Corona und Inklusion

  • Hallo zusammen,


    gibt es hier noch jemanden, der ein Kind mit Inklusionsstatus hat, das aufgrund von erhöhtem Risiko die Schule nicht besuchen kann?


    Meine Schülerin wird nach einem individuellen Förderplan (Förderschwerpunkt GE) beschult. Normalerweise versuche ich, sie möglichst viel in den Regelunterricht einzubinden, auch wenn sie fachlich natürlich meilenweit von den Mitschülern entfernt ist und oft an eigenem Material arbeitet. Aber durch das "Dabeisein" lernt sie auch Einiges - und das ist meiner Meinung nach der Sinn von Inklusion, dass sie auch dabei ist, so viel und oft es geht. Jetzt war sie jedoch seit März nicht mehr in der Schule, sondern bekam immer Material von mir, das sie mit den Eltern zu Hause durchgearbeitet hat. Da war natürlich nichts mehr mit "Runterbrechen" von Inhalten oder Lernen von den anderen Kindern. Sie bekam komplett ihr eigenes Programm, das ich in vielen Stunden extra für sie zusammengestellt habe - ist natürlich auch nicht einfach, weil ich für GE nicht wirklich Material habe und vor allem überhaupt keinerlei Erfahrung, bis auf das halbe Jahr vor Corona. Rückmeldung über die Erfolge bekomme ich von den Eltern, mit ihr selber kann man auch kein Telefonat oder Videokonferenz machen, weil sie sich nicht sprachlich ausdrücken kann und auch Ansprache nur in Ansätzen versteht und vor allem eher "live" als am Telefon.

    Jetzt gehen mir langsam die Ideen aus. Bisher hat sie kaum neuen Stoff bekommen, sondern sollte (in Absprache mit dem MSD von der Förderschule) das bis dahin Gelernte noch festigen und wiederholen. Das war ja auch ganz okay, aber irgendwann muss es doch weitergehen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, den Eltern genaue Anleitungen an die Hand zu geben, wie sie ihr den neuen Stoff vermitteln - ich bin ja auch nicht dafür ausgebildet, sondern "probiere" eher aus und schaue, wie sie damit zurechtkommt. Das geht natürlich nicht, wenn ich die Eltern anleiten soll, ihr Neues beizubringen. Dazu kommt, dass es nicht wirklich klar ist, auf welchem Lernstand sie mittlerweile ist. Das weiß ich nur durch Gespräche mit den Eltern, die aber natürlich keine Lehrkräfte sind und somit das nicht wirklich gut einschätzen können.


    Hat jemand so eine ähnliche Situation?

    Wir überlegen schon, ob es möglich ist, dass jemand zu ihr nach Hause kommt. Aber wenn sie Risikopatientin ist, werden das die Eltern vermutlich auch nicht wollen, wegen der Ansteckungsgefahr.

    Ich fühle mich einerseits total unwohl mit der Situation, dass ich der Familie so mehr oder weniger "ins Blaue hinein" Material zukommen lassen soll. Andererseits ist es auch vom Arbeitsaufwand wirklich heftig. Sie ist ja nie "dabei" und hört zu, wie im regulären inklusiven Unterricht ist, sondern ich müsste einen kompetten Lernplan nur für diese Schülerin erstellen, für 20 Stunden pro Woche ungefähr...


    Falls jemand anderes auch Ähnliches erlebt, wäre ich sehr an einem Austausch bzw. an Erfahrungen interessiert!


    LG

  • Bitte, im Namen aller Kollegen: gebt derlei Verantwortung an die Schulleitungen ab. Es muss doch eine zuständige Förderschullehrkraft geben? Ist vielleicht ein Kollege im Homeoffice, der oder die dieses Kind "übernehmen" kann? Es wäre doch bereits Mehrarbeit, wenn du einem Kind auf demselben Lernstand zusätzliches Homeschooling-Material zur Verfügung stellen müsstest. Wie soll das in deinem Fall funktionieren? Auch müsste jemand einen Förderplan erstellen, der den Lernstand kennt usw. Bitte regele sowas nicht im Einzelkämpfermodus, da du sonst auch, wenn es Probleme gibt, allein verantwortlich gemacht wirst und das sollte nicht zu deinem Privatproblem gemacht werden.

  • Die Schulleitung unterstützt mich, wo sie nur kann.

    Wir sind auch eine sehr kleine Schule und es gibt niemanden, der im Homeoffice ist.

    Es gibt auch nicht wirklich eine "zuständige Förderschullehrkraft" - also in dem Sinne, dass ich bisher auch immer die Förderpläne erstellt habe und das Kind unterrichtet habe. Für ein paar Stunden die Woche kommt der MSD und macht etwas mit dem Mädchen, so war das bis Corona. Das ist in Bayern so vorgesehen - ich habe oft den Eindruck, dass in anderen Bundesländern mehr Entlastung stattfindet. Bei uns sie "meine Schülerin" und ich habe sie zu beschulen.

    Den Lernstand kennt wie gesagt niemand, weil die Eltern keinen Kontakt zur Schule zulassen und wir ausschließlich die Aussagen der Eltern haben, woraus wir halbwegs abschätzen, wie weit sie inzwischen ist.
    Wir sind in Kontakt mit der Förderschule, von der der MSD auch im letzten Schuljahr kam. Sie tun auch, was sie können.

