Neue Schüler in die Klassengemeinschaft integrieren

  • Hallo,


    bereits in meiner letzten Klasse hatte ich das Problem, dass neu hinzukommende Kinder oft nicht mehr gut in die Gemeinschaft integriert wurden. Sie wurden nicht aktiv ausgeschlossen, sondern die anderen waren schon freundlich ihnen gegenüber, aber es kamen keine tieferen Freundschaften zustande, was mir für diese Kinder sehr leid getan hat. Ich habe aber keinen Weg gefunden, um sie stärker einzubinden. Meist waren es auch DaZ-Schüler mit sehr rudimentären Deutschkenntnissen, sodass die Sprache eine große Hürde dargestellt hat. Da vor ein paar Wochen ein neuer Schüler in meine jetzige Klasse kam, stehe ich nach den Ferien wieder vor derselben Herausforderung (unsere Klassen waren nur kleingruppen- und wochenweise da, sodass er bisher nur einen Teil der Kinder überhaupt gesehen hat, von Kennenlernen kann eigentlich noch keine Rede gewesen sein).

    Was ich in den letzten Jahren versucht habe (bzw. unabhängig davon, ob ein neues Kind da ist oder nicht, sowieso immer mache): am Anfang zwei oder drei (freiwillige) „Patenkinder“ bestimmen, die dem neuen Kind das Schulgebäude zeigen und es mit in die Pause nehmen, wechselnde von mir festgelegte Sitzordnungen, sodass sich möglichst alle Kinder zumindest für einige Wochen auch mal etwas „näher“ kennenlernen, Partner oder Gruppen bei gemeinsamen Arbeiten oder Spielen nicht oder nur selten frei wählen lassen, Klassenrat mit Komplimenterunde und natürlich die entsprechenden Themen im Sachunterricht (Gefühle, Freundschaft, …).


    Mir ist klar, dass es für das Anliegen kein Patentrezept gibt, das immer funktioniert – es geht mir eher darum, Anregungen zu sammeln, z. B. welche Gedanken ihr euch macht, wenn ein Kind neu in die Klasse dazu kommt, um ihm einen guten Start zu ermöglichen usw. Oder auch Tipps zur Integration in eine Klassengemeinschaft, wenn es einem Kind schwerfällt, Anschluss zu finden.


    Grüße vom ~delfin~

  • Ich frage neue SuS nach Hobbies, Interessen etc. - vor ihrem ersten Schultag (oder an ihrem ersten Schultag). Dann kann ich gleich die Fußballspieler in der Pause zusammenbringen (da braucht man auch keine Sprache :) ).

    Oder die Pferdenarren für die Freizeit miteinander "verkuppeln".

    Auch hilfreich: Wenn man weiß, wo die SuS alle wohnen - und entsprechend neue SuS ihren Nachbarn zugeordnet werden können (z.B. für das Weitergeben von Arbeitsblättern im Krankheitsfall).

  • Ich weiß nicht wie gut das in der Grundschule klappt, aber jeden Monat den Sitzplan neu losen (mit heimlichem heimischem Lehrerveto) ist ganz hilfreich, damit alle mal mit allen zusammenkommen und sich kennenlernen.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Das kommt vermutlich auf die Klasse an, aber bei meinen ging das bisher immer gut. Ich lose halt "öffentlich" und ändere dann ggf. im Nachhinein was, wenn es nicht klappt. Wie machst du das mit heimlichem Veto? Da steh ich glaub ich grad etwas auf dem Schlauch, wie das mit dem Losen dann funktioniert.

  • Ich finde deine genannten Herangehensweisen schon ganz gut und habe die gleichen Sachen im Repertoire.


    Wenn ich es vorher weiß, erkläre ich den Kindern, dass ein neues Kind kommt, das ich auch noch nicht kenne (meistens) und dass es die Aufgabe der Klasse ist, sich um das Kind zu kümmern.

    Außerdem sage ich ein paar Sätze dazu, wie es ist, wenn man allein in einen neuen Ort zieht und niemanden dort kennt/ die Sprache nicht spricht und wie es ist, wenn man allein auf dem Schulhof steht, was ja nicht sein muss.

    Da finden sich in den ersten Tagen immer Kinder, die sich dann kümmern, manchmal muss man später nochmal nachsteuern und Kinder bitten, mit dem Neuen Kind zu spielen.

