Gesamtschule: Bildung zum Discounterpreis?

  • Dank Creamingeffekt funktionieren IGS und Gymnasien parallel nicht. Gäbe es nur noch IGS, wäre das prima. Aktuell sind die meisten IGS eher Oberschulen.

    Gäbe es nur IGSen, gäbe es auch dort leistungsstarke Schulen, die durch ihren guten Ruf passende SuSen anziehen, nämlich entweder durch das Wahlverhalten der Eltern oder durch Zuzug in die entsprechende örtliche Nähe zur Schule. Zudem würde das Privatschulwesen einen erheblichen Zulauf bekommen, womit die soziale Auslese noch verstärkt würde.


    À+

  • Zudem würde das Privatschulwesen einen erheblichen Zulauf bekommen, womit die soziale Auslese noch verstärkt würde.

    Und dann wäre die Ausrede der IGS, dass man nur alle Privatschulen abschaffen müsse, und schon wäre in den IGS das Paradies auf Erden...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Die IGS funktionieren nicht, weil die Eltern und Schüler sie nicht wollen. Das ist die Wahrheit. Die IGS haben seit fast 50 Jahren Zeit und Geld gehabt, zu beweisen, dass sie funktionieren. Und haben es nicht geschafft.


    Gruß !

    Na, wenn das die Wahrheit ist.
    Fakt ist jedenfalls, dass du den Creaming-Effekt nicht recherchiert hast.

  • Es ist ja auch kein "creaming"-Effekt, sondern ein "sediment"-Effekt, dass die IGS dank ihrer Struktur bestimmte Schülerschichten anziehen...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Es ist ja auch kein "creaming"-Effekt, sondern ein "sediment"-Effekt, dass die IGS dank ihrer Struktur bestimmte Schülerschichten anziehen...

    Was genau ist denn dein Problem mit Gesamtschulen? Die Gesellschaft besteht nicht nur aus Bildungsbürgertum und Gymnasiasten. Und allen soll Bildung zuteil werden. Dass sich an Gesamtschulen auch Schüler der sozialen Unterschicht wiederfinden, am Gymnasium aber nicht, das sollte uns zu denken geben. Und wie Lehrer dort mit Heterogenität, Armut und Verhaltensauffälligkeiten umgehen sollen, die genauso wie an Hauptschulen vorhandenen sind, die du am Gymnasium praktischerweise nicht bedenken musst. Logisch kostet das Geld, aber mehr als dort ankommt.


    Und ja, ich kenne den Unterschied auch von innen zur Genüge. Zumindest den von Oberschulen vs. Gymnasien, IGS beherbergt wohl kaum viele gute Abiturienten, womit sie der Oberschule nahe kommen dürfte.

  • Die IGS funktionieren nicht, weil die Eltern und Schüler sie nicht wollen. Das ist die Wahrheit. Die IGS haben seit fast 50 Jahren Zeit und Geld gehabt, zu beweisen, dass sie funktionieren. Und haben es nicht geschafft.


    Gruß !

    Das ist eine steile These. Bei uns in der Gegend ist gerade eine der IGS die beliebteste Schule unter den gymnasialempfohlenen Schülerinnen und Schülern. Sehr zum Leidwesen der umliegenden Gymnasien übrigens, was seit geraumer Zeit für viel Unmut sorgt. Dass andernorts die Gesamtschulen als Resterampen missbraucht werden, nachdem reihenweise Oberschulen abgeschafft werden, ist auch klar. Das sähe sicher anders aus, wenn die Gymnasien mit abgeschafft werden, wogegen ich persönlich aber wäre. Ich mag die heile Welt an Gymnasien, auch wenn ein Blick über den Tellerrand manchmal nicht schadet.

