Dazu eine kleine Anekdote:Als mein deutlich älterer Bruder, diplomierter Natruwissenschaftler, schon ein paar Jahre in der "freie Wirtschaft", in der Pharmabranche, gearbeitet hat, war es in der Familie üblich, immer mal wieder mehr oder weniger deutlich darauf hinzuweisen, wie schrecklich viel Geld er jetzt verdient. Zum Teil humorvoll eingebettet, aber immer mit ernstem Unterton.
Genau solche Gespräche mit Unterton oder Vermutungen in Abwesenheit kenne ich. Gut, meine Eltern haben Recht, ich verdiene (für deren / unsere Verhältnisse) tatsächlich furchtbar viel Geld. Ich weiß nicht mal, was meine Schwester genau verdient, es wird aber knapp über die Hälfte meines Gehalts sein.
Mein Mann ist der einzige seiner Clique, der studiert hat, seine Freunde halten ihn also für furchtbar reich. Naja, deren Frauen arbeiten maximal 8 Stunden die Woche in einem nicht besonderen anerkannten Ausbildungsberuf, sie haben 2-3 Kinder, leben mit Haus und Garten nicht in Armut und fahren auch mal in den Urlaub, öfters als wir (hat aber eher mit Prioritätensetzung zu tun). und einige Handwerker haben sicher einige zusätzliche Einnahmequellen (zugegeben, eine andere Geschichte). Die denken sich sicher die ganze Zeit, mein Mann verdient 6-stellig netto, dabei verdient er weniger als ich (gut, dass Lehrer*innen zum Nichtstun bezahlt werden, denken sie auch, ist mir egal, es sind nicht meine Freunde).
Ich kann nur ein einziges Einkommen dieser Clique einschätzen, und zwar von dem Finanzbeamten. Bei den anderen... puhhh.
Was ich aus den ganzen Überlegungen für mich als wichtigste Erkenntnis gewonnen habe, war, dass wir im Gegensatz zu unseren Nachbarn die Wahl hatten/haben, wie viel wir arbeiten wollen und ob wir quasi Einkommen gegen Familienzeit eintauschen oder nicht. Viele unserer Nachbarn können das nicht, weil sie viel zu viel Geld quasi fest verplant haben - eben für die oben genannten Dinge.
schönste Erkenntnis des Tages.
und ich vermute, die meisten "finanziell unzufriedenen" Kolleg*innen sind eben diejenigen, die Pläne gemacht haben, bei denen sie eben nicht mehr flexibel sein können. Wer ein Haus mit festen hohen Ratenzahlungen gekauft hat, ohne zu bedenken, dass er / sie vielleicht später eine Elternzeit oder eine Stundenreduktion haben möchte, hat natürlich Probleme. Daran schuld ist aber kein vermeintlich zu niedriges Einkommen, sondern eine Prioritätensetzung.