Lehramt Geisteswissenschaften

  • Hallo,

    ich würde in nicht allzu ferner Zukunft gerne in Bayern auf Gymnasiallehramt studieren. Die Fächer, zwischen denen ich noch schwanke, liegen alle im sprachlich/geisteswissenschaftlichen Bereich, d.h. zur Auswahl stehen Englisch, Französisch, Latein und Geschichte (+Sozialkunde).


    Ich habe mir jedoch die Einstellungszahlen für diese Fächer angesehen, die mich dann doch etwas schockiert haben. So gab es im Februar 2020 40 Bewerber für die Kombination Englisch/Geschichte auf eine Planstelle, aber nur 7 Einstellungsangebote! Im September 2019 war es glatt noch schlimmer. 131 Bewerber und nur 8 Angebote.

    Für Französisch + Beifach, sowie für Latein sehen die Chancen aktuell ein bisschen besser aus, aber auch nicht gerade berauschend.

    Dass es ein Überangebot für Geisteswissenschaften gibt, wusste ich zwar schon, aber mit diesen Zahlen hatte ich nun doch nicht gerechnet. Kombinationen mit Latein/Französisch sehen nur geringfügig besser aus und selbst in den naturwissenschaftlichen Fächern (bis auf Physik, aber selbst da) gibt es viel mehr Bewerber als benötigt.
    Mit der kürzlich erfolgten Wiedereinführung des G9 in Bayern soll zwar der Bedarf an allen Lehramtsfächern wieder steigen, v.a. im Jahr 2025, aber auch danach sagen die Prognosen für Bayern, dass die Einstellungschancen eher als günstig gelten. Außerdem werden in den nächsten Jahren die Babyboomer in Rente gehen, wodurch ja sicherlich einige Stellen frei werden. Wenn ich dieses WS oder nächstes SS also mit Lehramt anfangen würde, wäre ich irgendwann zwischen 2025 und 2030 fertig - grob gesagt - mit Referendariat usw.

    Wie gesagt, ich bin etwas beunruhigt. Was passiert mit all den Leuten, die nach ihrem Studium keine Stelle bekommen? Die oben genannten Zahlen beziehen sich jetzt nur auf Planstellen und daneben gibt es natürlich noch kirchliche Angebote und Angebote von Privatschulen, aber das werden wohl auch nicht überborden viele sein.

    Außerdem wird empfohlen, das Fach Geschichte mit Sozialkunde zu erweitern, um bessere Einstellungschancen zu haben und um Oberstufenunterricht geben zu können, da diese Fächer ab der 10. fast nur in Kombination unterrichtet werden. Hat man trotzdem irgendwelche Chancen auf Einstellung, wenn man nur Geschichte nimmt? Bzgl. Geschichte/Sk hätte ich persönlich noch die Hoffnung, zur Not anderweitig unterzukommen, also nicht im Lehrberuf, z.B. durch Praktika/Nebenjobs in Museen, Archiven etc. Wenn ich nur Sprachen nehme, was ich mir auch überlege, habe ich neben Lehramt ja praktisch gar keine anderen beruflichen Möglichkeiten.


    Ich muss dazu sagen, dass ich derzeit etwas anderes studiere und damit überhaupt nicht glücklich bin. Ich konnte mich nach dem Abi nicht entscheiden, ob ich Lehramt oder eine andere Laufbahn einschlagen will und habe mich zunächst für letzteres entschieden, da mir jeder von einem geisteswissenschaftlichen Studium auf Lehramt abgeraten hat. Jetzt muss ich mir jedoch eingestehen, dass mein aktuelles Studium, obwohl es zu einem krisensicheren und anständig bezahlten Beruf führt - was nicht zu unterschätzen ist, wie auch momentan in der Corona-Krise sichtbar wird, nicht das ist, was ich will.

    Lehramt sehe ich nicht als Notlösung, sondern ich habe ehrliches Interesse an diesem Beruf und bringe Begeisterung für die oben genannten Fächer mit. Fast alle davon hatte ich in der Oberstufe, sehr oft 15 Punkte und einen Abiturschnitt über 1,5. Das wäre also kein Verlegenheitsstudium.


    Ich bin gerade etwas verzweifelt. Laut den offiziellen Zahlen müssten ja tausende von Absolventen gezwungen sein, nach dem Studium komplett umzusatteln, um nicht langfristig arbeitslos zu werden...

