Der Trend zu Abitur und Studium ebbt ab

  • Ich bin nicht lange genug im Schulsystem, um mir anmaßen zu können, einen Trend zu erkennen. Ich glaube aber zum Beispiel, dass 1) viele "Studiengänge" (sorry für die Anführungszeichen) heute als Studium gelten, die vorher eine Ausbildung waren: die dualen Studiengänge sind sehr wertvoll, keine Frage (ich bin neidisch, der perfekte Mix von Ausbildung und Heranführung an die Hochschule), 2) ich gehe davon aus, dass viele das Studium abbrechen (bitte bitte).


    Zuerst einmal die Frage: Warum wünscht du dir, dass jemand sein Studium abbricht? --> "bitte bitte"



    Viele Studiengänge vorher eine Ausbildung waren? Welcher denn z.B. (außer vielleicht Bachelor in BWL)?


    Wir haben hier in Deutschland ein universitäres Bildungssystem nach humanistischem Verständnis = Die berufliche Qualifikation durch einen Studiengang darf prinzipiell kein Kriterium für die Einführung oder Weiterführung eines Studiengangs sein. Hier geht es eher um die Bedeutung im Wissenschaftsgefüge. Was die Leute nach der Uni machen, kann der Uni eigentlich egal sein.


    Anderes ist das z.B. in den USA. Dort kannst du so ziemlich jeden Beruf studieren. Dort gibt es eben kein Duales System. Das hat Vor- und Nachteile.


    Und ja, viele brechen hier ihr Studium ab. Das könnte aber auch etwas damit zu tun haben, dass man das Abitur mittlerweile häufig scheinbar fast geschenkt bekommt. Da ist es auch nicht verwunderlich, wenn die Personen, die du schilderst, solche Ambitionen haben. An manchen Orten (ich glaube, es war Berlin) machen heute 10x so viele SuS das Abi mit 1,x wie noch vor 10 Jahren. Die sind nicht alle plötzlich schlauer geworden. ;)


    Das Bildungssystem hat infolge des PISA-Desasters einfach die Standards verschoben und dabei sind zwar bessere PISA-Ergebnisse für DE, aber nicht bessere Bildung herausgekommen. So ist es auch kein Wunder, dass das Abi immer mehr entwertet wurde, wie die anderen Abschlüsse übrigens auch. Es wurden einfach überall die Standards gesenkt (auch schon vor PISA). Früher konnte man noch mit Volksschulabschluss bei der Bank anfangen. Versuch das heute mal mit nem Hauptschulabschluss. Die würden dich wahrscheinlich auslachen.


    Stichwort Inflation der Bildungsabschlüsse.


    Die Unis bemängeln immer wieder, dass viele Studienanfänger und -anfängerinnen eigentlich "nicht studierfähig" sind.


    Da darf sich dann auch gerne mal das deutsche Schulsystem an die eigene Nase fassen.


    PS: Viele, die es sich leiten können, schicken heute ihr Kind lieber auf eine Privatschule als auf's Gymnasium. Die Anzahl der Privatschulen steigt immer mehr.

    • Offizieller Beitrag

    tatsächlich ist meine Formulierung sehr unglücklich, weil ich mir nicht wünsche, dass die Schüler*innen scheitern. Aber diese Schüler*innen, die ich in mehreren Fächern kenne und auch grob das Notenbild (Notenkonferenz) weiß, sind meiner Meinung nach - trotz sehr veränderten Studienbedingungen - nicht studierfähig. Und ja, sie hätten oft kein Abitur verdient, wenn es nur darum ginge (Studierfähigkeit), oder sie sind noch nicht reif genug.


    Ich finde es nicht schlimm oder gar problematisch, dass diese "früheren Ausbildungen" jetzt "Studium / duales Studium" heißen. Ich meinte nur damit, dass dadurch die Quote anders wird. und ja, da habe ich im Blick insbesondere die kaufmännischen dualen Studiengänge. Oder in der Gastronomie kombiniert mit einem wirtschaftlichen Hochschulabschluss (mehrere ehemaligen SuS haben übrigens das gemacht, am Ende aber keinen Studienabschluss geschafft, trotz guter / sehr guter Ausbildung. Es hat sich also von selbst reguliert. Weil der Anspruch eben auch höher ist.

