Ein Versuch der Problemklärung

  • Zitat

    Timm schrieb im "Pommern-Schulen-thread:...Und damit reißt du das ganze Problem der (übertriebenen) P.C. an: Es wird eine Meinungsherrschaft hergestellt, indem bestimmte alltägliche Begriffe aus dem Sprachgebrauch verbannt werden. Damit nicht genug, derjenigen, der diese Begriffe benutzt, wird selbst diffamiert. Nun impliizierst du, dass ich in kontextuell völlig anderen Bereichen Schüler als Dicke bezeichne und sie auf dieses Attribut verenge.
    Ganz ehrlich gesagt: Wie kannst du dir so etwas erlauben, mir Respekt vor anderen Menschen abzusprechen? Ein kräftig gebauter Mensch ist etwas anderes als dick. Hier wird Sprache nicht nur zum Herrschaftsschaft, sondern auch zum Deutungsmonopol missbraucht. Gleichzeitig wird inhaltliche Genauigkeit eine Beliebigkeit des Euphemismus' geopfert.
    Kein Problem bestünde bestimmt, einen Schüler, der in einem Beitrag hauptsächlich als Sportreibender gekennzeichnet wird, als Sportler zu bezeichnen. Verenge ich jetzt also auch den Schüler auf seinen Sport?!


    Ich diskutiere das gerne weiter, dann öffnen wir aber besser einen eigenen thread.


    Auch dieses Problem sollten wir mit einbeziehen, wenn wir WIRKLICH eine Verbesserung des Umgangs hier erreichen wollen!

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Herr Rau schrieb am 11.05.2006 12:22:
    Wenn ich aber den Verdacht habe, dass einer der Teilnehmer diese Erkenntnis schon zu haben glaubt und die anderen nur sanft dahin führen will, steige ich allerdings aus der Diskussion aus.


    Genauso sehe ich das auch. Es gibt einige User, die hier wirklich so naiv sind zu glauben, dass die anderen User hier nicht merken, wenn Themen erstellt werden nur um andere zu "erziehen".


    Es tauchen immer wieder Themen auf, bei denen der Ausgangssteller eine "Frage stellen" oder "Diskussion starten" will, nur um andere User auf mehr oder minder sanfte Weise zur Einsicht zu bringen.
    Dabei ist die Hauptintention des Ausgangsstellers nicht das Erlangen neuer eigener Erkenntnisse, sondern das "Erleuchten" anderer.


    Und sowas stößt leicht sauer auf.


    Hier nochmal dieVariante des "Gebet der Weisheit", welche ich in einem anderen Thread schon gepostet hatte:

    Zitat

    Herr,
    gib mir die Gelassenheit, die Personen hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
    den Mut, die Person zu ändern, die ich ändern kann,
    und die Weisheit zu erkennen, dass ich diese Person bin.


    Stefan

  • sowas stößt leicht sauer auf?

    Zitat

    Es tauchen immer wieder Themen auf, bei denen der Ausgangssteller eine "Frage stellen" oder "Diskussion starten" will, nur um andere User auf mehr oder minder sanfte Weise zur Einsicht zu bringen.


    lieber stefan
    kann es nicht sein, dass man das auch anders sehen kann?
    dass ein mensch etwas gefunden hat, eine einsicht gewonnen hat, einer überzeugung ist, die er/sie auch anderen zeigen will "schaut mal was ich gefunden hab."
    die unfreundlichkeit ist dann eher auf seiten des teilnehmers, der teilnehmerin die/der schreibt : "gähn", "gehört nicht hierher", "hatten wir schon", "das kann nicht stimmen, weils in meinem studium nicht vorkam" , "du bist nicht vom fach" usw...


    oben hab ich ein relativ grobes beispiel aus so einem austausch gezeigt. ich hab hier etliche erlebt.

    • Offizieller Beitrag

    robischon:
    Wenn du nach der Methode vorgehst: "Schaut mal was ich rausgefunden habe. Was denkt ihr darüber ...", dann gebe ich dir Recht.


