Vorzeitiges Beenden der Oberstufe: Fachhochschulreife statt Allgemeine Hochschulreife

  • Liebe Kollegen,

    ich bin nun seit ein paar Jahren dabei und mir fällt in den vergangenen 2,3 Jahren auf, dass unser Schwund in der Q3 recht hoch ist. Nicht nur Schüler, die eher mäßige Leistungen erzielen, verlassen unsere Schule und beginnen eine Ausbildung, sondern auch wirklich leistungsstarke.

    Erst heute hatte ich wieder ein Gespräch mit einem Schüler, der mir mitteilte, dass er vermutlich nach der Q2 gehen werde. Er bat um eine Beratung bezüglich des Erlangens der Fachhochschulreife. Nach entsprechender Info fragte ich natürlich auch nach seinen Beweggründen und die sind (wie bei anderen zuvor auch) immer gleich: keine Lust auf Abiprüfungen und weiteres Lernen, dann lieber nach der Q2 abgehen, eine Ausbildung machen und dadurch die FHR erlangen und dann studieren


    Ist das nur eine subjektive Wahrnehmung von mir oder geht es anderen Schulen ebenso?

    Ich finde auch fast keine Argumente mehr, um die Schüler für das allg. Abitur zu begeistern. Die meisten Unis hier ermöglichen mittlerweile den Zugang mit FHR oder AHR, lediglich ein paar Studiengänge sind noch an die AHR gebunden. Hat jemand Tipps für mich?

  • Juchuh! Endlich mehr, die begreifen, dass eine Ausbildung das beste Fundament für das weitere Berufsleben ist. Darauf kann man immer aufbauen!

    Lass sie gehen. Wer sich erfolgreich einen Ausbildungsplatz gesucht hat, weiß warum und was er da tut.

  • Natürlich lasse ich sie ziehen und berate sie auch vollumfänglich.

    Gibt es diesen Trend bei euch auch?


    Nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht: Ich befürworte total, dass Ausbildungen wieder gefragter sind. ABER: Meine besagten Schüler wollen im Anschluss studieren und nicht im Ausbildungsberuf bleiben

    • Offizieller Beitrag

    Bei uns nicht, dass ich es merken würde. Und bei vielen würde ich es mir eher wünschen.
    Ich glaube, du hast einen entscheidenden Fakt genannt: das mögliche Studium mit FHR in Hessen. Es ist soweit ich es überblicke relativ einzigartig. Herzlichen Glückwunsch, wenn sie dann später woandershin wollen bzw. dort etwas studieren wollen, wo sie die allgemeine Hochschulreife brauchen.

    Allerdings bin ich da bei Sissymaus: bei meinen Abiturient*innen würde ich mir wünschen, mehr würden mir erzählen, dass sie nächstes Jahr eine Ausbildung beginnen....

  • Okay, danke für die Info! Dann betrifft es wohl eher nur hessische Schulen.

    Ich kann die Schüler echt verstehen. Nach der Q2 abgehen, eine Ausbildung machen oder ein einjähriges Praktikum und sie haben die FHR und können fast alles studieren. Und da die Unis hier keinen Unterschied mehr machen, ist es der vermutlich lerngeringere Weg.

  • Dafür eben an Fachhochschulen, und bei entsprechenden Studiengängen an Gesamthochschulen.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ABER: Meine besagten Schüler wollen im Anschluss studieren und nicht im Ausbildungsberuf bleiben

    Dann wäre ein weiteres Jahr Schule zur Vorbereitung vielleicht kein Hindernis. Kein Bock auf Lernen und Prüfungen passt auch nicht gut zum Studierwunsch. Wenn die SuS diesen Widerspruch nicht selbst erkennen, weiß ich nicht, wie man sie beraten soll.