  • Ich kann bei uns zumindest nicht erkennen, dass der Trend zum Abitur abreißt. So schön offen das Gesamtschulsystem ja ist - der Nachteil ist, dass viele Eltern glauben, dass eine Oberstufenqualifikation auf jeden Fall drin sein muss. Da kann man sich den Mund fusselig beraten, es nützt wenig. Da wird dann der 10. Jg. wiederholt, um die "Quali" doch noch zu bekommen. (70% schaffen es auch beim 2. Versuch nicht.) Dann rutschen einige durch Ausgleichsmöglichkeiten gerade so durch, um dann erst die EF zweimal zu machen und anschließend die Zulassung nicht zu bekommen. Die härtesten Fälle durchlaufen unsere Oberstufe fünf(!) Jahre lang und stehen am Ende ohne Abitur da.


    Dabei ist das so ärgerlich: Anstatt an einem BK eine fachliche Oberstufe zu besuchen und dort seine Stärken richtig auszuspielen, bleiben sie bei uns (weil’s so nett ist), wo ihr Selbstbewusstsein sicherlich einen gewaltigen Dämpfer erfährt.


    Allerdings scheint der Trend zum Studium bei uns nicht so ausgeprägt zu sein. Viele richtig gute SuS erzählen mir, dass sie sich ein Studium nicht zutrauen und lieber eine Ausbildung machen wollen. (Was ich in diesen Fällen oft auf zu geringes Selbstbewusstsein zurückführen muss, nicht auf mangelnde Studierfähigkeit.)

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • chilipaprika


    Der kaufmännische Bereich ist da sicher das prägnanteste Beispiel.


    Deutschland hat einerseits den Vorteil des dualen Systems in Form der praktischen Erfahrungen. Bietet aber andererseits keinen überzeugenden Weg von diesem Zweig in das theoretische bzw. wissenschaftliche Feld. Und das, obwohl es FHs gibt, die eigentlich dafür präsentiert wären.

    Ich kann z.B. nicht nachvollziehen, warum jemand mit einer kaufmännischen Ausbildung (Bankkaufmann/Industriekaufmann) nicht die Möglichkeit erhält (auch ohne Abitur) einen entsprechenden Masterstudiengang an einer FH zu belegen. Als ob jemand mit einem FH Bachelor in BWL da wirklich so viel besser qualifiziert wäre.

    Klar kann man dann scheitern. Aber dann hat man zumindest die Ausbildung. Das ist in meinen Augen viel sinnvoller, als die schulischen Standards herabzusetzen und die Leute dann direkt im Studium scheitern zu lassen.

    Somit ist es nicht verwunderlich, dass viele versuchen, das Abi zu machen, um sich alle Möglichkeiten offen zu halten, obwohl sie eher eine Ausbildung machen wollen.

    • Offizieller Beitrag

    Ja, da bin ich vollständig dabei: die Übergänge sollten einfacher sein. Am besten und am ehrlichsten wäre es mit "Angleichungsmöglichkeiten". Einen kompletten Bachelor kann man mit einer Ausbildung nicht ersetzen. Das ist schon alleine wegen des praktischen ANteils nicht möglich. Aber 3 Jahre nachstudieren ist lächerlich.
    Entweder lässt man zu, dass Menschen eine "Aufnahmeprüfung" machen und nachweisen, dass sie das Niveau haben (bin ich grundsätzlich dafür, auch wenn man formal gar keine Voraussetzung bringt, auch für Autodidakten...), oder man macht zum Beispiel ein "Vorstudium".
    Ich bin zur Zeit in einem Masterstudiengang eingeschrieben, der einen 4-jährigen Abschluss voraussetzt. Da dies unter der Zielgruppe nicht immer der Fall ist (3-jährig oder gar Ausbildung und viel Praxis), muss man eine gewisse Anzahl an ECTS in einem bestimmten Bereich (insbesondere "wissenschaftliches Arbeiten" und "Forschungsmethoden") nachweisen. Es ist übrigens in beiden Richtungen so. Ich musste mehrere Praxisjahre nachweisen.

  • @MrJules: Gibt es für die Weiterbildung für Bankkaufmänner etc. nicht die Fachwirte u.ä.? Dafür braucht es doch keinen idR forschungsorientierten Master.


