Umgang mit Rassismus- und Diskriminierungsvorwürfen

  • Hallo in die Runde,

    meine Kollegin hat von Eltern (mit Migrationshintergrund) einer 4. Klasse den Vorwurf erhalten, "deutschen" Kindern bei gleichen Leistungen bessere Noten zu erteilen (bzw. deren Kindern schlechtere). Die Kollegin meinte, sie sei sich keiner Ungleichbehandlung bei der Benotung bewusst. Sie hat aber nach einer Selbstreflektion gesagt, dass sie manche Kinder vielleicht etwas strenger auf Vergehen hinweise als andere.


    Gleichzeitig gibt es in der Parallelklasse einen Lehrer, der manchen Kindern zu ihrer Herkunft doch mal den einen oder anderen markigen Spruch reindrückt (So z.B. nach dem Motto: "Wenn du solche Texte schreibst, hättest du ja auch im Kosovo bleiben können!" etc.) . Er meint es wohl witzig, aber ich weiß nicht, wie das bei den Kindern ankommt. Bin mir unsicher ob/wie ich reagieren sollte...


    Habt ihr ähnliche Situationen erlebt? Was sind gute Handlungsstrategien bzw. eure Erfahrungen?

  • Vermutlich gibt es solche KuK.

    Diese gehören aus dem Dienst entfernt.

    Ganz simpel.

    Denn wegen solchen Exemplaren kommt es überhaupt zu solchen Vorwürfen - und dann wird es ein Hickhack, zu erkennen, wo sie gerechtfertigt sind, und wo nicht.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Vor einigen Jahren hatten wir auch mal ein paar SuS, die gerne mal den Spruch "Nur, weil wir Schwarzköpfe sind..." haben fallen lassen. Im Endeffekt war das aber m. E. nicht so ernst gemeint; zumindest hat sich keiner dieser SuS über Ungleichbehandlung beschwert.

    Hat die Kollegin, um die es im Eingangspost geht, schon öfter solche Vorwürfe gehört?

    Was den Kollegen mit diesen "markigen" Sprüchen angeht, finde ich auch, dass er mal eine gehörige Ansprache zumindest von der Schulleitung braucht! So etwas geht gar nicht!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Hallo Max, willkommen im Forum.


    zu der ersten Situation, es ist gut, dass deine Kollegin ihr Verhalten reflektiert. Aus welchem Grund ist sie denn zu manchen Kinder strenger? Hat das wirklich was mit der Herkunft zu tun oder mit dem sonstigen Verhalten der Schüler? Am Besten beobachtet sie sich weiter znd reflektiert ihr Verhalten.


    Zum zweiten Fall. Ja, da würde ich was sagen oder je nach Verhältnis zueinander, einen Kollegen mit dem er sich gut Versteht bitten mit ihm zu reden.


    Was hast du denn bisher gemacht?

  • Danke für euer Feedback und eure Einschätzungen,

    nein, die Kollegin hat solche Vorwürfe vorher noch nicht erhalten. Sie meinte, dass sie vielleicht bei manchen Schülern (eher mit türkischem oder arabischen Hintergrund) denkt, dass eine "freundliche" Ansprache nicht funktioniert und dann gleich etwas strenger reagiert. Aber vielleicht sind das ja auch Vorurteile bzw. falsche Einschätzungen.

    Sie hat sich schon vorgenommen, ihr Verhalten dahingehend immer wieder zu reflektieren und sie möchte sich auch mit dem Thema

    "unconscious bias" (unbewusste Vorurteile) beschäftigen.


    Wegen des Verhalten des Kollegen habe ich noch nichts unternommen, da ich mir unsicher war, wie/ ob ich das angehen könnte.

  • ... einen Lehrer, der manchen Kindern zu ihrer Herkunft doch mal den einen oder anderen markigen Spruch reindrückt (So z.B. nach dem Motto: "Wenn du solche Texte schreibst, hättest du ja auch im Kosovo bleiben können!" etc.) . Er meint es wohl witzig, aber ich weiß nicht, wie das bei den Kindern ankommt. Bin mir unsicher ob/wie ich reagieren sollte...

    Woher weißt du das?

    • Offizieller Beitrag

    Wenn es notwendig sein sollte, Schüler "schärfer" anzusprechen, dann ist es eben so. Wenn man aber zu dem Punkt kommt zu glauben, dass arabischstämmige Schüler so etwas eher brauchen - und das ohne konkreten und auf diese Schüler bezogenen Anlass - dann ist das diskriminierend. Und dann ist es gut, dies zu reflektieren und ggf. zu ändern.

