Strategien zum Umgang mit persönlichen Kränkungen

  • Kommt eben auf den Standpunkt an. Vielleicht könnte man eben auch den einen Kollegen unter S ablegen, der es nicht schafft Kollegen am Wochenende mit ,,Arbeit’’ zu belästigen.


    Ich bin über solche Anrufe immer irritiert, denn meistens war es bisher Bullshit. Wenn Auszeit ist, ist Auszeit und da geht Arbeit eben nicht. Nicht einmal Anrufe. So eine Regel religiös zu befolgen finde ich für die Psychohygiene wichtig, völlig egal, wie schwerwiegend das Anliegen.

    Wegen "Bullshit" hat mich zum Glück noch nie ein/e Kolleg*in angerufen. Auch das ist wohl Auslegungssache, was man darunter versteht, und ich hoffe inständig, dass niemand aus meinem Kollegium meine Anrufe jemals als "Bullshit" bezeichnen würde :( !


    Ich gehe davon aus, dass, wenn mich jemand anruft, ihm wirklich was unter den Nägeln brennt und dann bin ich natürlich auch bereit, den Anruf entgegenzunehmen. Sei es nun Sonntag abends (da erreichte mich vor vielen Jahren um 21 Uhr der Anruf eines Kollegen, der mir mitteilte, dass die Frau eines anderen Kollegen, die ebenfalls bei uns an der Schule tätig war, plötzlich verstorben sei; ich hatte ihre Klasse am nächsten Montag Morgen gleich in der ersten Stunde und war ganz froh, dass ich schon am Abend vorher Bescheid wusste und mir Gedanken machen konnte, wie ich auf die Klasse "zugehe") oder morgens früh um halb sieben (auch da bekam ich schon mal einen Anruf einer Kollegin, der gerade das Auto "verreckt" war und die nun dringend nach einer Mitfahrgelegenheit suchte).


    Ich finde das Argument mit der "Psychohygiene" doch etwas übertrieben. Natürlich braucht man Auszeiten und sollte gerade am Wochenende abschalten können, aber wenn ich jemandem in einer dringenden Angelegenheit - auch am Sonntag Abend! - etwas mitteilen möchte (egal ob am Telefon oder per Mail; in letzterem Fall kann es aber m. E. sooo dringend nicht sein), bin ich glücklicherweise bei allen meinen KuK sicher, dass sie meinen Anruf nicht ignorieren würden, genauso wenig wie ich ihren.

    EDIT: Wenn ich aber genau wüsste - wie @samu eben schrieb -, dass jemand am Sonntag Abend oder abends generell nicht gestört werden möchte (weil die Kinder schon schlafen und nicht vom Telefonklingeln wieder aufwachen sollen, weil er/sie einfach in Ruhe gelassen werden möchte oder sonstwas), würde ich sie/ihn versuchen nicht zu stören und möglichst bis Montag früh abwarten. Wenn's aber super-dringend ist, müsste ich halt doch mal stören...


    Aber in diesem Fall gehen die Ansichten wohl sehr weit auseinander, wie man in den letzten Posts merkt.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wenn ich z.B. spontan Montag früh eine Vertretungsstunde abhalten soll (und ich im Normalfall erst viel später in der Schule wäre), würde ich mir einen Anruf spätestens (wenn es nicht schon früher geht!) am Sonntag-Abend WÜNSCHEN. Auf gar keinen Fall will ich solch einen Anruf Montag früh vor dem Aufstehen bekommen - wenn ich mich (als ausgemachter Langschläfer) darauf einstelle, eigentlich erst eine oder zwei Stunden später aufzustehen.

    So ein Anruf würde mich auch Montagmorgen vor dem Aufstehen nicht erreichen. Ich bin doch nicht im Bereitschaftsdienst und muss auf Absprung bereit stehen, weder am Abend noch am frühen Morgen. Und nein, meine Arbeitszeit beginnt nicht um 8 Uhr, wenn ich eigentlich erst um 10 Uhr Unterricht habe - ich muss also da auch nicht erreichbar sein. Solange wir keinen Arbeitsplatz an der Schule haben, gibt es keine Präsenzpflicht und damit ist es meine Entscheidung, wie ich meine Zeit einteile. Und es ist das Problem der Schulleitung, wie sie Montagmorgen die Vertretungsstunde füllt - zur Not halt mit einer Vertretungsbereitschaft, die entsprechend im Deputat angerechnet ist.


    Mein Mann in einer Führungsposition

    Oben habe ich eine Ausnahme für Schulleitung definiert. Der "normale" Lehrer dürfte kaum mit einer Führungsposition vergleichbar sein.

