Keine Erfahrung an Gesamtschulen. Trotzdem bewerben?

  • Hallo,


    momentan sind ja bei leo.nrw wieder einige Stellen ausgeschrieben, davon die meisten an Gesamtschulen. In vielen der Ausschreibungstexte steht so etwas wie "Bewerber mit Gesamtschulerfahrung werden bevorzugt eingeladen" oder - noch schlimmer :grimmig:- "Erfahrung an Gesamtschulen wird erwartet". Nun habe ich, die ich das Referendariat am Gymnasium absolviert habe, leider weder Gesamtschulerfahrung noch Erfahrung mit dem Gemeinsamen Lernen und bin unschlüssig, ob ich mich trotzdem bewerben kann / soll. So wie es in den meisten Stellenbeschreibungen formuliert ist, klingt es eigentlich nach einem harten Kriterium.


    Gibt es hier im Forum vielleicht jemanden, der sich nach dem Referendariat am Gymnasium um eine Stelle an einer Gesamtschule beworben hat? War eure Gymnasial-Vergangenheit dabei ein (zentrales) Thema im Vorstellungsgespräch? Und wenn ihr genommen wurdet, wie zufrieden seid ihr selber im Nachhinein mit dem Wechsel?


    Liebe Grüße,


    Elphaba

  • Eine Freundin wurde allen Ernstes gefragt was sie denn ohne Vorerfahrung an einer Gesamtschule beim Gespräch wolle. Sie sagte dann, dass man ihre 8 Jahre Schulzeit und 2 Praktika an einer Gesamtschule wohl nicht als keine Vorerfahrung werten dürfe. Aber wenn sie sich keine Mühe gäben den Lebenslauf zu lesen, dann hätte sie keine Lust auf das Gespräch und ist gegangen.


    Ich hingegen hatte bei einem Gespräch positive Erfahrungen, war aber eine ländliche Schule mit gutem Einzugsgebiet, ohne Gymnasium in direkter Nähe und am Ende bekam ich die Stelle als Zweitplatzierte auch angeboten.

    Ein Freund hat eine ähnliche Stelle auch angeboten bekommen und angenommen und ist sehr zufrieden.


    Kann also alles passieren...

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Holzauge sei wachsam! Brennpunktgesamtschulen muss man mögen, da bist du mehr Sozialarbeiter als Lehrer. Außerdem habe Gesamtschulen deutlich ausgedehntere Arbeitszeiten.

    Vielleicht BK?

  • So wie es in den meisten Stellenbeschreibungen formuliert ist, klingt es eigentlich nach einem harten Kriterium.

    Du kannst dich da schon bewerben, probier es ruhig, Hintergrund dieses Ausschreibungstextes ist häufig, dass Kollegen vom Gymnasium häufig gar keine Kompetenzen im Umgang mit ggf etwas schwierigeren Kindern haben, sich diese auch nicht aneignen wollen und dann der Meinung sind, dass eine Unterrichtsklasse, die sie haben, genauso arbeitet wie am Gymnasium, was eben nicht der Fall ist.


    Mir ist allerdings auch schleierhaft, warum es immer wieder Kolleginnen und Kollegen gibt, die das "Lehramt für Gymnasien und Gesamtschulen" studiert haben, im Laufe ihrer gesamten Ausbildung aber nicht einen einzigen Fuß in eine Gesamtschule gesetzt haben.

  • Ich bin nach meinem Ref. von einem Standort zwei Gymnasium an eine Gesamtschule Standort fünf gewechselt und muss sagen, dass ich es nicht bereue. Man sollte sich aber auch darüber im Klaren sein, dass Gesamtschulen nunmal Ganztagsschulen sind, Laufbahnkonferenzen in jedem Quartal stattfinden und auch mehr im Bereich AG usw. gefordert wird. Darüber hinaus sollte sich jeder bewusst sein, dass durch die Leitungsdifferenzierung der Unterricht mehrfach geplant werden muss. Du kannst einfach nicht den gleichen Unterricht im E-Kurs machen wie im G-Kurs. Allerdings hast du meiner Erfahrung nach mehr Teamwork im Kollegium.