    Was für Alternativen hätte man denn mit einem Lehramtsstudium? In Bayern besteht ja die Möglichkeit, Lehramt parallel auf Staatsexamen und auf Bachelor zu studieren.



    • Offizieller Beitrag



    Was passiert mit all den Leuten, die nach ihrem Studium keine Stelle bekommen? Die oben genannten Zahlen beziehen sich jetzt nur auf Planstellen und daneben gibt es natürlich noch kirchliche Angebote und Angebote von Privatschulen, aber das werden wohl auch nicht überborden viele sein.

    Ein nicht unbeträchtlicher Anteil landet in den Grundschulen Berlins.

    Beste Aussichten, das bunte Großstadtleben, bester ÖPNV, strahlende Kinderaugen...

    Ist einen Hauch ironisch, aber ja, wir hatten an meiner Ex-Schule mehrere bayrische Gymnasiallehrkräfte mit geisteswissenschaftlichen Fächern.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Schon über andere Schulformen, als ausgerechnet das tödlich überlaufene Gymnasium nachgedacht?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Bzgl. Geschichte/Sk hätte ich persönlich noch die Hoffnung, zur Not anderweitig unterzukommen, also nicht im Lehrberuf, z.B. durch Praktika/Nebenjobs in Museen, Archiven etc.

    Die hätte ich nicht.


    Vielleicht hast du schon davon gehört, dass es Leute gibt, die wirklich Geschichte studieren (also nicht nur auf Lehramt) oder solche, die sogar Kunstgeschichte studieren.


    Und selbst für die dürfte solch eine Festanstellung wie ein großer Lottogewinn sein. Es gibt einfach keinen großen Markt in diesen Bereichen. Da als Lehramtsstudent/in unterzukommen, halte ich für extrem unwahrscheinlich.



    Ich kann dir aber mitteilen, dass in anderen Bundesländern Latein nicht unbedingt das schlechteste Fach für diese Schulart ist. Von den von dir genannten würde ich dieses auf jeden Fall nehmen, falls du dich dazu entschließen solltest, das Studium aufzunehmen. Die Kombi Englisch/Latein (sofern es das in Bayern gibt) wäre wohl am erfolgsversprechendsten, schätze ich.


    Aber gut ist die Situation am Gymnasium abgesehen von den Mangelfächern eben nicht.

  • Danke an dieser Stelle schon mal für die Antworten. Das Gymnasium wäre meine präferierte Schulart, da ich den Stoff gerne auf Oberstufenniveau unterrichten würde, für Realschule oder FOS wäre ich aber auch offen.


    Schulpsychologie fände ich auch noch interessant. Über Wirtschaft und Recht denke ich auch nach. Ich war sehr gut in dem Fach, hatte es allerdings nicht in der Oberstufe und von allen Fächern, die ich in der Oberstufe hatte, war Mathe mein Schwachpunkte, heißt stabiler 3er Bereich. WR in Kombi mit Englisch und Französisch wäre ansonsten vielleicht auch was. Aber selbst für dieses Fach gibt es mehr Bewerber als dass Bedarf besteht.


    Wie schätzt ihr die Situation in den nächsten Jahren ein bzgl G9 und Babyboomer-Rente? Da werden sicherlich Leute gebraucht, andererseits studieren extrem viele Leute Lehramt. Allein aus meinem ehemaligen Abiturjahrgang gefühlt jeder 3.

  • Ich schätze die Situation so ein, dass du angesichts der für dich interessanten Fächer entweder direkt ein anderes Bundesland als neuen Traumwohnort wählen solltest, wo du mit z. B. Latein punkten kannst (am besten dann schon zum Studium wechseln, dann lernst du das System kennen und Freund/Freundin kommt ggf. auch aus diesem BL und bleibt insofern gerne dort) oder alternativ eine andere Traumschulart für dich entdeckst. Berufliche Schulen und Realschulen bzw. Mittelschulen einfach mal prüfen im Hinblick auf Bedarf und Fächerkombis. Wenn es Bayern, Gym und eine dieser Kombis gefühlt sein "muss", dann mach dich ab dem ersten Semester aktiv mit den Plänen B-D vertraut, deinen Notfallvarianten, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit deine berufliche Zukunft darstellen. Irgendeinen Kompromiss wirst du vss. finden müssen : Bundeslandwechsel, Schulartwechsel, anderes Berufsziel. Deine Entscheidung.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL ()

  • @TE: Lass es. Du bist im Begriff, ein totes Pferd zu satteln.

