Klassenarbeit trotz Krankheit mitgeschrieben

  • Hallo zusammen,

    ich habe gerade einen Fall, bei dem ich nicht so richtig weiß, wie ich mich (rechtlich korrekt) verhalten soll.


    Es geht um einen Schüler der 4.Klasse. Betreffendes Kind konnte eine Klassenarbeit wegen eines privaten Termins nicht mitschreiben. Mit der Mutter hatte ich vorher einen Nachschreibetermin vereinbart. Nun wurde das Kind allerdings krank und war (mit ärztlichem Attest) die drei Tage vor dem Nachschreibetermin nicht in der Schule. Vorbereitungszeit hat das Kind keine verpasst. Am Termin wurde die Klassenarbeit mit der Parallelklasse zusammen nachgeschrieben.

    Allerdings musste das Kind wegen Unwohlsein am selben Vormittag von der Mutter wieder abgeholt werden und war dann den Rest der Woche zuhause (ebenfalls ärztlich attestiert, auch der betreffende Tag).

    Nun ist die Arbeit des Kindes schlecht ausgefallen und prompt habe ich nun einen Elternbrief erhalten, ob ich die Arbeit nicht aus der Wertung rausnehmen könnte.Das Kind wäre ja an dem Tag laut Attest quasi gar nicht da gewesen.


    Wie sehen meine Möglichkeiten denn aus? Darf ich die Arbeit streichen? Oder darf ich dem Kind eine weitere Aufgabe geben, mit der die Wertung verbessert werden kann? Kennt sich da jemand von euch aus?


    Vielen Dank schon mal für eure Antworten!


    Gruß

    Musikmaus

  • Gibt es bei euch vielleicht etwas in irgendwelchen Verordnungen?

    Bei uns muss die Probe (also Arbeit) grundsätzlich bewertet werden, wenn das Kind mit dieser angefangen hat.

    So steht es bei uns in Bayern in der Grundschulordnung:

    (5) Nach Beginn der Leistungserhebung können gesundheitliche Gründe der Schülerin oder des Schülers, denen zufolge der Leistungsnachweis nicht gewertet werden soll, in der Regel nicht mehr anerkannt werden.


    Das würde in der Folge bedeuten, dass die Probe (also Arbeit), ist sie gänzlich mitgeschrieben, unabhängig vom Gesundheitszustand auf jeden Fall bewertet wird - zumindest für Bayern. Eine kleine pädagogische Hintertür haben wir durch den Zusatz "in der Regel" - begründete Ausnahmen können wir also machen (habe ich auch schon gemacht, wenn z.B. jemand sich übergeben hat).


    In deinem Fall kam das Kind bewusst zum Nachschreibetermin in die Schule. Wenn es dem Kind morgens schlecht gegangen wäre, dann hätten die Eltern dieses auch entschuldigen können. Rein rechtlich sehe ich dich auf der sicheren Seite. Es ist die Frage, ob es möglich ist, dem Kind entgegenzukommen, in dem Fall, wenn diese Note die Gesamtnote verschlechtern würde. Z.B. könntest du noch einmal eine mündliche Abfrage o.ä. machen.


    In welchem Fach ist denn die Note und ist die Note so wichtig?

  • Ich kenne mich weder in der GS noch in BW aus, würde die Arbeit aber nicht streichen. In NRW ist es so, dass Zeugnisnoten unter pädagogischen Aspekten gebildet werden müssen. Wenn du so eine Möglichkeit auch hast, kannst du dir ja überlegen, ob du die Arbeit etwas weniger gewichtest als die anderen Arbeiten. Abgesehen davon: Die Möglichkeit, dem Kind etwas anzubieten, wie es die Note aktiv ausgleichen kann, hast du ja so oder so.

  • Hallo Musikmaus,


    ich würde die Arbeit nicht werten.

    Die Mutter hat vor dem Haupttermin rechtzeitig reagiert und mit dir einen Nachtermin vereinbart, das finde ich z.B. super, zeigt es mir doch, dass sie sich kümmert und ein bisschen vorausschauend denkt. Nun ist das Kind 3 Tage vor dem Nachtermin krank, schleppt sich am Tag des Nachtermins rein und fällt danach sofort wieder eine Woche aus - das bedeutet für mich, dass das Kind einfach noch nicht wieder gesund war.

    Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Mutter vielleicht ein bisschen gedrängt hat: "Komm schon Schatz, reiß dich ein bisschen zusammen, Frau Musikmaus hat uns doch schon einen neuen Termin gegeben, was soll die denn von uns denken, wenn wir sie nun um einen zweiten Nachtermin bitten?" Und die Kleine macht mit, weil sie brav sein will, weil sie dich mag etc.


    Rein juristisch hättest du an der Realschule in Bayern extrem schlechte Karten, weil das Kind stets ausreichend entschuldigt war.

    Wie so ein Fall an der Mittelschule wäre, weiß ich nicht, dazu bin ich erst ein halbes Jahr dort und hatte einen solchen Fall noch nicht.

    Warte einfach noch ein bisschen, bis sich mehr Grundschulkolleg*innen melden.


    Gegenfrage: Was spricht denn rein objektiv betrachtet dagegen, dem Kind noch eine 3. Chance einzuräumen?

  • Ich würde sie auf jeden Fall bewerten. Zum Thema "Mitgeschrieben --> Mitgezählt" wurde ja bereits etwas geschrieben, das entspricht auch den einschlägigen Entscheidungen im Prüfungsrecht. Ein Indikator kann hier zudem sein, dass die Bitte um Nichtwertung erst nach der Bewertung erfolgte und nicht bereits nach dem Schreiben der Arbeit. Die Idee, bei der Bildung der Zeugnisnote den Spielraum der eigenen pädagogischen Verantwortung zu nutzen, halte ich ebenfalls für sehr sinnvoll.

  • Danke schon mal für eure bisherigen Antworten.


    Generell sehe ich die beiden Möglichkeiten die Arbeit entweder nicht zu werten oder sie zu werten und eine Verbesserungsmöglichkeit anzubieten. Ich tendiere zur zweiten Möglichkeit, allerdings ist es mir in diesem speziellen Fall wichtig, die rechtlichen Rahmenbedingungen genau kennen, bevor ich eine Entscheidung treffe.


    In der Notenbildungsverordnung BW habe ich leider nichts konkretes dazu gefunden. Wo könnte ich noch nachschauen? Habt ihr noch einen Tipp?

  • am gym bayern würde die arbeit gewertet. krankheit kann nur bis zum beginn der leistungserhebung geltend gemacht werden.


    ich würde werten, aber schauen, ob der sich daraus ergebende leistungsstand des kindes mit deiner tatsächlichen einschätzung des leistungsstandes des kindes deckt. falls nicht, könnte man über eine weitere leistungserhebung für das kind (abfrage, unterrichtsbeitrag, was ihr halt so macht...) nachdenken. und gespräch mit den eltern, dass kranke kinder immer nach hause gehören, nicht in die schule, auch nicht "nur für die probe".

  • In NRW darf man sogar während einer Abiklausur aussteigen, muss dann aber sofort zum Arzt und ein Attest besorgen.

    Es ist eine Arbeit in einer 4. Klasse! Eine von wie vielen? Habt ihr in der Grundschule nicht pädagogische Ermessensspielräume, die das unnötig machen, Klassenarbeiten nachzuschreiben?

    Kannst du den Schüler nicht auch ohne diese Klassenarbeit angemessen beurteilen?

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • In RLP haben wir in Deutsch und Mathe in 3 und 4 genaue Angaben zu der Anzahl schriftlicher Leistungsnachweise, die zu schreiben sind. Bei uns gibts da auch keinen Ermessensspielraum, nachgeschrieben wird grundsätzlich immer. Da muss schon jemand 6 Wochen in stationärer Behandlung sein und selbst dann wäre eine Ersatzleistung in dem ausgefallenen Teilfeld fällig.


    Ich sehe auch viel eher das Problem bei den Eltern. Die hätten sich wahrscheinlich kaum bzw. überhaupt nicht beschwert, wenn das Ergebnis der Nachschreibarbeit den Erwartungen entsprochen hätte, oder? Da liegt für mich der Hase im Pfeffer. Im Nachhinein zu jammern ist billig. Macht jeder.