    Leider wurde aber häufiger das Ganze unterschwelliger (mehr oder minder) versucht.


    Es kommt eben auf die Intention an.
    Z.B. dieser Thread hier. Wenn row-k diesen nicht erstellt hat, um die Fronten zu klären und zu versuchen einen Einblick in das Kommunikationsproblem zu bekommen, um ggf. auch an sich zu arbeiten, sondern lediglich versucht hätte andere User zu "erziehen", um ihnen aufzuzeigen, dass sie es falsch machen, fände ich die Intention dieser Diskussion verfehlt.


    Eine Diskussion sollte allen Seiten Einblick in andere Denkweisen ermöglichen.
    Es sollte aber auch jeder ein gewisses Maß an Selbstreflektion an den Tag legen und nicht stur auf seiner Meinung beharren.
    Ein Diskussion sollte auch immer einen selbst zu nachdenken und überdenken des eigenen Standpunktes anregen.
    Es geht meiner Meinung also nicht um das "Erziehen" oder "unbedingte Überzeugen", sondern das Hineinversetzen in andere Ansichten und Denkweisen, das Überdenken dieser und evtl. die Übernahme brauchbarer Ansichten in die eigenen.


    Das ist aber eben nur meine Meinung. Das ist ja das schön an dieser Welt. Sie ist bunt.


    Stefan


    Edit: Falsch gesetzte Anführungszeichen verbessert.

  • Zitat

    Stefan schrieb am 13.05.2006 17:23:...Es kommt eben auf die Intention an.
    Z.B. dieser Thread hier. Wenn row-k diesen nicht erstellt hat, um die Fronten zu klären und zu versuchen einen Einblick in das Kommunikationsproblem zu bekommen, um ggf. auch an sich zu arbeiten, sondern lediglich versucht hätte "andere User" zu erziehen, um ihnen aufzuzeigen, dass sie es falsch machen, fände ich die Intention dieser Diskussion verfehlt...


    @alle:
    Das "Erziehen" gefällt mir nicht recht. Meine Absicht (Intention) war es, dass wir hier -jeder für sich- eine EINSICHT bekommen, woran es liegt, dass sich das Klima verschlechterte.
    Dabei "erziehen" wir uns selbst -jeder für sich, denn wir arbeiten an uns -wieder jeder für sich. So meine Absicht bzw. mein Ziel.


    Lasst uns bitte auch das weiter oben zusätzlich Aufgenommene mit einbeziehen! Es geht um übertrieben vorsichtigen Sprachgebrauch. Aber bitte, lasst es bitte bleiben, nur über EINZELNE Worte zu streiten. Als Beispiel mag ja so ein Wort herhalten, sollte aber nicht vom Thema zu weit abbringen. Einverstanden?

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    row-k schrieb am 13.05.2006 17:34:
    @alle:
    Das "Erziehen" gefällt mir nicht recht. Meine Absicht (Intention) war es, dass wir hier -jeder für sich- eine EINSICHT bekommen, woran es liegt, dass sich das Klima verschlechterte.
    Dabei "erziehen" wir uns selbst -jeder für sich, denn wir arbeiten an uns -wieder jeder für sich. So meine Absicht bzw. mein Ziel.


    Nehmen wir das einmal so, wie Du es gesagt hast.
    Dann gäbe es demzufolge also eine nicht unerhebliche Diskrepanz zwischen Deiner Intention und der Rezeption vieler Leser.
    Es gibt Leute, die behaupten, eine Botschaft sei ausschließlich das, was der Empfänger daraus mache. Beispiele davon hatten wir vor langer Zeit intensiv in diesem Forum.
    Wenn Intention und Rezeption nicht zusammenpassen, ist per se erst einmal niemand "schuld" oder alleine verantwortlich.
    Derartige Probleme in der Kommunikation ergeben sich aus den unterschiedlichen "Weltbildern" der Kommunikationspartner.


