Plötzlich Panik :(

  • adi,


    Du sprichst mir aus der Seele. Es ist leider so. Und ich möchte hier noch ergänzen, dass nicht der Brennpunkt das Problem ist, auch ein Migrationshintergrund nicht (die Migranten, die ich habe, besitzen durchweg alle ein Mindestmaß an Erziehung und auch Respekt gegenüber dem Lehrer).


    Das Problem sind die SuS der vermutlich ebenfalls schon extrem bildungsschwachen Eltern: Null Erziehung, Null Respekt gegenüber Lehrern. Konsequenzen sind ihnen egal. Hartz-4 gilt als GERN gesehenes Zukunftsziel. Man bekommt Geld und muss nicht arbeiten. Lehrer sind blöd, dumm, sch... und haben natürlich keine Ahnung (nicht vom Unterricht, nicht vom Fach). Das kommt von denen, die selbst absolut NIX wissen. Man könnte drüber lachen, wenn die Auswüchse des Ganzen nicht so unglaublich ätzend und nervenzehrend wären.


    Dazwischen sitzen dann vereinzelt ein paar SuS, die nett sind, und die noch wollen. Und die in solch einem Unterrichtschaos sogar noch die Kraft besitzen, dies zu ertragen und sich vernünftig am Unterricht zu beteiligen. Leider gehen diese Schüler auf kurz oder lang aber völlig unter... Man könnte nur noch heulen.

  • Hallo chilipaprika,

    ja, das ist leider so. Das Kollegenteam ist SUPER nett, einschl. SL. Und wenn man nicht ständig Zuspruch im L-Zimmer bekommen würde und Unterstützung (z.B. "ich als Klassenlehrer rufe jetzt die Eltern an" (oder die Unterbringungseinrichtung, je nach dem), wüßte ich nicht, ob ich die Kraft hätte, noch in eine einzige Stunde reinzugehen.


    Das schlimmste ist die (oft aggressive) Verweigerungshaltung ganz vieler Schüler.

    "Ich habe Dich letzte Stunde umgesetzt, setze Dich bitte auf den anderen Platz."

    "Nö, mach ich nicht." (Und der Schüler bleibt dabei, zumindest geht es nicht ohne Diskussionen.) Was soll man in solchen Momenten noch machen? Ich kann sie ja schlecht an den Haaren durch den Raum zu ihrem Platz schleifen. (Manchmal würde man das gern...)

    Solche und ähnliche Dinge ziehen sich durch die ganze Stunde. Von anhaltendem Stören - auch gern ganz bewusst und EXTRA - will ich gar nicht erst reden. Hinzu gekommen ist: Ich werde beim Anschreiben an der Tafel mit Papierbällen u.ä. beworfen.


    Elterngespräche finden statt, nützen mir aber direkt in der Stunde nichts. Oft sind die Eltern auch gar nicht erreichbar. Die Kollegen kennen diese Situationen genau, haben sie teils selbst erlebt...

  • Das schlimmste ist die (oft aggressive) Verweigerungshaltung ganz vieler Schüler.

    "Ich habe Dich letzte Stunde umgesetzt, setze Dich bitte auf den anderen Platz."

    "Nö, mach ich nicht." (Und der Schüler bleibt dabei, zumindest geht es nicht ohne Diskussionen.) Was soll man in solchen Momenten noch machen? Ich kann sie ja schlecht an den Haaren durch den Raum zu ihrem Platz schleifen. (Manchmal würde man das gern...)

    Solche und ähnliche Dinge ziehen sich durch die ganze Stunde. Von anhaltendem Stören - auch gern ganz bewusst und EXTRA - will ich gar nicht erst reden. Hinzu gekommen ist: Ich werde beim Anschreiben an der Tafel mit Papierbällen u.ä. beworfen.

    Da verfahren wir meistens so, dass diese "renitenten" SuS erstmal vor die Tür geschickt werden (plus Eintrag im Klassenbuch). Auf Diskussionen lasse ich mich defnitiv nicht mehr ein. Wenn die SuS immernoch bocken (oder abhauen, wenn sie 'rausgeschmissen wurden; haben wir auch schon gehabt), gibt's einen Termin beim Schulleiter. Sollte das auch nichts helfen, folgt eine Ordnungsmaßnahmenkonferenz.


    Zusätzlich haben wir in den "schwächeren" Klassen eine Feedbackliste: bei drei Einträgen darin heißt es einmal freitags 7./8. Stunde nachsitzen. Ich arbeite eigentlich nicht gerne mit Bestrafungen, aber seit wir diese Liste haben, reißen sich die SuS doch ziemlich am Riemen. Leider weiß ich nicht, ob wir diese Konzept jetzt in Corona-Zeiten noch weiterführen können.