    Was passiert mit all den Leuten, die nach ihrem Studium keine Stelle bekommen?

    Am Beispiel einer mir nahe stehenden solchen kann ich Dir das gern erläutern:

    Die hangeln sich von Vertretungsstelle zu Vertretungsstelle an x verschiedenen Orten und Schularten, lassen sich jedes Jahr aufs Neue zu Höchstleistungen anspornen, weil immer wieder ein skrupelloser Knallkopf von Schulleiter verspricht, dass man bei Bewährung "schon was machen" könne (gelogen! In Bayern hat der SL nullkommagarkeinen Einfluss auf die Stellenvergabe!), und landen am Schluss in einer der momentan beliebten Sondermaßnahmen, um kurz vor Schluss doch noch Haupt- oder Grundschullehrerin zu werden.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Von allen Bundesländern ist Bayern vermutlich das Bundesland mit den schlechtesten Aussichten für Lehramt an Gymnasien und sogar Realschulen (einzig in BW ist das Sek I-Lehramt auch nicht so doll gefragt wegen den PHs). Ich hörte schon, dass selbst klassische Mangelfächer wie Mathematik dort nicht so stark gesucht sind wie man annehmen könnte. Daher würde ich hier noch umso stärker von Gymnasiallehramt abraten, gerade mit geisteswissenschaftlichen Fächern. Die Folgen wurden ja schon aufgezeigt: Sondermaßnahme, Berlin *ähäm*, ansonsten gerne mal auch nach München geschickt, wo sich kein Mensch ein Haus leisten kann. Wenn du einigermaßen die Verbindung zur Heimat halten willst, mache Haupt- oder Berufsschullehramt oder schaue, ob etwas außerhalb des Lehramts infrage kommt (die Arbeitslosigkeit in Bayern ist ja flächendeckend sehr gering, da dürfte sich was finden lassen)!

  • Bzgl. Geschichte/Sk hätte ich persönlich noch die Hoffnung, zur Not anderweitig unterzukommen, also nicht im Lehrberuf, z.B. durch Praktika/Nebenjobs in Museen, Archiven etc. Wenn ich nur Sprachen nehme, was ich mir auch überlege, habe ich neben Lehramt ja praktisch gar keine anderen beruflichen Möglichkeiten.


    Vergiss es mit Geschichte in Mussen oder so unterzukommen, gerade als Lehrämtler. Ich kenne genug Menschen die Geschichte aus großem Interesse studiert haben, die machen nun alle was anderes.

    Mit Sprachen würden mir da noch deutlich mehr Jobs einfallen, wenn man gut ist. Fremdenführer, Ausland, Dolmetscher, Übersetzer im schriftlichen Bereich ...

  • Hast du schon mal über berufliche Schulen nachgedacht?

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Ich habe mir in den letzten Tagen viele BBS bzw. FOS/BOS in Bayern (online) angesehen und war überrascht, zu welch doch großen Teilen die Kollegien aus GymnasiallehrerInnen zu bestehen scheinen (in der Annahme, dass diejenigen, die 2-3 Unterrichtsfächer unterrichten, einst für Gymnasiallehramt ausgebildet wurden). Gerade die so beliebten Fächerkombinationen wie Deutsch und Geschichte/Sozialkunde sind hier en masse zu finden. Das soll dich aber nicht beruhigen oder ermutigen – im Gegenteil: Auch die BBS sind, zumindest hinsichtlich ebendieser Unterrichtsfächer, irgendwann ge- bzw. übersättigt. Ich denke also, dass es sich tendenziell schwieriger gestaltet, im Nachhinein, sprich nach dem Studium, auf sie auszuweichen.


    Wenn Latein für dich infrage kommt: Hier scheinen die Chancen in einigen Bundesländern zumindest nicht schlecht zu stehen. Wie stehst du zu einer Kombination aus Latein, Geschichte und Ethik/Philosophie (Drittfach)? Damit schaffst du dir ein gerade für humanistische Gymnasien attraktives Profil, denke ich.


    Bzgl. BBS: An Beruflichen Oberschulen wird, wie ich es verstehe, im Zweig, der zur Allgemeinen Hochschulreife führt, auch eine dritte Fremdsprache (Französisch für Fortgeschrittene/Spanisch für Anfänger) unterrichtet. Hier führst du mit Französisch/WiPäd wohl nicht schlecht. Ich für meinen Teil habe mich für Englisch/WiPäd entschieden, auch das könnte eine Option darstellen.