    Ich kann mich Stefan nur anschließen, dass eine Diskussion - in diesem Fall auch über Kommunikation - also Metakommunikation - nur dann fruchtbar ist, wenn man nicht nur den fremden Standpunkt hinterfragt sondern auch seinen eigenen.
    Das Ergebnis mag am Ende zwar dasselbe sein, doch basiert es dann auf der Auseinandersetzung mit beiden Standpunkten und nicht nur auf dem Beharren des eigegen und dem Kritisieren des fremden Standpunktes.


    Ist das nicht etwas, was wir Pädagogen unseren Schülern vermitteln sollen und wollen - Kritisches Hinterfragen der eigenen und der fremden Position?
    Die hinter den Begriffen stehende Theorie des interkulturellen Lernens und der interkulturellen Kompetenz zielen genau darauf ab.


    Fassen wir also zusammen:
    In einer Diskussion um gegensätliche Standpunkte geht es also - wie Stefan und andere schon sagten - nicht nur um die Kritik am Fremden sondern auch um die Selbstreflexion.


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    row-k:
    Das Beispiel war hypothetisch (nur falls das nicht richtig rüberkam).
    Das Wort "erziehen" sollte eigentlich in Anführungszeichen, wie es auch später im Text war.
    Dafür waren die Worte "andere User" in Anführungszeichen - also nur falsch gesetzt (kam durch editieren des Textes).


    Habs im Ursprungspost nun korrigiert.


    Stefan

  • Zitat

    Bolzbold schrieb am 13.05.2006 18:00:...Nehmen wir das einmal so, wie Du es gesagt hast...
    ...Fassen wir also zusammen:
    In einer Diskussion um gegensätliche Standpunkte geht es also - wie Stefan und andere schon sagten - nicht nur um die Kritik am Fremden sondern auch um die Selbstreflexion...


    Das gefällt mir sehr gut! Das trifft meine Einstellung dazu ganz genau.


    Und was denkst Du über die übertrieben vorsichtige Wortwahl (siehe weiter oben)? Sollte man in diesem Falle nicht toleranter sein? Sicher meint es niemand böse, wenn er (bei dem Beispiel von weiter oben bleibend) die "Dicke" statt "Korpulente" oder "stärker Gebaute" sagt.


    Viele Diskussionen sterben (durch Schließung wegen Streits) an solchen Kleinigkeiten, die aufgebauscht werden, um den Diskussionspartner daran festzunageln, dass er ein "falsches", dafür aber treffendes, Wort gebrauchte.


    Können wir die Ausgangsfrage nun abwandeln, indem wir uns über Toleranz gegenüber "falscher" Worte weiter unterhalten oder sollten wir doch noch mehr über Gesprächs-Absichten und Verständnis der Nachricht an sich sprechen?

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    row-k schrieb am 13.05.2006 19:09:
    Und was denkst Du über die übertrieben vorsichtige Wortwahl (siehe weiter oben)? Sollte man in diesem Falle nicht toleranter sein? Sicher meint es niemand böse, wenn er (bei dem Beispiel von weiter oben bleibend) die "Dicke" statt "Korpulente" oder "stärker Gebaute" sagt.


    Da trifft meine These doch voll zu. Die Intention des Schreibers, der "dick" geschrieben hat, war - das wissen wir ja jetzt - niemals, dieses Mädchen zu diffamieren.
    Einige andere haben sich aber an der Wortwahl gestört - somit die klassische Diskrepanz zwischen Intention und Rezeption.


    Was beide Seiten aber lernen müssen, ist, über den Tellerrand zu schauen und sich zu fragen, ob man eine Aussage nur so verstehen kann, wie man sie selbst verstanden hat oder ob man sie auch anders verstehen kann.
    Wenn man hier nur auf seinem Standpunkt beharrt und das als Ausgangspunkt für seine Kritik am fremden Standpunkt macht, sind die Chancen auf eine Einigung oder ein fruchtbares, konstruktives Ergebnis eher gering.


    Zitat


    Viele Diskussionen sterben (durch Schließung wegen Streits) an solchen Kleinigkeiten, die aufgebauscht werden, um den Diskussionspartner daran festzunageln, dass er ein "falsches", dafür aber treffendes, Wort gebrauchte.