  • Sei es nun Sonntag abends (da erreichte mich vor vielen Jahren um 21 Uhr der Anruf eines Kollegen, der mir mitteilte, dass die Frau eines anderen Kollegen, die ebenfalls bei uns an der Schule tätig war, plötzlich verstorben sei

    Selbstverständlich zählt so etwas als Notfall. Und ja, da fände ich auch einen Anruf gerechtfertigt.


    auch da bekam ich schon mal einen Anruf einer Kollegin, der gerade das Auto "verreckt" war und die nun dringend nach einer Mitfahrgelegenheit suchte

    Das wiederum fällt für mich in die Kategorie, dass ich bei befreundeten KollegInnnen da auch anrufen würde. Bei KollegInnen, mit denen ich weniger zu tun hätte, wohl eher nicht. Ich weiß ja nicht, wie viel Stress ich ihnen damit machen, vielleicht haben sie Kinder, die sie versorgen müssen oder andere Verpflichtungen. Dann ruf ich halt stattdessen in der Schule an und teile mit, dass ich mich verspäte. Kein Grund, KollegInnen zu belästigen, mit denen ich nicht befreundet bin.


    EDIT:
    Vielleicht zur Erklärung, warum ich so vehement auf meiner Sicht beharre: Wir regen uns immer wieder darüber auf, wie sorglos von Seiten des Dienstherren mit unserer Arbeitszeit umgegangen wird. Umso wichtiger ist es, dass wir selbst hier deutlich sensibler sind und eben Themen wie work-life-balance oder Psychogygiene nicht mit ironischem Unterton kleinreden.

  • Das wiederum fällt für mich in die Kategorie, dass ich bei befreundeten KollegInnnen da auch anrufen würde. Bei KollegInnen, mit denen ich weniger zu tun hätte, wohl eher nicht. Ich weiß ja nicht, wie viel Stress ich ihnen damit machen, vielleicht haben sie Kinder, die sie versorgen müssen oder andere Verpflichtungen. Dann ruf ich halt stattdessen in der Schule an und teile mit, dass ich mich verspäte. Kein Grund, KollegInnen zu belästigen, mit denen ich nicht befreundet bin.

    Klar würde ich auch erstmal bei befreundeten KuK anfragen. Wenn aber keiner von denen mich mitnehmen könnte, würde ich auch bei anderen KuK anrufen. Wenn sie anderweitige Verpflichtungen hätten, würden sie es mir ja wohl mitteilen, oder? Ich persönlich würde es keinesfalls als "Belästigung" empfinden, wenn mich wegen der Frage nach einer Mitfahrgelegenheit ein/e Kolleg*in anruft, mit der/dem ich sonst wenig zu tun habe. Das ist bei mir sogar schon mehrmals vorgekommen (allerdings nicht morgens sondern am Vorabend) und ich habe es überhaupt nicht als seltsam empfunden.


    In der Schule anrufen und mitteilen, dass ich mich "verspäte", weil das Auto nicht tut... Gut, das könnte ich zwar, aber vermutlich würde meine Verspätung dann mehrere Unterrichsstunden umfassen, weil der Weg mit dem ÖPNV von meinem Wohnort zu der Stadt, in dem meine Schule liegt, doch etwas "abenteuerlich" ist und von meinem Haus bis zur Schule mind. 1,5 Stunden dauert (mit dem Auto ca. 40 Minuten) ;) .

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • ... Umso wichtiger ist es, dass wir selbst hier deutlich sensibler sind und eben Themen wie work-life-balance oder Psychogygiene nicht mit ironischem Unterton kleinreden.

    Ja, also ich meinte das nicht ironisch, sondern wörtlich, ich merke doch, wer das wie handhabt. Ich persönlich arbeite sowieso abends und am Wochenende, will aber nachmittags meine Ruhe haben. Wer soll das erraten? Und wenn irgendwer was Jobmäßiges wissen will, stört mich die WhatsApp oder Arbeitsmail wirklich nicht. Wenn doch, sag ich halt Bescheid.


    Was ich jedoch nicht leiden kann, ist es, einfach keine Antwort zu bekommen. Wenn man schon WhatsApp-Gruppen für Absprachen hat und niemand antwortet einem auf organisatorische Fragen, stattdessen dann 17x "Frohe-Ostern-Memes", DAS kann ich nicht ab.

  • Und es ist das Problem der Schulleitung, wie sie Montagmorgen die Vertretungsstunde füllt - zur Not halt mit einer Vertretungsbereitschaft, die entsprechend im Deputat angerechnet ist.

    "Vertretungsbereitschaft" gibt es bei uns nicht!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wir regen uns immer wieder darüber auf, wie sorglos von Seiten des Dienstherren mit unserer Arbeitszeit umgegangen wird.

    Ich wüsste nicht, dass ich das schon mal getan habe...

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Zitat

    1.Wieso stellt dein Mann nicht das Telefon aus? Niemand ist unersetzbar.


    ?? Wieso sollte mein Mann sich selbst ERSETZBAR machen??!!

    Außerdem ist es ja gerade immanenter Bestandteil von Führungspositionen, dass man eben NICHT (so eben) ersetzbar ist...


