Hallo liebe Community,
ich bin neu hier und beschäftige mich momentan mit der wichtigen Frage, welchen Weg ich einschlagen soll in Bezug auf Studium/Lehramt. Es wäre nett, wenn ich dazu ein paar Meinungen hören könnte.
Ich habe bereits einen Studienabschluss im geisteswissenschaftlichen Bereich und habe nun schon zwei Semester lang Lehramt (H/R) studiert und bin mit den Grundwissenschaften und meinem einen Fach Politik und Wirtschaft (ähnlich Sozialwissenschaften oder Sozialkunde je nach BL) quasi durch, hauptsächlich aufgrund von Leistungen, die ich mir aus meinem Erststudium habe anerkennen lassen können. In meinem zweiten Fach Deutsch habe ich bisher nur ein großes Modul gemacht und in diesem Semester keines, auch aufgrund der Corona-Situation.
Ich habe mich dazu entschieden, dass ich gerne an einer beruflichen Schule unterrichten will. Diese Entscheidung entstand aus folgenden Erfahrungen und Überlegungen:
- Ich bin nun schon seit längerer Zeit als U-Plus-Kraft (Vertretungsunterricht) an einer Gesamtschule tätig. Dabei (und in meinem Orientierungspraktikum) habe ich für mich erkannt, dass das Niveau abseits der Gym-Klassen großteils erschreckend niedrig ist. Ich kann mir durchaus vorstellen, auch schwächere Klassen zu unterrichten, so ist es nicht (was ja an der BS auch der Fall ist), aber auf die Dauer würde ich auch gerne mal anspruchsvolle Themen unterrichten, und in der BS gibt es eben unterschiedliche Bildungsgänge und somit mehr Abwechslung.
- Hinzu kommen Sachen wie Aufsicht und Elterngespräche bzw. -abende, worauf ich auch keinen besonders großen Wert lege.
- Viele SuS (besonders, wenn sie mitten in der Pubertät stecken), empfinde ich als sehr schwierig und eine entsprechende Betreuung durch zusätzliche Kräfte ist oft nicht vorhanden. So hatte ich z.B. einmal einen Jungen mit geistiger Behinderung in der Klasse (Inklusion kommt halt immer mehr), ohne dass eine entsprechende Betreuungskraft zur Verfügung stand, weil die alte laut Aussage der SuS aufgegeben habe und noch keine neue gefunden sei. Abgesehen davon sind Kräfte, die wirklich sonderpädagogisch ausgebildet sind, absolute Mangelware. Aber hey, Hauptsache Inklusion.
- Eine Tätigkeit am allgemeinen Gymnasium fände ich zwar fachlich spannend, aber die Einstellungssituation ist halt grauenvoll und ein Mangelfach kann ich nicht anbieten / werde ich nicht anbieten können (da kann ich mich schon ganz gut einschätzen, denke ich).
An der beruflichen Schule interessiert mich somit einerseits der Vielschichtigkeit und andererseits arbeite ich einfach lieber mit älteren SuS (auch wenn es eine 9er Hauptschulklasse ist).
Nun zu meinen Optionen:
A: Ich könnte auf Lehramt Gymnasien wechseln und würde dann Englisch und Ethik (als Drittfach) zusätzlich zu PoWi nehmen. Ich denke, dass sind alles gesuchte Fächer an beruflichen Schulen, oder? Also Ethik wird bei meinem Bundesland (He) zumindest als gesuchtes allgemeinbildendes Fach aufgeführt in Bereich BS. Und Englisch wird als Hauptfach auch viel in der BS unterrichtet, soweit ich weiß. Und PoWi wird auch an eigentlich jeder BS unterrichtet.
Ich hatte Englisch LK und interessiere mich für Englisch auch viel mehr als für Deutsch. Hatte nur Deutsch gewählt, weil ich den Lehrplan für die Sek 1 wesentlich spannender fand als den für Englisch. Aber Deutsch zu studieren, bereitet mir zwar keine Schwierigkeiten, aber auch keine Freude.
Ein weiterer Vorteil wäre, dass ich keine Zulassungsarbeit schreiben müsste aufgrund meines vorherigen Studiums.