    Man sollte aber auch der Typ dafür sein. Ich sehe häufig im Kollegium, dass einige wirklich kaputt sind, weil sie Zuviel geben, d.h. alles an sich rankommen lassen und sich verantwortlich für alles fühlen. Da sollte man sich ein dickes Fell zulegen und auch den Beruf Beruf sein lassen.

    Die andere Geschichte sind die Schüler. Das erste Jahr war wirklich hart, da man sich erstmal einen Ruf unter der Schülerschaft aufbauen muss. Wenn du zu Anfang als lieb, nett und inkonsequent daher kommst, hast du ständig damit zu kämpfen, ernst genommen zu werden. Daher musst du dich wirklich positionieren und dir auch die Frage stellen, welche Art von Lehrer will ich sein? Bei unserer Schülerschaft ist es wichtig konsequent, fair aber auch transparent zu sein. Die Schüler müssen einfach wissen, was du von denen willst und was sie zu erwarten haben, wenn es nicht läuft.


    Ich kann nach fünf Jahren sagen: Ich gehe gerne in meine Schule. Ich bekomme positive Feedbacks von meinen Schülern und Kollegen und habe auch regelmäßig Kontakt mit ehemaligen Schülern. Da freue ich mich auch immer wieder, wenn von denen positive Rückmeldungen kommen, wie weit sie es gebracht haben. Das sehe ich als Belohnung für unsere Arbeit als Kollegium. Wir haben es geschafft, einen Menschen, der absolut schlechte Voraussetzungen hatte, den Weg zu ebnen um seine Lebenssituation zu verbessern.


    Aber wie oben schon gesagt wurde: Man muss der Typ dafür sein.

  • Holzauge sei wachsam! Brennpunktgesamtschulen muss man mögen, da bist du mehr Sozialarbeiter als Lehrer. Außerdem habe Gesamtschulen deutlich ausgedehntere Arbeitszeiten.

    Vielleicht BK?

    Auch an einer beruflichen Schule/BK ist man in vielen Bildungsgängen mehr "Sozialarbeiter*in" als Lehrkraft, eben je nach Bildungsgang und SuS-Klientel.

    Und warum es gerade an einer beruflichen Schule keine "ausgedehnteren Arbeitszeiten" geben soll, musst du mir bitte mal erklären! An meiner BBS ist "nur" von der 1. bis zur 10. Stunde Unterricht (letztere endet um 17 Uhr), aber viele beruflichen Schulen haben auch Abendunterricht.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • da bist du mehr Sozialarbeiter als Lehrer. Außerdem habe Gesamtschulen deutlich ausgedehntere Arbeitszeiten.

    Vielleicht BK?


    Auch an einer beruflichen Schule/BK ist man in vielen Bildungsgängen mehr "Sozialarbeiter*in" als Lehrkraft, eben je nach Bildungsgang und SuS-Klientel.

    Und warum es gerade an einer beruflichen Schule keine "ausgedehnteren Arbeitszeiten" geben soll, musst du mir bitte mal erklären! An meiner BBS ist "nur" von der 1. bis zur 10. Stunde Unterricht (letztere endet um 17 Uhr), aber viele beruflichen Schulen haben auch Abendunterricht.


    Die Antwort hier von Humblebee kann ich nur unterstreichen.

    Im Handwerk viel Erziehungsarbeit und eine enorme Differnezierung (HS-Abschluss bis abgebrochenes Studium, alles dabei).

    In den Vollzeit-Bildungsgängen sehr viel auch Sozialarbeiter.


    Unterrichtszeiten von der 1.-10. für Vollzeit und dann noch Abendunterricht.

    Ich habe zwischen 8 und 20 Uhr Unterricht (nicht an einem Tag).


    Bin ja auch immer schnell mit Empfehlung für BK, aber hier sehe ich es nun auch nicht so zum Thema passend.
    Aber genauso wie eine Gesamtschule muss man auch die Vielfalt des BK mögen (für mich der Grund der Entscheidung für BK-Lehramt).

Werbung