Eignung für das Fach Chemie

  • Hallo,


    ich studiere die Fächer Englisch und Geschichte auf Lehramt (Gymnasium/Gesamtschule) und möchte das eine Fach, Geschichte, wechseln. Ich habe dabei folgendes Problem. Entschuldigt bitte vorab für die ganz dämliche Frage. Ich würde stattdessen viel lieber Chemie studieren, aber eine Sache lässt mich an meiner Eignung sehr stark zweifeln, und zwar: ich bin nicht gut darin, vor anderen Menschen zu rechnen. Mathematik war nie mein stärkstes Fach und ich müsste auch für das Studium sehr viel nachholen (das Abitur ist 5 Jahre her, ich hatte keinen Mathe-LK usw.). Ob ich das Studium an sich schaffe, ist deswegen vielleicht auch fraglich. Aber vor der Mathematik im Studium habe ich fast schon weniger Angst als vor der Notwendigkeit, im Unterrichtsalltag schnell vor anderen rechnen zu können. Wenn ich etwas für mich alleine ausrechnen muss, ist das meistens kein Problem. Aber wenn ich es vor anderen Menschen unter Zeitdruck tun muss, werde ich oft so nervös und blockiere von der Angst, Fehler zu machen, dermaßen, dass ich viel länger brauche als sonst und eben häufiger Fehler mache. Es dauert oft ein bisschen, bis ich überhaupt anfangen kann, im Kopf zu rechnen, da ich zuerst die Panik unter Kontrolle bringen muss. Da meine Schulzeit schon ein paar Jahre her ist, kann ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern, was genau die Chemielehrer an der Tafel gemacht haben. Aber wenn ich mir vorstelle, wie ich z.B. 25 g durch 86,9 g/mol vor der Klasse ausrechnen muss, wird mir fast schon übel.


    Kann mir jemand hier einen Rat und vielleicht einen Einblick in den Chemieunterricht geben? Bin ich aus dem oben genannten Grund für dieses Fach völlig ungeeignet? Die Vorstellung, es deswegen aufgeben zu müssen, schmerzt mich sehr, aber es bringt ja auch nichts, Ziele zu verfolgen, die man nicht erreichen kann.


    Vielen Dank im Voraus!

  • Nun ja, ich würde sagen, das ist eine klassische Zwickmühle: In Geschichte musst Du natürlich nicht vor Schülern rechnen. Mit der angestrebten Kombi besteht allerdings die ganz reale Gefahr, dass Du gar nicht in die Verlegenheit kommst, vor Schülern überhaupt irgendetwas machen zu müssen.


    Zu Deiner Frage: Ich habe keine Ahnung, welche Anforderungen der Chemieunterricht an die Lehrkraft stellt. 25 g durch 86,9 g/mol würde ich aber mit dem Taschenrechner erledigen. Auch sonst kann ich mir kaum vorstellen, dass eine Tätigkeit als Chemielehrer an so etwas scheitert. Ich würde sogar behaupten, dass sich das spätestens im Referendariat gibt. Insofern: Kopf hoch und auf sie mit Gebrüll!


    Und selbst wenn Du Dich nicht an Chemie rantraust: Geschichte solltest Du so oder so kicken.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Vor 30 Jahren sind viele meiner Mitstudenten in Chemie an Mathe gescheitert. Wie viel heute an der Universität verlangt wird, weiß ich nicht. Und schon damals unterschieden sich die Unis in den Anforderungen (vorher informieren) .


    In der Schule benötigt man wenig Mathe (in Sek. I reicht der Dreisatz und die eine oder andere Formel. In Sek. II kommt noch der Logarithmus hinzu. Aber man verwendet meistens die fertige Formel und TR. Gut, ich lasse meine Schüler die Formeln herleiten, muss aber nicht sein. Und als Lehrer hast du den Vorteil, du kannst es zu Hause vorbereiten. (Ich helfe hin und wieder meinen Bio/Chemie-Kollegen. Bisher haben die Schüler nichts bemerkt. )

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  • Im Studium (das bei mir gut 10 Jahre her ist) sind auch einige Mitstudenten an Mathe verzweifelt. Genauso wie mein Vorschreiber hatte ich da jetzt weniger Probleme. (Nota bene: Meinen Mathe-LK habe ich nicht besonders glorreich abgeschlossen!)

    Die größten Rechenaufgaben waren eigentlich in Physikalischer Chemie, meiner Erinnerung nach, da kamen zum Teil Sachen vor, die ich sonst eher aus der theoretischen Physik kannte. War auch die größte Schwierigkeit für meine Kommilitonen.