    Zur Transparenz: Ich bin selbst angehende Lehramtsstudierende, die lediglich viel dazu recherchiert (Prognosen usw.) – spreche demnach aber explizit nicht aus Sicht einer Lehrerin, die die Realität tatsächlich kennt und erlebt.


    EDIT: Ich habe gerade in einem anderen Thread gelesen, dass es in einigen Bundesländern möglich ist, zwei Unterrichtsfächer (statt beruflicher Fachrichtung) auf Lehramt an BBS zu studieren. Es sind also ggf. nicht ausschließlich einstige GymnasiallehrerInnen mit besagten Fächerkombinationen vertreten, ändert aber nichts an der Quintessenz meiner Aussage.

  • Damit schaffst du dir ein gerade für [die letzten paar]humanistische[n] Gymnasien attraktives[, aber dennoch hoffnungslos überversorgtes] Profil, denke ich.

    - Notwendige Ergänzung eingefügt.

    Ich habe mir in den letzten Tagen viele BBS bzw. FOS/BOS in Bayern (online) angesehen und war überrascht, zu welch doch großen Teilen die Kollegien aus GymnasiallehrerInnen zu bestehen scheinen (in der Annahme, dass diejenigen, die 2-3 Unterrichtsfächer unterrichten, einst für Gymnasiallehramt ausgebildet wurden).

    Wundert mich, dass Du diese Infos noch online gefunden hast. Eigentlich dürfen keine Lehrerlisten mehr öffentlich zugänglich sein.

    Gerade die so beliebten Fächerkombinationen wie Deutsch und Geschichte/Sozialkunde sind hier en masse zu finden.

    Nu ja - die gibt es am Gymnasium ja auch zuhauf. Das Problem ist ja nicht, dass keine D- oder G-Lehrer gebraucht würden.

    Aber gut ist die Situation am Gymnasium abgesehen von den Mangelfächern eben nicht.

    Es gibt praktisch keine echten Mangelfächer mehr. Selbst Physik ist derzeit keine Einstellungsgarantie.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • (1) Notwendige Ergänzung eingefügt.


    (2) Wundert mich, dass Du diese Infos noch online gefunden hast. Eigentlich dürfen keine Lehrerlisten mehr öffentlich zugänglich sein.


    (3) Nu ja - die gibt es am Gymnasium ja auch zuhauf. Das Problem ist ja nicht, dass keine D- oder G-Lehrer gebraucht würden.

    (1) Das lasse ich so stehen.


    (2) Puh, scheint, als hielten sich da eine ganze Menge Schulen (sicher ein Drittel bis die Hälfte derer, die ich mir ansah) nicht dran.


    (3) Das meinte ich nicht. Ich wollte damit aussagen, dass vermutlich auch hier geringerer weiterer Bedarf besteht – die Schulen scheinen, zumindest was die bloße Anzahl der entsprechenden LehrerInnen (D/Ge/Sk) angeht, nicht chronisch unterversorgt zu sein.


    PS: Wie zitiere ich gestückelt?

  • PS: Wie zitiere ich gestückelt?

    Indem Du eine Passage markierst und dann auf "Zitat speichern" statt auf "Zitat einfügen" gehst. Rechts unten ist dann eine Schaltfläche "Zitate", mit deren Hilfe Du die Zitate nach Wunsch wieder einfügen kannst. Ist in der mobilen Ansicht schwierig.

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Hm, insgesamt hört sich das alles sehr pessimistisch an... Schulpsychologie hätte ich mir sonst noch überlegt; soweit ich weiß, ist es möglich, in Bayern sowohl auf Staatsexamen als auch auf Bachelor Lehramt zu studieren. In Psychologie könnte man also parallel zum Staatsexamen einen Bachelorabschluss erwerben und dann noch einen Master draufsatteln. Kombinierbar wäre Schulpsychologie in München mit Englisch oder Latein.


    Wäre das möglicherweise eine bessere Option?


