Wie wird man eigentlich Berufsschullehrer?

  • Meine Mutter erzählte mir gestern, dass mein Cousin (Saarland) jetzt Berufsschullehrer ist. Das hat mich doch etwas erstaunt, denn seine Vorbildung, also, die mir bekannte ist:
    Hauptschule - Dachdecker - Berufsschullehrer


    Was liegt dazwischen?


    Nachdem das Berufsbild der Grundschullehrer von einem user hier auf dieser Seite neulich mit buchstabieren, lachen, klatschen, beten ….usw. beschrieben wurde (ist jetzt gelöscht), frage ich mich doch, was ein Dachdecker in der Berufsschule vermittelt. Mir liegen ja jetzt auch ein paar schöne Verben auf der Zunge, aber ich lasse es lieber.


    Immerhin haben mein Studium, damals in Bayern schon an der Uni, und mein Ref. (2 Jahre muss) 7 Jahre gedauert. Berufsschullehrer liegen eine Gehaltsstufe über mir.


    Also: Wie wird ein Handwerker Berufsschullehrer und was unterrichtet er?


    (Dass man auch auf anderen Wegen Berufsschullehrer werden könnte, ist mir bekannt).

    • Offizieller Beitrag

    Ich wage erstmals die Hypothese, dass er nicht eine Gehaltsstufe über dir steht, sondern als "Fachlehrer" oder ähnlich (ich kenne mich gar nicht im Berufsschulwesen aus) weit drunter. Die Unterscheidung habe ich schon mehrmals im Forum gelesen. Werkstattslehrer, oder Fachlehrer...

  • Moment, ich mach den Rechner an...


    So, also:


    Chili hat mit dem Modell recht, der Begriff ist aber anders. Das heißt in RLP aktuell "Lehrer für Fachpraxis". Man hat nur ein Fach und darf nur Werkstattunterricht erteilen, keine Prüfungen abnehmen etc. Das geht mit abgeschlossener Ausbildung und x Jahren Berufserfahrung. Besoldung ist glaub ich Tarif(!)gruppe 9, also deutlich unter einem verbeamteten Grundschullehrer. Verbeamtung ist per se erstmal nicht möglich, man kann allerdings soweit ich weiß nebenbei studieren und dann Aufstiegsprüfungen machen.


    Dass die "normalen" Lehrer an Berufsbildenden Schulen (so heißen die bei uns) wie Gymnasiallehrkräfte eingestuft sind, liegt daran, dass wir auch Gymnasium unterrichten. Vorrangig berufliches, weil da sowieso genug Bedarf ist, aber wir dürften auch an's allgemeinbildende. Dazu kommt noch Techniker- und Meisterausbildung, die teilweise fachlich nochmal heftiger ist als Oberstufe.


    Die Fachpraxislehrer, die dann tatsächlich reine Berufsschul(und tiefer)-Lehrer und dazu noch im Einsatzgebiet eingeschränkt sind, gehören da aber nicht dazu.
    Ganz ehrlich: Meistens werden die gnadenlos im BVJ oder ähnlichem verheizt, weil es eigentlich nur dort REINE Werkstatt-Lernfelder gibt. Ich könnt das nicht, zumindest nicht ausschließlich.



    Noch kurz zum anderen Begriff: Der "Fachlehrer" ist (bei uns) ein Lehrer mit mindestens Bachelorabschluss, unterrichtet ebenfalls nur ein Fach, das allerdings in allen Schulformen. Er wird nach dem Ref verbeamtet. Ich glaub, die sind dann aber bei A13 gedeckelt, können also nie in eine Führungsposition kommen. Hier weiß ich sicher, dass man das Zweitfach nachstudieren und Aufstiegsprüfungen zum "Voll-Lehrer" machen kann, von der Sorte kenn ich zwei.

    Einmal editiert, zuletzt von DePaelzerBu ()

  • Wenn er nicht zwischen seiner Ausbildung und dem Lehrerdasein ein Uni-Studium absolviert hat, dürfte er maximal Werkstattlehrer (Name für NRW) sein. Damit erreicht er A10, wenn er Glück hat A11 (NRW). Sie haben auch ein höheres Deputat (statt 25,5 sind es 30 Stunden). Sie dürfen nur praktischen Unterricht machen (den es bei uns meist nur in der Arbeitsvorbereitung gibt = schwierige SuS), allerdings mit maximal 15 SuS.


    Wie das in BW ist, weiß ich nicht. Kann mir aber nicht vorstellen, dass man da ohne Studium an der Uni Berufsschullehrer sein kann.

  • Nachdem das Berufsbild der Grundschullehrer von einem user hier auf dieser Seite neulich mit buchstabieren, lachen, klatschen, beten ….usw. beschrieben wurde (ist jetzt gelöscht), frage ich mich doch, was ein Dachdecker in der Berufsschule vermittelt.

