Kind laut Mutter unterfordert, eigene Einschätzung eher Überforderung!

  • Schönen Abend euch!


    Ich habe einen Schüler, der sehr oft Mittelohrentzündungen hat. Aufgrund der Diagnostik und Beobachtungen tippe ich aber auf eine AVWS. Er bekommt viele Anweisungen nicht mit und arbeitet auch wenig selbstständig. Seine Mutter begründet dies, dass er unterfordert sei und er sich langweilen würde. Ich sehe allerdings einen Jungen, der ohne zusätzliche Hilfe den Unterrichtsalltag nicht schaffen würde! Er hat keine Freunde in der Klasse, ist lieber für sich und träumt vor sich hin...

    Wir sind eine DFK 1 mit 12 SuS, ich kann mich also gut kümmern


    Habt ihr Tipps für mich, wie ich der Mutter begegnen kann? Sie überlegt sich, den Sohn an der Grundschule anzumelden, wo ich ihn gar nicht sehe! Er hat eindeutig den Förderschwerpunkt Sprache, deswegen klappt das Lesen auch nicht gut. IQ ist im Normalbereich!

    Vielen lieben Dank schon mal für eure Gedanken, Ideen und Tipps!

    Lg Lala

  • Elterngespräch: immer erst nachfragen. Wie geht's Ihnen damit, dass...? Wie beurteilen Sie...? Was beobachten Sie, wenn...? Was macht es mit Ihnen, wenn ich Folgendes beschreibe...? Können Sie sich vorstellen, dass...?


    ...Er bekommt viele Anweisungen nicht mit und arbeitet auch wenig selbstständig.

    IQ ist im Normalbereich!

    das sind natürlich äußerst wenige Anhaltspunkte, dazu können wir nichts sagen, die Diagnostik musst du vornehmen, bzw. das, was in der Akte und deinem Förderplan steht hernehmen.


    Ich würde Eltern zu gar nichts überreden. Nimm sie ernst, sag deine begründete Meinung, alles andere liegt nicht in deiner Macht.

  • Danke für deine Antwort, Samu!


    Diagnostisch steht eine AVWS im Raum, die wir aber nicht diagnostizieren können. Ich habe die Mutter dahingehend schon beraten, eine pädaudiologische Untersuchung machen zu lassen. Hier ist sie zum Glück auch sehr offen!

    Lg Lala

  • Hallo LalaSo !


    Eine ähnliche Situation hatte ich neulich auch hier schon geschildert. Die Eltern meines Schülers lehnen die Überprüfung des Förderbedarfs ebenfalls ab.


    Ich habe mir vorgenommen, die Eltern dahingehend umfassend zu beraten und aufzuklären. Danach heißt es abwarten.


    Wenn du gut beraten hast, ist deine Pflicht getan, würde ich meinen.

  • "Beraten" ist immer so ne Sache... Willst du was von der Mutter, oder will sie was von dir? ;)

    Als Hausarzt wäre es z.B. Beratung zu sagen: Sie haben Husten, trinken sie Thymiantee. Als Psychologe wäre es aber keine Beratung zu sagen: sie haben Depressionen, lesen sie einen Kalender mit Sinnsprüchen.


    Irgendwo dazwischen stehen wir: wir beraten nicht wirklich, weil wir etwas bestimmtes wollen, z.B. dass das Kind in der Förderschule bleibt oder eine Diagnose bekommt oder pünktlich erscheint, ein Brot dabei hat und Hausaufgaben macht. Das muss aber nicht mit dem übereinstimmen, was die Mutter möchte oder auch in der Lage ist zu leisten...


    Daher versuche ich, je nach Problem, Beratungstechniken anzuwenden, z.B. "systemisches Fragen", um Gedankenanstöße zu geben. Manchmal sage ich aber auch was ich für richtig und wichtig halte, z.B. dass ich mir Sorgen mache, dass xy die Grundschule nicht packen könnte und warum. Und ich informiere über die Möglichkeiten von Schulabschlüssen, darüber machen sich auch viele Eltern Sorgen. Wenn sein IQ durchschnittlich ist gerne auch erwähnen was für ein schlaues Kerlchen xy ist, welche Stärken er hat und dass ihm alle Abschlüsse offen stehen.


    Du könntest z.B. fragen, was ihr in der Grundschule besser gefällt, welche Sorgen sie hat, wenn das Kind in seiner jetzigen Klasse bleibt und was er zu Hause gern mache und ihm leicht falle, was schwer usw., dann nimmst du sie ernst und findest raus, um was es wirklich geht. Und sie fühlt sich ernst genommen und ist offener, auch für die Möglichkeit des Bleibens in der Klasse. Druck (ich überspitze: "ich würde dringend empfehlen ihn hier zu lassen, er ist schon ganz schön behindert") erzeugt nur Gegendruck ("mein Kind ist normal! Ich rede mal mit dem Schulleiter der Grundschule, Sie trauen ihm bloß nix zu!).

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