    Das mit dem Möglichkeiten offen halten ist nachvollziehbar, aber an irgendeinem Punkt muss man ja die Grenze setzen, um die Qualität des Bildungssystems wahren zu können. Im Prinzip handelt das die gesellschaftliche Erwartung aus, ob das jetzt das Abitur, der Studienabschluss oder gar die Promotion ist.

  • Ich kann z.B. nicht nachvollziehen, warum jemand mit einer kaufmännischen Ausbildung (Bankkaufmann/Industriekaufmann) nicht die Möglichkeit erhält (auch ohne Abitur) einen entsprechenden Masterstudiengang an einer FH zu belegen. Als ob jemand mit einem FH Bachelor in BWL da wirklich so viel besser qualifiziert wäre.

    Eine Berufsausbildung ist eine Berufsausbildung. Ein Studium ist ein Studium. Auch an einer FH. Ja, jemand mit einem FH Bachelor ist um ein Vielfaches besser für einen konsekutiven, kaufmännischen Master qualifiziert, als jemand mit Ausbildung.

    Dein Beitrag ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie Leute, die an einer Uni studiert haben, FHs entwerten, ohne zu wissen, was da eigentlich so passiert.

  • Gibt's in Deutschland kein Pendant zu unserer Berufsmatura? Wer kann denn an eine FOS/BOS gehen, wie lange dauert das und wozu berechtigt dieser Abschluss überhaupt? Was natürlich immer geht ist das Abendgymnasium, ne? Kann man sich in Deutschland auch autodidaktisch auf die Abiprüfungen vorbereiten? Ich meine, es hat mal jemand hier was drüber geschrieben, dass es da eine zentrale Prüfung gibt zu der im Prinzip jeder hingehen kann. Bei uns gibt's eben die Eidgenössische Matur, zu der sich jeder anmelden kann. Die meisten machen Vorbereitungskurse dafür und die Erfolgsquoten sind wohl nicht so gut, aber immerhin es gibt die Möglichkeit. Meine Chefin hat es so gemacht, die hat als Schülerin nie das Gymnasium von Innen gesehen.

  • Ja, da bin ich vollständig dabei: die Übergänge sollten einfacher sein. Am besten und am ehrlichsten wäre es mit "Angleichungsmöglichkeiten". Einen kompletten Bachelor kann man mit einer Ausbildung nicht ersetzen. Das ist schon alleine wegen des praktischen ANteils nicht möglich. Aber 3 Jahre nachstudieren ist lächerlich.
    Entweder lässt man zu, dass Menschen eine "Aufnahmeprüfung" machen und nachweisen, dass sie das Niveau haben (bin ich grundsätzlich dafür, auch wenn man formal gar keine Voraussetzung bringt, auch für Autodidakten...), oder man macht zum Beispiel ein "Vorstudium".

    Mit einer kaufmännischen Ausbildung kann man auch die ersten zwei Semester BWL Studium an einer FH nicht ersetzten. Das sind einfach unterschiedliche Welten. Insofern ist es kein bisschen lächerlich, dass ein Industriekaufmann ein komplettes Studium absolviert, wenn er studieren möchte. Wenn das halbe Studium inhaltlich bereits bekannt sein sollte, kann man Klausuren vorziehen und den Bachelor einfach in vier Semestern abschließen.

  • Schmidt


    Nein, ich will die FH nicht entwerten. Aber ich kenne zwei Leute, die beide zeitgleich BWL studiert haben hier in der Region (einer an der Uni und einer an der FH). Und beide haben übereinstimmend festgestellt, dass FH wesentlich einfacher ist.


    Dann gibt es da außerdem noch "Elite-Unis" für bestimmte Richtungen, wie z.B. Mannheim für BWL.

    Da wird wohl kaum eine FH rankommen, weder beim Niveau noch bei der späteren Reputation auf dem Arbeitsmarkt.


    Sicher ist das ein kompliziertes, da heterogenes Feld. Aber man sollte wirklich mehr Übergangsmöglichkeiten schaffen. chilipaprika hat da schon gute Ansätze vorgeschlagen, finde ich.


    Achso, Leute mit Bachelor in BWL machen später im Berufsleben so ziemlich genau das Gleiche wie Leute mit einer entsprechenden Ausbildung --> Sachbearbeitung, und sind am Arbeitsmarkt sogar weniger gefragt, gerade wegen der fehlenden Praxis.