    Im Schulunterricht fand ich persönlich das Rechnen deutlich seltener, dafür waren die wenigen Rechnungen (im Sek2-Umfeld) irgendwie unintuitiver. Keine Ahnung warum... Und ja, den dekadischen Logarithmus muss man leider einmal rauf und runter können. pH-Wert-Berechnung ist gerade im Bereich von quantitativen Analysen durchaus ein Thema.

  • Da meine Schulzeit schon ein paar Jahre her ist, kann ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern, was genau die Chemielehrer an der Tafel gemacht haben.

    Kleine Rückfrage: Wie genau kommst du denn dann jetzt darauf, ausgerechnet Chemie studieren zu wollen?

    • Offizieller Beitrag

    Lustig, bei mir war andersherum.


    Ich hatte ursprünglich mal Chemie studiert und bin effektiv an Mathe gescheitert. Die MitstudentInnen, die Mathe-LK in der Schule hatten, kamen halbwegs mit, aber Leute wir ich mit "nur" Chemie-LK hatten so ihre Probleme. Das war dann auch der Grund, weshalb ich es habe sein lassen.

    Ich erinnere mich noch an die Berechnungen in Themodynamik, in Elektrochemie und dergleichen im Chemie-LK. Das konnte ich sogar noch. Bei den komplexen Zahlen und e hörte es dann irgendwann mit meinem mathematischen Verständnis auf. Wenn Dir mathematische Berechnungen auf dem Level eines erweiterten Dreisatzes später als Lehrkraft nicht wirklich gut von der Hand gehen und Du da selber rumrödelst, wie willst Du das Fach dann a) im Vorfeld studieren und b) unterrichten?

    Natürlich wäre das ggf. ein Anlass, um an diesen Schwächen zu arbeiten - und ich will nicht ausschließen, dass das klappen kann.


    Mir ist noch nicht ganz klar, wieso Du Geschichte aufgeben möchtest und stattdessen Chemie, dessen mathematische Anteile Dir Bauchschmerzen bereiten, machen möchtest. Interesse und Herzblut sind ja schön und gut (hatte ich dann in anderen Fächern), aber so ganz ohne Begabung wird es dann echt schwierig.

  • Bei den komplexen Zahlen und e hörte es dann irgendwann mit meinem mathematischen Verständnis auf.

    Wobei einem natürlich da der LK der Schule auch nicht mehr hilft. Über "e" erfährt man ja nur sehr wenig, besonders nicht die ganzen "komplexen" (sorry for the pun) Zusammenhänge :D

  • Kann vielen nur zustimmen.

    Schule wird vielleicht möglich sein, da hat man den Vorteil, bei guter Vorbereitung, dass man nicht unbedingt viel spontan rechnen muss (ich mache das meistens im Unterricht, weil ich noch immer schneller bin als die Schüler). Und Taschenrechner ist bei mir auch immer zur Hand.


    Aber das Studium ist nicht ohne. Mathe A und B waren Siebfächer, da wurde alles auf LK-Niveau, also Matritzen, Vektoren, sogar komplexe Zahlen.
    Und noch viel schlimmer (mein Lieblingsfach) Physikalische Chemie. Da sind auch viele dran gescheitert oder nur mit viel Fleiß durchgekommen.

    In der Anwendung reduziert sich die Mathematik, aber man sollte vieles schon drauf haben.

    Wobei ich nun den Stoff der allgemeinbildenden Schulen nicht so kenne.


    Ich leite auch immer gerne her, nur um zu zeigen, wie etwas kommt. Und man hat auch immer mal wieder Schüler, die das begeistert aufnehmen.

  • Wobei ich mir sicher bin, dass du Kiggie mit Zweitfach Elektrotechnik mit Sicherheit einen anderen Zugang zur Mathematik, insbesondere auch zu komplexen Zahlen hast, als jemand, der Englisch als zweites Fach studiert.

  • Wobei ich mir sicher bin, dass du Kiggie mit Zweitfach Elektrotechnik mit Sicherheit einen anderen Zugang zur Mathematik, insbesondere auch zu komplexen Zahlen hast, als jemand, der Englisch als zweites Fach studiert.

    Klar, deswegen würde ich bei dem Background der TE nur mit Bauchschmerzen sagen, jo, mach mal.


    Mathe A und B in der Chemie war niedlich gegen Mathe A und B bei Elektrotechnik. Mir hat die Mathematik bei ET aber gerade in der physikalischen Chemie sehr geholfen.


    andrea_m Gibt es noch andere Fächer, die dich interessieren?
    Kommt ja ein wenig auch auf die Schulform an. Von Englisch/Geschichte würde ich auch eher abraten.

