ADHS ohne Ritalin in den Griff bekommen

  • Die Antwort ist mir zu pauschal, weil sie die Problematik gefährlich simplifiziert. Diese und ähnliche Antworten kommen in meinem Umfeld gegenüber einem Mädchen und deren Eltern vorzugsweise von anderen Eltern, die von der Themaik keine Ahnung haben, aber eben zu allem ihren Senf dazugeben wollen. Das trifft auf Dich sicherlich nicht zu. Hast Du außer Sport noch weitere Ideen?

    Andersrum wird ein Schuh draus. Wie kann eine Antwort pauschal sein, wenn sie nicht anders als auf einzelnen Fallstudien basieren kann?


    Du wolltest Alternativen haben. Ich habe eine genannt. Und weil ich sie genannt habe, gilt implizit, dass sie für mich funktioniert hat. Ich spreche für mich, nicht für andere und ich habe auch keine wissenschaftliche Studie betrieben, die irgendeine Form empirischer Allgemeingültigkeit beansprucht.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Kleine Anekdote: Ich unterrichte seit über 10 Jahren und noch keiner meiner Schüler hat Ritalin genommen, ADHS Fälle gab es aber durchaus mehrere (diagnostizierte).
    Also dass es inflationär verschrieben wird, kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen. Mag sein, dass später dann, wenn einige Alternativtherapien erfolglos waren, doch noch dazu gegriffen wird. In der Grundschule (meiner Grundschule) nicht.

  • Kleine Anekdote: Ich unterrichte seit über 10 Jahren und noch keiner meiner Schüler hat Ritalin genommen, ADHS Fälle gab es aber durchaus mehrere (diagnostizierte).
    Also dass es inflationär verschrieben wird, kann ich aus meiner Erfahrung nicht bestätigen. Mag sein, dass später dann, wenn einige Alternativtherapien erfolglos waren, doch noch dazu gegriffen wird. In der Grundschule (meiner Grundschule) nicht.

    Vielleicht war es ja gar kein ADHS? Aber es hat ja keiner Ritalin oder Medikenet genommen....(sic). Ich unterrichte seit über 20 Jahren und für jeden, eindeutig diagnostizierten, war es, trotz aller Nebenwirkungen, ein wahrer Segen. Die Probleme des ADHS haben die Nebenwirkungen und herbeiphantasierten angeblichen Persönlichkeitsveränderungen bei weitem übertroffen!

  • Es erhält mehr Beachtung, wenn Lehrer oder Klasse ihm mehr Beachtung schenken, nicht weil es nervt.Oh, tu ich gar nicht. Ich hab nur den Eindruck, dass wenn die "Probleme" physisch sind, viel mehr am Umfeld gearbeitet wird, um dem Betroffenen die Integration zu erleichtern. Da werden Rampen gebaut, Aufzüge, Treppenlifte und Sanitäreinrichtungen, akustische Hilfsassistenten usw.Sind die Probleme hingegen psychisch, mithin nicht sichtbar, werden ebensolche Lösungen bevorzugt. Insbesondere, wenn sie auch noch für das Umfeld bequem sind und der Preis sich nur auf den Einzelnen beschränkt.

    Hast du jemals einen aggressiven Asperger-Autisten beschult, der ohne Grund auf seine Mitschüler losgeht und mal kurz draufhaut? Der beim Gang zur Toilette die Tische leerfegt? Den du nicht ohne Einzelbegleitung in die Pause lassen kannst, den der Busfahrer nicht mehr mitnimmt, weil er während der Busfahrt nicht dazwischen gehen kann?


    Ich schon. Lernbegleitung gab es täglich für 2 Schulstunden und in der Pause. Mehr nicht. Keine Medikamente. Eltern, die alles kleingeredet haben. In jedem Schuljahr musste eine neue Kollegin die Klasse übernehmen, länger als 1 Jahr hat es keine geschafft. Möchtest du mal mit den Eltern der anderen Kinder reden wie die diesen Knaben erlebt haben und mit welchen Angstgefühlen ihre Kinder zur Schule gingen?


    Heute frage ich mich, warum wir das eigentlich mitgemacht haben.

  • Sport? Super. Was für Sport? Alleine durch den Wald joggen vllt. Jedenfalls kein Mannschaftssport, bei dem man ausrasten kann, wenn die Mannschaft verliert oder bei dem man wegen der Niederlage seine Mitspieler deswegen an die Wand knallt. Alles erlebt.

