Abbruch des Refs - Krankschreiben?

  • So verbockt ist das noch nicht. Das Schuljahr ist ja noch jung....


    Vielleicht hilft auch ein freundlicher Anruf bei manchen Eltern, denen du mittteilst, dass du dir Sorgen über die schulischen Leistungen ihrer Kinder machst. Deine Fächer sind ja durchaus versetzungsrelevant.


    Ich hab' gestern zwei Eltern angerufen, weil ihre Kinder zur Zeit nur noch am Schwätzen sind.
    Du darfst natürlich nicht mit einer Angriffsformulierung ins Gespräch gehen: "Ich muss mich über ihr Kind beschweren!"...oder so. Damit provozierst du "Glucken- und Verteidigungsverhalten".
    Besser: "Ich mache mir Sorgen um die schulische Entwicklungvon ......, mir fällt auf, dass ..... oft unkonzentriert ist sich und andere abklenkt und im letzten Test auch nur eine... geschrieben hat. " Sicher hast du einige, bei denen auch die Hausaufgaben oft nicht vollständig sind. Hier ist ein Gespräch mit den Eltern durchaus angezeigt - und wird von dir auch verlangt.


    Die Nachricht kommt an. Bei der ganzen Klasse.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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  • Hallo,


    manchmal sind Klassen im Unterrichtsgespräch auch einfach nicht trainiert und er kommt so an, als wollte man sich unterhalten. Gib mal klare Regeln vor, wie du dir ein Unterrichtsgespräch vorstellst und hänge die dann auch an die Wand. Du könntest auch ein fehlgeschlagenes Unterrichtsgepräch als Arbeitsblatt machen und daran die Regeln erarbeiten lassen. Aber nicht!!! die Regeln mit den Schülern groß gemeinsam erarbeiten - dann hast du wieder Chaos.
    Es gibt sehr viele Strategien und viele gute sind hier ja auch schon genannt. Du musst an dich auch nicht den Anspruch stellen, dass alles auf Anhieb klappen muss - du bist ja noch am Anfang.


    Und: Wir als Lehrer verdienen nicht schlecht - ich sehe das teilweise auch als "Schmerzensgeld" für den Umgang mit unmöglichen Kindern. Für unser Geld kann man nicht verlangen, dass immer alles gemütlich ist.


    Ich komme ja von der Hauptschule und habe vom Lehrplan Gymnasium keine Ahnung - aber in einer solchen Klasse würde ich Unterricht mit wenig "Ausweichmöglichkeiten" machen, also lesen, schreiben, üben, wenig diskutieren.


    Der Tipp mit den Eltern anrufen ist auch gut. Das mag jetzt ein Vorurteil sein, aber ich habe auch den Eindruck, dass im Gymnasium und auch auf der Realschule im Allgemeinen weniger Wert auf Erziehung und Verhalten gelegt wird, jedenfalls benehmen sich die Rückkehrer von dort oft äußerst sonderbar und können sich schlecht in Regeln einfügen.


    In der Hauptschule wird sehr viel Elternarbeit gemacht und das ist auch durchaus wirkungsvoll. Lasse nachsitzen, schreibe auch mal einen Verweis und sei vor allem konsequent. Wenn du etwas ankündigst, musst du es auch durchziehen.


    Im übrigen - es ist wohl menschlich, dass Schüler erst mal ausprobieren, wie weit sie gehen können - zeig ihnen deine Grenzen.


    LG
    Tina


    PS: Wie gesagt, ähnliche Probleme hatte ich am Anfang, jetzt habe ich seit Jahren liebe Klassen - man lernt und entwickelt sich. Du wirst in deiner Rolle mit der Zeit sicherer und auch deine Entscheidungen und Maßnahmen werden sicherer.

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Zitat

    Homo hominem lupus est . .