  • Hm, ich würde in einem Chemiestudium hauptsächlich an der Chemie scheitern :D Aber dass ein Mathe-LK unbedingt Voraussetzung für ein Chemiestudium sein soll, bezweifle ich. Ich würde so weit gehen und behaupten, ein Mathe-LK ist noch nicht mal Voraussetzung für ein Mathematikstudium. Voraussetzung für Mathe auf egal welchem Niveau ist, meine ich, hauptsächlich Verständnis und gegebenenfalls die Fähigkeit, neue Sachverhalte schnell lernen und anwenden zu können.


    Was den Unterrichtsalltag angeht, da kann ich zur Chemie nichts sagen... aber ich selbst bin nicht gerade ein besonders starker Kopfrechner und mir bricht im Matheunterricht kein Zacken aus der Krone, wenn ich einen Taschenrechner nehme um live etwas auszurechnen.

  • Mathe im Chemiestudium ist tatsächlich nicht ohne.

    Ich hatte zwar keinen Mathe-LK, aber dafür einen Freund, der Mathe studiert hat und geduldig war:). Das Vorrechnen im Unterricht ist allerdings nicht so problematisch, man kann schwierigere Aufgaben schließlich zuhause vorbereiten.

  • Hm, ich würde in einem Chemiestudium hauptsächlich an der Chemie scheitern :D Aber dass ein Mathe-LK unbedingt Voraussetzung für ein Chemiestudium sein soll, bezweifle ich.

    Nö, sagt auch keiner, oder?

    Ich hatte nicht einmal Chemie groß in der Oberstufe. Hatte Mathe als LK und Physik als viertes Fach.
    Chemie kam erst danach und eher durch Zufall. Ziel war eigentlich was mit Physik zu machen ^^

    Aber ich kann nur empfehlen - ggf. den Vorkurs den es an vielen Unis gibt zu besuchen oder das:


    aber dafür einen Freund, der Mathe studiert hat und geduldig war :) .


    Die Lerngruppen und Fleiß haben mir in der Elektrotechnik geholfen.

  • Vielen herzlichen Dank an alle, die bisher geantwortet haben!


    Kris24 , Kiggie , Philio , danke für den Hinweis auf den Taschenrechner, das hatte ich so nicht erwartet. Der Hinweis auf die Vorbereitung war ebenfalls hilfreich. Wenn ich vor den Schülern nicht regelmäßig spontan kopfrechnen müsste, könnte ich zumindest diese Angst beiseitelassen. Darf ich nur noch nachfragen, ob das im Referendariat genauso war? Ich könnte mir vorstellen, dass es eher negativ gesehen wird, wenn Referendare solche Hilfsmittel zur Hand nehmen.


    Mir ist noch nicht ganz klar, wieso Du Geschichte aufgeben möchtest und stattdessen Chemie, dessen mathematische Anteile Dir Bauchschmerzen bereiten, machen möchtest. Interesse und Herzblut sind ja schön und gut (hatte ich dann in anderen Fächern), aber so ganz ohne Begabung wird es dann echt schwierig.

    Ich möchte Geschichte aus zwei Gründen aufgeben. Der erste ist, dass es sich falsch anfühlt. Ich habe das Gefühl, dass ich die Möglichkeit vergeude, mir Wissen aus anderen Gebieten anzueignen, die mich doch mehr interessieren. Der zweite ist, dass ich mit diesem Fach nicht so gute Aussichten bei der Stellensuche haben würde.


    Kleine Rückfrage: Wie genau kommst du denn dann jetzt darauf, ausgerechnet Chemie studieren zu wollen?

    Als ich mich für das Studium einschrieb, war ich voller Ängste und sehr restriktiv mit mir selbst. Die Chemie hat mich die ganze Zeit interessiert, aber ich sagte zu mir selbst, dass ich nur das studieren darf, was ich garantiert schaffen kann und was zu "Menschen wie mir" passt. Es ist ein bisschen schwer zu erklären. Ich dachte mir, dass ich Fächer wie Chemie denjenigen überlassen sollte, die nicht daran zweifeln, ob sie dafür geeignet sind oder nicht.


    Gibt es noch andere Fächer, die dich interessieren?

    Ja, Biologie interessiert mich noch. Wenn ich von vorne anfangen könnte und das Chemiestudium schaffen könnte, hätte ich sehr gerne die Fächerkombination gewählt.

