Instrumente im Musikunterricht vorspielen lassen

  • Hallo,

    ich unterrichte dieses Jahr das Fach Musik in den vierten Klassen an einer Grundschule in Baden-Württemberg.

    Gerne hätte ich die Kinder, die ein Instrument spielen können, im Unterricht vorspielen lassen. Wer kein Instrument kann oder dieses nicht vorspielen möchte, kann ein Lied vorsingen oder etwas vortanzen, vorklatschen etc.

    Da diese Leistung auch in die Note einfließen soll habe ich nun die ersten E-Mails der Eltern erhalten, die der Meinung sind, dies wäre unfair, da nun jedes Kind das ein Instrument spielen kann eine 1 bekommt.

    Was meint ihr dazu? In Sport ist ja auch jedes Kind gut, dass in einem Verein ist.

    Wie macht ihr das mit der Notengebung im Fach Musik? Ich hatte bisher nur die Klasse 1-2.


    Viele Grüße

  • nein, das stimmt natürlich. Aber in der Gesamtnote wird ein Kind das Sport macht wahrscheinlich schon besser sein.

    Ich bin für Kritik offen, deshalb Frage ich nach eurer Meinung. Noch sind keine Noten gemacht :)

    • Offizieller Beitrag

    ist das so?

    Die Turnerin ist gut im Volleyball?

    Der Fußballer gut im Schwimmen?

    Der Hochspringer gut am Reck?

    Jup... mein Leben. So in etwa 3-4 auf dem Zeugnis mein Leben lang (ich HASSE Ballsportartn und Ausdauer war nie mein Ding), nur in dem einzigen Zeitraum, wo wir Turnen hatten, hatte ich eine 1...


    @TE: ich halte das für eine ganz schlechte Idee. Abgesehen davon, dass die Ausgangsvoraussetzungen so unterschiedlich sind (und seltsam, dass du scheinbar davon ausgehst, dass die Musikschulbesucher eine 1 haben werden), sind die Anforderungen auch so unterschiedlich. Der eine, der gar nicht singen kann (sich zum Beispiel kein Lied merken kann, seine Stimme nicht kontrollieren kann...), hat vielleicht Glück, weil er Posaune spielt? Machst du auch den Unterschied zwischen dem begabten Cellospieler, der seit 4 Jahren spielt und dem durchschnittlichen Lerner, der erst seit 3 Monaten Horn lernt?


    Ich dachte immer, Sport, Musik, Kunst sollen heutzutage prozess- und entwicklungsorientiert bewertet werden...

  • Du brauchst Kriterien! Du kannst nur benoten, was du erarbeitet hast. Analog zu Sport: "jeder zeigt jetzt vor, was er im Verein macht, wer nicht im Verein ist, kann ja Hampelmann machen oder so" ist kein Sportunterricht und darf selbstredend nicht benotet werden.

  • Ich weiß nicht, in welchem Bundesland du bist. Wenn du auf den Seiten des sächsischen Kultus rumsuchst, findest du ausführliche Handreichungen zur Leistungsbewertung, detaillierte Lehrpläne usw.:


    https://www.schule.sachsen.de/lpdb/


    Siehe auch "übergreifende Materialien"

  • Ich finde es schon schön, wenn die Kinder zeigen können, was sie drauf haben. Dafür biete ich Gelegenheiten im Musikunterricht an.

    Dafür gibt's maximal ein Plus in der Mitarbeit für die Stunde.

    Bewerten kannst du das ansonsten definitiv nicht! Da müsstest du was mit allen Kindern erarbeiten und dann Paulchen nicht Klavier spielen lassen, wenn er das ohnehin schon lernt, sondern gerade ihn ein fremdes Instrument spielen lassen.

    Kann die Beschwerden der Eltern da schon verstehen.

  • Das geht nicht. Du kannst nicht bewerten, welche Eltern sich die Musikschule leisten können. Pro Kind kostet das im Monat ca. 100-140€, also hier in Bawü. Habe neulich ausgerechnet, wie viel Geld die Musikschule von uns all die Jahre bekommen hat.


    Du kannst gerne vorspielen lassen, aber keinesfalls mit Note. Ich hätte als Mutter auch geschrien!


    Da wird ja auch z.T. der Lehrer der Musikschule mitbewertet.

    • Offizieller Beitrag

    Hinzukommt auch noch, dass es aus meiner Sicht pädagogisch fragwürdig ist, SchülerInnen in einem Gebiet etwas präsentieren zu lassen, auf dem sie sich ggf. weder auskennen noch wohlfühlen. Es käme mir als ausgebildeter Musiklehrer nie in den Sinn, SchülerInnen vorsingen, -klatschen oder -spielen zu lassen, wenn sie das von sich aus nicht wollen. Ich habe in der 5. und 6. Klasse Gesangsklassen unterrichtet und selbst da habe ich auf Freiwilligkeit gesetzt - letztlich haben aber alle Kinder früher oder später ihre Übungen vorgesungen - es gab dafür Stempel auf einer im Heft extra dafür vorhandenen Seite.

    Dann die Frage nach den Kriterien. Ich halte es für sehr schwer, bei einer wie auch immer gearteten Aufführung zwischen dem, was ein Kind in dem Alter können kann und was es noch nicht können kann, zu unterscheiden. Der "künstlerische Anspruch" ist hier der Knackpunkt. Es kann und darf ja nicht nur darum gehen, ob es subjektiv empfunden "schön" war oder nicht.