    Das ist leider so. Selektives Lesen bzw. selektive Wahrnehmung spielt da eine sehr große Rolle.


    Zitat


    Können wir die Ausgangsfrage nun abwandeln, indem wir uns über Toleranz gegenüber "falscher" Worte weiter unterhalten oder sollten wir doch noch mehr über Gesprächs-Absichten und Verständnis der Nachricht an sich sprechen?


    Beides würde wieder in die oben bereits geführte Diskussion münden, wenn die Diskussionspartner nicht auch ihren Standpunkt reflektieren bzw. sich weigern das zu tun. Daher drehen wir uns in vielen Diskussionen im Kreis.


    Im Grunde müssten Sender und Empfänger die Verständnismodalitäten ihrer Botschaften während ihrer Kommunikation sozusagen meta-kommunikativ aushandeln und auf dieser Basis dann weiterkommunizieren oder aber es sein lassen, wenn es zu keinem Verhandlungsergebnis kommt. Wenn das nicht geschieht, passiert das, was wir in zahlreichen Threads schon erlebt haben - man geht sich verbal an die Gurgel.


    Gruß
    Bolzbold

  • Für mich ist und bleibt der Ausdruck "die Dicke" indiskutabel. Ich nehme es jemandem ab, wenn er sagt, dies gehöre zu seiner Umgangssprache, und er habe es nicht diskriminierend gemeint. Ich würde aber doch erwarten, dass er sich im weiteren Gesprächsverlauf anpasst und von dem "dicken Mädchen" spricht. [¤s gefält mir auch nicht, wenn man von Adoptierten, Transplantierten, Behinderten spricht, ich würde immer den zusatz "Menschen" für angemessen halten.] - Vielleicht eine Generationenfrage?


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Das Problem ist halt immer, dass in der Schriftsprache solche Ausdrücke stehen bleiben, während es in der Mündlichkeit verfliegt. Das gibt uns auch im Forenzusammenhang die Möglichkeit, erst (gründlich) nachzudenken, bevor wir auf ein Posting antworten. Umgekehrt kann das aber auch eben zur Überinterpretation führen. Hier kann ich nur voll und ganz Bolzbold zustimmen, der für eine Reflexion des Senders wie auch des Empfängers plädiert. Das wird allerdings manchmal zugegebenermaßen schwierig - wenn eine gewisse (individuelle) Grenze überschritten wird...


    LG
    Britta

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin jetzt persönlich etwas verwirrt.
    Könnte man die Diskussion nicht vielleicht auf einen Thread begrenzen?
    Dann muss ich nicht gucken, wer im Thread "Pommern-Schule" über P.C. diskutiert und wer hier andere Positionen postet.
    Eigentlich würde das Thema doch sowieso in einen ganz anderen Thread gehören, oder sehe ich das zu eng?
    Liebe Grüße, Hermine


    Edit: Sonst schließe ich mich Bablin voll und ganz an- und denke, dass dies nichts mit einem Generationenproblem zu tun hat. Alles weitere hab ich aber schon in der anderen Rubrik gepostet.

  • Zitat

    Bablin schrieb am 13.05.2006 22:10:... Vielleicht eine Generationenfrage?...


    Glaube ich nicht. Ich gehöre zur älteren Generation und kenne in meiner Altersklasse die, die NUR "Die Dicke" sagen (ohne es böse zu meinen) und kenne die anderen, die, um niemandem wehzutun, den Begriff dann noch allzu umständlich umschreiben.


    In der jüngeren Altersklasse ist es auch so.

  • Ich bin behindert, und ich würde mich sehr daran stören, wenn in einer TV-Sendung von mir als "die Behinderte" die Rede wäre. Nicht weil ich verletzlich bin, sondern weil ich um Respekt bitte.
    Lieber wäre mir "die behinderte Frau" oder "Powerflower, die behindert ist". Denken diejenigen, die "die Dicke" als harmlos empfinden, eigentlich auch daran, wie es auf das Mädchen wirkt? Hallo! Hier geht um Kinder bzw. Jugendliche und nicht um Erwachsene!