    Ein Bachelor in BWL ist (wie in vielen anderen Studiengängen auch) quasi ein lizenzierter Studienabbruch.



    @Lehramtsstudent


    Ja, man kann mit vielen Jahren Berufserfahrung den Betriebswirt machen. Dieser genießt aber meinea Wissens nicht das Ansehen eines Master-Abschlusses und berechtigt auch nicht zur Promotion.


    Hingehen kann jeder Lehramtsabsolvent in einem seiner Fächer promovieren, auch wenn seine Studienleistungen im jeweiligen Fach gerade so einen Bachelor entsprechen (gilt nur für Sek II).

    3 Mal editiert, zuletzt von MrJules ()

  • Wow! Solch einen Fall hatte ich noch nie! Wobei ich sagen muss, dass in unseren Berufsschulklassen im kaufmännischen Bereich i. d. R. größtenteils Haupt- und Realschulabsolvent*innen und z. T. Abiturient*innen oder SuS mit FHR sind (wir haben im Teilzeitbereich"nur" die Azubis aus dem Einzelhandel, Großhandel, Büromanagement, Industriekaufleute und Verwaltungsfachangestellte).


    Aktuell hatte ich bei den Elektronikern Handwerk (!) mindestens drei Schüler mit abgebrochenem Studium. (In einer Stufe)

    Bei der schulischen Ausbildung zum chemisch-technischen-assistenten sitzen regelmäßig SuS mit (Fach-)Abi, weil sie keine Lehre finden.

    Aber auch da finden sich regelmäßig (aktuell bei zwei Klassen eine Person) Schüler mit abgebrochenem Studium.

    Auch im Chemiebereich sitzen meist pro Klasse (~22 SuS) 2-3 Personen mit abgebrochenem Studium.


    Da läuft in meinen Augen eben was falsch. Viele sind eben nicht studierfähig.

    Ich war es auch nicht, aber meine Eltern haben mich beim Weg der Ausbildung unterstützt.


    Für mich hat das einen faden Beigeschmack, wenn Leute mit Studium bzw. Hochschulreife behauptet, dass das zu viele studieren, dass eine Ausbildung besser wäre.

    Ich sage nicht, dass eine Ausbildung besser ist. Ich erachte es aber für sinnvoll eine Ausbildung vorm Studium zu machen oder zumindest ein Jahrespraktikum oder so.

    Eine Ausbildung hat so viel Mehrwert als nur der Abschluss auf dem Papier. Selbstständigkeit, man hat was gelernt, vielleicht auch mehr Berufe/Fähigkeiten kennengelernt.

    Jahrespraktika in verschiedenen Bereichen um eben auch festzustellen was es gibt.


    Am Gym sind so viele Lehrer die nur Schule und Uni kennen und die sollen dann Berufsberater spielen?



    Ja, da bin ich vollständig dabei: die Übergänge sollten einfacher sein. Am besten und am ehrlichsten wäre es mit "Angleichungsmöglichkeiten". Einen kompletten Bachelor kann man mit einer Ausbildung nicht ersetzen. Das ist schon alleine wegen des praktischen ANteils nicht möglich. Aber 3 Jahre nachstudieren ist lächerlich.


    Mir wurden ein paar Dinge erlassen im Studium, weil die Profs das ähnlich gesehen haben. Bei anderen Vorlesungen hatte ich es durch das Vorwissen viel leichter. Aber im Prinzip war das Niveau meiner Ausbildung nach dem 2. Semester erreicht und alles andere war on top. Da liegen, in meinen Augen, zumindest im naturwissenschaftlichen Bereich (kann zumindest für ET und Chemie sprechen) Welten.


    Aber, mir fiel das Studium im Vergleich zu vielen anderen sehr leicht. In der Ausbildung hatte ich gelernt selbstständig Wissen anzueignen und eben auch mal 40 und mehr Stunden zu ackern. Kannte ich aus der Schule ja nicht.

