Korrekturfach und Sozialleben

  • Da muss ich dem TE Recht geben. Als Alleinverdiener mit A13 ist Eigentum hier im Rheinland recht utopisch. In meinem Stadtteil sind absolute Schrottbuden für +350.000 zu haben. Den Frust, dass man in dieser Hinsicht auf der Stelle tritt und wenig Spielraum hat sich was aufzubauen, teile ich absolut.


    Allerdings muss mal sich auch mal realistisch fragen, wie mit unseren Qualifikationen die Alternativen aussehen. Ich habe in den letzten Jahren einige Bewerbungen auf Stellen in der freien Wirtschaft geschrieben, war bei dem einen oder anderen Vorstellungsgespräch, und kam zu der Erkenntnis, dass wir schon ziemlich gut eingekauft sind. Ich wäre nirgends auch nur ansatzweise auf mein jetziges Gehalt gekommen. Dann hab ich vielleicht mehr Zeit, aber gleichzeitig ist dann nichtmals mehr die Miete für meine jetzige Wohnung drin und ich wohne definitiv auch nicht da, wo ich gerne wohnen möchte.

  • Allerdings muss mal sich auch mal realistisch fragen, wie mit unseren Qualifikationen die Alternativen aussehen

    Eben. Ich hätte gekonnt aber ich wollte nicht. Einen Tod muss man dann eben sterben. Aber hier hat man ohnehin kein Wohneigentum in der Stadt, auch die Grossverdiener bei Roche und Novartis wohnen häufig noch zur Miete (wir hatten bis vor kurzem jemanden im Haus ganz oben im 16. auf 118 qm für 3800 CHF pro Monat). Ist ne andere Mentalität, die in dem Fall irgendwie gesünder ist.

  • jep, hier werden seit einigen Jahren auch diese möbilierten 80qm-Penthouse-Apartments für 3000 Euro Monatsmiete für temporäre Konzernmitarbeiter oder Expats angeboten. Dafür scheint es eine recht hohe Nachfrage zu geben, was aber leider den Mietspiegel in die Höhe treibt.

  • gerade im Heute-Journal:


    Gymnasiallehrer sind nach Angaben des Philologenverbandes chronisch überlastet. 85% gaben aber an, zufrieden zu sein!!


    Solch eine Aussage können doch nur Lehrer machen: Überlastet, aber zufrieden. Na, herzlichen Glückwunsch!

  • Solch eine Aussage können doch nur Lehrer machen: Überlastet, aber zufrieden. Na, herzlichen Glückwunsch!

    Es gibt negativen Stress und es gibt positiven Stress. Ist nichts neues. Ich hab richtig viel zu tun, aber mir macht es Spaß, die Resultate dieser Bemühungen zu sehen. Aussaat und Ernte sind heftig, aber ich hab jeden Tag schöne Augenblicke, die den ganzen Kram rechtfertigen und wo ich abends mit einem guten Gewissen einschlafen kann.
    Insofern schließen sich Überlastung und Zufriedenheit keineswegs aus. Wäre ich ständig unterfordert, hätte ich absolut keine Lust auf den Job.

  • Also, wenn ich chronisch überlastet bin, dann kann der Job nicht zufrieden machen. Da lügt man sich doch was vor?? Ein Job darf mich nicht überlasten und meine Gesundheit gefährden. Mit solch einem Job kann ich mich nicht zufrieden geben, ausgeschlossen.


    Und wenn wir Lehrer etwas für unser Wohl erreichen wollen, sei es Entlastung, sei es ein besseren Gehalt, dann ist diese Arbeitszeitstudie leider keine gute Argumentationsgrundlage.

  • Also, wenn ich chronisch überlastet bin, dann kann der Job nicht zufrieden machen. Da lügt man sich doch was vor?? Ein Job darf mich nicht überlasten und meine Gesundheit gefährden. Mit solch einem Job kann ich mich nicht zufrieden geben, ausgeschlossen.