    ;)


    Das fällt mir exakt immer ein, wenn ich solche Schüler erlebe. Den Beweis für diese Weisheit erleben wir tagtäglich!!!!!! :rolleyes:


    Gruß Jenny

  • Hallo Sarah,


    verbockt ist noch nix. Was das "Chaos schon zum Anfang" in der 7 angeht - lässt du sie noch aufstehen? Wenn sie so undiszipliniert sind, würd ich das auf jeden Fall machen, und eben nicht Guten Morgen sagen, bis alle stehen und absolut ruhig dich angucken... das wirkt schon Wunder. Ich guck in dieser Phase immer demonstrativ auf die Uhr, und was länger als 30 Sekunden dauert, wird verdoppelt hinten dran gehängt. Es geht!


    Was das GEW-Einschalten angeht, wär ich (erst mal) vorsichtig. Die Tradition, kleinen "unverbrauchten" Refis die miesesten Klassen anzuhängen, ist gemein, aber kaum zu brechen. Ich würd bis Weihnachten noch mal ausprobieren, ob es nicht per konzertierter Aktion doch geht - auch deshalb, weil es deinem Selbstbewusstsein unendlich gut tun wird, wenn du merkst, dass du die Bagage am Ende doch in den Griff gekriegt hast.


    Wo wir dann schon bei konzertierter Aktion sind - ein paar Tage Ferien sind ja noch, in der Zeit würde ich mir sehr detailliert eine Strategie für die einzelnen Klassen überlegen. Strategie heißt:


    1. Einen klaren, übersichtlichen Katalog mit Sofortmaßnahmen für dich, die du im Zweifelsfall aus der Tasche ziehen kannst; dabei solltest du eine Liste machen, was denn typische Formen von Unterrichtsstörung sind und wie du jeweils darauf reagieren wirst (z.B. freche Antwort - zweiseitiger Aufsatz über Respekt und Achtung voreinander; in die Klasse gebrüllt - kommt für den Rest der Stunde nicht mehr dran/ Beitrag wird ignoriert; quatscht mit dem Nachbarn - werden auseinandergesetzt und schreiben den Rest der Stunde Protokoll usw.). Wichtig bei dieser Liste: a) die Maßnahmen müssen auch für die SuS klar und eindeutig sein und möglichst mit dem Vergehen in Zusammenhang stehen; b) du solltest die Liste so knapp wie möglich halten, sonst verlieren die SuS und du selbst den Überblick; c) du solltest sie freundlich, aber deutlich in Zusammenhang mit der "Schlussstrich"-Aktion (s.u.) vorstellen; d) sie muss akribisch eingehalten und kontrolliert werden - ist am Anfang mehr Arbeit, aber sonst verpufft die Maßnahme.


    2. Eine Langzeitstrategie, wie du ihnen das, was ihnen an Arbeitshaltung fehlt, beibringen willst. Schritt für Schritt ist wichtig: Erst mal Ruhe in der Klasse - dann disziplinierte Arbeitshaltung (Konzentration auf den Unterricht, Sachen mitbringen und zum Anfang der Stunde auf den Tisch legen, HA machen usw.) - dann Gesprächsverhalten in der Klasse und in GA usw. Du kannst nicht alle Probleme auf einmal lösen, also setze Prioritäten und geh die Probleme einzeln an.


    3. Der Schlussstrich: Du solltest nach den Herbstferien den SuS deutlich sagen, dass du nicht gewillt bist, den Unterricht mit ihnen in dieser Form fortzusetzen. Ein guter Anlass wären z.B. die Quartalsnoten, bei denen ich sehr deutlich machen würde, dass nicht nur du, sondern sowohl ihre eigenen Leistungen als auch die ihrer Mitschüler unter ihrem Verhalten leiden. Es sollte klar sein, dass jetzt ein Neuanfang möglich ist, dann stellst du die neuen Regeln vor - und hälst sie klar ein.


