@Lehramtsstudent : Ich mache mir nicht einfach irgendwelche "Gedanken darüber". Glaube es, oder auch nicht, ich habe Englisch studiert. Mit einem Schwerpunkt auf Literaturwissenschaft (und einem weiteren Schwerpunkt auf Kulturwissenschaft). Ich finde die Forderung man müsse bestimmte "Standardwerke" behandeln nicht unbedingt nachvollziehbar und ich denke, mein Standpunkt ist da durchaus fundiert.
Es gibt bestimmte Themen, die man behandeln sollte. Unterschiedliche englischsprachige Kulturräume zum Beispiel.
Ich muss, auch wenn ich Shakespeare mache, nicht ein bestimmtes Drama machen, oder einen bestimmten Schwerpunkt setzten. Ich kann mich bei "Macbeth" auf "the supernatural" fokussieren und damit Anknüpfungspunkte an das elisabethanische Zeitalter finden. Ich kann aber auch einen Schwerpunkt auf die, aus unserer Sicht, sicher nicht ganz gesunde Beziehung zwischen Machbeth und Lady Macbeth setzen. Da wären wir übrigens dann ggf. auch wieder bei den gender roles. Ich kann Othello lesen und den Fokus auf Eifersucht setzten. Ich kann auch den Fokus auf die Frage setzten, ob das Stück eine gehörige Portion Rassismus enhält, oder nicht. Daran anschließend kann ich darüber diskutieren, ob es wichtig ist, Texte (im weitesten Sinne) immer im Kontext ihrer Zeit zu sehen. Schon bin ich bei "cancel culture" (#cancelgonewiththewind). Ist das gut? Ist das nicht gut?
Da komme ich aber auch hin (und ich habe vor, das genauso zu machen), wenn ich im Rahmen von American Dream ein oder zwei Songs aus "Hamilton" analysieren lasse. War das während der Obamajahre nicht rassistisch und jetzt ist es das plötzlich? (Ich meine übrigens nein) Hängt das mit Trump und seinen Anhängern, bzw. viel mehr mit der von Trump und seinen Anhängern verwendeten Rhetorik zusammen? Welchen Einfluss hat das auf uns?
Genau da komme ich übrigens auch hin, wenn ich Reden von z.B. Obama und Trump analysieren lasse (das werde ich auch machen, aber vielleicht weniger, als andere, die zum Thema American Dream kein Drama lesen lassen).
Neben vielen weiteren Aufgaben soll der Englischunterricht auch darauf vorbereiten, sich über aktuelle Themen in der Fremdsprache unterhalten zu können. Wie wäre es mit Klimaschutz? Da kann ich mir die Positionen von Obama und Trump zum Pariser Klimaabkommen anschauen. Bei Trump bin ich dann ganz schnell beim amerikanischen individualism und schon wieder bin ich beim American Dream.
Und ein Wort noch zu gender roles. Wenn die USA einen Präsidenten haben der "grab them by the pussies" gesagt hat, dann muss ich im Englischunterricht wohl über gender roles sprechen, denn die SuS sollten schon wissen, was Trump so von Frauen hält.
@samu : Als ich vor fast 20 Jahren Abitur gemacht habe, war Geschichte und Sozialwissenschaften ein Fach. Dafür hatten wir dann aber auch VWL, was auch als Gesellschaftslehre gezählt hat. Das hängt aber sicher vom Bildungsgang und der Schwerpunktsetzung ab.