    Und wenn wir Lehrer etwas für unser Wohl erreichen wollen, sei es Entlastung, sei es ein besseren Gehalt, dann ist diese Arbeitszeitstudie leider keine gute Argumentationsgrundlage.

    Hier würde ich dich einfach mal bitten, diese Verallgemeinerungen zu unterlassen bzw. für alle Lehrkräfte zu sprechen oder gegenteiligen Stimmen ihre Relevanz abzusprechen. Natürlich kann mich ein Job chronisch überlasten; mein Leben besteht aber zum Einen nicht nur aus dem Job.

    Zum Anderen sind beispielsweise auch junge Eltern chronisch überlastet, haben für nichts mehr Zeit als für den Nachwuchs, müssen nachts alle zwei Stunden raus und Wickeln, Fläschchen geben oder weißichwas. Tagsüber rennen sie im Job herum wie die Zombies und wirken so, als hätten sie vier Tage Wacken hinter sich. Kurioserweise hörst du von diesen Menschen zwar Klagen, aber alle haben ein grenzdebiles freundliches Lächeln auf den Lippen, weil offensichtlich etliche elterliche Endorphine ausgeschüttet werden, wenn der oder die Kleine sie glucksend anlächelt.

    Wer sich im Job, im Hobby oder sonstwie Glücksmomente sichert, der steckt jahrelange Überlastung in einem Teilbereich des Lebens locker weg.
    Nur ein Beispiel zum Stichwort Klausuren: Ich kann mich stundenlang darüber freuen, wenn eine Schülerin, die stets und ständig ne Vier mit sich herumschleppte, plötzlich im Erörterungsaufsatz ne 2 abstaubt. Ich habe dann vielleicht ne Klausur korrigiert und viel Zeit aufgewendet, aber ich kann mich über das Ergebnis freuen und ebenso auf den Folgetag, an dem ich der Schülerin ihr Werk überreiche.

    Solltest du diese Glücksmomente nicht kennen, da der Job dich absolut fertig macht, dann solltest du in dich hineinhorchen: Gibt mir der Job, ein Hobby oder das Privatleben ausreichend positive Kicks, um den Stress zu bewältigen? Oder fließt meine gesamte Energie in einen Lebensbereich, den ich einfach nicht kompensieren kann? Ist die Antwort negativ, sollten individuelle Konsequenzen gezogen und/oder professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

    Die Konsequenz kann aber nicht sein, gestressten aber zufriedenen KuK einzureden, dass sie unzufrieden sind. Das ist auch nochmal eine ganz andere Kategorie, als einfach nur um Beistand, Rat und Verständnis zu bitten. Letzteres ist natürlich absolut legitim.

  • vanter:

    Das war wirklich ein guter, nachvollziehbarer und hilfreicher Kommentar.


    Ich werde das überdenken.


    Hobbys habe ich, die kein regelmäßiges Engagement am Abend oder am Wochenende fordern. Nachdem ich auf Vollzeit gegangen bin, musste ich zwei Hobbys leider aufgeben, da ich regelmäßige Proben und Auftritte am Wochenende nicht mehr wahrnehmen konnte. Also habe ich mir ein anderes (musikalisches) Hobby gesucht, welchem ich auch flexibel zwischendurch bei den Korrekturen nachgehen kann. Durch die Aufgabe der Hobbys habe ich auf einmal zwei für mich wichtige Peer Groups verloren: Die Band und den Chor. Das finde ich sehr schade. Als kleiner Trost liegen jetzt Gitarre und Geige auf dem Schreibtisch, für die ich hin und wieder zwischendurch mal Zeit finde. Nach meinem Geschmack leider auch zu wenig.

    • Offizieller Beitrag

    Setz mal da an.


    Was würde passieren, wenn du einmal in der Woche abends zum Chor gehen würdest? (Wenn es nicht 80km entfernt ist, bist du vielleicht 2 Stunden unterwegs? Man muss ja nicht jedes Mal danach einen trinken gehen...)


