifft natürlich noch nicht alle 5.-Klässler): Das Handy sollte sich nicht im "Hausaufgabenzimmer" befinden.

  • So viele schöne Erfahrungsberichte und Klischees, das ist mir mal eine willkommene Abwechslung vom Coronaalltag :laola:

    Da kann ich auch noch was beisteuern: Auf gemischten Fortbildungen rate ich tatsächlich gemeinsam mit meinen BBS Kollegen die Schulformen anhand der Kleidung und der Wortbeiträge - die Trefferquote liegt immer erschreckend hoch :hammer:

    Manchmal werden dann auch noch Fächer geraten. Ich wette, das machen die anderen auf den Fortbildungen auch. Und immer bilden sich kleine, schulformhomogene Gruppen, weil man nach der ersten gemeinsamen Pause bemerkt, dass man irgendwie doch eine andere Sprache spricht und sich doch nur über "die anderen" wundern. Naja Menschen halt :lach:

    Ich irritiere immer gerne andere Fortbildungsteilnehmer, indem ich in Jogginghose erscheine - ich bin dann quasi als "Wirtschaft und Betriebslehre-entsprechende-Blazer-Trägerein" total undercover unterwegs :lach:

  • Das Handy sollte sich nicht im "Hausaufgabenzimmer" befinden.


    Solche Aussagen eines Gymnasiallehrers bestätigen erdbeerchens Eindrücke.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • In meinem Erfahrungsfeld benötigen SuS am Ganztagsgymnasium selbstverständlich auch nach Schulschluss Desktop/Notebook/Tablet/Smartphone, um zeitlich vollkommen unreflektierte und überzogene "Lernzeit"-Aufgaben zu Ende zu führen, teilweise stundenlang.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Warum eigentlich nicht? Den könnte man in Erfahrung bringen: In den Fachkonferenzen sitzen Elternvertreter. Die haben den mit verabschiedet. (Die Fachleitung oder den Fachlehrer per Mail anzuschreiben und um Zusendung zu bitten, wäre wohl zu einfach...)

    Finde ich anmaßend, den letzten Satz. Ich bin ja "nur" die Tante, die gestern mal live mitbekommen hat, was so los ist. Aber ich gebe das mal an die Eltern des Kindes weiter. Im Übrigen geht das Mädchen erst seit wenigen Wochen auf die Schule (5. Klasse!) und kein Elternteil hat bisher einen Schimmer, wie diese Schule so funktioniert, wer Elternvertreter in FKs sind etc.


    Das Handy ist übrigens nicht dabei, wenn die HA gemacht werden. Stattdessen verbringen die Eltern aber viel Zeit am Nachmittag mit dem Kind. In der GS konnte sie die Hausaufgaben komplett selbstständig, zeitlich effizient und ökonomisch anfertigen.

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