    Und nein, er stellt das Telefon nicht ab. Er hat aber mittlerweile gelernt - und ja, das hat einige Jahre gedauert :-/ - das Telefon auch mal klingeln zu lassen, insbes. wenn sein Chef anruft. Er kann dann aber mittlerweile auch einschätzen, wie wichtig das Gespräch sein könnte. Es kommt aber auch vor, dass er sagt, da MUSS er ran gehen, wenn aktuell sowieso schon was "in der Luft liegt" und sich eine erheblich schwierige Situation anbahnt. Bei Anrufen von Kunden ist das u.U. was anderes. Die rufen aber weniger außerhalb der Geschäftszeiten an.

    Und nun ja, rein finanziell ist das mit jeglichem Lehrergehalt nicht mehr zu vergleichen... (diese Situationen existieren in der Industrie auch bei weit weniger Einkommen bzw. wird das halt so erwartet)

  • ?? Wieso sollte mein Mann sich selbst ERSETZBAR machen??!!

    Achso, bei jedem Klingeln im Urlaub ranzugehen macht ihn attraktiv für die Position? Wenn du meinst, ich muss ja nicht alles verstehen.

  • ????

    Erstens HAT er die Position bereits (er muss sich nicht attraktiv MACHEN), und zweitens klingelt es ja nun auch nicht ständig.


    Genauso wenig, wie es bei uns vermutlich ständig und regelmäßig Sonntag Abends klingelt und jemand von der Schule anruft.


    (Und sorry, aber in der Industrie, gerade in solchen hohen Positionen, werden gewisse Dinge erwartet, sie gehören halt dazu. Da kann man noch so oft über Dinge philosophieren wie "ich habe ein Privatleben", "ich muss nicht immer erreichbar sein", u.ä.. WILL man solch eine Position, muss man eben auch dieses leisten.)

  • WILL man solch eine Position, muss man eben auch dieses leisten.)

    Eben, seine Entscheidung. Damit das Verhalten anderer zu begründen ist aber einfach unpassend. Wenn einer mit Herz-Kreislauf-Zusammenbruch eingeliefert wird, interessiert es keinen Menschen, wie erreichbar andere rund um die Uhr waren.

  • Ich kann Dir irgendwie nicht ganz folgen. Wer soll denn mit Herz-Kreislauf-Zusammenbruch eingeliefert werden?


    Ich meine, es kann doch jeder auch noch selbst über seine eigene Gesundheit befinden und selbst einschätzen, wann evtl. eine Grenze erreicht ist. Und zwischen "ich lass jeden Tag um 16:00 Uhr den Stift fallen" und "ich lass mich von meinem AG ausnutzen bis ich tot umfalle" ist es ein großer Unterschied.


    Die üblichen Arbeitsweisen in der Industrie liegen irgendwo dazwischen. Im Übrigen: Je höher man in einer Position ist, um sehr mehr Verantwortung hat man, umso leichter ist es aber u.U. auch, gewisse Grenzen zu ziehen. Warum? Eben weil man dann NICHT mehr ersetzbar ist... (wenn Mitarbeiter X mit seiner Expertise und seiner Erfahrung über Jahre hinweg einen wesentlichen Anteil an einem sehr hohen Prozentsatz des Unternehmensumsatzes hat).

  • Wer soll denn mit Herz-Kreislauf-Zusammenbruch eingeliefert werden?

    Jemand, der sich zu viel Stress zugemutet hat.

    Ich meine, es kann doch jeder auch noch selbst über seine eigene Gesundheit befinden und selbst einschätzen, wann evtl. eine Grenze erreicht ist.

    Klappt nicht immer. Wenn alle das immer richtig einschätzten, wäre ja schön. Ist aber nicht.


    ich dachte auch mal ich bin was weiß wer wie stresseresistent. Da habe ich teuer für bezahlt. Aber ich weiß mittlerweile auch, wie man sich schützen kann.


    Insbesondere möchte nicht mit jemandem tauschen, die nicht ersetzbar ist. Egal wie unvergleichlich viel sie bezahlt bekommt. Jede hat ein Leben, mach' was draus.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Woher wolltest du das wissen?

    Im kleinen Kollegium mit 5-10 KollegInnen über Jahre weiß man so einiges voneinander.


    Aber den stets zugeknöpften Kollegen, der den hohen Wert der Distanzierung stets betont, würde man generell nicht zu Hause anrufen, selbst dann nicht, wenn die Hütte brennt...

    ... wobei, ich kenne auch Menschen, die vermutlich den zugeknöpften Kollegen mimen, in ihrer Freizeit aber die allerbesten Freunde sind, die man IMMER anrufen kann, 24/7/52/366!

  • Im kleinen Kollegium mit 5-10 KollegInnen über Jahre weiß man so einiges voneinander.

    Mag sein, in einem solchen bin ich aber nicht. Trotzdem interessierte mich, woher man etwas von mir wissen will, das nicht zutrifft. Über meine Kolleginne etwas ausdenken, kann ich auch. Ich lasse es aber bleiben.

Werbung