    Ich unterrichte behinderte Kinder und mir ist Respekt ihnen gegenüber sehr wichtig. Namen von Menschen mit einem auffälligen Merkmal vergisst man nicht so schnell, also kann man ruhig den Namen nennen. Ich reagiere absolut allergisch darauf, wenn Menschen auf eine Schwäche reduziert werden, als Lehrerin habe ich die Verantwortung, die Verletzlichkeit der Kinder und Jugendlichen abzubauen, indem ich mich um eine respektvolle Wortwahl bemühe. Die Gesellschaft trägt schon ausreichend für subtile Verletzungen bei (und einige Kommentare hier sind ein Beispiel dafür), muss ich das als Lehrerin auch noch unterstützen? Nein, nein und nochmals nein! Da werde ich wirklich zur Furie.


    Nicht, weil ich behindert bin. Oh nein, ich stehe sehr selbstbewusst dazu, und wer etwas Unbedachtes über meine Schwächen sagt oder mich als behindert bezeichnet, der wird von mir sofort korrigiert, freundlich oder unfreundlich, je nachdem wie sein Verhalten war.


    Ich bringe meinen Schülern bei, sich gegen den Begriff 'behindert' zu wehren, dass sie sagen sollen: "Nein, ich bin blind/körperlich gehandicapt/schwerhörig/spastisch gelähmt." Behindert sind diejenigen, die sich selbst durch eine eingeschränkte Wahrnehmung von anderen Menschen BEHINDERn.


    Statt "dick" kann man "kräftig gebaut" sagen, vielleicht noch (nicht ganz so positiv klingend) übergewichtig, mollig, pummelig. Ich sehe es als Aufgabe einer Lehrkraft an, das Selbstbewusstsein von Kindern zu stärken und ihnen positive oder wenigstens neutrale Bezeichnungen für ihre Schwächen (oder vielleicht sogar Stärken) in die Hand zu geben. Da können wir hier auch im Forum dazu beitragen und ebenso mehrere der stillen Mitleser zu einem Umdenken bewegen.

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Powerflower!


    Beim Wort "behindert" würde ich Dir zustimmen, weil dies aber auch als Schimpfwort unter Jugendlichen verwendet wird ("ey bist Du behindert oder was?") und damit keinen neutral beschreibenden Charakter mehr hat.


    Wenn wir aber mal ehrlich sind, heucheln wir doch politische Korrektheit, wenn wir "kräftig gebaut" sagen und im Endeffekt aber "dick" oder gar "fett" meinen.
    Und es ist auch naiv zu glauben, dass eine "kräftig gebaute" Person sich dann nicht verletzt fühlen wird, wenn man statt "dick" eben "kräftig gebaut" sagt.


    Ich bin der Meinung, dass das weniger eine Frage der Wortwahl ist als eine Frage, welche tatsächliche Aussage sich hinter der Wortwahl verbirgt und wie der Angesprochene selbst dazu steht.


    Eine Person, die mit ihrem Dicksein selbstbewusst umgeht, wird keine Probleme haben, wenn man sie als "Dicke" bezeichnet.
    Eine Person, die damit erhebliche Probleme hat, wird sich so oder so verletzt fühlen, weil "kräftig gebaut" eben im Endeffekt auch auf ihren Körperumfang abzielt und nichts anderes. Und wenn diese Person sich immer dann verletzt fühlt, wenn man in irgendeiner Form auf ihr Äußeres Bezug nimmt, ist die Wortwahl im Grunde wurscht. Da wäre "dick" vielleicht sogar ehrlicher.


    Politische Korrektheit ist schön und gut - aber sie wird zur absoluten Farce, wenn die tatsächliche Botschaft so oder so "dick" im peiorativen Sinne lautet.