    Um den Vergleich zum Sport noch einmal zu bemühen:
    Wenn es Teilnoten in verschiedenen Disziplinen gibt und man nicht nur Ballspiele macht, schmilzt sich der vereinsspezifische Vorteil schnell ab. Klar, Kondition und Koordination haben die "Sportler" eher drauf. Aber die Kinder müssen in der Regel nichts vorführen.

    In den alten Lehrplänen Musik Sek I in NRW gab es mal bei der Leistungsbewertung einen Passus, der besagte, dass Fähigkeiten, die außerschulisch erworben wurden, nur dann Teil der Leistungsbewertung sein können, wenn sie im Unterricht (sic!) zum Tragen kommen. Allen Kindern ein Forum dafür einzurichten, gehört in meinen Augen nicht dazu.

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen.

    Ich bewerte Instrumentalspiel - und zwar ausschließlich das, was im Unterricht erarbeitet und geübt wurde. Auch das i.d.R. nicht alleine. Ich lasse mehrfach im Klassenverband spielen und beobachte 3 nebeneinander sitzende Kinder. (Wir haben Keyboards.). Dabei beobachte ich, ob der Rhythmus passt, die Töne richtig sind und sie mit dem Rest der Klasse zusammenspielen. Davon dann 3 bis 4 Runden, drei Stunden lang (als jeweils ein Stundenteil) nach längerem Üben. Manchmal gebe ich schon vorher eine Zensur, wenn ich sehe, dass jemand es schon kann. Kinder, die ich nicht gut sehen kann, müssen sich in der zweiten Stunde umsetzen.

    Manchmal konnte ich Kinder nicht richtig sehen oder muss nochmal genau schauen, weil sie gerade abgelenkt waren. Dann lasse ich eine Kleingruppe spielen. 5 bis 6 Kinder und ich beobachte die beiden, die noch fehlen.


    Die Kinder, die Keyboard oder Klavier spielen, haben hier einen Vorteil - so wie eben das Kind, das im Verein turnt in der Schule beim Turnen auch mehr Vorkenntnisse hat. Deshalb gibt es Zensuren in anderen Bereichen.


    Wenn ihr keine Instrumente habt, kannst du Bodypercussion oder Tischpercussion machen und darauf Noten geben - mit Kriterien.

  • So ganz grundsätzlich: Wir bewerten musikpraktische Leistungen in unseren Schwerpunktklassen Musik.

    Aber: Dies tun wir langfristig. Entscheidend ist doch die Entwicklung, und dann wird das vergleichbar zum Sportunterricht (wo ja hoffentlich auch nicht nur auf die Tabelle mit den Zeiten geschaut wird).

    Im Abitur kann man auch Praxis machen, und selbstverständlich gibt es da Kriterien (und wir hatten in der Kommission bisher auch wenig Probleme, uns auf Noten zu einigen).

    Hier in der Grundschule, punktuell, sehe ich das genauso kritisch wie die anderen hier. Vorstellbar für mich wäre, dass Referate gehalten werden, und wer möchte, kann den Vortrag eines Musikstückes als Referat (oder noch besser: Als Teil des Referats, passend zum Inhalt machen). Wer das nicht möchte, bleibt theoretisch.

  • So ganz grundsätzlich: Wir bewerten musikpraktische Leistungen in unseren Schwerpunktklassen Musik.

    Hier kenne ich das aus dem Leistungskurs, aber da spielen ja alle ein Instrument, bzw. erhalten Gesangsstunden. Die Schüler haben das bewusst gewählt und sich darauf eingelassen, weil sie auch darin gut sind und wissen, dass ihr Können auf dem Instrument bewertet wird. Das ist aber etwas anderes.

  • Letztendlich bewertet man im Musikunterricht kompetenzorientiert. Musik ist ein praktisches und theoretisches Fach, das alles kann sich in den Noten widerspiegeln. Das könne Referate, Wissensabfragen und praktische Teile sein, die im Musikunterricht erarbeitet wurden. Wenn ich Rhythmen mache, lasse ich Kinder vorklatschen und benote dies dann bei allen. Da wir oft rhyhtmisch arbeiten, ist das für meine Klasse kein Problem mal einzeln vorzuklatschen. Schließlich muss man in anderen Fächern auch Arbeitsergebnisse und Referate vor der Klasse präsentieren und Gedichte auswendig vorsagen. Da ist es mitunter sehr spannend, wer ein gutes Rhythmusgefühl entwickelt hat. Das müssen nicht einmal Kinder sein, die ein Instrument spielen. Ich habe schon die ganze Klasse kreativ zu einem Musikstück tanzen lassen und das bei den Kindern bewertet. Da waren wieder ganz andere mit vornedran. Was ich nicht mache, ist, Kinder einzeln vorsingen lassen, obwohl es vielleicht auch eine Kompetenz wäre. Für viele ist das ein Horror, wenn sie vorsingen müssen. Aber man könnte evtl. eine Zusatznote geben, wenn Kinder eine "tragende" Rolle bei einem Kanon spielen. Vieles, was man so praktisch macht, kann man bewerten. Das ist so wie im Sport: Die einen können das besser, die anderen wieder etwas anderes. Auf der anderen Seite kann man auch die Theorie in einer Probe (Arbeit) abfragen, wie schon erwähnt Referate erarbeiten lassen, Lapbooks usw. Ich habe in den schriftlichen Abfragen manchmal einen Teil drin, wo man etwas hören (Instrumente, Rhythmen) und bestimmen muss. Oft bringen sich Kinder, die ein Instrument spielen, so oder so besonders aktiv in den Musikunterricht ein.

    Musik sollte in der Grundschule überwiegend ein praktisches Fach sein, deshalb sollte man schon vor allem in diesem Bereich schauen, wo man benoten kann, wenn's halt sein muss.

Werbung