    Ich muss aber auch sagen, dass ich das Verhalten der ehemaligen Haupt- und Realschüler*innen, die dann zu uns kommen, nicht so schlimm finde, wie es von dir beschrieben wurde (also, dass die SuS unerzogen sind und keinen Respekt haben). Könnte aber daran liegen, dass sie ja schon älter sind, wenn sie bei uns "ankommen".

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Hinzu gekommen ist: Ich werde beim Anschreiben an der Tafel mit Papierbällen u.ä. beworfen.

    Wie hast du denn auf diese Situation reagiert? Haben die SuS das auch schon bei deinen Vorgängern/innen gemacht?


    Ich hatte in den Jugendmaßnahmen durchaus schon häufiger Jugendliche, die an der hiesigen Gesamtschule Tische und Stühle durch die geschlossenen Fensterscheiben geworfen oder die Tür beim Jobccenter eingetreten haben, hier dann aber ganz manierlich waren, wenn man sich mit diesesn "schweren Jungs" mal hinsetze (ja, habe ich durchaus im Vier-Augen-Gespräch mit dem Betreffenden gemacht) und ernsthaft gefragt hat, was denn eigentlich vorher war, bevor es zu xyz kam. Die meisten von ihnen können/konnten es vertragen, wenn man eine klare glatte Ansage machte und nicht das "Kuschelmuschelwattebäuschenwerfen" der meisten Sozpäds.


    Vor allen Dingen musst du die Konsequenzen, die du androhst (androhen musst?) dann auch durchziehen. ich musste in den ganzen 10 Jahren wirklich nur mal 5 TN rausschmeißen, vier, weil sie wegen exzessiven Drogenkonsums einfach nicht mehr beschulbar waren. Den 5. TN hatte ich 4 Monate lang, der machte wirklich jeden Tag Zirkus im Deutschkurs und ich stand dann wirklich am Schluss mal Nase an Nase mit ihm, bis ich ihn dann letztendlich aus des Kurses verweisen "durfte".

  • Das sehe ich auch so, die meisten Kinder mit Fluchthintergrund haben einen Mindestmaß an Respekt.




    Da siehts bei den von dir erwähnten anders aus.


    Ich bin ganz auf keinen Fall ein liberaler, aber der Anreiz ist klein bei einigen, da Harz4 ein lohnenswertes Ziel ist.




    In den USA gibt's sowas nicht.

    Liebe LuL, ich war anfangs geschockt über die Ahnungslosigkeit und Inkompetenz vieler (nicht aller!) Lehrer. Einige sollten niemals vor Schülern treten!!!


    Offensichtlich leiden viele LuL an Depressionen, Arroganz, Selbstzweifel, psychischen Problemen und fehlender Sozialkompetenz!

    Meistens ist es ein Wechselspiel zwischen den oben beschriebenen Leiden der Betroffenen.

    Wünschenswert wäre hier eine weitere Forschung in den Bereich. Dies ist höchst wahrscheinlich ein Research Gap!

  • In den USA gibt's sowas nicht.

    Was gibt's in den USA nicht? Hartz4?

    Und was genau hat das jetzt mit dem deutschen Schulsystem zu tun, dass es diese Art von Sozialleistungen in den USA nicht gibt? :/

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich bin ganz auf keinen Fall ein liberaler, aber der Anreiz ist klein bei einigen, da Harz4 ein lohnenswertes Ziel ist.

    Du sprichst in Rätseln. An welcher Schulart unterrichtest du denn?

  • @samu : Der/Die gute "Adi C." - der/die ja gemäß Profileintrag gleichzeitig in der Uni, am BK und an der Hauptschule unterrichtet ;) - schreibt hier m. E. zumeist in Rätseln. Das macht ihn/sie auch für mich ziemlich "trollig"...

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wobei es allerdings richtig ist, dass Hartz4 für einige (nicht wenige) Schüler ein Anreiz ist (bei der angesprochenen Schülerschaft). Mehr noch, für viele scheint es schlicht das NORMALE Leben zu sein. Das wird nur noch getoppt von der Aussage einer 7-Klässlerin im Unterricht, die fest davon überzeugt war, dass der Idealberuf Prostituierte wäre. Da hätte man einen schönen Beruf und würde viel Geld bekommen ( ... )


    :(

  • Das wird nur noch getoppt von der Aussage einer 7-Klässlerin im Unterricht, die fest davon überzeugt war, dass der Idealberuf Prostituierte wäre

    Das kann er für manche Menschen ja auch sein. Wie man zu dem Schluss in der siebten Klasse kommt erschließt sich mir aber nicht...