    Leider scheint es für "solche" Fälle bisher keine offizielle Regelung zu geben, weil es bisher so etwas wie Corona nicht gab...

  • Habt ihr in eurem BL die Möglichkeit, das Kind ausserhalb der regulären Unterrichtszeit unter Wahrung des Abstandes einzubestellen?


    Dann könnte ggf der MSD den aktuellen Lernstand feststellen und du das Kind mit Material ausstatten (oder anders herum).


    Sehr unglücklich gelöst bei euch :(

    Hier wäre die entsprechende Förderschullehrkraft für die Beschulung verantwortlich....

  • Den Vorschlag, das Kind außerhalb der Unterrichtszeiten einzubestellen, hätte ich auch gemacht.


    Tatsächlich gibt es bei uns für Kinder mit festgestelltem GE-Schwerpunkt bis zu 5 Std Unterricht durch eine Förderschullehrkraft, was derzeit bei uns tatsächlich realisiert ist, wenn auch mit weniger Stunden.

    Die FöS-Lehrkraft stellt in der Regel die Materialien zusammen, was eine große Hilfe ist. Bei den anderen Förderschwerpunkten ist es komplett anders und man muss es weitestgehend allein bewerkstelligen.


    Unklar ist, was das Kind bisher überhaupt gelernt hat.

    Einer unserer GE-SuS kann jetzt Anfang Klasse 4 lesen, bei einem anderen Kind scheinen viele Erfolge wie ausradiert, sodass vieles wiederholt werden muss.

    Umso wichtiger wäre es, dass man den derzeitigen Lernstand in irgendeiner Form ermitteln kann.

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für eure Antworten. Leider habe ich es nicht schneller geschafft...


    Wir sind noch am Abklären, wie die Situation gehändelt werden kann. Offenbar ist noch alles nicht ganz klar, weil es keine genauen Vorgaben gibt, da so eine Situation wie Corona bisher nicht gab.

    Ich glaube, in meinem ersten Text kam es nicht so wirklich deutlich raus. Meine Schulleitung und auch der MSD lassen mich mit dem "Problem" nicht alleine, wir sind aktuell viel in Kontakt und versuchen rauszufinden, wie man mit dieser Situation umgehen und das Kind halbwegs sinnvoll beschulen könnte. Aber wie gesagt, das gestaltet sich eher schwierig...


    Wir wissen nicht, ob wir die Schülerin in die Schule reinbestellen oder sie zu Hause besuchen dürfen, um eben den Lernstand zu ermitteln. Möglich (in unseren Köpfen) wäre auch eine Beschulung zu Hause z. B. durch den MSD, ein paar Stunden die Woche. Wenn die Eltern das wünschten, würde das sicherliche gehen. Die Frage ist, wie es ist, wenn die Eltern dagegen sind. Ob wir dann irgendwelche Möglichkeiten haben, wissen wir noch nicht, da sind wir dran...


    Auf jeden Fall sind schon mal alle Beteiligten (also von schulischer Seite) einig, dass wir uns da nicht totarbeiten können und sollen... Aber alle sind mit der aktuellen Situation ziemlich unglücklich.

  • Ja, das ist die Frage... Das Kind ist ja nicht krank, sondern soll nicht unter Menschen. Es hat außerhalb der Familie keinerlei Kontakte. Das wäre dann aber trotzdem, wenn eine Lehrkraft nach Hause kommt. Da könnte sie sich auch anstecken...


    Vor allem steht im Gesetzestext:

    "(3) 1Der Hausunterricht kann nur auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder der volljährigen Schüler erteilt werden" - das ist genau unsere Befürchtung, dass ein Hausbesuch zur Beschulung nur dann möglich ist, wenn die Eltern es beantragen...

  • Die Frage ist dann in dem Zusammenhang auch: Wenn die Eltern wenig kooperieren, ist es dann legitim, von schulischer Seite zu sagen, dann lernt das Kind halb nichts??? Damit würde ich mich auch nicht wohl fühlen, weil ich mich doch verantwortlich für das Kind fühle.

  • Update...


    Voraussichtlich klappt es, dass das Mädchen für einige Stunden pro Woche in die Schule kommt und dann Einzelunterricht bekommt, ohne die Mitschüler, damit die Ansteckungsgefahr minimiert wirde. Das würde durch den MSD (und evtl. auch durch mich, da ist der Antrag auf "Hausunterricht" noch nicht durch) passieren. In diesem Rahmen könnte auch der Lernstand erfasst werden, damit wir wissen, wie wir sinnvoll weiterarbeiten können.


    Nach wie vor finde ich es aber nicht so toll, dass die Verantwortung für ihre Beschulung offenbar eindeutig in meine Verantwortung fällt. Der MSD würde - wenn es so klappt - die paar Förderstunden geben. Aber letztendlich versorge ich sie seit sieben Monaten jede Woche mit Material... Scheint aber in Bayern so vorgesehen zu sein. Meine SL steht auf jeden Fall hinter mir, aber sie kann auch nicht viel machen. Laut Schulamt ist das alles richtig so und wir sollen so weitermachen. Irgendwer muss dem Kind ja Lernmaterial bereit stellen bzw. den Förderplan schreiben...

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