Hallo liebe Kollegen,
ich habe ja nun schon öfter geschrieben, welche Krux das aktuelle Bildungssystem in Baden-Württemberg ist. Aber die Probleme hören einfach nicht auf.
Ich arbeite an einer Förderschule in BW. Wir bieten derzeit folgende Bildungsgänge an: Grundschule (5 Jahre), Hauptschule bzw. Werkrealschule (in 5 oder 6 Jahren), Realschule (in 6 oder 7 Jahren), berufliche gymnasiale Oberstufe (3 Jahre). Nun haben wir endlich genaue Informationen zur neuen Hauptschul- /Werkrealschul- und Realschulabschlussprüfung und bekommen ernsthafte Panik. Diese Prüfung wird vor allem für unsere Hauptschüler kaum mehr schaffbar sein. Für viele andere Hauptschüler aber bestimmt auch nicht mehr...
Daher ist unsere Schule gerade dabei noch einen Schulzweig für Schüler mit dem zusätzlichen Förderbedarf Lernen einzurichten, damit sie im Notfall nicht ohne Schulabschluss gehen müssen.
Allerdings stellen sich an diesem Punkt einige Fragen bzw. der Versetzung und der Abschulung. Achtung, wir sind keine Gemeinschaftsschule nach dem neuen Modell!
Wer im Gymnasium bzw. der Realschule zweimal die gleiche Klasse wiederholen müsste oder dreimal sitzen bleibt, muss die Schule nach unten verlassen bzw. an der Realschule das Niveau wechseln (von M nach G). Soweit ist uns das klar.
An der Haupt- bzw. Werkrealschule gibt es ebenfalls eine Versetzungsordnung, die besagt, dass man bei bestimmten Noten nicht versetzt wird. Ein nach unten abschulen geht ja nicht mehr. Was passiert, wenn ein Schüler dreimal in Klasse 5 sitzen bleiben würde??? Da wir ja keine Gemeinschaftsschule sind, muss dieser Schüler ja jedes Mal wieder sitzen bleiben?
Bei uns gibt es ganz klassisch Noten und Versetzungen. In der Gemeinschaftsschule gibt es ja gar keine Noten mehr sondern nur Berichte. Das wollen wir an unserer Schule auf keinen Fall! Ich habe gerade so einen 8. Klässler von einer Gemeinschaftsschule bekommen. Der kann nix! In allen Fächern wurden die Kompetenzen des G-Niveaus nicht erreicht bzw. in Noten heißt das 5 oder 6. Der ist 15, sitzt in der 8. Klasse, hat aber in fast allen Fächern 5 oder 6! Aber Hauptsache immer versetzt und Lücken auf Lücken angehäuft.
Natürlich macht es in diesen Fällen Sinn, einen zusätzlichen Förderbedarf Lernen festzustellen. Dann geht dieser Schüler in eine L-Klasse. Dort wird er immer automatisch versetzt. Wenn er die Ziele der Förderschule Lernen in Klasse 9 erfüllt (also 4,0), erhält er den Abschluss der Förderschule Lernen. Wenn er das nicht schafft, bzw. im Niveau noch drunter liegt, könnten wir ihm ein G diagnostizieren oder ihn ohne jeglichen Abschluss gehen lassen. Anschließend können diese Kinder ohne Probleme in ein Berufsbildungswerk wechseln und werden dort sinnvoll aufgefangen.
Kann man bei solchen Kindern irgendwann zwangsweise einen Förderbedarf Lernen beantragen? Wenn die Eltern dem nicht zustimmen, sitzt man dann ggf. mit 16 noch in der 5. Klasse?
Wie macht ihr das denn in BW an den Regelschulen?