  • Vielleicht war es ja gar kein ADHS? Aber es hat ja keiner Ritalin oder Medikenet genommen....(sic). Ich unterrichte seit über 20 Jahren und für jeden, eindeutig diagnostizierten, war es, trotz aller Nebenwirkungen, ein wahrer Segen. Die Probleme des ADHS haben die Nebenwirkungen und herbeiphantasierten angeblichen Persönlichkeitsveränderungen bei weitem übertroffen!

    Schrieb ich oben nicht, dass es diagnostiziertes ADHS war? Warum zweifelst du es an?

  • Hast du jemals einen aggressiven Asperger-Autisten beschult, der ohne Grund auf seine Mitschüler losgeht und mal kurz draufhaut? Der beim Gang zur Toilette die Tische leerfegt? Den du nicht ohne Einzelbegleitung in die Pause lassen kannst, den der Busfahrer nicht mehr mitnimmt, weil er während der Busfahrt nicht dazwischen gehen kann?
    Ich schon. Lernbegleitung gab es täglich für 2 Schulstunden und in der Pause. Mehr nicht. Keine Medikamente. Eltern, die alles kleingeredet haben. In jedem Schuljahr musste eine neue Kollegin die Klasse übernehmen, länger als 1 Jahr hat es keine geschafft. Möchtest du mal mit den Eltern der anderen Kinder reden wie die diesen Knaben erlebt haben und mit welchen Angstgefühlen ihre Kinder zur Schule gingen?


    Heute frage ich mich, warum wir das eigentlich mitgemacht haben.

    Ich kenn die Problematik und die Rahmenbedingungen. Hab ich. Sogar schon sehr oft. Obwohl...eher frühkindlicher Autismus. Die Asperger-Autisten sind in der Regel nicht am SBBZ. Die Verhaltensauffälligkeiten dennoch gleich extrem. Ob allerdings da Medikamente alleine helfen? Und welche? Und trotz Überschneidungen von ADHS und Autismus ist das nochmal eine ganz andere Baustelle! Da läuft viel über die Beziehungsebene. Aber in inklusiven Settings?

  • Und wie hast du es erlebt mit 25 anderen Kindern in der Klasse, die teilweise Angst hatten, in die Schule zu kommen? Die in 4 Grundschuljahren 4 verschiedene Lehrerinnen hatten?

  • Ich weiß nicht, wie es mit Medikamenten in dem Fall gewesen wäre, ich weiß nur, wie es ohne war - nämlich furchtbar - und dass die Lernbegleitung eigentlich den ganzen Vormittag hätte da sein müssen.

  • Schrieb ich oben nicht, dass es diagnostiziertes ADHS war? Warum zweifelst du es an?

    Weil es nur eine sichere Methode gibt ADHS eindeutig (entweder es funzt, oder nicht) nachzuweisen. Der Einsatz von MPH. Zitat: "....und noch keiner meiner Schüler hat Ritalin genommen"

  • Ich kenn die Problematik und die Rahmenbedingungen. Hab ich. Sogar schon sehr oft. Obwohl...eher frühkindlicher Autismus. Die Asperger-Autisten sind in der Regel nicht am SBBZ. Die Verhaltensauffälligkeiten dennoch gleich extrem. Ob allerdings da Medikamente alleine helfen? Und welche? Und trotz Überschneidungen von ADHS und Autismus ist das nochmal eine ganz andere Baustelle! Da läuft viel über die Beziehungsebene. Aber in inklusiven Settings?


    Ich weiß nicht, wie es mit Medikamenten in dem Fall gewesen wäre, ich weiß nur, wie es ohne war - nämlich furchtbar - und dass die Lernbegleitung eigentlich den ganzen Vormittag hätte da sein müssen.

    Ja...verständlich. An die Mitschüler darf man gar nicht denken. Solche Situationen kann man nur durch Doppelbesetzungen (Science Fiction) bewältigen. Wunschdenken, selbst bei uns mit Klassenstärken von max. 7-8 Schülern. Inklusion gut und schön. Aber unter diesen aktuellen Rahmenbedingungen?

  • Es liegt wie immer am Geld. Wir haben nie Doppelbesetzung und die Lernbegleitung hätte definitiv viel mehr da sein müssen. Es kann nicht sein, dass Lehrerinnen in der Pause oder nach Schulschluss weinend da sitzen, weil sie nicht mehr können.


    Die Eltern habe ich auch bewundert/bedauert, auch in einem anderen mir bekannten Fall. Ich frage mich, welche Unterstützung es überhaupt für die Familien zu Hause gibt und ob man nicht deshalb auch zu den Medikamenten greift.