    Edit: Aber wie oben schon geschrieben wurde: Es gibt eine SL. Die kann das entscheiden.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Ich bin echt überrascht über die Konsequenz, mit der hier viele User die Wertung der Arbeit fordern bzw. vorschlagen!

    Ich meine, der Junge ist in der 4. Klasse!

    Er war 3 Tage vor und eine ganze Woche nach dem Nachtermin krank.

    Bin ich echt schon so ein altersmildes Weichei geworden, dass ich im Leben nicht draufkäme, dem Jungen oder seinen Eltern böse Absichten zu unterstellen?


    Da will niemand eine bessere Abschlussnote erschummeln.

    Da will niemand für seine offenkundige Faulheit einen Freifahrtschein.

    Alles ist erklär- und belegbar... also wieso kriegt er nicht noch eine Chance?

    Und die Eltern haben nicht gejammert (zumindest lese ich das so), sondern lediglich nachgefragt, ob man hinsichtlich der unglücklichen Begleitumstände nicht vielleicht doch von der Wertung absehen könne.

    Gegenfrage: Was spricht denn rein objektiv betrachtet dagegen, dem Kind noch eine 3. Chance einzuräumen?

    Auf die Frage hat Musikmaus noch nicht geantwortet.

    Vielleicht gibt es ja tatsächlich objektive Gründe, die ein Entgegenkommen verhindern (Terminprobleme o.ä.) - und ich meine jetzt keine objektiven Paragraphen... :_o_P

  • Ich bin echt überrascht über die Konsequenz, mit der hier viele User die Wertung der Arbeit fordern bzw. vorschlagen!

    Ich meine, der Junge ist in der 4. Klasse!

    Er war 3 Tage vor und eine ganze Woche nach dem Nachtermin krank.

    Der Schüler war sogar an dem Tag, wo die Arbeit geschrieben wurde krank.

    Ich habe in einem Fall, wo ich gesehen habe, dass der Betroffene krank / nicht fit war, nach Hause geschickt. Er wollte eigentlich unbedingt die Arbeit mitschreiben ...


    Ich würde die Arbeit aus der Wertung nehmen und ihm eine 3. Chance geben.

  • Ich bin echt überrascht über die Konsequenz, mit der hier viele User die Wertung der Arbeit fordern bzw. vorschlagen!

    Vielleicht liegt das an der Schülerschaft der User?


    Ich war auch schon am Überlegen, der TE zu mehr Strenge zu raten, auch im Hinblick darauf, dass man beim immerwährenden Zugestehen von Chancen jungen Menschen beibringt, stets auf noch eine Chance, eine letzte Chance und eine allerletzte Chance zu spekulieren.


    Letztendlich habe ich mich dann dagegen entschieden, hier einen Ratschlag zu erteilen, weil ich einfach "zu weit weg" von der Grundschule bin.


    Bei uns wird ganz viel getrickst und gelogen, geschwänzt und prokrastiniert. Seit ich an der BBS arbeite, merke ich, wie ich immer kompromissloser werde. Früher war ich so nicht.

    • Offizieller Beitrag

    Ich kenne die entsprechenden Paragraphen in BW nicht, aber zumindest in NRW entscheidet der Lehrer, ob ein kranker Schüler eine Arbeit nachschreiben muss. Sprich: er kann auch entscheiden, dass der Schüler nicht nachschreiben muss.


    So würde ich es in diesem Fall wahrscheinlich handhaben. Die Nachschreibe-Arbeit würde ich nicht werten (formaler Grund: Attest vom Arzt = Schüler war krank), aber ich würde auch keinen dritten Nachschreibetermin mehr ansetzen.


    Schau mal, ob das in BW ähnlich ist.


    kl. gr. frosch

  • Danke für eure vielen Meinungen. Ich werde auf jeden Fall nach den Faschingsferien bei der Schulleitung nachfragen.


    Es spricht gar nichts dagegen dem Kind eine weitere Chance zu geben. Ich schrieb ja weiter oben, dass ich erwäge eine Verbesserungschance anzubieten. Wie die aussehen könnte habe ich mir noch nicht überlegt. Möglichkeiten gibt es ja viele.