    Uni-Studium mit FHR geht auch in NRW. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist es in weiten Teilen den Unis selbst überlassen, sich ihre Studis auszuwählen. Gerade an den Unis mit Gesamthochschultradition ging FHR schon immer, die haben da wenig geändert.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    Einmal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Ich verstehe diese Argumentation auch nicht. In einer Ausbildung muss ich nicht lernen, keine Prüfungen machen? Hä? Machen eure Schüler eigentlich kein Praktikum? Das würde ich dringend empfehlen. Und auch das mit der Hochschule haben diese Leute wohl nicht so richtig verstanden. Da ist nämlich niemand, der einen durch die Prüfung winkt, weil "meine Katze war krank". Tun wir an der Schule auch nicht, klar, aber es fühlt sich doch manchmal so an. Da ist auch niemand, der einem Arbeitsblätter hinterherträgt und einen ermuntert, dass man es doch besser kann, wenn man nur will. Ganz im Gegenteil. Man muss die Liebe zum Studienfach gegen viele Widerstände verteidigen und die Verantwortung dafür trägt man ganz allein. Das würde ich denen sagen.


    Es ist immer wieder dieses "ja, aber dann ...". Das nächste Quartal läuft grundsätzlich besser als das letzte, da geb ich mal Gas und lerne - ach, das habe ich letztes Quartal auch schon gesagt, ups.


    Es mag sein, dass einige der Schulmüden später eine gute Entwicklung machen. Wäre interessant zu erfahren, wo die Leute letztlich so landen. Häufig hört man aber auch, dass das doch nicht so das Wahre war mit dem Studium. Wie soll man das auch durchstehen, wenn einem schon das Abitur zuviel war. Aber Reisende soll man nicht aufhalten.

  • Natürlich lasse ich sie ziehen und berate sie auch vollumfänglich.

    Gibt es diesen Trend bei euch auch?


    Nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht: Ich befürworte total, dass Ausbildungen wieder gefragter sind. ABER: Meine besagten Schüler wollen im Anschluss studieren und nicht im Ausbildungsberuf bleiben

    Und was spricht dagegen, dass sie später studieren gehen?


    Dafür eben an Fachhochschulen, und bei entsprechenden Studiengängen an Gesamthochschulen.

    In Hessen auch an Universitäten in jedem Bachelorstudium (außer in Frankfurt).


    Es mag sein, dass einige der Schulmüden später eine gute Entwicklung machen. Wäre interessant zu erfahren, wo die Leute letztlich so landen. Häufig hört man aber auch, dass das doch nicht so das Wahre war mit dem Studium. Wie soll man das auch durchstehen, wenn einem schon das Abitur zuviel war. Aber Reisende soll man nicht aufhalten.

    Ich bin genau diese Weg gegangen (ich habe die Oberstufe zwar erst nach der 13. Klasse abgebrochen, aber sei es drum).


    Nach der Ausbildung, habe ich eine Studium zum Dipl.-Ing.(FH) abgeschlossen und habe 5 Jahre als Ingenieur gearbeitet. Dann habe ich nebenberuflich noch ein Masterstudium (M. Sc.) abgeschlossen und bin nun im Schuldienst bzw. Vorbereitungsdienst gelandet.


    Die meisten werden wohl nicht in der Schule enden, aber meine Bildungsbiographie war im Ingenieurstudium nicht besonders. Ich hatte damals einfach überhaupt keine Lust mehr auf das System Schule und habe entsprechend auch gar nichts mehr gemacht. Mir hat es sehr gut getan, dass ich da raus kam und selber entscheiden konnte was ich als nächstes machen will.

    Entropy is a bitch, embrace her.

    Einmal editiert, zuletzt von s3g4 ()

  • Ich finde die Entwicklung, die Alterra beschreibt, ungewöhnlich. An meiner Gesamtschule versuchen alle gegen jeden Rat auf Teufel komm raus Abi zu machen und verlassen nur, wenn sie gar nicht mehr anders können, die Schule mit FHR.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Bei uns gibt es durchaus einige, die mit FHR gehen, bei den meisten ist das bereits bei Eintritt in die E-Phase als eine ernsthafte Option besprochen worden. Dabei steht oft gar nicht so sehr im Raum, einen alternativen Weg zum Studium an den Abiprüfungen vorbei zu suchen. Attraktiv ist der Ausstieg mit FHR u.a. für Laufbahnen des gehobenen Dienstes, z.B. für den Einstieg als Kommisaranwärter/in bei der Polizei oder in die Offizierslaufbahn der Bundeswehr. Das sind in diesem Zusammenhang jedenfalls öfter gehörte Motivationen für den Abgang mit FHR.

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