    Noch kurz dazu: Praxisbezogene Kompetenzen. Ich kenn mich jetzt im Dachdeckerhandwerk nicht aus, aber bei uns wäre das sowas wie Leitungen verlegen, feilen, sägen, vielleicht einfache Lampenschaltungen anschließen (ohne die Funktion zu verstehen).


    Gerade in den Vorbereitungs-Bildungsgängen ist das mehr Wert als irgendwas theoriegeleitetes. Im Gegensatz zu (nur) studierten Lehrern weiß der dann nämlich nicht nur aus Büchern, wie man bspw. auf die Unfallverhütungsvorschriften achtet, wenn die Jungs an der Werkbank stehen. Und im Gegensatz zu Theorie kriegt man sie damit wenigstens einigermaßen.

  • Okay, jetzt verstehe ich das besser, danke. Also nix mit Mathe, Deutsch, usw. Das unterrichten dann die LuL für Berufl. Gymnasien, richtig?



    ....schreibst du ja....Danke!

  • Okay, jetzt verstehe ich das besser, danke. Also nix mit Mathe, Deutsch, usw. Das unterrichten dann die LuL für Berufl. Gymnasien, richtig?

    LuL für berufsbildende Schulen! Auch das BG ist kein eigener Studiengang. Wir studieren schulformübergreifend. Mit Mathe wirst Du vermutlich nur am BG oder in Vorbereitungsklassen eingesetzt, weil es an der Berufsschule das Fach "Mathe" nicht gibt (wir haben ein Lernfeldkonzept). Deutsch dagegen ist an der BBS eine fröhliche Wundertüte, vom Vorbereitungsjahr über Berufsschule und BG bis zum "Präsentations-Modul" in der Technikerausbildung.

  • Ich finde es immer so krass, wie unterschiedlich alles ist in anderen BL. Also hier in Bayern ist das so:


    Vorbildung:


    - Techniker, Meister, Sozialpädagoge etc.
    - Berufserfahrung notwendig


    Fachrichtungen:


    - Pflege
    - Gewerblich-Technisch
    - Sozialpädagogik
    - Ernährung-Versorgung
    - Gesundheit


    Bewerbung:


    - Auf die Schule genau
    - Man muss sich für das Referendariat bewerben und kann im Gegensatz zu den anderen Lehrämtern hier abgelehnt werden


    Referendariat:


    - dauert ein Jahr und wenn man es geschafft hat darf man bleiben


    Bezahlung:


    - Fachlehrer A11
    - Fachoberlehrer A12


    In meiner beruflichen Fachrichtung Sozialpädagogik nehmen diese Fachlehrer die praktischen Noten ab. Sie unterrichten die praktisch-orientierten Fächer PML (Praxis- und Methodenlehre) und SPP (Sozialpädagogische Praxis), besuchen die Schüler in ihren Einrichtungen für die erste Note und für die zweite Note (ein Angebot). Wir Lehrer an beruflichen Schulen in der Fachrichtung Sozialpädagogik müssen das nur machen, wenn welche krank sind oder zu wenige Fachlehrer da sind etc..

  • Moment, ich mach den Rechner an...


    So, also:


    Chili hat mit dem Modell recht, der Begriff ist aber anders. Das heißt in RLP aktuell "Lehrer für Fachpraxis". Man hat nur ein Fach und darf nur Werkstattunterricht erteilen, keine Prüfungen abnehmen etc. Das geht mit abgeschlossener Ausbildung und x Jahren Berufserfahrung.

    Muss man ein Ref. machen oder etwas ähnliches?

  • Wie das in BW ist, weiß ich nicht. Kann mir aber nicht vorstellen, dass man da ohne Studium an der Uni Berufsschullehrer sein kann.

    Mein Cousin lebt im Saarland. Ich habe auch keine Ahnung, wie es in BaWü ist.

  • Muss man ein Ref. machen oder etwas ähnliches?

    Ähnliches. Weiß nicht, wie das heute ist, aber bei uns vor ~10 Jahren saßen die mit in manchen Seminaren, hatten aber (glaub ich) nur alle 2 Wochen einen Seminartag oder so. Und insgesamt war das auch kürzer als unseres. Was die als Abschlussprüfung haben, bwz. ob es überhaupt eine gibt, weiß ich nicht...
    ...und wenn ich so drüber nachdenke, könnten das auch die Fachlehrer gewesen sein. Ist echt nicht so einfach mit den zig Varianten, die alle fast gleich heißen :)

  • In BY und BaWü gibt es an den Grundschulen, Förderschulen glaube ich auch und Gemeinschaftsschulen Fachlehrer. Sie unterrichten ausschließlich Sport, Kunst und Werken. Ich meine, sie haben nicht studiert, dafür gibt es eine "Schule", soviel ich weiß.