  • Gibt's in Deutschland kein Pendant zu unserer Berufsmatura? Wer kann denn an eine FOS/BOS gehen, wie lange dauert das und wozu berechtigt dieser Abschluss überhaupt? Was natürlich immer geht ist das Abendgymnasium, ne? Kann man sich in Deutschland auch autodidaktisch auf die Abiprüfungen vorbereiten? Ich meine, es hat mal jemand hier was drüber geschrieben, dass es da eine zentrale Prüfung gibt zu der im Prinzip jeder hingehen kann. Bei uns gibt's eben die Eidgenössische Matur, zu der sich jeder anmelden kann. Die meisten machen Vorbereitungskurse dafür und die Erfolgsquoten sind wohl nicht so gut, aber immerhin es gibt die Möglichkeit. Meine Chefin hat es so gemacht, die hat als Schülerin nie das Gymnasium von Innen gesehen.

    Es gibt in Hessen die Möglichkeit, mit Realschulabschluss, abgeschlossener Ausbildung und Zugangsprüfung an Universitäten zu studieren (und an FHs). Mit Fachhochschulreife kann man in Hessen auch an Universitäten studieren (allerdings keine Staatsexamen Studiengänge), an FHs so wie so. Mit einer beruflichen Aufstiegsfortbildung, also einem Meister, Fachwirt (wenn die Ausbildungsdauer lang genug ist) oder auch als Erzieher (die Ausbildung dauert 5 bzw. 4 Jahre und besteht quasi aus zwei Ausbildungen, erst bspw. Kinderpfleger, dann aufbauend Erzieher), kann man frei alles überall studieren. Es gibt zudem an vielen (allen?) Berufsschulen die Möglichkeit, durch den Besuch zusätzlicher Kurse die Fachhochschulreife parallel zur Berufsausbildung zu erwerben.


    Die Durchlässigkeit des Systems ist in den letzten 15 Jahren erheblich besser geworden. Das begrüße ich, denn ein Abitur ist keine Bescheinigung der Studierfähigkeit und jemand ohne Abitur ist nicht automatisch ungeeignet für ein Studium. Ich fände sogar ein vollkommen vom Schulabschluss unabhängiges Zugangsverfahren wünschenswert. Dann kann jeder zu jedem Zeitpunkt entscheiden, ein bestimmtes Fach studieren zu wollen und sich durch hinreichende Vorbereitung in die Lage versetzen, dieses Fach studieren zu können. Wenn das nicht klappt, ist nicht das Schulsystem oder sonst irgendjemand schuld.

  • Ein guts Beispiel dafür, warum Lehrer, die häufig keine guten Berufsberater sind und es überhaupt nicht schadet, außer Schule, Uni (als Student), Schule noch ein bisschen was anderes zu sehen. ;)


    Zwischen "das Studium an einer FH ist (subjektiv) einfacher als an einer Uni" und "wozu braucht ein Industriekaufmann überhaupt ein FH Studium, soll der doch gleich im Master studieren dürfen" kommt noch ein bisschen was.


    "Elite-Unis" profitieren von relativ kleinen Gruppen, (für deutsche Verhältnisse) innovativen Lehrformen und hoch motivierten Studenten. Inhaltlich passiert da wenig anderes, als an regulären Hochschulen, insofern ist auch das Niveau (in Mannheim) nicht automatisch höher als an anderen Unis. Aber darum geht es hier ja gerade gar nicht.

  • und es überhaupt nicht schadet, außer Schule, Uni (als Student), Schule noch ein bisschen was anderes zu sehen. ;)

    Da schätzt du mich wirklich komplett falsch ein. Aber sei es drum.


    Meine Erfahrungen sind subjektiv, ja. Aber deine eben auch.


    Was aber absolut logisch ist:


    Wenn du Abiturient bist mit sehr gutem Abi und du BWL studieren willst, wo gehst du dann hin? An die auf dem Arbeitsmarkt hoch angesehen Uni oder an die weniger angesehene FH? (Das ist einfach so. Ein FH-Abschluss berechtigt idR noch nicht mal zum Quer-/Seiteneinstieg ins Lehramt. Also sehen das selbst viele Landesregierungen wohl auch so).


    Er wird natürlich an die Uni gehen. Und wenn die besten Abiturienten alle an die Uni gehen und die anderen an die FH, wo wird dann wohl das Niveau höher sein? Natürlich an der Uni.

    Denn an der FH hat man auch kein Interesse daran, dass ständig der halbe Jahrgang durchrasselt, weil man das gleiche Niveau wie an der Uni mit den leistungstärkeren Abiturienten fahren will.

    Ein homogenes Niveau zu verwirklichen, ist völlig utopisch, solange es nicht einheitliche Standards gibt.