    Was würde passieren, wenn du einmal die Woche Musik spielen würdest? Das mit den regelmässigen Auftritten verstehe ich, ich mag mich da auch nicht verpflichten, aber, 1-2 Termine die Woche für DICH, für soziale Kontakte, für Entspannung, usw... sind doch 10mal mehr wert, als die halbe Klausur, die du nicht mal lesen würdest. Dadurch hast du Energie getankt und ein schöneres Lebensgefühl ;)

  • ... 1-2 Termine die Woche für DICH, für soziale Kontakte, für Entspannung, usw... sind doch 10mal mehr wert, als die halbe Klausur, die du nicht mal lesen würdest. Dadurch hast du Energie getankt und ein schöneres Lebensgefühl

    ....und kein Date mehr wegen Korrekturen absagen:nein:


  • Wer sich im Job, im Hobby oder sonstwie Glücksmomente sichert, der steckt jahrelange Überlastung in einem Teilbereich des Lebens locker weg.

    Moment, individuelles Belastungserleben ist sicher sehr unterschiedlich und wer nur noch jammert, sollte sich im eigenen Interesse überlegen, woran das liegt und wie er/sie etwas ändern kann. (Die Umstände als solche kann man ja nur äußerst bedingt beeinflussen...)


    Aber: "Überlastung" ist nicht "gut ausgelastet" oder "gefordert", sondern, wie der Begriff eben sagt "zu viel" vom Schlechten. Und er widerspricht meiner Auffassung nach auch per definitionem einer grundsätzlichen Zufriedenheit.


    Ich muss wirklich, wirklich wenig korrigieren und finde es enorm, wie viel Zeit ihr investieren müsst. Mein Job hat andere Belastungen aber so viel Zeit in eine verhältnismäßig sinnlose Tätigkeit zu investieren erscheint mir auch echt zäh. Man kann sich sicher damit arrangieren, wie hier einige erklärt haben, Strukturen optimieren, Sinn darin suchen oder Sinn außerhalb suchen. Arrangiere ich mich aber nicht und fühle mich überlastet, kann ich gleichzeitig kaum zufrieden sein :weissnicht:

  • So mühsam und frustrierend Korrigieren auch sein kann - sinnlos finde ich es nicht.

    Ich erstelle beim Korrigieren oft auch Diagnosen, um den SuS ganz gezielt helfen zu können, ihre Defizite abzubauen. Wenn diese Diagnostik in eine individuelle Förderung mündet, ist das sehr sinnvoll und höchst effektiv.

    Und ja, es ist sehr befriedigend, die Früchte dieser Bemühungen wahrzunehmen.


    Nichtsdestoweniger fühle ich mich mit Aufgaben und Verpflichtungen überfrachtet. Vor allem die Klassenleitung führt zu immer mehr und neuen Aufgaben, die viel Zeit rauben, die ich lieber in guten Unterricht stecken würde, und die externe Fachleute deutlich besser machen könnten (z.B. Berufsorientierung, DaZ so einfach während des regulären Klassenunterrichts ...).

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Aber: "Überlastung" ist nicht "gut ausgelastet" oder "gefordert", sondern, wie der Begriff eben sagt "zu viel" vom Schlechten.

    Das stimmt erst mal so, ja. Wenn ich es recht verstanden habe, bezieht sich der Begriff "Überlastung" hier aber gerade auf die neueste Arbeitszeiterhebung die zeigt, dass Lehrpersonen am Gymnasium pro Woche im Schnitt etwa 45 Stunden arbeiten, was sicher erst mal zu viel ist im Bezug auf die vorgesehene Regelarbeitszeit. Ob ich das als Individuum nun "belastend" finde, steht auf einem anderen Blatt Papier. Oder anders ausgedrückt: Nur weil der Philologenverband das Wort "Überlastung" benutzt muss das für mich persönlich so aber nicht gelten.

  • Mein Mann arbeitet teilweise 60 Stunden die Woche. Er ist in der Geschäftsführung eines großen regionalen Unternehmens. Wochenende gibt es nicht. Handy ist immer an.


    Das wäre für mich "belastend". Nicht, weil ich vier Stunden mehr arbeite als das Soll...