  • Zitat

    Das kann er für manche Menschen ja auch sein. Wie man zu dem Schluss in der siebten Klasse kommt erschließt sich mir aber nicht...


    Naja. Wenn ich höre, dass z.B. eine andere Schülerin der 8. Klasse (wenn auch Sitzenbleiberin, also etwas älter, aber trotzdem) kaum noch zu Hause ist, sondern ihren Schulweg von irgendeinem Kerl antritt, wo sie regelmäßig die Nacht verbringt (mit Wissen der Eltern)...


    ...da braucht man sich über so manches nicht mehr wundern.


    Die Welt dieser Schüler ist eine andere, als die unsere (oder die unserer eigenen Kinder).

  • Uh je,....


    ich kenne das. Ich bin vor zwei Jahren - grün hinter den Ohren hineingeworfen worden. Nein, ich habe mich selbst hinein gestürzt, muss man sagen.


    Ich habe selbst so ein sog. "Orchideenfach": Musik. Dabei habe ich vor meinem Magister meine Fächer auf Lehramt studiert, sogar mit der damals in NRW geltenden SPS-Praktika-Regelung.


    Irgendwann bald wurde mir klar: die Sus wissen zum Großteil gar nicht, was das ist, bzw. heißt.

    (Beispiel-Dialog: Ja,.... wie Musik, kann ich doch Musik hören wie ich will!?! mit entsprechenden Reaktionen *hust*....-ehh...nein)


    Ich bin selbst vor 2 Jahren also an einer sog. Brennpunktschule und bin ins kalte Wasser mit Aussicht aufs Obas (was jetzt der Fall ist,- Gott sei Dank!).
    In der Hoffnung noch mehr lernen zu können.

    Musik und Kunst sind ja mitunter DIE Mangelfächer,..... als rheinische Natur darf ich sagen: et is auch nit immer schön!

    Was mir geholfen hat, ist nach und nach den Zugang zu den Sus zu finden (vor allem auch in Absprache mit der KL - die wissen natürlich eine Menge mehr) Die Kommunikation zwischen allen KuK finde ich sehr wichtig! DAS Wichtigste! Ich,... Greenhorn.

    Aber ich fühle mich wirklich gut gewappnet für den weiteren Weg.

    Je nach Kurs war es bislang wichtig ( so hat es sich gezeigt) , dass ich mich persönlich auch auf einzelne Sus, bzw deren Fisimatenten einlassen konnte. Aber, und da werden mir erfahrene LuL gewiss beipflichten, dass auch hier schonmal Obacht gehalten werden sollte... aber das ist ein anderes Thema.


    Ich komme nach dieser Zeit an meiner Schule mit sehr schwierigen, chaotischen, lustigen, inspirierenden, irre machenden, mich voll labernden, und-du glaubst-es-nicht, oder Kopf-auf-Tisch-, groovigen, plötzlich erstaunlichen, mir Gänsehaut-fabrizierenden, humorvollen, und ja auch traurig machenden SchülerInnen zu dem Schluss: es passt zu mir. Ich passe zu ihnen! And That made all the difference (an die Englisch-Lehrer: ich weiß (oder ahne) das Zitat passt überhaupt nicht, aber ich fand es musikalisch gedacht sehr schön *fg*)


    Jetzt nach all dem, weiß ich: es wird schwierig, es wird aufregend, aber ich kann es schaffen!
    Für alle, die es vielleicht sonst noch lesen und davor stehen: lasst euch ins kalte Wasser werfen. Das ist die beste (wie ich finde) Testung für euch, die es gibt.

    Jetzt hab ich so viel geratschert. Im Nachhinein sehe ich das so, am Anfang hatte ich einfach nur Schiss ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Bcolin ()

  • Die Welt dieser Schüler ist eine andere, als die unsere (oder die unserer eigenen Kinder).

    Die Welt der Schüler meiner Generation ist auch eine andere als die der heutigen Generation. Aber Papierknüddel bewerfen, das gabe es in meiner Klasse auch, wo ich noch Schülerin war. Das waren so 2-3 Jungs die damit angefangen hatten. Dann haben immer mehr mit gemacht. Keine Ahnung ein Drittel der Klasse. Die wollten testen, was passiert. Wo jetzt die Grenzen liegen. Die Lehrerin hat nicht reagiert. Das war schlecht, denn es lief immer weiter dann so. Hat sich dann erst in den Ferien zerlaufen. Keiner hatte sich getraut was zu sagen, aber insgeheim hatten die meisten doch ein schlechtes Gefühl bei der Sache. Auch bei den Werfern.

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