    Vielleicht hilft es auch, sich immer mal wieder zu erkundigen (Wie war es denn in deiner alten Schule.), um nicht zu schnell zu Tagesordnung überzugehen und den Kindern immer mal wieder ins Bewusstsein zu rücken, dass das neue Kind Sachen nicht wissen kann und man sich deshalb darum kümmert.


    Anekdoten: Alles hatte schon ein paar mal gut geklappt, dann kam wieder ein Kind ohne Deutschkenntnisse. Viele haben sich rührend gekümmert, waren aber nach kurzer Zeit frustriert. Auf Nachfrage sagten sie: „Wir haben ihr/ihm jetzt so viele Spiele vorgeschlagen, aber sie sagt ja nicht, was sie will.“

    Es fällt einigen jüngeren, und vermutlichen, schwer, sich in andere hineinzuversetzen.

    Kommen Kinder, die kein Deutsch sprechen, brauchen die Kinder der Klasse manchmal ein paar Hinweise und dann auch ein gutes Vorbild, wie man die Sprachbarrieren überwindet. An der Stelle denke ich, dass sie wirklich fürs Leben lernen.

  • Das Vorankündigen handhabe ich auch so; da sind die Kinder dann auch immer sehr offen und generell willig und hilfsbereit. Auch dass keiner gerne allein auf dem Pausenhof steht, leuchtet ihnen theoretisch ein, aber an der praktischen Umsetzung hapert es noch ;)

    Da finden sich in den ersten Tagen immer Kinder, die sich dann kümmern, manchmal muss man später nochmal nachsteuern und Kinder bitten, mit dem Neuen Kind zu spielen.

    Das war bisher auch meine Erfahrung; in den ersten Tagen ist es meist kein Problem, aber das Interesse lässt sehr schnell nach und wenn das neue Kind nicht sehr aktiv selbst Spielpartner sucht, wird es eher links liegen gelassen. Selbst die Bitten fruchten dann oft nicht ("Ich wollte aber eigentlich mit xy spielen" und der/die Neue darf dann nur widerwillig auch mitspielen - ich kann dann auch verstehen, dass die das nicht toll finden, wenn sie nur notgedrungen mitmachen dürfen, weil die Lehrerin gefragt hat...).


    Anekdoten: Alles hatte schon ein paar mal gut geklappt, dann kam wieder ein Kind ohne Deutschkenntnisse. Viele haben sich rührend gekümmert, waren aber nach kurzer Zeit frustriert. Auf Nachfrage sagten sie: „Wir haben ihr/ihm jetzt so viele Spiele vorgeschlagen, aber sie sagt ja nicht, was sie will.“

    Es fällt einigen jüngeren, und vermutlichen, schwer, sich in andere hineinzuversetzen.

    Kommen Kinder, die kein Deutsch sprechen, brauchen die Kinder der Klasse manchmal ein paar Hinweise und dann auch ein gutes Vorbild, wie man die Sprachbarrieren überwindet. An der Stelle denke ich, dass sie wirklich fürs Leben lernen.

    Hier hab ich oft den Eindruck, dass es ihnen auch einfach zu "anstrengend" ist, sich extra für das neue Kind etwas zu überlegen, wie sie ihre bisherigen Spiele anpassen können oder auch nur erklären. Manchmal sind sie auch leider so ich-bezogen, dass es jetzt an diesem Tag unbedingt das komplizierte Spiel sein muss, das man schlecht mit Gesten erklären kann. Und an dem Punkt finde ich es dann sehr schwierig, inwieweit ich mich einmischen sollte. Generell bin ich eher der Meinung, dass ich niemanden "zwingen" will, mit einem anderen zu spielen, aber grad bei denjenigen, die sich selbst nicht so richtig verständigen können, mache ich es dann doch - nicht wirklich zwingen natürlich, aber so lange gut zureden, bis er/sie dann halt mitmachen darf. Aber jeden Tag einen Spielpartner für das Kind suchen ist ja auch nicht zielführend - wie handhabst du das denn, wenn das Kind nach einigen Wochen immer noch nicht "angekommen" ist?

  • Hier hab ich oft den Eindruck, dass es ihnen auch einfach zu "anstrengend" ist, sich extra für das neue Kind etwas zu überlegen, wie sie ihre bisherigen Spiele anpassen können oder auch nur erklären.