B: Ich studierte Ernährung und Hauswirtschaft + PoWi. Diese Fachrichtung wird an meiner Uni angeboten und ich war auch schon in der Studienberatung. Vorteile: Die erforderliche berufliche Praxis zum Studienbeginn kann ich vorweisen. Ein vielseitiger Bereich, da verschiedene Felder sich überschneiden. Nachteile: Ich müsste mich wieder intensiver mit Chemie beschäftigen (zum Glück aber nicht auf Niveau von Chemie als Lehramtsfach), was ich auch schon nebenbei tue. Aber meine Schulzeit ist halt schon etwas her und somit muss ich da viel nacharbeiten, schätze ich. Einer weiterer Nachteil: Ich müsste zwar keine Bachelorarbeit mehr schreiben, da mir diese anerkannt werden kann aus meinem vorherigen Studium für PoWi, aber eine Masterarbeit, was schon mit erheblichem Aufwand verbunden ist.
Das Studium ist so gegliedert, dass ich nach drei Semestern in Regelstudienzeit (werde ich wohl verkürzen können) mit dem Bachelor fertig wäre und um Master dann nur noch sehr wenige Veranstaltungen zur Berufspädagogik belegen müsste (vielleicht kann man auch hier irgendwie verkürzen, auch wenn es die Prüfungsordnung eigentlich nicht vorsieht. Sonst wären es zwei Jahre fast Leerlauf abseits der Masterarbeit. In dieser Zeit könnte ich halt verstärkt arbeiten nebenher.
Ich befürchte etwas, dass ich mit dieser Fachrichtung jedoch hauptsächlich in den Dualen Ausbilungsgängen eingesetzt werden würde. Denn BG oder FOS mit dieser Fachrichtung gibt es sehr selten im Vergleich zu Wirschaft, Informatik oder Technik.
C: Im anderen Bundesland Berufsschullehramt Wirtschaftswissenschaften + Englisch studieren (Entfernung zur Uni etwa gleich). Vorteile: Mehr Chancen, viel am BG und an der FOS zu unterrichten. Der Bereich interessiert mich in etwa genauso wie E+H, sogar etwas mehr eigenlich, vor allem im Hinblick auf die Unterrichtsgestaltung. Ich hatte Wirtschaftslehre als LK (war am BG). Nachteile: Grundwissenschaften würden mir, da andere Uni und andere GW-Struktur dort, wohl nur sehr sporadisch anerkannt werden. Außerdem gibt es dort PoWi nicht in der gleichen Form für das BS-Lehramt, so dass auch dort nur teilweise Anerkennungen möglich sein werden. Außerdem müsste ich Bachelor- und Masterarbeit schreiben und die Konkurrenz ist groß. Insgesamt also viel Zeit (ohne wirklich Geld zu verdienen) und Arbeit. Somit fällt ist diese Option für mich schon fast raus.
Anmerkung: Ein Umzug kommt für mich leider nicht in Frage. Sonst würde ich eigentlich am liebsten Sozialpädagogik als berufliche Fachrichtung machen. Aber da es da nur eine Handvoll Unis in Deutschland für gibt und ich, da Zweitstudium, kein BAföG mehr bekomme, fällt diese Option leider raus. Ein Quereinstieg mit eigenständigem Studium (trotz Mangelfach an BS) ist soweit ich erfahren habe, fast unmöglich, da man kaum einen Ref-Platz bekommt (Anzahl der Bewerber über steigt die Anzahl der Plätze erheblich), sonst wäre auch ein Nicht-LA-Studium in diesem Bereich eine Option gewesen.
Nun mal konkret gefragt:
Wie beurteilt ihr meine Chancen, mit Option A an einer beruflichen Schule unterzukommen?
Würde ich mit Option B eurer Einschätzung nach fast ausschließlich in der beruflichen Fachrichtung eingesetzt werden? Oder ist es wahrscheinlich, dass ich auch in PoWi viel unterrichten kann und auch an anderen Schulformen (FOS/BG) als im Bereich der Dualen Ausbildung?
Oder ganz allgemein: Wozu würdet ihr mir raten?
Vielen Dank schon mal im Voraus für's Lesen und Antworten.
Ich wünsche noch ein schönes WE!