  • Vielleicht wäre der aktuelle Vorwurf auch ein Grund, um das Thema zu Beginn des neuen Schuljahrs in eine GLK einzubringen und gemeinsam Leitlinien zu finden und zu entwickeln (kann auch Teil eiens pädagogischen Tags sein), wie solche unbewussten Vorurteile zu Diskriminierungserfahrungen beitragen, wie sie sich vermeiden lassen, welche Stereotype dahinter stecken und wie man diese gezielt aufdecken und hinterfragen kann etc. und wie gerade Sprache einen ganz massiven Beitrag zu Diskriminierungserfahrungen leistet (wie die "Witze" des Kollegen, hinter denen auch eine bestimmte Haltung steckt, die solche Sprüche ziemlich unwitzig machen für die davon Betroffenen).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Vielleicht wäre der aktuelle Vorwurf auch ein Grund, um das Thema zu Beginn des neuen Schuljahrs in eine GLK einzubringen und gemeinsam Leitlinien zu finden und zu entwickeln (kann auch Teil eiens pädagogischen Tags sein), wie solche unbewussten Vorurteile zu Diskriminierungserfahrungen beitragen, wie sie sich vermeiden lassen, welche Stereotype dahinter stecken und wie man diese gezielt aufdecken und hinterfragen kann etc. und wie gerade Sprache einen ganz massiven Beitrag zu Diskriminierungserfahrungen leistet (wie die "Witze" des Kollegen, hinter denen auch eine bestimmte Haltung steckt, die solche Sprüche ziemlich unwitzig machen für die davon Betroffenen).

    Ja, das ist eine gute Idee, ich schaue mich mal nach Kollegen um, die das ähnlich sehen, und dann könnten wir ja der Schulleitung den Vorschlag machen.

    Ich finde, dass das im Kollegium viel zu wenig thematisiert wird. Es ist nahezu ein Tabu, so empfinde ich das.

    Geht es euch da ähnlich? Wie kann man das am besten ansprechen? Gibt es da Erfahrungen bei euch?

  • Denn wegen solchen Exemplaren kommt es überhaupt zu solchen Vorwürfen

    Zu solchen Vorwürfen kommt es auch aufgrund von Lerneffekten, dass sie funktionieren.


    Meine Standardantwort an solche Eltern: Kinder anderer Eltern stehen hier nicht zur Debatte.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Eine Kollegin hat mir noch diese Kontakte/ Links geschickt. Vielleicht ist das ja auch für andere von euch in ähnlichen Situationen interessant:


    ADAS Berlin (Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen): https://adas-berlin.de/


    Ein Coach für Lehrer und Schulleiter (deutschlandweit) zum Umgang mit Diskriminierung an Schulen: https://www.diskriminierung-loesen.de/


    Veröffentlichung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Diskriminierung an Schulen erkennen und vermeiden: http://www.antidiskriminierung…_blob=publicationFile&v=2

  • Meiner Meinung nach ist es Sache der Schulleitung, dieses Verhalten zu unterbinden. Ob der Kollege seine Einstellung ändert kann niemand außer ihm selbst entscheiden. Seine Äußerungen aber muss er im Griff haben, daher würde ich mit der Schulleitung reden, die in ihrem Haus für Ordnung sorgen muss.

  • Ehrlich gesagt, finde ich es schon seltsam, dass so etwas in einer Grundschule sein soll. Ein solche Ansprache der Schüler ist nicht Usus in der Grundschule, vor allem, wenn die Grundschule nur bis zur 4. Klasse geht. Oder ist das in Berlin?

    Für mich ist das eine etwas seltsame Grundschule oder die Grundschule hat nicht viele grundständige Lehrer, die in ihrem Studium die richtige pädagogische Einstellung und Sichtweise auf das Kind vermittelt bekamen.


    Die Frage ist, warum fragst du im Fall der Kollegin? Hat sie dich beauftragt?


    Wenn Eltern das einem vorwerfen, kann man kurz darüber reflektieren, ob das wirklich der Fall ist. Mir wurde in jungen Jahren einmal von einem Elternpaar vorgeworfen, ich hätte etwas gegen Ausländer (so nannte man das früher, das Wort Migrationshintergrund war noch unbekannt), weil ich für das verhaltensauffällige Kind Maßnahmen vorgeschlagen habe, die den Eltern nicht einsichtig waren. Da war ich sicher noch nicht so diplomatisch wie ich heute bin. Aber das hatte damals nichts mit Ausländern zu tun, sondern mit dem Verhalten des Kindes. Das war auch schnell Masche, hatte ich das Gefühl.

  • Die Frage ist, warum fragst du im Fall der Kollegin? Hat sie dich beauftragt?


    Wenn Eltern das einem vorwerfen, kann man kurz darüber reflektieren, ob das wirklich der Fall ist. Mir wurde in jungen Jahren einmal von einem Elternpaar vorgeworfen, ich hätte etwas gegen Ausländer (so nannte man das früher, das Wort Migrationshintergrund war noch unbekannt), weil ich für das verhaltensauffällige Kind Maßnahmen vorgeschlagen habe, die den Eltern nicht einsichtig waren. Da war ich sicher noch nicht so diplomatisch wie ich heute bin. Aber das hatte damals nichts mit Ausländern zu tun, sondern mit dem Verhalten des Kindes. Das war auch schnell Masche, hatte ich das Gefühl.