    4. Noch ein Wort zum Lehrerverhalten: Du musst für dich eine Rolle finden, die zu dir passt und die du halten kannst, auch wenn sie dich provozieren. Da ich dich nicht kenne, weiß ich nicht, ob du ein lauter oder ein leiser Typ bist - beides geht, wenn die SuS merken, dass es dir ernst ist und dass sie dich nicht provozieren können, weil du am längeren Hebel sitzt und sie sich im Zweifelsfall nur selbst schaden. Ich fahre mit freundlich-sachbezogen plus gelegentlicher Lehrerkoller ganz gut; habe Kollegen, die sehr ruhig und leise sind und nie ausrasten, aber weil sie vom Ernst der Sache durchdrungen sind, kommen sie auch prima klar. Was dir nicht passieren sollte, sind selbstbezogene Gefühlsausbrüche - SuS reagieren auf Tränen und überschnappende Stimme meist verwirrt und aggressiv-ablehnend. Nimm dich raus aus Stress-Situationen - brich Konfrontationen ab, wenn die Stimmung eskaliert, und verschiebe sie auf das Einzelgespräch nach der Stunde (das darf auch in die nächste Stunde gehen, wenn du nachher dem Kollegen Bescheid sagst). Lenk Aggression zurück - mach deutlich, dass sie sich mit ihrem Verhalten selbst schaden und lehne Gespräche ab, bis sie bereit sind, sich sachlich und mit Respekt mit dir auseinanderzusetzen. Unterbrich den geplanten Unterricht, wenn in der Klasse Chaos herrscht, und lass sie den Rest per Stillarbeit alleine erledigen. Immer wieder: Druck rausnehmen.


    Viel Erfolg,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Hallo ihr Lieben,


    noch einmal vielen Dank für eure Beiträge, aufmunternden Worte und Schildern eigener Erfahrungen. Auch die neuen Tipps klingen sehr vernünftig und ich hoffe, dass ich es schaffen werde, sie anzuwenden. Im MOment kann ich mir es irgendwie immernoch sehr schwer vorstellen, in dieses Chaos je wieder Struktur hineinzubekommen. Das heißt, für mich klingt das wunderbar plausibel, jetzt muss ich es nur noch schaffen, das Ganze auf MICH zu übertragen. Im MOment scheint mir das alles wie ein unüberwindbarer Berg. Es hat mich gefreut, dass ihr schreibt, dass man selbst solch eine verbockte Situation noch retten kann. Ich werde es mit diesen Tipps versuchen, auch wenn ich mir immernoch sehr schwer vorstellen kann, wie ich das gebacken kriegen soll. Aber wie heißt es so schön: wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren..... Diesem Mottto hat sich auch die GEW verschrieben, die ich auf jeden Fall mal nach dem rechtlichen Rahmen meiner ganzen Situation fragen werde. Eingetreten bin ich nun schon mal.


    Dies sind doch schöne Schlussworte, ich danke euch nochmal allen und möchte noch einmal betonen, wie klasse ich die Hilfsbvereitschaft in diesem Forum finde. (By the way, im "anderen" Forum bekam ich auf das gleiche POst keine einzige Antwort) Ihr seid spitze!


    In diesem Sinne, Liebe Grüße Sarah :)

  • Hallo,


    doch, lass dich ruhig etwas ermutigen, es ist durchaus zu schaffen. Andere Frage, vielleicht kann man dir auch noch etwas weiter helfen - was hast du denn bis jetzt unternommen? Welche Maßnahmen hast du ergriffen, wenn der Unterricht nicht lief?
    Und - hast du nicht einen Betreuungslehrer - ich meine herausgelesen zu heben, dass das bei euch Mentor heißt - der sich mal reinsetzen kann und dir direkt Tipps geben und die Lage beurteilen kann?


    LG


    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Zitat

    Homo hominem lupus est . .