    Mein Problem ist, dass ich mich wirklich tiefgehend für Sprache und Geschichte interessiere, mich aber zunächst gegen ein in diese Richtung gehendes Studium (ohne Lehramt) entschieden habe, da mein Umfeld mir katastrophale Chancen auf dem Arbeitsmarkt prophezeit hat und ich mich nach dem Abitur auch irgendwie ein wenig von der Schule distanzieren wollte, obwohl es mir in der Schule immer sehr gefallen hat (bzgl. Studium auf Lehramt). Jetzt hänge ich in einer Grübelschleife fest, da ich mit meinem jetzigen Studium sehr unzufrieden bin, obwohl es akademisch gesehen sehr gut läuft, da mir einiges an intrinsischer Motivation fehlt. Hätte ich mehr Mut, hätte ich wohl schon längst zu Lehramt gewechselt, die Prognosen halten mich bisher davon ab. Andererseits habe ich einige Freunde, die auf Gymnasiallehramt studieren (u.a. Deutsch und Geschichte, was ja ohnehin als Todeskombi gilt) und sich so gar keine Sorgen zu machen scheinen.

  • moxiv: Bayern ist halt das Bundesland mit den schlechtesten Aussichten für Gymnasiallehramt. Leute wie deine Freunde erschweren da eher das Problem, da sie massenweise wenig gesuchte Fächer studieren und dadurch dafür sorgen, dass die Situation noch schlechter aussieht.

    Gehe daher relativ pragmatisch an die Sache heran:

    Hast du Lust auf Sondermaßnahme, das teure München oder das andere Ende von Deutschland, bei dem du deine Eltern vlt. zu Weihnachten und zu Ostern mal siehst? Wenn nein, dann nimm gleich etwas Gescheites, auch wenn Schulpsychologie noch soooo cool sein mag!

    Wie schon erwähnt, mit Haupt- oder Berufsschullehramt sieht es gut aus; wenn du die Voraussetzungen erfüllst, evtl. auch eine Fachlehrerausbildung.


    Bitte sei nicht so eingestellt, dass du unbedingt wenig gefragte Fächer studieren möchtest, da du nichts Anderes kannst und natürlich dich im Studium super anstrengen und später sehr flexibel sein möchtest! Den Fall haben wir hier im Forum bestimmt 1x pro Woche - also ja, es gibt viiiiiele Leute in ähnlicher Situation.


    Mit freundlichen Grüßen

  • Zu Schulpsychologie direkt kann ich wenig (Gesichertes) sagen, ich weiß aber auch nicht, woher Lehramtsstudent die Information nimmt, dass das per se nichts Gescheites wäre. Im Gegenteil: Die Lehrerbedarfsprognose für Bayern listet Schulpsychologie für die Realschule als eines der gesuchten Fächer: "Jedoch besteht bereits jetzt hoher Bedarf für Fächerverbindungen mit den Fächern Informatik, Psychologie mit schulpsychologischem Schwerpunkt, Biologie, Kunst oder Französisch sowie für rein sprachliche Fächerverbindungen bzw. sprachliche Fächerverbindungen mit zweitem Fach Mathematik, Musik oder Sport."

    Bzgl. Schulpsychologie an Gymnasien habe ich in Prognosen o. ä. hingegen nichts, weder gut noch schlecht, gelesen.

    Du musst Folgendes bedenken: Reine Schulpsychologie kannst du (noch) fast nirgends studieren. Der gängige Weg war bisher der über die Mono-Psychologie, ein recht überlaufener Studiengang, und gerade der Markt für diejenigen, die in die klinisch-therapeutisch-beratende Richtung gehen wollen, ohne die langjährige, teure Psychotherapieausbildung absolvieren zu müssen, gestaltet sich bis dato schwierig. Dir wird aber keiner sicher vorhersagen können, wie sich die Reform des PsychThG darauf auswirken wird. Einerseits werden die (postgradual) Aus- bzw. Weiterzubildenden in Zukunft finanziell sehr viel besser gestellt sein, andererseits soll der Zugang zu Masterstudium und Aus- bzw. Weiterbildung (noch) härter reguliert werden. Es wäre schlicht unseriös, diesbezüglich bereits jetzt eine vermeintlich verlässliche Prognose abzugeben.

    Die reine Schulpsychologie im Rahmen eines Lehramtsstudiums ist meines Wissens ein exklusiv bayrisches Angebot. Hier profiliert sich besonders die LMU. Ich könnte mir vorstellen, dass du als Schulpsychologe + Unterrichtsfach ein gern gesehener Bewerber gerade auch in anderen Bundesländern bist, die dieses Studium so selbst nicht anbieten. Jedoch kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob und inwieweit der Abschluss in anderen Bundesländern bereits anerkannt wird. Du siehst: Vage Aussagen. Informier dich hierzu am besten online, letztlich würdest du aber wohl auch mit der Schulpsychologie (wie mit fast jedem anderen Fach auch) zumindest teilweise pokern müssen.