  • Wir hatten es hier neulich schon mal davon: Ängste sollte man ernst nehmen. Wenn du panische Angst davor hast, vor einer Schulklasse zu rechnen, dann überlege dir, welche sozialen Ängste dem zugrundeliegen, Angst vor Fehlern usw. und lass dir dabei helfen, daran zu arbeiten. Der Taschenrechner im Referendariat wird sonst dein geringstes Problem werden.

  • danke für den Hinweis auf den Taschenrechner, das hatte ich so nicht erwartet.

    Irgendwie frage ich mich gerade, wie du denkst, dass es im Unterricht läuft. Soll ich den Logarithmus von 0,00345 selber ausrechnen im Kopf?
    Oder komplexe Rechnungen mit Division und Multiplikation mit Dezimalzahlen?

    Vorbereitung ist da wirklich wichtig. Aber eben auch der sichere Umgang mit dem Taschenrechner.

    Ich könnte mir vorstellen, dass es eher negativ gesehen wird, wenn Referendare solche Hilfsmittel zur Hand nehmen.

    Ich habe in keinem meiner UBs spontan den Taschenrechner gebraucht. Gerade im Ref bereitet man alles kleinlich vor.

    Jetzt sage ich eher mal zu den Schülern, moment, muss das selbst noch nachrechnen. Aber auch das mit dem Taschenrechner.


    Ein Taschenrechner ist doch kein schlimmes Hilfsmittel?

    Ja, Biologie interessiert mich noch. Wenn ich von vorne anfangen könnte und das Chemiestudium schaffen könnte, hätte ich sehr gerne die Fächerkombination gewählt.

    Also Chemie/Bio ist keine schlechte Kombi, manches überschneidet sich. Biologie ist recht viel Lernen, Chemie auch viel Verständnis.


    Wie weit bist du denn? Ich würde sagen, noch ist es nicht zu spät. Aber schnupper doch einfach mal im jetzigen Semester in die ein oder andere Chemie-Vorlesung rein. Kommt nun gerade auf die Bedingungen an, aber nachfragen würde ich allemal. Chemie ist selten überlaufen, so dass es klappen sollte.

    • Offizieller Beitrag

    Irgendwie frage ich mich gerade, wie du denkst, dass es im Unterricht läuft. Soll ich den Logarithmus von 0,00345 selber ausrechnen im Kopf?
    Oder komplexe Rechnungen mit Division und Multiplikation mit Dezimalzahlen?

    Vorbereitung ist da wirklich wichtig. Aber eben auch der sichere Umgang mit dem Taschenrechner.

    Wie? Da bin ich aber schon ein bisschen enttäuscht.

    @TE: Lehrer*innen sind keine Computer. Über sowas würde ich mir erst recht keine Gedanken machen. Mit Taschenrechner und weiteren Hilfsmitteln wird das Chemiestudium schon schwer genug, da hast du keine Angst mehr, 15 durch 3 Kopf zu rechnen. Für weitere Rechnungen hast du einen Taschenrechner und Vorbereitung.
    Schnupper mal in die Fächer hinein und viel Spass im Studium!
    Chili

    PS: Auch Fremdsprachenlehrer*innen benutzen mal ein Wörterbuch im Unterricht, Geschichtslehrer*innen wissen auch nicht alle Daten aus dem Kopf und im Deutschunterricht darf man auch mal Stilfiguren oder Autoren nachschlagen ;)

  • PS: Auch Fremdsprachenlehrer*innen benutzen mal ein Wörterbuch im Unterricht, Geschichtslehrer*innen wissen auch nicht alle Daten aus dem Kopf und im Deutschunterricht darf man auch mal Stilfiguren oder Autoren nachschlagen ;)

    :staun::staun::staun:



    In Elektrotechnik und auch Chemietechnik ist mein bester Freund auch das Tabellenbuch, das immer griffbereit liegt. 8)

  • In Elektrotechnik und auch Chemietechnik ist mein bester Freund auch das Tabellenbuch, das immer griffbereit liegt. 8)

    Als ob ich in Physik jeden Zusammenhang auswendig kann... :D Ich hab doch jetzt heute wieder nachgucken müssen, ob Hangabtriebskraft mit dem Sinus oder Cosinus berechnet wird.

    Und ich benutze ständig den Taschenrechner, der Klassiker ist die Geschwindigkeit: Als ob ich die Umrechnung von km/h auf m/s im Kopf schaffe...


    Zum Thema:

    Biologie/Chemie ist eine sehr häufige Kombination. Viel des heutigen Lehramtsstudium ist sogar auf diese Standardkombination ausgelegt (zumindestens an meiner Uni). Und die anderen Sachen, da braucht man halt Fleiß für.

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