  • Hast du jemals einen aggressiven Asperger-Autisten beschult, der ohne Grund auf seine Mitschüler losgeht und mal kurz draufhaut? Der beim Gang zur Toilette die Tische leerfegt? Den du nicht ohne Einzelbegleitung in die Pause lassen kannst, den der Busfahrer nicht mehr mitnimmt, weil er während der Busfahrt nicht dazwischen gehen kann?

    Ja.


    Ich hab fliegende Stühle und Tische in meinen Klassen erlebt. Ich bin mal einem asozialen, hyperintelligenten Schüler in der Hausaufgabenzeit in den Arm gefallen, der mit hocherhobenem Arm und entsprechendem Gesichtsausdruck kurz davor stand, seiner Nachbarin die Schere mit der Faust in die Schulter zu rammen. Ich habe Kinder, die treten, boxen und schreien ohne normal ersichtlichen Anlass, ohne Impulskontrolle, egal gegen wen, egal gegen was, egal ob groß, ob klein, ob Sache oder Person, Lehrer oder Klassenkamerad, von jetzt auf direkt.


    Beim Gang zur Toilette die Tische leergefegt? Schön wärs. Wir finden in der Pause Mäntel und Turnbeutel in den Toiletten wieder und haben mal ernsthaft überlegt, Kameras dort zu installieren um die Verursacher nebst der Künstler zu überführen, die die Trennwände der Klokabinen mit Urin und Kackgraffiti verzieren.


    Letztes aktuelles "Opfer" war vor den Herbstferien eine Kollegin im ehrwürdigen weißhaarigen Vorruhestandsalter, die von einem Dreikäsehoch meiner Klasse vor Publikum getreten und geschlagen worden ist, weil er es nicht verkraften konnte, bei einem Spiel nicht mitmachen zu dürfen.


    Ich arbeite in einer Brennpunktschule. Ich unterrichte eine 2. Klasse, welche über der Klassenmesszahl liegt und von Rechts wegen geteilt werden müsste.


    Können wir jetzt auf den pädagogischen Schwanzlängenvergleich verzichten? Was soll das bitteschön?

    Sport? Super. Was für Sport?

    Den Sport, der im Unterricht durchführbar ist, weil sonst kein Unterricht durchführbar ist. ||

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Weil es nur eine sichere Methode gibt ADHS eindeutig (entweder es funzt, oder nicht) nachzuweisen. Der Einsatz von MPH. Zitat: "....und noch keiner meiner Schüler hat Ritalin genommen"

    Die Aussage ist sachlich falsch und ich bin gespannt, ob du sie belegen kannst. Zum einen wirkt Ritalin nicht bei allen Personen mit ADHS (und jetzt kommt nicht mit "dann haben sie halt keins") und zum anderen wirkt es auch bei nicht-ADHSlern auf exakt dieselbe Weise, die nur eben keine Normalisierung bewirkt, sondern eine erhöhte Konzentration/Aufmerksamkeit und ein ausbleibendes Schlafbedürfnis. Und bevor du jetzt wieder mit "wieviel „Experten“ sich anscheinend mit der Diagnose und Therapie von ADHS auskennen und kluge Ratschläge geben können" kommst und meinst, dass "Betroffener" besser zieht: Reicht ein Doktor in Psychologie als Qualifikation um sich äußern zu dürfen? Oder fast 20 Jahre Arbeit mit AD(H)S Kindern im Kinderheim und in Jungenklassen (mit und ohne Medikation). Allein deine Aussage, dass ein Psychopharmakum nicht die Persönlichkeit verändern würde, ist so grenzwertig, dass sie einfach nur eine Packungsbeilage verdient. 8|


    P.S.: Seit wann gibt es Medikamente gegen Autismus? Man kann (ggf. vorhandenes) aggressives Verhalten mit Medikamenten dämpfen, aber mehr wäre mir da nicht bekannt...
    P.P.S.: Aktuelles Review zu Methylphenidat - und ja, in bestimmten Fällen ergibt es Sinn Psychopharmaka zu geben (zurück zu meinen ersten Postings): Nach enger Absprache mit behandelndem Psychologen und Kinder- und Jugendpsychiater. (Fast) niemals ergibt es Sinn, wenn es durch den Kinderarzt diagnostiziert und verordnet wurde.

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

    2 Mal editiert, zuletzt von Valerianus ()

  • Es liegt wie immer am Geld. Wir haben nie Doppelbesetzung und die Lernbegleitung hätte definitiv viel mehr da sein müssen. Es kann nicht sein, dass Lehrerinnen in der Pause oder nach Schulschluss weinend da sitzen, weil sie nicht mehr können.