    Vom Gymnasium würde ich tatsächlich Abstand nehmen. Mit modernen Fremdsprachen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern gehst du hier hohe Risiken ein. Muss es unbedingt das Gymnasium sein, rate ich wenigstens zu Latein/Französisch oder Latein/Englisch, wobei Latein nicht mehr explizit als Mangelfach gelistet ist.


    Von Geschichte/Sozialkunde bzw. -wissenschaften solltest du dich wirklich lossagen. Ich fühle da ehrlich mit dir mit. Ich wollte selbst zu gern Politik/SoWi wählen, habe mich letztlich aufgrund der schlechten Prognosen dagegen entschieden. Ebenso gern wollte ich allerdings Englisch studieren (und unterrichten), und in den Lehrplänen für Englisch an FOS/BOS spielt Politik/SoWi eine nicht unerhebliche Rolle. So komme ich hoffentlich doch noch auf meine sozialwissenschaftlichen Anteile. So oder so ähnlich, je nach (sprachlichem) Fach und jeweiligem Lehrplan, träfe das ja auch in deinem Fall zu.


    Die besten deiner Optionen sind demnach, ich fasse zusammen:

    - Latein/Englisch (GY)

    - Latein/Französisch (GY)

    - Englisch/Schulpsychologie (GY)

    - Latein/Schulpsychologie (GY)*

    - Englisch/Französisch (RS)

    - Englisch/Schulpsychologie (RS)

    - Englisch/Französisch (FOS/BOS)**

    *würde ich von abraten, da dir mit der Kombination Englich/Schulpsychologie nachträglich auch die Türen zu RS und FOS/BOS offen stehen, in Kombination mit Latein hingegen nicht

    **hierfür müsstest du Englisch/Französisch auf Gymnasiallehramt (!) studieren, den Vorbereitungsdienst und ggf. auch schon die Praktika aber an einer FOS/BOS ableisten


    Wozu tendierst du, was spricht dich am meisten an?


    Bedenke auch, dass es möglich wäre, im weiteren Verlauf ein Erweiterungsfach (= 3 insg.) hinzuzunehmen. Wobei ich persönlich in dem Fall ggf. mit der Schulpsychologie erweitern würde, sprich 2 Unterrichtsfächer und dann evtl. + Schulpsychologie. Das ergibt m. E. am meisten Sinn – wäre aber auch andersrum möglich.


    Du solltest dich auf jeden Fall möglichst heute noch vorsorglich für jede der infrage kommenden Kombinationen bewerben! Dann kannst du/können wir immer noch weiter überlegen. Die Anmeldefrist läuft übermorgen ab, und sich erst kurz vor knapp, am 20., zu bewerben, ist keine gute Idee – Serverprobleme etc.

  • Ach, noch eine Anmerkung: Solltest du dich für Englisch/Französisch (ggf. + Schulpsychologie) auf Gymnasiallehramt entscheiden, könntest du dir nach dem Studium, vor dem Referendariat den Status quo ansehen und davon ausgehend entscheiden, ob du das Ref. an der Realschule, an der FOS/BOS oder sogar doch am Gymnasium antrittst, welche weitere Laufbahn du somit einschlägst. Je nachdem, wo (regional) und in welcher Schulform du einen Platz zum Ref. erhältst (ich weiß allerdings nicht, ob es möglich ist, sich präventiv für alle drei zu bewerben, das müsstest du noch in Erfahrung bringen – hast ja aber im Zweifel noch mindestens fünf Jahre Zeit dafür), und je nachdem, wie die weiteren Einstellungschancen, Stand 2025, prognostiziert werden. Du hieltest dir so demnach erstmal mehrere Optionen offen.


    Nochmal zum Verständnis:

    Gymnasium = Fakultas für Sek. I-II, d. h. inkl.

    Realschule = Fakultas für Sek. I

    FOS/BOS = Fakultas für Sek. II


    Meines Wissens (ich bitte um evtl. Korrektur) ist das aber vorerst eine Art Sonderregelung, um die vielen Bewerber vom Gymnasium auf die weniger stark frequentierten Schulformen 'umzulenken' – es könnte also sein, dass das in fernerer Zukunft nur noch eingeschränkt möglich sein wird, je nachdem, wie die 'interne' Bewerberlage (diejenigen, die bereits auf das entsprechende Lehramt studierten) an RS und FOS/BOS aussieht.

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