  • Wir hatten es doch letztens von diesem Kind, das in der 2. Klasse in Mathematik der volle Überflieger ist. Gerade bei solchen Kindern ist es ja wichtig, dass sie nicht regelmäßig ausgebremst werden und ihr volles Potential entfalten, mit Mitschülern auf gleichem Niveau über Unterrichtsgegenstände kommunizieren können. So, jetzt stelle ich mir vor, dass besagtes Kind in der 6. Klasse ist, Zahlbereichserweiterung, und neugierig ist, neue Zahlen kennenzulernen, während die Hälfte der Klasse entweder mit einer "Mathe ist doof."-Einstellung da sitzt oder immer noch bei Operationen mit den natürlichen Zahlen schwächelt. Klar kann man dann sagen: "Karl-Heinz, bearbeite dann schon einmal das Zusatzblatt!", während die Lehrerin bemüht ist, an allen Ecken und Enden Löcher zu stopfen, aber unser Mathefuchs wird so sicherlich nicht optimal gefordert. Am Ende steht dann die Frage, von wessen Förderung die Gesellschaft langfristig eher profitieren. Einerseits gibt es die breite Mitte, die das System tragen, andererseits eben auch die Leistungsspitze, die das System stärken, innovieren und führen.

  • Wir hatten es doch letztens von diesem Kind, das in der 2. Klasse in Mathematik der volle Überflieger ist. [...]

    Es hieß, das Kind könne das Einmaleins. Nähere Informationen kamen da, so ich mich richtig erinnere, nicht mehr. Dazu, "in Mathematik der volle Überflieger" zu sein, gehört noch ein bisschen mehr.


    Und jetzt stell dir mal vor, ein solches Kind ist in Deutsch eher nicht so gut. Dann wird es - je nach Bundesland, Eltern etc. - eher nicht das Gymnasium besuchen. Ist es dann nicht sinnvoll, an einer Gesamtschule in unterschiedlichen Fächern auf unterschiedlichem Niveau lernen zu können?


    Was ich an Gesamtschulen schade finde, ist, dass es dort eher selten Unterricht in Latein (und Griechisch) gibt.

  • Zitat

    Also lohnt es sich mit SEK I an die GS zu gehen, weil man dann weniger Stunden machen muss, als an RS oder HS.

    Das stimmt natürlich in Bezug zur Stundenanzahl, aber da die Schulen sehr gross sind (mind. vierzügig) und es sehr viele Bänder im Stundenplan gibt und alle GS Ganztagsschulen sind, sollten Sie Kollegen sich das gut überlegen.

    Wir haben immer sehr viele Springstunden und jede Woche 1-2 Konferenzen.

  • Im Grundgesetz steht ganz sicher: "Gebt alles Geld für die Förderung der schwachen Schüler aus und hofft, dass sich die starken schon von allein fördern. Falls gerade kein Lehrer Zeit hat, können sie ja den schwachen Schülern helfen, dabei lernen sie dann Sozialkompetenz."


    Wenn wir uns in NRW nur genauso viel Mühe mit Exzellenzförderung gäben, wie mit der Förderung von Schülern mit Minderleistungen, wäre schon viel gewonnen. Und das wäre ziemlich sicher grundgesetzkonform (auch wenn es den Stärkeren mehr brächte, Matthäus-Effekt

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Und wieder mal die "vergeigte Gesamtschulideologie"...

    Es GIBT gute Gesamtschulen. Hier ganz in der Nähe zB.

    Aber vielerorts ist, ob man das nun hören will oder nicht, die Gesamtschule die "bessere Hauptschule" geworden, weil (Achtung, das sind Zitate von Eltern)...

    - "da wenigstens vielleicht die Hälfte der SuS Deutsch kann"

    - "die Kinder da auch Abitur machen können" (ganz wichtig, vor allem für Eltern die gar nicht wissen was dazugehört)

    - "auf Hauptschulen doch nur Kriminelle aufbewahrt werden"

    - "es da weniger Probleme mit Drogen usw als an Hauptschulen gibt" (...herrlich, dieser blauäugige Optimismus...)

    ...wollt ihr noch mehr?


    Ich denke, das Gefühl dass "die Gesamtschulen alles bekommen" rührt oft noch aus der Zeit, wo die Politik diese Schulform so massiv pushen wollte (und nicht wahrhaben wollte, dass die Ideologie, die dahintersteht, in den meisten Fällen nicht richtig funktioniert).

    Nur... was soll dabei jetzt herauskommen?