    (Wobei ich persönlich nicht über die 41,5 Stunden arbeite.)

  • Es schließt sich für mich nicht aus, grundsätzlich zufrieden mit dem Job zu sein (was ich bin), was bedeutet, dass man ihn nicht falsch gewählt hat, ihn weiterhin gerne machen möchte, aber dass man trotzdem nicht alle Bedingungen gut findet, die zu unnötiger Mehrbelastung oder gar chronischer Überlastung führen können.


    Ich unterrichte gerne --> aber nicht 10 Stunden am Tag.

    Ich korrigiere gerne --> aber nicht 5 Stunden jeden Tag.

    Ich mache auch ein paar Extra-Aufgaben gerne --> aber eben nur ein paar und nicht 10 oder 20.


    So verstehe ich das Ergebnis.

  • Die Unterrichtsverteilung macht die Schulleitung und die Oberstufenkoordination.

    Da liegt der Hase im Pfeffer. Mit denen musst du in den Clinch gehen.


    Wenn ich nun schon Fachvorsitzender wäre, würde ich doch mal bei meinen Fachkollegen nachfragen, ob die sich nicht auch eine gleichmäßigere Verteilung der Kurse vorstellen können. Dann könnte ich mit einem von allen Fachkollegen getragenen Plan bei der Schulleitung auflaufen.


    Wenn das nichts nutzt, musst du konstruktiv werden: Überlastungsanzeige und Versetzungsantrag.


    Außerdem: Wenn du merkst, dass dir das Arbeitspensum auf die Gesundheit schlägt, geh' bitte zum Arzt. Sollte der dann feststellen, dass du nicht arbeitsfähig bist, wird halt mal nicht korrigiert. Was? Die Klausuren müssen in einer bestimmten Frist fertig werden? Das ist dann nicht mehr dein Problem, dann muss die Schulleitung sich um Ersatz kümmern. Effizienter wäre es natürlich, die SL hätte vorher eine geeignete Verteilung der Kurse vorgenommen.


    Uswusw.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    Einmal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Außerdem: Wenn du merkst, dass dir das Arbeitspensum auf die Gesundheit schlägt, geh' bitte zum Arzt. Sollte der dann feststellen, dass du nicht arbeitsfähig bist, wird halt mal nicht korrigiert. Was? Die Klausuren müssen in einer bestimmten Frist fertig werden? Das ist dann nicht mehr dein Problem, dann muss die Schulleitung sich um Ersatz kümmern. Effizienter wäre es natürlich, die SL hätte vorher eine geeignete Verteilung der Kurse vorgenommen.

    Ich bin ein relativ junger Lehrer und muss sicher (noch) nicht zum Arzt, weil mir das Arbeitspensum auf die Gesundheit schlägt. Ich möchte aber präventiv agieren und eine solche Situation für die fernere Zukunft vermeiden.


    Der Hinweis auf die Intervention bei der Kursplanung ist gut gemeint, ich werde allerdings nicht stärker belastet, als die Kollegen. Jeder hat hier sein Päckchen zu tragen. Es ist insgesamt der ungünstige Personalschlüssel, welcher meinen Unmut provoziert.

  • Eben. Man muss nicht zum Arzt oder Belastungsanzeigen schreiben, wenn man kritisiert, dass die Korrekturen belasten und nicht ins Zeitschema passen.

    Wie gesagt: alles Fach- und korrekturabhängig.

    Mit 2 Korrekturfächern ist man jedenfalls im Boot der permanenten Überstunden.

    Und dann darf man das auch mal kritisieren (oder wie eben in deinem Fall).


    Heute erschienen: die Pressemitteilung des PhV zur Arbeitsbelastung der Gymnasiallehrer.

  • Heute erschienen: die Pressemitteilung des PhV zur Arbeitsbelastung der Gymnasiallehrer.

    Und was schreibt der Philologenverband? Bei uns in SLH hat er übrigens mal wieder auf ganzer Linie versagt und keinerlei Verbesserungen bewirkt.

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