  • In BY und BaWü gibt es an den Grundschulen, Förderschulen glaube ich auch und Gemeinschaftsschulen Fachlehrer. Sie unterrichten ausschließlich Sport, Kunst und Werken. Ich meine, sie haben nicht studiert, dafür gibt es eine "Schule", soviel ich weiß.

    Ja, hier in Bayern ist das wie eine schulische Ausbildung. Danach machen die noch ein Referendariat.
    Förderlehrer ist dann A9 mit Möglichkeit der Beförderung zu A10 und Fachlehrer ist A10 mit Möglichkeit der Beförderung zu A11
    https://www.km.bayern.de/lehre…k/fach-foerderlehrer.html

  • In NRW ist übrigens mindestens ein Meister oder Techniker erforderlich, um einzusteigen. Da reicht die Ausbildung nicht.


    Pädagogisch werden sie auch ausgebildet. Je nach Bedarf mal mehr oder weniger. Ein Koch, den wir hatten, musste 2 Jahre eine Art Ref machen (war in den 80ern). Eine Friseurin jedoch nur ein Jahr Seminar mit ein paar unbenoteten UBs.

  • in Bayern machen die Fachlehrer an Berufsschulen übrigens sehr oft einen guten Job, unterrichten mehr Stunden pro Woche (höheres Deputat) und bekommen weniger Geld.

    Sei konsequent, dabei kein Arsch und bleib authentisch. (DpB):aufgepasst:

  • Dass die "normalen" Lehrer an Berufsbildenden Schulen (so heißen die bei uns) wie Gymnasiallehrkräfte eingestuft sind, liegt daran, dass wir auch Gymnasium unterrichten. Vorrangig berufliches, weil da sowieso genug Bedarf ist, aber wir dürften auch an's allgemeinbildende. Dazu kommt noch Techniker- und Meisterausbildung, die teilweise fachlich nochmal heftiger ist als Oberstufe.

    Wir werden wie Gym-Lehrkräfte eingestuft weil unsere Schule eine Schule der Sekundarstufe II ist. So lautet auch mein Abschluss, ich dürfte zum Beispiel nicht am Gym in einer Sek I unterrichten.
    Klar kann man bei uns auch den Hauptschulabschluss nachmachen, aber im Vollzeit-Bereich (berufliches Gymnasisum) geht es bei Klasse 11 los und führt zum (Fach-)Abitur.
    Die Techniker bewegen sich schon auf annäherndem Bachelor-Niveau.


    In Bayern, ja, ein Jahr lang. In den anderen BL anscheinend nicht.

    Doch in NRW auch, mit Unterrichtsbesuchen, wo in der Regel auch immer jemand von oben kommt, also nicht immer der gleiche Fachleiter wie im Ref. Dafür unbenotet und eher in die Richtung Beratung zu stellen.


    In NRW ist übrigens mindestens ein Meister oder Techniker erforderlich, um einzusteigen. Da reicht die Ausbildung nicht.


    Pädagogisch werden sie auch ausgebildet. Je nach Bedarf mal mehr oder weniger. Ein Koch, den wir hatten, musste 2 Jahre eine Art Ref machen (war in den 80ern). Eine Friseurin jedoch nur ein Jahr Seminar mit ein paar unbenoteten UBs.

    Aktuell in Chemie und E-Technik kann ich von einem Jahr berichten, beide Techniker, bzw. Meister. Plus Berufserfahrung, mal eben so Lehrer werden ist da nicht.


    in Bayern machen die Fachlehrer an Berufsschulen übrigens sehr oft einen guten Job, unterrichten mehr Stunden pro Woche (höheres Deputat) und bekommen weniger Geld.

    !!! Bei uns an der Schule auch. Die können für mein Gefühl auch teilweise besser mit den "schwierigen" Leutchen umgehen, eben weil sie aus dem Bereich kommen und nicht nur ihre akademische Bildung haben. Ich setze sehr viel auf unserer Werkstattlehrer (oder wie auch immer man sie nennen mag).


    Bei uns unterrichten sie nicht nur in der Ausbildungsvorbereitung, sondern auch im Labor bei den Vollzeit-Chemie-Bildungsgängen und im dualen System in E-Technik sowohl Industrie als auch Handwerk. Also die ganze bandbreite, so wie ich sie auch unterrichte. (Abgesehen von den Technikern).



    Ich habe schon viel profitiert, da diese Lehrer sehr fit in der Praxis sind. Und dadurch habe ich viel gelernt, denn ich muss diese Praxis unterrichten mit einem Wissen aus dem Studium. Die sind viel näher dran und können es auch entsprechend besser vermitteln.

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