    Die Kollegin hat mich angesprochen und wollte das im kollegialen Austausch reflektieren. In dem Zusammenhang habe ich mich gefragt, wie Schule generell mit dem Thema umgehen sollte.

    Bei dem Kollegen uns seinen Sprüchen scheint es ja recht eindeutig (danke für eure Einschätzungen dazu), aber wir haben uns darüber hinaus gefragt, ob wir Lehrer nicht oft auch nach den oben schon erwähnten "unconscious bias" (unbewussten Vorurteilen) handeln.

    Mein Studium ist noch nicht so lange her, aber darüber habe ich an der Uni nichts gelernt und auch in der Praxis scheint es nicht Thema im Lehrerzimmer zu sein.

  • Schlage es doch fürs nächste Schuljahr als Schulentwicklungsthema vor. Ihr habt doch sicher eine Schulentwicklungskonferenz, wo ihr über die Themen diskutiert und abstimmt, die ihr angehen wollt. Dann kannst du ja sehen, ob die GLK das zu ihrem Thema machen will.

  • . .. aber wir haben uns darüber hinaus gefragt, ob wir Lehrer nicht oft auch nach den oben schon erwähnten "unconscious bias" (unbewussten Vorurteilen) handeln.

    Eine Kollegin hat mir noch diese Kontakte/ Links geschickt. Vielleicht ist das ja auch für andere von euch in ähnlichen Situationen interessant:


    Ich werde das Gefühl nicht los, dass du keinen Rat suchst, sondern was los werden willst.

  • Diese gehören aus dem Dienst entfernt.

    Ganz simpel.

    Ich bin darüber erstaunt, nein entsetzt, wie schnell KollegInnen hier vom Forum aus abgeurteilt werden, obwohl niemand dabei war und niemand den Gesamtzusammenhang beurteilen kann.

    In diesem Thread wird oft das Wort "Vielleicht" verwendet. - Wirklich alles so simpel?

    Hallo in die Runde,

    meine Kollegin hat von Eltern (mit Migrationshintergrund) einer 4. Klasse den Vorwurf erhalten, "deutschen" Kindern bei gleichen Leistungen bessere Noten zu erteilen (bzw. deren Kindern schlechtere).

    Auf welcher objektiven Grundlage basiert dieser Vorwurf? Die Eltern können die Notengebung beurteilen? Aufgrund welcher Wahrnehmung? Welche Interessen/Motive spielen bei dem Vorwurf eine Rolle? Sind die Kinder mit Migrationshintergrund in dieser Klasse wirklich auf dem gleichen sprachlichen Niveau wie die einheimischen Mitschüler? Gibt es keine objektiven Leistungsunterschiede in den Fächern, wo es auf die deutsche Sprache ankommt? Und wer war im Unterricht dabei?- Wirklich alles so simpel? Oder sollte das Ganze nicht doch differenzierter, ohne Rassismusvorwurfsbrille, betrachtet werden?

    Sie hat aber nach einer Selbstreflektion gesagt, dass sie manche Kinder vielleicht etwas strenger auf Vergehen hinweise als andere.

    Interessant! In welchem Rahmen fand die "Selbstreflexion" statt? Selbstanklage oder Beichte vor dem besorgten Kollegium? Mit der Schulleitung? - Wirklich alles so simpel?

    Wenn es notwendig sein sollte, Schüler "schärfer" anzusprechen, dann ist es eben so.

    Das ist Alltag. Die Schüler sollten sowieso in individueller Weise angesprochen werden. Ziel ist ja, dass der Schüler die Botschaft des Lehrers versteht.

    teilweise haben es Schüler erzählt, teilweise habe ich auch Aussagen gehört

    Butter bei die Fische! Aussagen von wem?


    Ich denke, wir brauchen hier nicht darüber weiter nachdenken, dass rassistische Äußerungen/Handlungen, und seien sie auch nur flappsig gemeint, überhaupt nicht diskutabel sind.


    Ich warne auf der anderen Seite vor voreiligen Rassismusvorwürfen. Ungerechtfertigte Rassismusvorwürfe können angezeigt und strafrechtlich verfolgt werden.8)

  • Ich denke, wir brauchen hier nicht darüber weiter nachdenken, dass rassistische Äußerungen/Handlungen, und seien sie auch nur flappsig gemeint, überhaupt nicht diskutabel sind.

    Wir brauchen nicht darüber nachdenken, dass rassistische Äußerungen nicht diskutabel sind. Geht's auch weniger nicht doppelt nicht verneint?


    Miss Jones' Kommentar bezog sich vermutlich auf

    "Wenn du solche Texte schreibst, hättest du ja auch im Kosovo bleiben können!", ein Satz, den der TE ja angeblich selbst aus dem Munde des Parallelkollegen hörte.


    Dies sind schon Sätze, die einen für den Staatsdienst disqualifizieren.

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