    Dazu fällt mir ein Spruch eines Ausbildungslehrers während des Studiums ein. Damals dachte ich, der übertreibt. Mittlerwile bin ich seiner Meinung:


    Eine Klasse ist wie ein Rudel kleiner Hunde oder Wölfe. Sie knuffen sich, sie beißen sich, sie handeln Rangfolgen aus.
    Du als Lehrer musst der Leitwolf sein und bleiben. Die Rolle wird dir von nachwachsenden Jungwölfen immer wieder streitig gemacht und du musst sie verteidigen. Dazu gehört, nicht nur zu bellen, sondern auch zu beißen. ;)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Homo hominis lupus est. Der Mensch ist dem Menschen/für den Menschen ein Wolf.


    grüße, ph. "Ersatzlateiner"

  • ,@ philosophus,
    homo homini lupus! (Plautus)
    genaues Zitat: Nach Plautus, Asinaria 495: Lupus est homo homini, non homo, quom qualis sit non novit, "Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen, kein Mensch, wenn er nicht weiß, wie dieser geartet ist". Die Situation in der Komödie ist vergleichsweise harmlos: Der mercator, der "Kaufmann", begründet gegenüber dem Sklaven Leonida seine Weigerung, diesem - als einem ihm Unbekannten - eine größere Geldsumme auszuhändigen.
    Hominis wäre Genetiv, es handelt sich aber bei "den Menschen, für den Menschen" um den Dativ, und der ist "homini". (homo, hominis. homini, hominem, homine).
    Gruss, Fossil (Latein erste Fremdsprache gehabt)

    Lux Lucet in Tenebris

    Einmal editiert, zuletzt von Fossil ()

  • 8o Du hast vollkommen recht, Fossil.
    Ich hab hier selber Genitiv und Dativ verwechselt. :rolleyes:
    Gut, daß hier noch Licht im Dunkeln leuchtet. ;)


    Grüße, ph.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • Hey .... da kam ja noch was! Ja, eine Klasse ist wie ein Rudel Wölfe, das haben sie bei uns am Seminar auch gesagt. Dazu passt ja auch , dass die "Wölfchen" ganz schön beißen können, vor allem mich, die gescheiterte "Leitwölfin"! na, immerhin ist mir der Humor nicht ganz vergangen ..... :D


    Tina: Ja, das werde ich jetzt auch tun. Nach den Ferien werde ich meine Mentoren (das sind die Betreungslehrer) bitten, dass sie mal mitkommen in den Unterricht und dass wir dann eine Lagebesprechung abhalten. Das wird jetzt die erste Maßnahme sein, die ich ergreife. Bisher habe ich ermahnt, Strafarbeiten gegeben, mit einzelnen Schülern gesprochen und Arrest angedroht. Das hat alles für den Moment, aber leider nicht dauerhaft gefruchtet. Eine Weile war mehr Respekt vorhanden, aber schnell rissen alte Zustände wieder ein. Aber ich kann ja nicht ständig und dauernd bestrafen, das wirkt ja irgendwann auch nicht mehr!! Ich habe noch niemand weggesetzt, bzw., vor die Türe geschickt, diese Maßnahmen werde ich wohl langsam ergreifen müssen.
    Nächste Woche werden wir weitersehen. Hoffentlich haben sich die Schüler in den Ferien mal ausgetobt und kommen eingermaßen entspannt und nicht gleich wieder brüllend in meinen Untericht ..... :rolleyes: Ich berichte euch gerne, wie es weitergeht (bin selber gespannt)


    Viele liebe grüße Sarah :)

  • Hallo,


    so, hab´s versucht zu verbessern. Der Mensch ist dem Menschen (Dativ) ein Wolf? Der Mensch ist des Menschen Wolf? (Genitiv)? Kleine Hauptschullehrerin ist restlos überfordert - da sieht man, wo der Job hinführt.


    @ Sarah:


    Genau, mache dir jetzt mal einen Plan, wie du vorgehst - such dir aus all den Tipps die raus, die für deine Schüler und für deine Person passen. Versuche aber nicht, alles auf einmal zu machen - sonst schafft man es nicht, alles wirklich durchzuziehen, wo wir beim wichtigsten Stichwort sind: Konsequenz - was du ankündigst, musst du dann auch wirklich und ohne Einschränkung durchziehen.


    Es ist zu schaffen!


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

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