    Leistungsfähigkeit und Leistungsforderung stehen eben in Korrelation. Wer kann, geht an die höher angesehene Uni - das gilt sowohl für Studierende als auch für Dozenten. So bildet sich das Niveau.

    2 Mal editiert, zuletzt von MrJules ()

  • Gibt's in Deutschland kein Pendant zu unserer Berufsmatura? Wer kann denn an eine FOS/BOS gehen, wie lange dauert das und wozu berechtigt dieser Abschluss überhaupt?

    Wie Schmidt schon sagt, ist das Pendant zur "Berufsmatura" in Deutschland die "Fachhochschulreife". In Niedersachsen dauert die FOS ein oder zwei Jahre: Realschulabsolvent*innen können zunächst die FOS Klasse 11 besuchen und dann in die 12 gehen, um dort ihre FHR zu erwerben; die Klasse 12 der FOS kann man aber auch besuchen, wenn man bereits eine Berufsausbildung abgeschlossen hat. Die FHR erwirbt aber z. B. auch, wer das Berufliche Gymnasium (das bei uns 11.-13. Klasse umfasst und zum "klassischen" Abitur, also der Allgemeinen Hochschulreife, führt) nach der 12. Klasse mit entsprechenden Noten verlässt; solche Fälle haben wir immer mal wieder.

    Mit der Fachhochschulreife kann man dann an einer Fachhochschule oder im "passenden" Bereich an einer Uni studieren (wer beispielsweise die FOS mit dem Schwerpunkt "Wirtschaft" erfolgreich absolviert hat, kann auch nur einen wirtschaftlichen Uni-Studiengang besuchen).

    Mit der BOS kenne ich mich leider gar nicht aus, weil wir die an unserer Schule nicht haben, aber Infos dazu gibt es hier:

    https://www.mk.niedersachsen.d…soberschule-bos-6475.html

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • @MrJules


    Du hast überhaupt nicht verstanden, was ich geschrieben habe.

    Natürlich ist ein BWL Studium an einer FH für die meisten (sicher nicht alle) Studenten einfacher, als an einer Uni. Insbesondere, wenn die Uni eher quantitativ orientiert ist.

    Wieso regst du dich eigentlich so auf, wenn ich FHs zuspreche, selbstverständlich eine Form des Studiums anzubieten, das sich als solches inhaltlich, in der Stofftiefe und der Methodik von einer Berufsausbildung so zentral unterscheidet, dass es abwegig ist, diese gleichzusetzen.

    Oder, nochmal, mit weniger Worten: es ist schon ganz schön arrogant, zu behaupten, dass FH-Absolventen ja wohl kaum besser (für einen konsekutiven Master) qualifiziert seien, als Industriekaufleute.


    Das kann man am ganz objektiven Kriterien fest machen. Mit Erfahrung hat das gar nichts zu tun.

  • Einige meiner Bekannten, die an einer FH studiert haben, betonen immer wieder, dass das Studium dort praxisorientierter sei als das an einer Uni. Ob dem so ist, kann ich aber als Uni-Absolventin nicht beurteilen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Einige meiner Bekannten, die an einer FH studiert haben, betonen immer wieder, dass das Studium dort praxisorientierter sei als das an einer Uni. Ob dem so ist, kann ich aber als Uni-Absolventin nicht beurteilen.

    Das ist Teil des "einfacher Seins". Für die meisten Menschen ist es einfacher, etwas theoretisches zu lernen, wenn möglichst zeitnah eine Rückkopplung zur Praxis stattfindet oder gleich von der Praxis zur Theorie gearbeitet wird. An Unis ist das häufig nicht der Fall. Dafür wird dort öfter eher auf theoretische Tiefe Wert gelegt.

    So jedenfalls die Theorie. Praktisch ist nicht jede FH gleich und auch nicht jede Uni gleich. Und nur, weil im Studienplan steht, dass total tief theoretisch gearbeitet wird, heißt nicht, dass das wirklich gemacht wird und auch nicht, dass jeder Veranstaltungsteilnehmer am Ende viel schlauer ist als vorher.

    Und nur, weil Veranstaltungen "praktisch" sein sollen, heißt das nicht, dass da nie über irgendwas länger nachgedacht wird.

  • @MrJules

    Wieso regst du dich eigentlich so auf, (...)