    Ich glaube, angesichts der geschilderten Situation, dass die Kinder einerseits nicht verstehen, wie groß die sprachliche Barriere ist, und ihnen andererseits wirklich die Ideen und Mittel fehlen, dieser Situation zu begegnen.

    Auch im Unterricht, wenn es z.B. um das Thema "Helfen" geht, sagen sie "man muss anderen helfen", können das aber zumeist nicht konkretisieren, sodass man das gemeinsam erarbeiten muss. Das habe ich vor Jahren bemerkt und inzwischen immer wieder erlebt. Die Kinder sind hilfsbereit und dennoch hilflos.

    Da kann man fragen, moderieren oder Ideen geben. Wenn es an der Sprache liegt, muss man ihnen sagen und zeigen, dass es mit Gesten oder Zeichnungen gelingen kann.

    wie handhabst du das denn, wenn das Kind nach einigen Wochen immer noch nicht "angekommen" ist?

    Ich setze immer mal wieder Impulse oder mache Vorschläge,

    aber ich finde auch, dass unsere Kinder nicht so besonders schwierige Spiele haben.

    Fangspiele und Verstecken verstehen sie schon, es gibt dann noch "weißer Hai" ... da erschließen sich mir die Regeln nicht, aber die Kinder haben Spaß, die Geräte der Spieleausleihe sind auch sehr beliebt, da ergibt sich immer mal etwas.


    Tatsächlich muss sich dann das andere Kind auch bemühen. Das erlebe ich schon auch, dass Kinder sich selbst gar nicht einbringen, weil sie erschöpft oder überfordert sind.

    Eine Kollegin hat geäußert, dass die Kinder jetzt in den halben Klassen und einzelnen Pausenzeiten mehr Kontakt untereinander bekommen haben, weil keine anderen Kinder in der Pause waren. In Klasse 1 (vor allem) gibt es auch ohne Corona bei uns immer auch mal kleine Zwischenpausen, in denen dann nur diese Klasse auf dem Hof ist.

  • Auch im Unterricht, wenn es z.B. um das Thema "Helfen" geht, sagen sie "man muss anderen helfen", können das aber zumeist nicht konkretisieren, sodass man das gemeinsam erarbeiten muss. Das habe ich vor Jahren bemerkt und inzwischen immer wieder erlebt. Die Kinder sind hilfsbereit und dennoch hilflos.

    Das bringt es gut auf den Punkt - danke! Ich werde diese Dinge (wie kann ich helfen, was genau können wir spielen usw.) denke ich dann einfach öfter wirklich konkret wiederholen; vielleicht habe ich sie bisher einfach zu selten explizit angesprochen, sodass es den Kindern nicht im Gedächtnis geblieben ist.

    Eine Kollegin hat geäußert, dass die Kinder jetzt in den halben Klassen und einzelnen Pausenzeiten mehr Kontakt untereinander bekommen haben, weil keine anderen Kinder in der Pause waren. In Klasse 1 (vor allem) gibt es auch ohne Corona bei uns immer auch mal kleine Zwischenpausen, in denen dann nur diese Klasse auf dem Hof ist.

    Das habe ich auch bemerkt; dadurch, dass generell weniger Spielpartner da waren, wurden die meisten tatsächlich eingebunden und die ganze Kleingruppe hat auch mal etwas zusammen gespielt. Ich befürchte nur, dass das nach den Ferien hinfällig ist - aber vielleicht werde ich ja auch positiv überrascht ;)

  • Nach den Ferien bietet es sich so oder so an, wieder das Klassengemeinschaftsthema ein paar Stunden zum machen und ins Bewusstsein zu rücken. "Das kleine Wir in der Schule" ist dazu mein aktueller Favorit. Dazu gibt es auch Material im Internet.


