Ich bin nicht lange genug im Schulsystem, um mir anmaßen zu können, einen Trend zu erkennen. Ich glaube aber zum Beispiel, dass 1) viele "Studiengänge" (sorry für die Anführungszeichen) heute als Studium gelten, die vorher eine Ausbildung waren: die dualen Studiengänge sind sehr wertvoll, keine Frage (ich bin neidisch, der perfekte Mix von Ausbildung und Heranführung an die Hochschule), 2) ich gehe davon aus, dass viele das Studium abbrechen (bitte bitte).
Zuerst einmal die Frage: Warum wünscht du dir, dass jemand sein Studium abbricht? --> "bitte bitte"
Viele Studiengänge vorher eine Ausbildung waren? Welcher denn z.B. (außer vielleicht Bachelor in BWL)?
Wir haben hier in Deutschland ein universitäres Bildungssystem nach humanistischem Verständnis = Die berufliche Qualifikation durch einen Studiengang darf prinzipiell kein Kriterium für die Einführung oder Weiterführung eines Studiengangs sein. Hier geht es eher um die Bedeutung im Wissenschaftsgefüge. Was die Leute nach der Uni machen, kann der Uni eigentlich egal sein.
Anderes ist das z.B. in den USA. Dort kannst du so ziemlich jeden Beruf studieren. Dort gibt es eben kein Duales System. Das hat Vor- und Nachteile.
Und ja, viele brechen hier ihr Studium ab. Das könnte aber auch etwas damit zu tun haben, dass man das Abitur mittlerweile häufig scheinbar fast geschenkt bekommt. Da ist es auch nicht verwunderlich, wenn die Personen, die du schilderst, solche Ambitionen haben. An manchen Orten (ich glaube, es war Berlin) machen heute 10x so viele SuS das Abi mit 1,x wie noch vor 10 Jahren. Die sind nicht alle plötzlich schlauer geworden.
Das Bildungssystem hat infolge des PISA-Desasters einfach die Standards verschoben und dabei sind zwar bessere PISA-Ergebnisse für DE, aber nicht bessere Bildung herausgekommen. So ist es auch kein Wunder, dass das Abi immer mehr entwertet wurde, wie die anderen Abschlüsse übrigens auch. Es wurden einfach überall die Standards gesenkt (auch schon vor PISA). Früher konnte man noch mit Volksschulabschluss bei der Bank anfangen. Versuch das heute mal mit nem Hauptschulabschluss. Die würden dich wahrscheinlich auslachen.
Stichwort Inflation der Bildungsabschlüsse.
Die Unis bemängeln immer wieder, dass viele Studienanfänger und -anfängerinnen eigentlich "nicht studierfähig" sind.
Da darf sich dann auch gerne mal das deutsche Schulsystem an die eigene Nase fassen.
PS: Viele, die es sich leiten können, schicken heute ihr Kind lieber auf eine Privatschule als auf's Gymnasium. Die Anzahl der Privatschulen steigt immer mehr.