    Oder, nochmal, mit weniger Worten: es ist schon ganz schön arrogant, zu behaupten, dass FH-Absolventen ja wohl kaum besser (für einen konsekutiven Master) qualifiziert seien, als Industriekaufleute.

    Wo rege ich mich auf? Hat dir das deine Glaskugel gesagt, die dir auch gesagt hat, dass ich außer Schule/Uni/Schule nix gesehen habe? ^^


    Mal anders gefragt: Warum würdigst du den fachlichen Gehalt der Ausbildungsberufe herab? Genau diese weitverbreitete Einstellung ist doch der Grund, dass immer weniger diesen Weg gehen.


    Fakt ist einfach, dass ein 0815-BWL-Bachelor-Absolvent später zu 99% das macht im Beruf, was ein Industriekaufmann macht (mehr oder weniger anspruchsvolle Sachbearbeitung). Wenn man ihn für so hoch qualifiziert halten würde, wäre das nicht so.


    Ich habe auch nicht gesagt, dass Bachelor-Absolventen keinen Wissensvorsprung haben. Ich habe nur gesagt, dass man es die anderen doch zumindest versuchen lassen sollte. Von mir aus mit höherem NC oder Eignungstest oder einfach trial and error. Oder einfach mit einer leichteren (oder überhaupt) Anrechnungsmöglichkeit von Leistungen für das Nachholen des Bachelors.


    Mag sein, dass ein Einstieg direkt in den Master zu hoch gegriffen ist (wobei das halt meiner Meinung nach in manchen Bereichen [Wirtschaft oder Sozialwesen] eher und in anderen [Maschinenbau] gar nicht funktionieren würde).

    Aber es sollte doch zumindest jeder mit einem entsprechenden Ausbildungsabschluss ein Studium in einem fachlich einschlägigen Bachelor aufnehmen dürfen (ohne irgendwelche Zusatzqualifikationen).


    Zwischen der FH-Reife und der allg. HSR liegt auch einiges. Trotzdem darf man mit FHR fast alles studieren an der Uni. Sollten wir das dann deiner Meinung nach nicht auch besser ändern?


    Ich wäre einfach zumindest dafür, dass wenn Personen mit FHR an der Uni studieren dürfen, auch Personen mit abgeschlossener Ausbildung an der FH studieren dürfen ohne Zusatzqualifikation (fachliche Einschlägigkeit vorausgesetzt).

    Du würdest sehen: Die Ausbildungszahlen würden rapide ansteigen und dass dann nachher wirklich so viele das Studium aufnehmen würden, glaube ich nicht. Man hätte aber das, was man sich so lange wünscht: Mehr Aubildungstellen werden besetzt.


    Als Letztes muss ich noch hinzufügen, dass ich der Bologna-Reform schon immer kritisch gegenüber gestanden habe und nach wie vor tue.

    So etwas wie einen Bachelor-Abschluss dürfte es überhaupt nicht geben. (Der ist nur sinnvoll in einem System ohne duale Berufsausbildung wie in den USA). Hier hingegen ist der Bachelor fast immer nichts Halbes und nichts Ganzes. Dadurch werden viele Personen vom Ausbildungsmarkt abzogen, ohne damit eine vernünftige berufliche Perspektive zu erhalten. Die gesunkenen Anforderungen bei der Erlangung der HSR tun da ihr übrigens.

    Ein Diplom- oder Magister-Studium fängt man eben idR nur an, wenn man sich auch relativ sicher ist, dass man das durchziehen wird/kann. Das sehe ich beim Bachelor nicht so.

    9 Mal editiert, zuletzt von MrJules ()

  • Mmmm... Dein Vorschlag mit der Ausbildung als einzige Zugangsvoraussetzung für ein Studium an der FH dürfte daran scheitern, dass den angehenden Studenten entscheidendes Wissen in den Hauptfächern (konkret: Deutsch, Mathematik, Englisch) fehlt, dass jedoch explizit (Mathematik) oder implizit (Sprachen) zum Studienbeginn vorausgesetzt wird. Davon abgesehen, dass sich dann sicher viele Schüler fragen, warum sie überhaupt noch das Abitur ablegen sollen. Das Abitur als höchster Schulabschluss muss am Ende irgendeinen Vorteil gegenüber anderen Schulabschlüssen haben, sonst braucht man ihn nicht.

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