    Am Anfang klappt das ganz gut, wenn man Paten für das Kind nennt. Da überschlägt sich meistens die Klasse und es stimmt, mit der Zeit wird es da, wo die Integration schwierig wird, anstrengend. Ich möchte hier noch den zweiten Punkt erwähnen, der bisher noch nicht genannt wurde: Es kommt nämlich oft auf die zu integrierenden Kinder an.Ich hatte einmal ein Mädchen aus Polen, das kein Wort verstand. Doch die war so kommunikativ auf andere Weise, dass sie schnell integriert war und die Mitschülerinnen nicht müde wurden, sich um sie zu kümmern. So hatte ich schon ganz unterschiedliche Kinder: Kinder, die schnell integriert wurden (ich ernenne immer Paten, mit der Zeit ist dies überflüssig) und Kinder, die sich schwer taten. Meistens lag es an bestimmten in der Klasse unbeliebten Verhaltensweisen. (Mein letzter Spezialfall: angeberisches Verhalten, was aus einer Unsicherheit herrührte.) In solchen Fällen habe ich dann alle Hände voll zu tun, auch den neuen Kindern zu erklären, wo sie sich selbst etwas anpassen müssen. Denn nicht nur die Gemeinschaft muss integrieren, die neu Hinzugekommenen müssen sich auch irgendwie selbst integrieren und es sich nicht durch unnötige Verhaltensweisen schwer machen.

    Das Problem "Mitspielen lassen im Schulhof" hat man auch in eingeschworenen Klassengemeinschaften. Die Ursache davon ist meistens ein "Regelstreit" - also unterschiedliche Interpretationen von Spielregeln oder ein bewusstes Stören des Spiels. Aber das kann man klären.

  • Das Problem "Mitspielen lassen im Schulhof" hat man auch in eingeschworenen Klassengemeinschaften.

    Ja, stimmt,

    aber es gibt - bei neuen oder nicht neuen SchülerInnen - auch das Problem der Ausgrenzung als "Machtspielchen". Das hat mit dem "neu dazugekommen" ggf. gar nichts zu tun, sondern damit, dass bestimmte Kinder den Ton angeben und versteckt oder offen Regeln aufstellen und alle anderen mitziehen.

  • Zitat von Caro07

    "Das kleine Wir in der Schule" ist dazu mein aktueller Favorit. Dazu gibt es auch Material im Internet.

    Das klingt gut, danke!


    Ich möchte hier noch den zweiten Punkt erwähnen, der bisher noch nicht genannt wurde: Es kommt nämlich oft auf die zu integrierenden Kinder an. Ich hatte einmal ein Mädchen aus Polen, das kein Wort verstand. Doch die war so kommunikativ auf andere Weise, dass sie schnell integriert war und die Mitschülerinnen nicht müde wurden, sich um sie zu kümmern. So hatte ich schon ganz unterschiedliche Kinder: Kinder, die schnell integriert wurden (ich ernenne immer Paten, mit der Zeit ist dies überflüssig) und Kinder, die sich schwer taten. Meistens lag es an bestimmten in der Klasse unbeliebten Verhaltensweisen. (Mein letzter Spezialfall: angeberisches Verhalten, was aus einer Unsicherheit herrührte.) In solchen Fällen habe ich dann alle Hände voll zu tun, auch den neuen Kindern zu erklären, wo sie sich selbst etwas anpassen müssen. Denn nicht nur die Gemeinschaft muss integrieren, die neu Hinzugekommenen müssen sich auch irgendwie selbst integrieren und es sich nicht durch unnötige Verhaltensweisen schwer machen.

    Wenn es bestimmte Gründe gibt, warum es mit der Integration schwierig ist, kann man ja da ansetzen, wie du schreibst. Ich habe hier aber immer ein Kind im Kopf, das von seinem Verhalten her total unproblematisch war, aber trotzdem in der ganzen Grundschulzeit keine wirklichen Freunde in der Klasse gefunden hat - es war an sich aufgeschlossen, anfangs vielleicht etwas zurückhaltend, hat dann aber auch Kommunikationswege gefunden und trotzdem kamen nur oberflächliche Bekanntschaften zustande. Und dieses Kind hat darunter auch wirklich gelitten; andere waren zwar auch wenig integriert, haben aber selbst auch wenig Wert darauf gelegt (die hatten ihre Freunde in anderen Klassen und haben in den Pausen immer mit denen gespielt). Der Gedanke an dieses Kind war auch der eigentliche Anlass für meine Frage, weil ich bei meinem neuen Schüler möglichst alles daransetzen will, dass es ihm nicht auch so geht (wenn er selbst denn Interesse daran hat, ein Teil der Klassengemeinschaft zu werden).

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