Ich bin nun etwas mehr als zehn Jahre in diesem Beruf und habe seit etwa der Hälfte das Gefühl, dass ich immer mehr SchülerInnen unterrichte (oder eben gerade nicht, weil sie in stationärer psychatrischer Behandlung sind), die eine attestierte psychische Erkrankung haben.
Ich unterrichte an einer beruflichen Schule und kann dabei in der Häufigkeit des Auftretens bei der Schulform keine Unterschiede feststellen. Egal ob Berufsfachschule (mittlere Reife als Ziel), Fachoberschule oder gymnasialer Zweig: in nahezu jedem Schuljahr stehen X Klassenkonferenzen an, in denen über die psychische Erkrankung von A oder den Klinikaufenthalt von B berichtet wird. SchülerInnen fallen mehrere Wochen aus, haben Depressionen, suizidale Gedanken, Angst- und Suchtstörungen etc.
Tritt das bei euch ähnlich gehäuft in den letzten Jahren auf oder nehme ich das persönlich nur sensibler wahr?
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass auch nur ein Mitschüler meines Jahrgangs derart lange ausgefallen ist wegen psychischer Probleme. Meine Schulzeit ist nun 20 Jahre her. Klar, wir hatten auch ein paar Kiffer im Jahrgang, einige haben zu lange nachts gezockt oder fielen bei familiären/sozialen Problemen mal ein paar Tage aus, aber geritzt hat sich zu meiner Zeit (denke ich) niemand offensichtlich bzw. ist mehrere Wochen/Monate ausgefallen.
Ich bin sehr zwiegespalten und weiß häufig nicht, wie ich mit diesen SchülerInnen umgehen soll. Aktuell z.B. habe ich eine Schülerin in meiner Klasse, die nur die erste Woche nach den Sommerferien anwesend war und erst nach den Herbstferien wieder in die Schule kommen wird (u.a. waren wohl Versagensängste Ursache für die Einweisung in die Psychatrie). Um es mal ganz hart auszudrücken: In diesem Schuljahr wird sie (schulisch) jetzt wohl wirklich versagen, denn ca. 1/4 des Schuljahres aufzuholen wird nahezu unmöglich sein.
Die Entwicklung, wie ich sie wahrnehme, finde ich schlimm. Das sind junge Menschen, die noch das gesamte Leben vor sich haben. Wenn ich auf meine Schulzeit zurückblicke (mir ist klar, dass die SchülerInnen das noch nicht können), war diese die unbeschwerteste Zeit meines Lebens. (Meist) kommen doch erst nachher finanzielle Sorgen, mehr Verantwortung und Organsisation etc. hinzu und ich frage mich, wie das einige meiner besagten SchülerInnen verkraften werden.