    Wie oft ist es so, dass man beispielsweise einem unattraktiven Mann/ einer unattraktiven Frau versucht in blumiger Sprache zu sagen, dass er/sie eben unattraktiv ist? Und wie oft bemüht man sich dabei die Person nicht zu verletzen, tut aber eben genau DAS, weil man durch diese blumige Sprache nicht offen und ehrlich das sagt, was man eigentlich denkt.


    Gruß
    Bolzbold

  • Das macht nachdenklicher, Powerflower.


    Ich selbst spreche die Menschen, die ich meine, direkt mit dem Namen an - ohne Zusätze.
    Anders, wenn mir der Name nicht einfällt. Aber dann sage ich nicht zu jemandem "He, Dicker!", sondern frage ihn/sie nach dem Namen.
    Wenn ich aber über jemanden spreche, dessen Namen ich nicht kenne, kann es schon mal passieren, dass ich (wie im anderen Beitrag) "die Dicke" sage - ohne es böse zu meinen.

  • Zitat

    Bolzbold schrieb am 14.05.2006 13:47:
    Wenn wir aber mal ehrlich sind, heucheln wir doch politische Korrektheit, wenn wir "kräftig gebaut" sagen und im Endeffekt aber "dick" oder gar "fett" meinen.
    Und es ist auch naiv zu glauben, dass eine "kräftig gebaute" Person sich dann nicht verletzt fühlen wird, wenn man statt "dick" eben "kräftig gebaut" sagt.


    Es ist aber stark anzunehmen, dass das eine WENIGER verletzt als das andere. Ich weiß, wovon ich spreche. Was meinst du, wieviele Tränen ich als Teenie wegen direkten Worten vergossen habe? Und das, obwohl ich schon immer ein starkes Selbstbewusstsein hatte. Besonders verletzend fand ich die Bezeichnung "schwer behindert" in Bezug auf meine Person, denn ich empfand (und empfinde) mich gar nicht als "schwer" behindert. Unbedachte Worte von Erwachsenen fand und finde ich immer verletzender als von Kindern, bei Kindern kann man sagen: "... denn sie wissen nicht, was sie sagen."


    Ich behandle bei meinen Schülern immer wieder das Thema Behinderung und es geht mir sehr zu Herzen, wenn ich mir anhören muss, was sie für Verletzungen erfahren haben. Ganz schlimm ist es, wenn sie Eltern haben, die auch dazu beitragen, meist ganz unbeabsichtigt und gutmeinend vor lauter Übersorge. Interessanterweise sind die grössten Frechdachse, die am selbstbewusststen wirken, auch oft die mit der grössten Verletzlichkeit. Beim Thema Behinderung werden sie ganz leise und zaghaft, ganz still und sind interessiert bei Diskussionen.


    Es tut echt weh, mir all das anzuhören.


    Ich denke, bei kräftig gebauten Menschen ist die Problematik ähnlich.

  • Zitat

    Powerflower schrieb am 14.05.2006 14:08:
    ...Ich denke, bei kräftig gebauten Menschen ist die Problematik ähnlich.


    Mit Verlaub! Dicke Menschen können sich ändern. Das sollten wir nicht vergessen, denke ich.

  • Ich kann powerflowers Worte verstehen. Ich bin auch jedes Mal "begeistert", wenn mir Menschen, sagen: "Warum trägst du eine Brille?" oder "Mit Brille bist du für mich ja ein Neutrum". Wenn ich dann auch noch sehe, dass diese Menschen sich selber bei der Verteilung der Schönheit sich weggeduckt haben müssen ...


    Es gibt einfach Dinge, an denen man nichts ändern kann oder sie gerne ändern möchte und dann brauche ich nicht permanent drauf hingewiesen zu werden.

  • Zitat

    Aktenklammer schrieb am 14.05.2006 14:20:...Es gibt einfach Dinge, an denen man nichts ändern kann oder sie gerne ändern möchte und dann brauche ich nicht permanent drauf hingewiesen zu werden...


    Weisen wir uns HIER im Forum nicht ständig gegenseitig auf irgendeine Schwäche hin, vor allem, OHNE von der Schwäche des Anderen selbst zu wissen?

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