    Mir ging es um den rechtlichen Rahmen. In meinen 20 Dienstjahren ist mir so ein Fall tatsächlich noch nie untergekommen und ich bin einfach gerne auf der sicheren Seite.

  • Ich sehe das wie Grünfink - bitte nicht werten! Das Kind ist ein kranker Grundschüler, es war keine Abschlussprüfung, sondern eine normale Arbeit. Kinder merken manchmal einfach total spät, dass es ihnen nicht gut geht. (Deshalb erbrechen sich auch so viele Kinder im Klassenraum und schaffen es nicht mehr nur zur Toilette.)

  • kleiner gruener frosch : Das bezieht sich ziemlich sicher auf den Fall, dass der Schüler noch nicht nachgeschrieben hat. Ich würde hier gar nicht versuchen juristisch zu argumentieren, die Prüfung ist begonnen und beendet worden und erst danach ist der Schüler zum Arzt und krankgeschrieben worden. Das ist was anders als nicht angetreten oder krank abgebrochen. Juristisch kommt man da nicht raus.


    Aber: Wer sollte einen verklagen? Die Eltern? Mach vom Kind abhängig wie du vorgehst: Ist die Note des Kindes eh relativ fix? Dann sag den Eltern, dass du die Arbeit nicht wertest (auch wenn es keinen Einfluss haben wird). Ist die Note immer genau dazwischen? Dann lass nachschreiben. Sind Kind und Eltern bereits häufiger durch solche Nummern aufgefallen? Keine Gnade... :)

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • (5) Nach Beginn der Leistungserhebung können gesundheitliche Gründe der Schülerin oder des Schülers, denen zufolge der Leistungsnachweis nicht gewertet werden soll, in der Regel nicht mehr anerkannt werden.

    Genau darauf wollte ich auch hinaus. Das wird bei uns zu jedem Schuljahresbeginn nochmal deutlichst unterstrichen. Wo kämen wir denn hin, wenn es nicht so wäre? Wenn das Kind nach der Probe / Schulaufgabe / Klassenarbeit das Gefühl hat, es ist nicht so gelaufen und die Eltern haben vorsichtshalber schon ein Attest im Vorhinein besorgt...? Zumindest an meiner Schule wäre das durchaus denkbar, da lässt man sich wegen jeden Regelbeschwerden und jedem Bauchblubbern befreien und es ist mir ein solcher Dorn im Auge. Wenn da einer Wind davon bekäme, dass man eine schriftliche Leistungserhebung im Nachhinein ggf. nicht werten würde... :schreien:


    Wenn das Kind so nur so halb gesund wieder in die Schule geschickt wird und mitschreibt, muss man sich als Eltern auch mal überlegen, ob das so sinnvoll war und nicht hinterher krähen, es hätte ja ein Attest gehabt...


    Zumindest an der Grundschule meiner Kinder wird dann auch einfach die gleiche Probe nochmal nachgeschrieben (ich weiß nicht, ob es überall so ist), und das auch während der Unterrichtszeit. Bei uns am Gymnasium muss das immer außerhalb der Unterrichtszeit sein und es muss j e d e s Mal eine neue Schulaufgabe sein. Man muss dabei auch mal an den Mehraufwand für die Lehrer denken...! Am tollsten finde ich immer, wenn ein Kind nur am Tag der Schulaufgabe fehlt, am Tag davor und danach aber gut gelaunt mit rosigen Wangen im Unterricht sitzt. Da könnte ich platzen!!!

  • Bei uns am Gymnasium muss das immer außerhalb der Unterrichtszeit sein und es muss j e d e s Mal eine neue Schulaufgabe sein. Man muss dabei auch mal an den Mehraufwand für die Lehrer denken...! Am tollsten finde ich immer, wenn ein Kind nur am Tag der Schulaufgabe fehlt, am Tag davor und danach aber gut gelaunt mit rosigen Wangen im Unterricht sitzt. Da könnte ich platzen!!!

    Das ist sicherlich richtig und habe ich an der Realschule genau so auch mehrfach erlebt.

    Aber darum ging es ja in dem beschriebenen Fall nicht. :_o_)

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