    Die Eltern habe ich auch bewundert/bedauert, auch in einem anderen mir bekannten Fall. Ich frage mich, welche Unterstützung es überhaupt für die Familien zu Hause gibt und ob man nicht deshalb auch zu den Medikamenten greift.

    Nicht nur. Geld ist eigentlich (noch) immer gut genug da. Es wird nur falsch verteilt, in die ausufernde Bürokratie gesteckt und für gescheiterte Prestigeobjeekte (Software Ella in BW) verbrannt. Zudem gibt es immer weniger Leute die sich den Streß antun. Findet man welche werden sie, wenn überhaupt, befristet verspätet eingestellt und vor den Ferien wieder entlassen. Toll! :(

  • Die wollen aber alle aufs Gymnasium. Mehr als 3 Sportstunden in der Woche darf ich nicht. Außerdem geht durch den Stress in der Umkleidekabine zu viel Zeit verloren.


    Keine Lust auf Streit. Wir können nichts dafür. Das ist echte Inklusion, aber dafür ist kein Geld da und es bleibt an den Lehrern und den Mitschülern hängen.


    Was allen Beteiligten ziemlich sofort hilft, sind die Medikamente. Sie heilen nicht. Aber heilen die Lernbegleiter? Wären solche Kinder an speziellen Schulen besser aufgehoben? Die eben "mehr Sport" machen können?

  • Die wollen aber alle aufs Gymnasium. Mehr als 3 Sportstunden in der Woche darf ich nicht. Außerdem geht durch den Stress in der Umkleidekabine zu viel Zeit verloren.

    Häh?


    Ich rede doch nicht von Sportstunden! Ich rede von Sport für einzelne Schüler! Es geht um Bewegung, Herz-Kreislauf-Beanspruchung? Wann immer die Betroffenen sie brauchen. Das konnte schon mal alle 20 Minuten sein. Aber im Klassenraum waren diejenigen dafür da.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Die Aussage ist sachlich falsch und ich bin gespannt, ob du sie belegen kannst. Zum einen wirkt Ritalin nicht bei allen Personen mit ADHS (und jetzt kommt nicht mit "dann haben sie halt keins") und zum anderen wirkt es auch bei nicht-ADHSlern auf exakt dieselbe Weise, die nur eben keine Normalisierung bewirkt, sondern eine erhöhte Konzentration/Aufmerksamkeit und ein ausbleibendes Schlafbedürfnis. Und bevor du jetzt wieder mit "wieviel „Experten“ sich anscheinend mit der Diagnose und Therapie von ADHS auskennen und kluge Ratschläge geben können" kommst und meinst, dass "Betroffener" besser zieht: Reicht ein Doktor in Psychologie als Qualifikation um sich äußern zu dürfen? Oder fast 20 Jahre Arbeit mit AD(H)S Kindern im Kinderheim und in Jungenklassen (mit und ohne Medikation). Allein deine Aussage, dass ein Psychopharmakum nicht die Persönlichkeit verändern würde, ist so grenzwertig, dass sie einfach nur eine Packungsbeilage verdient. 8|
    P.S.: Seit wann gibt es Medikamente gegen Autismus? Man kann (ggf. vorhandenes) aggressives Verhalten mit Medikamenten dämpfen, aber mehr wäre mir da nicht bekannt...

    Medikamente gegen Autismus? Hab ich nie behauptet. Es gibt aber Autisten mit ADHS! Zum Thema MPH. Ja, ich kann das beurteilen. Ich nehme es selbst! Deshalb "Betroffener"-ich kenne die Wirkung, mittlerweile ohne Nebenwirkungen, aber mit leichtem Rebound, seit ca. drei Jahren Und es gibt nicht nur Ritalin, sonden zig andere Medis. Und es stimmt. MPH wirkt unterschiedlich. Ich hab z.B. ein ganz normales, eher erhöhtes Schlafbedürfnis. Die Aussage, das MPH (!) NIcht die Persönlichkeit verändert stammt von einer ADHS-Fachärztin der Uni-Klinik Freiburg! Und wenn es nach den Packungsbeilagen geht darf man nicht mal Aspirin nehmen!

  • Wie soll das gehen? Die ganze Klasse macht alle 20 min ein Bewegungsspiel? Das ist erstens kein Sport, und davon ist noch bei keinem Kind das Verhalten nachhaltig besser geworden. Vielmehr kocht so manche Klasse dann erst richtig hoch, und bis wieder ruhiges konzentriertes Arbeiten möglich ist, dauert es zuweilen...


    Bewegung für einzelne Schüler. Aufsichtspflicht! Wie organisierst du das?

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