    Dass an allen Ecken des Bildungssystems geld fehlt und massiv welches investiert werden muss, ist kein Geheimnis, wid aber von der Politik geflissentlich ignoriert. Eigentlich egal, wer da wie viel oder wenig bekommt, es reicht so oder so nicht derzeit.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Ich bin an einer Sekundarschule und da die Stadt als Schulträger kein Geld hat, gibt es auch kein Geld. Wir haben ein runtergekommenes altes Hauptschulgebäude, für 40 Kolleg(inn)en 2 PCs, kein WLAN, einen Computerraum, aber keine PCs in den Klassen, keine Waschbecken in den Klassenräumen, Löcher in den Wänden und uralte kaputte Toiletten und Schimmel in einigen Räumen (die werden dann stillgelegt).


    Hier auch. Kleinstadt in NRW. Gebäude der auslaufenden Hauptschule wurde komplett saniert (ja, wirklich alles NEU gemacht, was musste, nicht nur renoviert). Wir haben in JEDER Klasse und jedem Fachraum ein Smartboard hängen und jeder Jahrgang hat einen Klassensatz Tablets. Zusätzlich zwei sehr gut ausgestattete Informatikräume.

    Die Realschule vor Ort, die deutlich höhere Anmeldezahlen hat, ist miserabel ausgestattet. Gebäude wie bei euch und technisch Lichtjahre von der Ausstattung der Sekundarschule entfernt. Das Gymnasium hat ebenfalls kaum nennenswerte Medienausstattung und Renovierungsstau.


    Proble an der Sekundarschule: Fast nur noch Kinder mit Hauptschulempfehlung kommen dorthin. Kinder mit Gymnasialempfehlung gab es nie und die mit Realschulempfehlung kommen auch kaum mehr. Ist also eine Hauptschule, die anders heißt mit der entsprechenden Klientel und den entsprechenden Problemen. Ein großer Teil der Schüler kann nichtmal richtig lesen und die tolle technische Ausstattung würde anderswo ganz sicher auf fruchtbareren Boden fallen.


    Aber so ist es halt (in NRW) - diejenigen, die nichts auf die Reihe bekommen und das zum Großteil auch nicht wollen, werden gefördert bis zum Umfallen und die Leistungsspitze darf sehen, wo sie bleibt.

  • Notwendige Renovierungsmaßnahmen sind manchmal in auslaufenden Schulen einfacher durchzuführen als in randvollen Schulen. Die entsprechend hergerichteten Gebäude sind in der weiteren Schulnetzplanung dann häufig bereits als Standort für eine andere Schule, die weiterbestehen wird, vorgesehen.

  • Zitat

    Proble an der Sekundarschule: Fast nur noch Kinder mit Hauptschulempfehlung kommen dorthin. Kinder mit Gymnasialempfehlung gab es nie und die mit Realschulempfehlung kommen auch kaum mehr. Ist also eine Hauptschule, die anders heißt mit der entsprechenden Klientel und den entsprechenden Problemen. Ein großer Teil der Schüler kann nichtmal richtig lesen und die tolle technische Ausstattung würde anderswo ganz sicher auf fruchtbareren Boden fallen.

    Hier ist es ähnlich. Zu Beginn hatten wir noch ein ziemlich ausgewogenes Klientel. Dann gingen die Empfehlungen immer weiter in Richtung HS. Da wir seit diesem Jahr auch noch Standortschule geworden sind (die einzige Sek 1 Schule in der Stadt, die Kinder mit Förderschwerpunkt aufnehmen muss), hat man uns eh nen Stempel aufgedrückt. Aber ausgestattet sind wir super! Die Schülerzahlen nehmen allerdings langsam ab. Wie kommt das nur?

  • Ich finde, dass die geringe Summe nicht aus der Luft gegriffen ist.

    Die E- und G-Kurse wurden in den letzten 10 Jahren immer öfter zusammengelegt und binnendifferenziert im Klassenverband unterrichtet: Eine Lehrkraft für zwei Schulstufen gleichzeitig. Mit unterschiedlichem Unterrichtsmaterial und unterschiedlichen Tests. In randvollen Klassen (>25) werden bis zu 9 I-Kinder unterrichtet, die Zahl der Sonderpädagogen nimmt stetig ab. Dafür steigt die Zahl der Kinder, deren Grundschulen aus unerfindlichen Gründen keine AOSF-Verfahren für LE eingeleitet haben (und die teilweise sogar mit Realschulempfehlung bei uns aufschlagen, so dass man damit auch nicht rechnet). Ich unterrichte also nicht nur quasi zwei Kurse gleichzeitig, sondern muss als Klassenlehrerin auch noch Förderschwerpunkte beantragen, Gutachten und Förderpläne schreiben und auch noch weiter differenzieren, je nach FS. Und zugleich natürlich auch die angehenden Oberstufenschüler entsprechend vorbereiten. Daneben soll ich neuerdings auch noch umfassend zwei Jahre lang als Berufsberaterin tätig werden und sicherstellen, dass jeder meiner annähernd 30 SuS seinen Übergang ins Berufsleben organisiert (Stichwort: KAoA).

    Ich bleibe dabei: Wir sollen alles leisten und erhalten wenig bis keine Unterstützung. Und während man am Gymnasium für jeden Mist A14 bekommt, müssen wir um jede Beförderungsstelle zäh ringen, und die ist dann am Ende meist eine A13-Stelle, und für den glücklichen Beförderten sind fortan alle Arbeitsschutzgesetze ungültig.


    Und all das schreibe ich in dem Bewusstsein, dass meine Schule bei all dem noch sehr gut wegkommt! Wir haben noch immer mehr Sonderpädagogen als andere Gesamtschulen, unser Gebäude und Gelände sind groß und sehr gepflegt, wir haben große Klassenräume und hinreichend Differenzierungsräume, wir haben einen fest angestellten, sehr fähigen Schulpsychologen und nicht zuletzt eine sehr ausgewogene Schülerschaft, von der regelmäßig deutlich mehr als die Hälfte Abitur macht. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie die Arbeit an Gesamtschulen aussieht, die lediglich die Hauptschulen ersetzen.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Und während man am Gymnasium für jeden Mist A14 bekommt, müssen wir um jede Beförderungsstelle zäh ringen, und die ist dann am Ende meist eine A13-Stelle, und für den glücklichen Beförderten sind fortan alle Arbeitsschutzgesetze ungültig.

    Ich weiß nicht, wie das bei euch in NRW ist, aber in NDS haben Gesamtschulen etwa genausoviele Stellen für das 1. Beförderungsamt wie Gymnasien. Und während die an Gymnasien zwar freier in der Zuordnung zu Tätigkeiten sind, erhalten sie keine zusätzlichen Abminderungsstunden. Das gilt insbesondere für die Fachobleute. An Gesamtschulen sind die Stellen an die Tätigkeit als Jahrgangs- oder Fachbereichsleitung mit 3 (!) Abminderungsstunden gekoppelt. Im Übrigen sind die glücklich Beförderten genau wie alle anderen Kolleginnen und Kollegen in der Lage, ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich so zu gestalten, dass die entsprechenden Gesetze und Verordnungen eingehalten werden können.

  • Du bist also der Meinung, das alles, was ich oben geschrieben habe, nicht der Wahrheit entspricht? Obwohl Du sowohl in einem anderen Bundesland als auch an einer anderen Schulform arbeitest?

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • - "die Kinder da auch Abitur machen können" (ganz wichtig, vor allem für Eltern die gar nicht wissen was dazugehört)

    [...]

    - "es da weniger Probleme mit Drogen usw als an Hauptschulen gibt" (...herrlich, dieser blauäugige Optimismus...)

    Lustige Argumente! Die Eltern scheinen einerseits zu vergessen, dass es jedem Kind möglich ist, bei entsprechenden Leistungen auf die nächsthöhere Schulform zu wechseln ( @Berufsschule93 hat ja letztens hier beschrieben wie er es von der Förderschule zum Abitur schaffte), selbst wenn ein Abschluss nicht direkt im Haus angeboten wird.

    Und zum zweiten Zitat: Entscheidend ist doch da weniger, ob man das Kind "Hauptschule", "Gesamtschule" oder "Schule für ganz besondere Kinder" nennt. Bildungsferne Schüler in sozial schwachen Einzugsgebieten, da sind soziale Probleme vorprogrammiert - auch wenn es Leute gibt, die zu denken scheinen, dass sich etwas daran ändert, wenn man der Schule ein neues Namensschild verpasst.

  • Ich finde, dass die geringe Summe nicht aus der Luft gegriffen ist.

    Tatsächlich ist die Zahl in dem Artikel nachvollziehbar falsch abgeschrieben, wenn man sich die Quellen anschaut. So wie da auch "Schuldgeld" in einer Überschrift steht. Also ja, aus der Luft gegriffen.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

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